Friedrich-Ebert-Stiftung

Stabsabteilung

Arbeitskreis Zukunftsenergien

10. Dezember 2003 Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin

18. Sitzung des Arbeitskreies Zukunftsenergien unter dem Thema

„Fossile Energieträger und Nachhaltigkeit - (k)ein Widerspruch?“

Redner waren:

·       Staatssekretär Georg Wilhelm Adamowitsch, BMWA

·       Dr. Johannes Lambertz, RWE Power AG

·       Stefan Schurig, Greenpeace e. V.

·       Prof. Dr.-Ing. Christian Beckervorderdsandforth, Ruhrgas AG

·       Peter P. Knoedel, Deutsche BP AG

Nachfolgend Abschriften der von den Referenten vorgelegten Folien.

G. W. Adamowitsch:

Die Position der Bundesregierung

Einleitung. Meine Antwort:

Fossile Energieträger und Nachhaltigkeit sind kein Widerspruch.

Im Gegenteil: der effiziente Einsatz bzw. Nutzung fossiler Energien ist wesentliches Element einer nachhaltigen Energiepolitik

Einleitung. Was bedeutet Nachhaltigkeit in der Energiepolitik?

Nachhaltige Energiepolitik bedeutet die gleichrangige Verfolgung folgender Ziele:

·                Versorgungssicherheit: ausreichendes Angebot an Energieträgern zur Deckung der jeweiligen Nachfrage

·                Wirtschaftlichkeit: möglichst geringe Belastung der Volkswirtschaft durch Kosten der Energiebereitstellung und -nutzung

·                Umweltverträglichkeit: schonende Nutzung der natürlichen Ressourcen und geringe („verträgliche“) Umweltbelastung

3.  Einleitung. Strategien für eine nachhaltige Energiepolitik

·       Versorgungssicherheit

Importrisiken durch breiten Energiemix mindern (Diversifizierung nach Energieträger)

Energie sparsamer/rationeller nutzen (auch durch neue Technologien)

heimische Ressourcen nutzen (auch Stein- und Braunkohle)

technische Sicherheit der Leitungsnetze wahren

Beziehungen zu Lieferländern pflegen (regionale Diversifizierung)

·       Wirtschaftlichkeit

kostengünstiges Angebot für Wirtschaft und Verbraucher ermöglichen

Kosten senken durch effizienten Energieeinsatz/Innovation

Energiestandort Deutschland sichern (Wettbewerbsfähigkeit)

Unternehmen der deutschen Energiebranche Chancen auf Auslandsmärkten öffnen

·       Umweltverträglichkeit

Energie sparsamer/rationeller nutzen (auch neue Technologien)

umweltfreundlichere Energien stärker nutzen

Externe Kosten im internationalen Gleichschritt internalisieren

Zukünftige Rolle der fossilen Energien. Wichtiges Element eines ausgewogenen Energiemixes

·       Breit diversifizierter Energiemix und gemischte Kraftwerksstruktur aus zentralen und dezentralen Anlagen garantiert sichere, wirtschaftliche, umweltverträgliche Energieversorgung.

·       Deutsche Importabhängigkeit ist in letzten 10 Jahren von rund 50 % auf ca. 60 % gestiegen. Ausgewogener Energiemix vermeidet einseitige Abhängigkeiten von Energieträgern/Lieferregionen (bei Gas/Öl) und reduziert Preisrisiken.

·       Braun-/Steinkohle werden auch weiterhin wichtige Rolle spielen: sie mindern Importrisiken und ermöglichen kostengünstige Grundlaststromerzeugung. Das bedeutet weder Abkehr von e.E. (erneuerbare Energien) noch von Gas.

·       Man kann aber nicht nur auf e.E. setzen: Windeinspeisung ist unstetig und schwer kalkulierbar und war in diesem heißen Sommer sehr gering.

Zukünftige Rolle der fossilen Energien. Reichweiten von fossilen Energien größer als oft angenommen.

·       Beim Erdgas reichen allein die konventionellen Reserven ca. 64 Jahre; bezieht man die Ressourcen ein, sind es 149.

·       Ein Ende des Ölzeitalters ist nicht abzusehen. Technischer Fortschritt, Substitution und Marktentwicklung haben immer wieder zu einer Neubewertung statischer Reichweiten geführt. Selbst diese liegen bei Einbeziehung nur von konventionellen Erdölreserven und -ressourcen bei 67 Jahren.

·       Eine Streckung auf 175 Jahre wäre durch Erschließung der technisch und wirtschaftlich aufwändiger zu gewinnenden nicht-konventionellen Reserven und Ressourcen (z. B. Ölschiefer, Ölsande) möglich.

·       Braun- und Steinkohlenreserven haben hingegen Reichweiten von jeweils etwa 200 Jahren. (Unter Einbeziehung der Ressourcen sogar von jeweils über 1000 Jahren.)

Zukünftige Rolle der fossilen Energien. Stromerzeugung aus fossilen Energien wird auch künftig steigen

·       Bis 2020 sind in D Milliardeninvestitionen in Kraftwerkserneuerungen (mehr als 40.000 MW) nötig. Das entspricht 40 Großkraftwerken oder ca. 30% des deutschen Kraftwerksparks.

·       Auch bei mäßigem Stromverbrauchswachstum (7% bis 2020 = 0,4% p.a.) und Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien auf 20% müssten 2020 ca. 455 TWh Strom aus fossilen Energieträgern produziert werden (+ 85 TWh).

Zukünftige Rolle der fossilen Energien. Erhebliche Energiespar- und CO2-Reduktionspotentiale

·       Vorgezogene Effizienzsteigerungen fossiler Kraftwerke ermöglichen kostengünstigere CO2-Reduktion.

·       Kohleverstromung bietet hohe CO2-Reduktionspotentiale: 2010/2015 Wirkungsgrade von über 50 % bei Steinkohle und 47 % bei Braunkohle möglich - d. h. Reduktion der CO2-Emissionen um ein Viertel (ErgebnisseCOORETEC).

·       Weitere Effizienzverbesserungen durch Clean-Coal- (auch CO2-Sequestrierung) und GuD-Technologien möglich - hier besteht noch erheblicher Forschungsbedarf.

Zukünftige Rolle der fossilen Energien. Braunkohle: wichtigster heimischer fossiler Energieträger

·       Einziger heimischer Energieträger, der wettbewerbsfähig und subventionsfrei im größeren Umfang zur Verfügung steht - Anteil an Primärenergiegewinnung 45 %

·       Tragende Säule der Stromerzeugung in D: Anteil 27 %; für das Jahr 2020 wird mit einem ähnlich hohen Anteil gerechnet (PROGNOS).

·       ca. 27.000 direkte Arbeitsplätze in Tagebauen und Kraftwerken der Braunkohlenindustrie

·       Modernisierungsprogramm n. BL mit 10 Mrd. € abgeschlossen, Fortsetzung in alten Bundesländern mit erstem BoA-Kraftwerk in 2002.

·       Kontinuierliche Steigerung der Effizienz der Stromerzeugung aus Braunkohle, mit bis zu 43 % höchste Wirkungsgrade weltweit für Braunkohle

·       Senkung der CO2-Emissionen aus Braunkohle 1990 - 2002 um 47 %.

Anforderungen an die Energiepolitik. Energiestandort Deutschland sichern

·       Attraktiver Standort D: wir wollen Investitionen und Arbeitsplätze hier; gilt für alle Branchen, auch für Energiewirtschaft und den Anlagenbau mit seinen weltweiten Kompetenzen.

·       Ein starker Energie- und Industriestandort Deutschland hilft auch dem Klimaschutz. Denn D hat sich als guter Standort für Klimaschutz erwiesen; im Ausland ist das nicht immer garantiert.

D.h.:

·       Wir brauchen wettbewerbsfähige Standortbedingungen, wenn wir die künftigen Ersatzinvestitionen hier im Land halten wollen.

·       Wir brauchen Energiepolitik mit verlässlichen Rahmenbedingungen für Investoren und Betreiber.

·       Wir brauchen mehr Diskussionen über die volkswirtschaftlichen Aspekte von Energiepolitik und Energiewirtschaft.

Anforderungen an die Energiepolitik. Heimische Steinkohle weiter degressiv fördern (I)

Ein leistungs- und lebensfähiger heimischer Steinkohlenbergbau sichert den Zugang zur größten eigenen Energierohstoffreserve und ist ein wichtiges Element für unsere Versorgungssicherheit. Darüber hinaus ist die dazugehörige Bergbau- und Kraftwerkstechnik ein bedeutender Exportfaktor.

Im Juli 2003 wurden die Eckpunkte für die Anschlussfinanzierung des deutschen Steinkohlenbergbaus ab 2006 getroffen:

·       Deutsche Steinkohlenförderung wird bis 2012 auf 16 Mio. t gesenkt.

·       Die erforderlichen Zechenstilllegungen und der damit verbundene Personalabbau sollen sozialverträglich erfolgen.

 Anforderungen an die Energiepolitik. Heimische Steinkohle weiterhin degressiv fördern (II)

Zum Finanzrahmen für die weitere Unterstützung des deutschen Steinkohlenbergbaus im Zeitraum 2006-2012 wurden im November 2003 Festlegungen getroffen:

·       Beihilfen von Bund und Ländern sollen  von 2,7 Mrd. € (2005) auf 1,83 Mrd. € (2012) sinken.

·       Im gesamten Zeitraum (2006-2012) werden sich die öffentlichen finanziellen Hilfen zur Unterstützung des Absatzes deutscher Steinkohle und für Stelllegungsaufwendungen auf bis zu 15,87 Mrd. € belaufen.

·       Mit den Landesregierungen Nordrhein-Westfalen und Saarland will die BReg rasch eine Einigung über deren anteilige Finanzierung erzielen.

 Anforderungen an die Energiepolitik. Forschung voran bringen -  COORETEC

·       Effizienz fossiler Kraftwerke in D derzeit im Durchschnitt rund 40 % (weltweit: 30 - 32 %) (Braunkohle 37,5 %, Steinkohle 40,6 %)

·       Stand der Technik heute: 46 % Steinkohle („Referenzkraftwerk NRW“), 43 % Braunkohle (BoA)

·       Technologieentwicklung: frühestens 2010: 51 % bzw. 47 %; 2020: 53 % bzw. 50 % (Cooretec-„Roadmap“)

·       Einsatz modernster Kohletechnologien reduziert die CO2-Emissionen und macht dadurch auch Kernenergieausstieg möglich.

·       Ergänzender Ersatz durch fortgeschrittene Gaskraftwerke verstärkt diesen Effekt; aber: Verfügbarkeits-, Preis- und Grundlastproblematik.

 Anforderungen an die Energiepolitik. Kosteneffizienz beim Klimaschutz berücksichtigen

·       Wirksamer Klimaschutz nur durch globales Zusammenwirken möglich; deutscher Anteil an weltweiten CO2-Emissionen nur 4 %.

·       D beim Klimaschutz in EU Vorreiter. Befassung mit neuen nationalen CO2-Reduktionszielen nur, wenn andere EU-Länder entsprechende Verpflichtungen übernehmen (so Koalitionsvereinbarung).

·       Einseitiges Vorgehen kann massive wirtschaftliche und gesellschaftliche Nachteile haben: unattraktiver Standort für Neuinvestoren; Ersatzinvestitionen an anderen Standorten; Produktionsverlagerungen/-stilllegungen.

·       Ein 40%-Ziel würde einschneidende Umstrukturierungsprozesse erfordern. Bei Erfüllung unseres international verbindlichen 21%-Zieles hilft uns Umstrukturierungsprozess nach der Wiedervereinigung - gegen dessen Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung kämpfen wir immer noch.

  Anforderungen an die Energiepolitik. Klimaschutz nicht im nationalen Alleingang

·       CO2-Vermeidungskosten klimaschutzpolitischer Maßnahmen variieren stark. Damit Wachstum nicht gebremst wird, ist gesamtwirtschaftliche Kostenoptimierung nötig.

·       Es müssen sich nicht nur alle Energieträger an der Kosteneffizienz messen lassen, sondern auch die Maßnahmen in den einzelnen Energieverbrauchsbereichen.

·       Energiewirtschaft und Industrie stehen im internationalen Wettbewerb und haben bereits erhebliche Vorleistungen im Klimaschutz erbracht, jetzt müssen verstärkt CO2-Minderungspotentiale bei privaten Haushalten und im Verkehr ausgeschöpft werden.

·       Hohe technische, aber nicht immer wirtschaftliche Energieeinsparpotentiale bietet Nachfrageseite (private Verbraucher, Industrie, Gewerbe, Verkehr).

·       Im Haushaltssektor z.B. durch Verminderung von Stand-by und Leerlaufverlusten bei elektronischen Geräten CO2-Minderungen mit Kosten von wenigen € pro Tonne erreichbar. Im Gebäudebestand CO2-Minderungspotentiale durch Steueranreize, Investitionszulagen/Zuschüsse erschließbar. Kosten für öffentliche Haushalte erheblich - deshalb sorgfältige Prüfung nötig.

Anforderungen an die Energiepolitik. Dekarbonisierung durch Emissionshandel vermeiden (I)

·       Nach EU-Beschluss beginnt Emissionshandel 2005 - zukünftige deutsche Energieversorgungs- und Industriestruktur wird maßgeblich davon beeinflusst.

·       Bei Umsetzung muss BReg darauf achten, dass D ein wettbewerbsfähiger Energie- und Industriestandort bleibt.

·       Energiewirtschaft/Industrie dürfen nicht zusätzlich belastet werden: D erfüllt Kyoto-Verpflichtungern mit bereits implementierten Maßnahmen; Anteil der Wirtschaft an deutschen Klimaschutzfolgen ist überproportional.

Anforderungen an die Energiepolitik. Dekarbonisierung durch Emissionshandel vermeiden (II)

·       Wir brauchen auch weiterhin ausgewogenen Energiemix. Diesem Ziel muss auch Ausgestaltung des Emissionshandels Rechnung tragen.

·       Deshalb: Zuteilungsregeln für Neuanlagen dürfen bestimmte Brennstoffe nicht durch reinen CO2-Maßstab automatisch ausschließen. Sonst ist Energiemix, der Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit gleichrangig berücksichtigt, illusorisch.

·       Maßstab für Zuteilung sollte Energieeffizienz der jeweiligen Anlagen sein: Nur so ist sicherzustellen, dass Neuanlagen in modernster Anlagentechnik errichtet werden, einschließlich BoA und Steinkohlenreferenztechnologien.


Dr. Johannes Lambertz, Leiter des Ressorts Fossil gefeuerte Kraftwerke der RWE Power AG, Essen und Köln:

Die Rolle der Kohle im Kontext einer nachhaltigen Energieversorgung

Forum für Zukunftsenergien: aus einer vergangenen und kommenden Veranstltungen:

·       Aus der Tagung vom 05.03.2001 „Zukunft der Kohle - Perspektiven moderner Kohletechnologien“: „Die Kohlenachfrage steigt weltweit ... nach einer Prognose der Internationalen Energie-Agentur im Zeitraum 1998 bis 2020 um über 90 Prozent ... bleibt mit einem Anteil von 37 % die Nr. 1 in der Weltstromerzeugung. Für den globalen Umwelt- und Klimaschutz ist es deshalb von zentraler Bedeutung, dass die Kohle effizient und umweltgerecht gewonnen, verstromt und eingesetzt wird.“

·       Aus der Ankündigung zu einer weiteren Tagung: „Zukunft der Kohle“: „Weltweit werden derzeit 38 % des Strombedarfs aus der Kohle erzeugt. Große Teile des Welt-Kohlekraftwerkparks sind 30 oder mehr Jahre alt. Entsprechend niedrig sind die Wirkungsgrade im Vergleich zur heutigen oder absehbaren Technik. Moderne Kohletechnologien erlauben es heute, Kohlekraftwerke mit höchster Effizienz zu bauen.“

Womit fast schon alles gesagt wäre ...

Was bedeutet „Nachhaltigkeit“ für die Elektrizitätswirtschaft?

Begriff „Nachhaltigkeit“

·       Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen

·       Weltweite Wahrung der Lebenschancen heutiger und zukünftiger Generationen

·       Integration ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange

. . . in der Stromwirtschaft

·       Schadstoffausstoß minimieren; vorbeugender Klimaschutz

·       Ressourcenschonung; Effizienzsteigerung in der Stromerzeugung weltweit zugänglich machen

·       Gewährleistung einer versorgungssicheren, preiswerten Energieversorgung unter Einschluss aller Energieträger.

Das Leitbild der Nachhaltigkeit zielt in gleichrangigem Maß auf angemessenes Wirtschaftswachstum, soziale Sicherung und ökologisches Gleichgewicht.

Weltweiter Primärenergiebedarf zur Stromerzeugung

2000: 5,3 Mrd. t SKE, davon:

Kohle  42 % = 2,3 Mrd. t SKE

Kernenergie: 19 %

Erdgas: 20 %

Erdöl: 9 %

Wasser/Sonstige: 10 %

2020: 8,1 Mrd. t SKE (+ 53 %), davon

Kohle: 40 % = 3,2 Mrd. t SKE

Kernenergie: 13 %

Erdgas: 29 %

Erdöl: 6 %

Wasser/Sonstige: 12 %

Kohle bleibt wichtigster Energieträger zur Stromerzeugung

Entwicklung des Energiemixes zur Bruttostromerzeugung in Deutschland

2000: 570 TWh, davon

Steinkohle: 24 % = 137 TWh

Braunkohle: 27 % = 154 TWh

Kernenergie: 30 %

Erdgas: 9 %

Wasser/Sonstige: 10 %

2020: 624 TWh (+ 9 %), davon

Steinkohle: 29 % = 181 TWh

Braunkohle: 25 % = 156 TWh

Kernenergie: 6 %

Erdgas: 31 %

Wasser/Sonstige: 9 %

Bedeutung der Kohle für Stromerzeugung in Deutschland nimmt zu

Unausgewogenes Verhältnis von PE-Verbrauch und -Vorräten

Gewinnbare Vorräte: 1.300 Mrd. t SKE, davon

Kohle: 63 %

Öl: 16 %

Gas: 14 %

Uran: 7 %

Jährlicher Verbrauch: 13 Mrd. t SKE, davon:

Kohle: 25 %

Öl: 40 %

Gas: 25 %

Kernenergie: 8 %

Wasser: 2 %

Statische Reichweite:

Kohle: 250 Jahre

Uran: 70-140 Jahre

Gas: 60 Jahre

Öl: 40 Jahre

Verbrauch fossiler Energieträger erfolgt im umgekehrten Verhältnis zur Vorratslage ? mittelfristige Verknappung, Preis-/Versorgungsrisiken

Preise für Importenergien frei deutscher Grenze

(Grafik mit Preisentwicklung für Steinkohle, Erdgas und Rohöl in €/t SKE von 1973 bis 2003)

Klimaschutz als Leitlinie der deutschen Energiepolitik?

Energiepolitische Aspekte des vorbeugenden Klimaschutzes

·       Globaler Temperaturanstieg wird auf anthropogene Treibhausgasemissionen zurückgeführt; Klärung aller Zusammenhänge steht aus

·       EU und insbesondere Deutschland sehen sich in einer Vorreiterrolle bei vorbeugendem Klimaschutz; Verfolgung weit reichender Minderungsziele von 5,2 % (EU) und 21 % (Deutschland)

·       Ein Emissionshandelssystem soll Zielerreichung unterstützen

·       Emissionshandel wird Kostensituation der Energieträger unterschiedlich stark beeinflussen

(+ Grafik: Treibhausgas-Minderungsziele und bisherige Zielerreichung 1990 bis 20020 für Deutschland, EU 15)

Belastungen der Stromerzeugungskosten neuer Kraftwerke durch CO2-Zertifikate

Grundlast-KW; Angaben in €ct/kWh (Grafik)

Bei 5 €/t CO2, 10 €/t CO2 und 20 €/t CO2 für Braunkohle, Steinkohle und Erdgas.

Restriktives Emissions Trading mit hohen Zertifikatspreisen gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der Kohleverstromung; Kernenergieausstieg läuft CO2-Minderungsanstrengungen zuwider

Zwischenfazit Vorrats- und Verbrauchslage: Nachhaltige Energieversorgung nur mit Kohle

·       Durch wirtschaftliche Entwicklung und Bevölkerungswachstum nimmt der Verbrauch der knappsten fossilen Energieträger Öl und Gas weiter stark zu, diese Verbrauchszuwächse erfolgen umgekehrt proportional zur Vorratslage fossiler Energieträger; damit wächst mittelfristig die Gefahr von Preis- und Versorgungsrisiken für den Bezug von Öl und Gas

·       Kohle garantiert auf Grund der reichlichen Vorräte und der weltweit ausgewogenen Vorratslage Versorgungssicherheit und langfristige Preisstabilität

·       Kohle ist daher für die Stromerzeugung nicht nur in Schwellenländern ein Energieträger der ersten Wahl

·       Aufgabe der in der Kraftwerkstechnologie führenden Nationen im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung sollte es sein, Wege der ressourcenschonenden und damit emissionsarmen Kohleverstromung zu weisen

·       Gefährdet wird die fortschrittliche Kohleverstromung durch einseitige Kostenbelastungen einer Pönalisierung der CO2-Emissionen in der EU

Der kosteneffiziente Weg zur globalen CO2-Minderung: Effizienzsteigerung

Grafik: Entwicklung der weltweiten CO2-Emission Kohlekraftwerke in Mrd. t/a (bei 5.500 TWh/a. bei Wirkungsgradentwicklung von 29 % (Status quo), 35 % und 45 % (State of the Art) und 50% (Technik nach 2020). Hierzu: Investitionen, Kohleeinsparung, CO2-Vermeidungskosten.

Die Erneuerung aller weltweit betriebenen über 20 Jahre ALTEN Kohlekraftwerke bringt CO2-Minderungen um 1,4 Mrd. t/a

Kosteneffizienter Klimaschutz

·       Vergleich der spez. CO2-Vermeidungskosten zeigt: die kosteneffizientesten Schritte zur CO2-Minderung sind durch Erneuerung des Kraftwerksparks zu erreichen.

·       Ausbau von Windstrom und Photovoltaik sind in Deutschland aus Kosten-Nutzen-Sicht sehr ineffiziente Wege zur CO2-Minderung.

·       Die Erneuerung aller weltweit seit mehr als zwanzig Jahren betriebenen Kohlekraftwerke durch Anlagen heute verfügbarer Technik würde die CO2-Emissionen um 1.400 Mio. t/a mindern (= 1,6-fache der CO2-Emissionen in Deutschland von 860 Mio. t/a im Jahr 2002).

·       Ein fairer Vergleich aller mit der Energiebereitstellung verbundenen Emissionen zeigt, dass Substitution von Kohle durch Gas keine gravierenden Vorteile für den vorbeugenden Klimaschutz bringt.

Begrenzt vorhandene finanzielle Mittel erfordern einen möglichst kosteneffizienten wirkungsvollen Klimaschutz.

Neubaubedarf für Kraftwerke in der Europäischen Union

(EU-15) ab 2010

Grafik:

Ersatzbedarf bis 2020: 200 GW

Zuwachsbedarf bis 2020: 100 GW

Gesamtbedarf bis 2030: 550 GW

Zur Vermeidung von Kapazitätslücken sind umfassende Ersatzinvestitionen notwendig.

Bereitstellungskette elektr. Energie zeigt: Energieträger-Switch bringt kaum Emissionsvorteile

Grafik: Gewinnung (Bohrloch/Grube) - Transport (Pipeline/Schiff/Schiene) - Umwandlung (Kraftwerk) - Verteilung (Netz) - Endnutzung (Kunde)

Jeder Prozessschritt ist mit Energieaufwand und Verlusten verbunden.

? Die Bilanzgrenze „Wirkungsgrad Kraftwerk“ greift zu kurz, da dabei nur ein Element einer umfangreichen kette bewertet wird.

? Die ganzheitliche Bewertung zeigt: der Austausch von Kohle durch Erdgas bringt keine durchgreifende Minderung der äquivalenten CO2-Emissionen.

Technologische Optionen zur Weiterentwicklung der Stromerzeugung

·       Erdgas-GuD-Anlagen

·       European Pressurized Reactor

·       Regenerative (i.W. Wasserkraft, Windenergie und Biomasse)

·       BoA Plus

·       700°-Steinkohlenkraftwerk

Wirkungsgradpotenziale von Technologien auf Basis fossiler PE-Träger

Grafik: Wirkungsgrad = f (Mittlere Temperatur der Energieumsetzung) für verschiedenen KW-Typen

CO2-Emissionen und Wirkungsgrad

Spez. Emissionen der Stromerzeugung ohne Bilanzierung vorgelagerter Emissionen der Energiebereitstellung

Grafik: t CO2/MWhel = f (Wirkungsgrad) für verschiedene KW-Typen

Überblick der Weiterentwicklung von Kohlekraftwerken

Braunkohlenkraftwerke: Vortrocknung/BoA-Plus

·       Ziel: Kraftwerk mit höheren Wirkungsgraden ohne höhere Stromerzeugungskosten

·       Nächster Schritt: Erreichung der großtechnischen Einsatzreife

Braun- und Steinkohlenkraftwerke

·       Durch neue Werkstoffe zu höheren Prozessparametern („700°C-Kraftwerk“)

·       Weitere Optimierung von Komponenten und Reduzierung des Eigenbedarfs

Alle fossil gefeuerten Kraftwerke: Option CO2-Abtrennung

·       Entwicklung steht erst am Anfang

·       Sichere CO2-Deponierung ist noch offen

·       Erheblicher Ressourcenmehrverbrauch

BoA mit Vortrocknung

Ergebnisse Großanlagenstudie 1.100-MW-Block

Minderaufwand Trockenkohle- zu Rohkohle-Kessel:

·       keine Bunker

·       keine Mühlen

·       keine Rücksaugeschächte

·       verkleinerter Rauchgasweg

·       angepasster optimierter Dampfprozess

® - rd. 70 €/kW

Mehraufwand für Vortrocknung:

·       Rohkohlebunker

·       Rohkohle-Feinmahlung

·       WTA-Feinkorntrocknung

·       Trockensilos

·       Alle Nebenanlagen

®  + rd. 70 - 85 €/kW

BoA-Plus ermöglicht einen deutlichen Wirkungsgradfortschritt von rund 4%-Punkten bei wettbewerbsfähigen Kosten gegenüber BoA.

Entwicklung zum 700°C-Kraftwerk

Verbundforschungsvorhaben laufen

Hauptaufgaben

·       Entwicklung/Erprobung einer neuen Werkstoffpalette

·       Optimierung Wärmetechnik und Komponenten

·       Minimierung Eigenbedarf

Umsetzung

·       Nach Beendigung der EU-Förderung für AD 700 im 6. EU-Rahmenprogramm Fortführung der Entwicklung durch die EMAX-Initiative (VGB); hierzu leisten RWE, e.on, Vattenfall und EnBW einen erheblichen Beitrag (Förderungszusagen in Höhe von ca. 10 Mio. €)

·       Technolgiepaket der EMAX-Initiative 2004-08

Test Rig zur Werkstofferprobung (Kraftwerk Esbjerg)

Komponententestanlage (COMTES 700)

Budget 17 Mio. € RFCS Förderung beantragt

·       Ziel: technische Einsatzreife von 700 °C-Werkstoffen u. -Komponenten

·       Untersuchungen auf Steinkohlenbasis auf Braunkohle übertragbar

Die Entwicklung muss zeigen, dass das 700 °C-Kraftwerk technisch machbar und wettbewerbsfähig ist.

CO2-freie BK-Kraftwerkstechnik

Entwicklungsstrategie RWE/Vattenfall

·       Aktuell: Erarbeitung einer ersten konsistenten Datenbasis für alle betrachteten Kraftwerksprozesse

·       2004 - 2008: Mitarbeit in europäischen Forschungsprojekten zur CO2-Abtrennung und Einlagerung

ENAP (IGCC, Oxyfuel)

CASTOR (Staubgef- KW)

CO2SINK (CO2-Einlagerung)

·       Entscheidung über weitergehende Entwicklungsschritte in Abhängigkeit der Forschungsergebnisse und politischer Rahmenbedingungen

Die Entwicklungsarbeiten für CO2-freie BK-Kraftwerke sind angestoßen. Eine kommerzielle Realisierung wird frühestens ab 2020 gesehen.

Bewertung der CO2-Abtrennung bei Braunkohlenkraftwerken

·       Unvermeidbare Konsequenzen CO2-freier BK-Kraftwerkstechnik: Wirkungsgradrückgang, steigender Ressourcenverbrauch, Verdopplung der Stromerzeugungskosten ® Akzeptanz?

·       Techn. Realisierbarkeit frühestens nach 2020; bis dahin müsste auch die heute unklare Frage der CO2-Einlagerung geklärt sein.

·       Erst bei CO2-Pönalen > 25 €/t CO2 könnte CO2-freie Technik Vorteile gegenüber hocheffizienten Kraftwerken erreichen, wobei die Kohlenverstromung bei derartigen Pönalen grundsätzlich in Frage gestellt wird.

Fazit:

Weltweiter Einsatz „State of the Art“-Technik

Effiziente Kraftwerkstechnik weiterentwickeln

Vision des „CO2-freien“ Kraftwerks als mögliche Langfristoption klären


Stefan Schurig, Greenpeace e.V.:

Fossile Energieträger und Nachhaltigkeit

ENERGIEWENDE JETZT!

Was ist Nachhaltigkeit?

Brundtland-Kommission, 1987:

„Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“

Was ist Nachhaltigkeit?

Einen Wald (hinsichtlich der Holznutzung) nachhaltig zu bewirtschaften bedeutet, in einem Zeitraum nicht mehr Holz einzuschlagen, als im gleichen Zeitraum nachwächst.

Eine nachhaltige Entwicklung

·       Soll den Bedürfnissen unserer heutigen Generation entsprechen.

·       Nicht die Bedürfnisse künftiger Generationen gefährden.

·       Nicht die Umwelt gefährden

·       Zur Erhaltung bzw. Erhöhung der Vielfalt beitragen.

Fossile Energieträger und Nachhaltigkeit - ein Widerspruch in sich

         (Dazu zwei Fotos: Hochwasser, Sturmschäden)

Energiepolitische Ausgangslage

(Unterlegt von einem Foto mit rauchendem Industrie-Schornstein)

Klimaveränderung

·       Steigender Energieverbrauch prognostiziert: + 70 % CO2 bis 2030 (Studie der UN-Kommission 1999: European Union Energy Outlook to 2020)

·       Die Erde hat sich im 20. Jahrhundert bereits um 0,6 °C erwärmt.

·       Die Wissenschaft belegt: bei Erhöhung der globalen Mitteltemperatur von +2 °C (über vorindustriellem Niveau): Schäden, die nicht mit Geldeinheiten zu beziffern sind.

Klimaveränderung

·       Bereits ohne Treibhauseffekt heute 2-3 mal höheres Artensterben als normal.

·       Klimawandel bedeutet einen zusätzlichen signifikanten Verlust an Biodiversität.

(WBGU)

CO2 Emissionen einiger EU-Staaten (UBA)

Deutschland       980 Mt

Großbritannien    605 Mt

Italien               404 Mt

Frankreich         328 Mt

Spanien            197 Mt

Niederlande        160 Mt

EU-gesamt      3105 Mt

Stand der Umsetzung und Prognose

2000Ziel 2010Prog. 2010Deutschland- 18,9%- 21%- 19%Großbritannien- 12,6%- 12,5%- 6%Spanien+ 34,7%+ 15%+ 20%Niederlande+ 3,1%- 6%+ 4%EU-gesamt- 3,5%- 8%- 1%

Energieträger

·       Energieträger No1: Die fossilen Energieträger, überwiegend Erdöl. Dessen Verbrennung ist Hauptursache für den Klimawandel.

·       Unkonventionelle fossile Brennstoffe z. B. Ölschiefer, weiterhin Gashydrate (Methan) stehen in ihrer Nutzung am Anfang ihrer Entwicklung.

·       Um Klimaschutz parallel zum Atomausstieg realistisch fordern zu können, müssen wir in Deutschland Gas als bridging fuel fördern.

Fossile Energieträger

Öl - ein Hauptverursacher des Klimawandels.

·       Erdöl belastet die Umwelt: Von der Förderung über Verarbeitung und Transport bis hin zum Verbrauch.

·       Für den Bau von Förder- und transportanlagen werden wertvolle Wälder abgeholzt.

Fossile Energieträger

Öl Leckagen verseuchen Boden und Gewässer, machen Ackerflächen unbrauchbar, das Trinkwasser ungenießbar und töten Fischbestände und andere Lebewesen in der Umgebung.

Wege zur Nachhaltigkeit für Ölkonzerne

·       „Beyond petroleum“ ist jetzt!

·       Erdölkonzerne begreifen sich als Energiekonzerne und stellen sich ihrer Produktverantwortung.

·       Erdölkonzerne erkennen Verantwortung für den umweltfreundlichen Umbau der Energiewirtschaft: Investitionen in Erneuerbare Energien mit knapp 4 % des Investitionsvolumens. (Dr. Hans-Jochen Luthmann, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie: Mineralölkonzerne und Klimazerstörung. Wuppertal, 2002. Studie im Auftrag von Greenpeace)

·       Aktives Mitgestalten von neuen Wegen der Mobilität.

15. Kohle in Deutschland Stand 2002 (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung)

·       Rohstoff für rund 50% Stromanteil.

·       Steinkohle CO2-Ausstoß von 158,2 Mio. t.

·       Braunkohle CO2-Ausstoß von 182,3 Mio. t.

·       Trägt mit einem Anteil von 40,9% zum CO2-Ausstoß bei.

Kohle

·       Braunkohle hat im Vergleich einen sehr hohen CO2-Ausstoß.

·       Zerstörung riesiger Landschaften bei der Braunkohlegewinnung.

·       Enorme Subventionen für deutsche Steinkohle.

·       Hohe Energieverluste. (Durchschnittlicher Wirkungsgrad von heutigen Kohlekraftwerken in Deutschland: 33-36%)

Wege zur Nachhaltigkeit für Kohleindustrie

·       Rascher Rückzug aus der Braunkohle.

·       Wenn Steinkohle dann Importkohle. Zieht Strukturwandel in NRW nach sich.

·       Anerkennung „Versorgungssicherheit durch Erneuerbare Energien“.

·       „Repowering“ vor dem Hintergrund des „geordneten Rückzugs“ der Kohle. Bis 2050 rund 8% Steinkohle und 0% Braunkohle.

Vollständige Ausbeutung der fossilen Energieträger untragbar!

IPCC warnt davor, dass bereits die Ausbeutung und Verbrennung der bisher erschlossenen Öl- und Gasvorkommen eine CO2-Menge freisetzen würde, die für das Erdklima nicht mehr verkraftbar wäre

Die Konsequenz: Wir brauchen die Energiewende jetzt!

20. Wir brauchen:

·       Verbindliche absolute Reduktionsverpflichtungen der Industriestaaten (Kyoto)

·       Einen Großteil der Reduktionsverpflichtungen im eigenen Land.

·       Deutschland: 40% CO2-Reduktion bis 2020.

·       OECD: 80% CO2-Reduktion bis 2050.

 Wie schaffen wir das?

Ausstieg aus fossiler Energiegewinnung

 Ausbau Erneuerbarer Energien


Prof. Dr.-Ing. Christian Beckervordersandforth, Ruhrgas AG: Der Beitrag des Erdgases

(Hier nur Wiedergabe der Folien-Überschriften!)

Was sind „nachhaltige“ Energiesysteme?

Anteil fossiler Primärenergieträger an der Energieversorgung

Carbon intensity

Erdgas - Brücke zum Wasserstoff

Entwicklung des Erdgasaufkommens in Westeuropa

Image Öl/Erdgas

Entwicklung des Erdgasverbrauchs in West- sowie Mittel- und Osteuropa

Erdgasreserven und Transportentfernungen nach Deutschland

Sicher gewinnbare Welterdgasreserven und statische Reichweite

Natürliche organische Kohlenstoffspeicher in Gigatonnen

Erdgastransport

Erdgastransport beeinträchtigt das Landschaftsbild nur in der Bauphase

Umweltaspekte/Emissionen (Meilensteine der NOx-Reduzierung bei Gas- und Ölbrennern kleiner Leistung

Klimawirksamkeit von Erdgas im Vergleich zu Kohle und Öl

Emissionsmessungen auf den russischen Ferntransportleitungen

Kompressorstation in Russland (Maschinenhallen)

Kompressorstation in Russland (Stationsfilter)

CH4-Emissionen aus Armaturen und Ausbläsern an Kompressorstationen (Vergleich von Messungen)

Endenergiebezogene THG-Emissionen verschiedener Energieträger

Indirekte THG-Emissionen des russischen Gasexports (Vergleich von Studien)

Vorläufige Schlussfolgerung - Wuppertal-/Max Planck Institut

Weitere Entwicklungsaktivitäten der Gaswirtschaft

Gas-Wärmepumpensysteme

Initiative Brennstoffzelle - Mitglieder und Partner

Initiative Brennstoffzelle - Erweiterte Mitglieder und Partner

RWE-Anzeige Brennstoffzelle

Initiative Brennstoffzelle - Arbeitsprogramm

Bewertung Brennstoffzellentechnik - Leistungsklasse 1-10 kWe

Agenda 2020

Wuppertal Institut

Anwendungstechnik - Aral Erdgastankstelle in Augsburg

Biomasse - Road Map

Biomasse - Biogas - ein denkbarer Verwendungspfad

Heutige Struktur der Gasversorgung

Zukünftige Struktur der Gasversorgung

Rolle des Erdgases in einem nachhaltigen Energiesystem


Peter P. Knoedel, Deutsche BP AG:

Der Beitrag der Mineralölwirtschaft.

Guten Morgen,

Sie fragen nach dem Beitrag der Mineralölwirtschaft zur Nachhaltigkeit.

Erinnern Sie sich an das Buch, das der kürzlich verstorbene Vorsitzende unseres Vorstandes, Dr. Hellmuth Buddenberg im Jahre 1979 veröffentlichte? Es hieß: Zum Verbrennen zu schade. Und der Titel meinte Öl.

Viel hat sich seitdem nicht geändert. Nicht die Hassliebe unserer Gesellschaft zu Öl, nicht die Furcht, dieses Öl könne und ausgehen oder wir könnten von ihm abgeschnitten werden und nicht die Befürchtung, es sei für viele unserer Umweltprobleme verantwortlich.

Deshalb glauben auch viele, die Antwort, was denn die Ölindustrie als Beitrag zur Nachhaltigkeit liefern können, sei in erster Linie, sich abzuschalten.

Und ich bin leichter Hand und vollem Herzen bereit, zu konzedieren, dass es weite Bereiche gibt, in denen Öl tatsächlich zu schade zu Verbrennen ist. Und damit meine ich fast alle stationären Verwendungen, nämlich die für Wärme und Licht.

Schauen wir uns das Spektrum der Verwendung von Primärenergie an:

Wir unterteilen den Energieverbrauch in drei Sektoren: Mobilität, Stromerzeugung und Industrie/Landwirtschaft/Hausbrand

Was sehen wir?

Zunächst sehen wir, dass 20% des Primärenergieverbrauches auf Mobilität entfallen.

20% sind ein großer Anteil. Groß, aber wahrscheinlich nicht so groß, wie die Aufmerksamkeit von Politik und Medien vermuten lässt.

Wir sehen dann, dass Industrie/Landwirtschaft und Hausbrand zusammengefaßt etwa 32% verbrauchen und entsprechende Aufmerksamkeit verdient - die er lange, lange nicht erfahren hat - jedenfalls im globalen Maßstab.

Und wir sehen schließlich, dass der Sektor mit den wohl wenigsten Akteuren den größten Anteil auf sich vereint: Nämlich die Stromerzeugung mit etwa 40% des weltweiten  Primärenergieverbrauches.

Schauen wir also auf die Brennstoffe.

Mobilität hat hier eine Sonderrolle, denn im Transportwesen gibt es keine Diversifizierung. Transport heißt Öl.

Obwohl der Verbrennungsmotor egal ob mit Diesel oder mit Benzin getrieben, keine besonders effiziente Veranstaltung ist, stellt er eine sehr handliche Form der Energieversorgung dar - und wir füllen Verbrennungsmotoren mit gewaltigen Mengen Benzin und Diesel. Für uns Ölleute steht in der Mobilität also eine Menge auf dem Spiel- aber das wissen Sie ohnehin.

Was also sind die Trends? Nun, in der OECD stagniert die Nachfrage weitgehend, in Europa verliert Benzin Marktanteile zugunsten von Diesel - was sicher zu gewissen Effizienzverbesserungen führt - während in den USA die Rückkehr größerer Fahrzeuge trotz stagnierender Transportnachfrage zu leichten Verbrauchssteigerungen führt.

In Industrie/Landwirtschaft/Hausbrand sehen wir schon heute weitgehende Diversifizierung, vor allem mit einem größeren Anteil von Erneuerbaren. - dabei handelt es sich aber primär um Biomasse, die verbrannt wird. In diesem Sektor vermuten wir übrigens die höchsten Effizienzpotentiale, zumal nur etwa 20% der in diesem Sektor verbrauchten Energie aktiv gemanagt werden.

Auch in der Stromerzeugung gibt es reichlich Diversifizierung.

In der Stromerzeugung hat Öl heute einen Anteil von weniger als 10% und dieser Anteil ist weiter rückläufig - in Deutschland ist er de facto ohnehin schon bei Null.

In der Stromerzeugung steigt die Atomstromproduktion ganz leicht an, hat Wasserkraft mit Ausnahme vielleicht weiterer Megadämme in China sein Potential erschöpft, steigt die Verwendung von Gas rapide an - und bleiben erneuerbare annähernd unsichtbar, obwohl sie von minimaler Basis rapide Wachstumsraten zeigen - aber eben nur prozentual.

Ich werde auf dieses Problem noch zurückkommen müssen.

In Summe finden wir, dass es in allen Sektoren außer Mobilität schon heute hinreichend Alternativen für die Verwendung von Öl gibt - jedenfalls in den konventionellen Bereichen. Bei den erneuerbaren hat leider noch keine die Wirtschaftlichkeit auch nur annähernd erreicht.

Und auf allen diesen Verwendungen von Energie und Öl lasten die Sorge um Versorgungssicherheit und Umweltwirkung.

Umwelt muss ich nicht kommentieren. Ich glaube, wir sind uns einig, daß die Auswirkungen fossiler Brennstoffe auf das örtliche Umfeld und auf das globale Klima minimiert werden müssen und, dass es Technologien gibt, dies zu schaffen. Und es ist auch Aufgabe meiner Industrie, hier eine Führungsrolle zu spielen.

Eine Führungsrolle zu spielen bedeutet aber auch, Alternativen abzuwägen, nicht jede Sackgasse bis zum Ende zu durchfahren und die Dinge in Perspektive zu setzen.

Interessant gerade auch deswegen, weil sich hier lautstarke und auch etwas kurzatmige Kontroversen entspinnen. Einen guten Grund hat dieser Diskussionsschwerpunkt natürlich: Der mobile Sektor verursacht zwar nur 20% der deutschen 002-Ausstoßes, wächst aber dafür am stärksten. Es ist wieder die Klimaproblematik, die uns hier zum Handel zwingt und konkrete Schritte zur Dekarbonisierung einfordert. Und wie können die aussehen?

Zunächst müssen wir anerkennen, dass Sprit noch nie so sauber war und so effizient genutzt wurde wie heute. Was nicht heißt, dass es nicht noch sauberer und noch effizienter gehen kann. Blei ist draußen, Schwefel auch. Und durch Effizienzsteigerung ließen sich die weltweiten C02-Emissionen um 400 Mill. t senken. Aber wir müssen realisieren, dass im Verkehr derzeit nichts sicherer, preiswerter, vertrauter und in der Umweltbilanz auch seriöser ist als Benzin und Diesel.

Ich gehe die Alternativen schnell durch, mehr als einige unserer Hauptargumente im Für und Wider können es nicht werden.

Zunächst zur Erinnerung: Unsere Industrie kann nur für Produkte und Technologien eintreten, die beides vereinen: Klimaverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit. Für uns ist alles andere entweder Nische oder Seifenblase - also entweder unattraktiv oder sinnlos.

Wir versuchen uns im Erdgas, verflüssigt natürlich.

Unsere Expertise wächst täglich. Sonderlich lukrativ ist das Endgeschäft noch nicht, hat aber Signalwirkung, wie unsere Erdgastankstellen beweisen. Kommen dereinst passende Erdgasfahrzeuge hinzu - wir werden sehen. Technisch ausgereift ist Erdgas heute jedenfalls erst für Pkw- oder Busflotten, die eigene Infrastrukturen mitbringen.

Und die Energiebilanz ernüchtert zusätzlich: Pumpen, Komprimieren, Transportieren - das frisst vorn die Energien, die hinten eingespart werden.

Auf dieses grundsätzliche Problem stoßen wir erst recht bei den biogenen Kraftstoffen: Was nehmen wir vorn in Kauf, um hinten Alternativen zu haben. Und in fast allen Fällen kippt uns diese Gleichung nach einer Seite weg.

Zunächst einmal: Egal was wir aus Biomasse machen - ob Biodiesel oder Ethanol oder auch nur Öle bzw. Fette, die wir dann in Raffinierungsprozess zumischen: Wir haben vorn - immer die Frage, ob wir weitere Überdüngung, den vermehrten Einsatz von Pestiziden und Co und Monokulturbildung riskieren wollen, ob wir neue Übersubventionierungen wollen - und das alles, um hinten Produkte zu haben, die technisch oft fragwürdig sind.

Biodiesel pur verwendet beispielsweise verbrennt unsauber und hat enorme Verschleißkosten im Gefolge. Fragen Sie Ihren nächsten Taxifahrer. Und für moderne Motoren gilt dasselbe vom reinen Ethanol.

Sinnvoller sind Zumischungen von Fetten, immerhin bis zu 5%, oder von Bio-ETBE, also Bio-Alkohol, den wir im Raffinierungsprozess zumischen - ein Teilsektor übrigens, in dem BP an der Spitze steht. Die deutsche Industrie könnte von solchen Fette übrigens mehr verbrauchen, als überhaupt bereitgestellt werden können - 3 Mill. t sofort.

Aber für meine Industrie sind all diese Alternativen gar nicht so spannend. Wir verdienen gern mit, vorausgesetzt wir schädigen unsere Markennamen nicht durch minderwertige Produkte. Ansonsten beobachten wir das Kräftespiel zwischen Regierung, Landwirtschaft, Technik und Umweltschutz. Ein Luxus, den sich andere nicht leisten können.

Gern und laut melden wir uns allerdings immer dann zu Wort, wenn die beschriebene Gleichung zwischen Aufwand und Nutzen schon allein aus Gründen der Effizienz- und Klimabilanz auseinander bricht.

Ganz simpel ist das beim Wasserstoff - ein bloßer Energiespeicher.

Energie, die wir durch Verbrennung freisetzen wollen, müssen wir erst zuführen. Also erst wenn wir Wasserstoff herstellen können, ohne dass die C02-Bilanz weiter hochgetrieben wird - und dazu wären nur Solarkraftwerke fähig - erst dann lohnt sich der Wasserstoffeinsatz.

Und ähnlich ist das auch bei der biogenen Alternative, die derzeit Furore macht: biosynthetischer Kraftstoff - auch BTL genannt - bei VW mit dem freundlichen Namen SunFuel. Aber wie freundlich ist das wirklich?

Wir haben es mit Biomasse oder Biokoks zu tun, aus der wir Bio-Gas machen, das wir dann wieder verflüssigen. Das, meine Damen und Herren, ist ein Prozess, der einige Energie kostet. Diese Energie könnten wir aber stationär fast eins-zu-eins verbrauchen!

Also: Erst Kohlenwasserstoffe stationär durch Erneuerbare ersetzen - und erst dann daran gehen, den mobilen Sektor mit Erneuerbaren zu versorgen.

Aber heute wäre das ineffizient und unterm Strich klimaschädlich - und es setzt die falschen Signale.

Wir verstehen, dass die Politik den hohen Signalwert auf dem Feld Mobilität nutzen möchte. Energiepolitische Umsicht aber muss mutmaßen, dass es sich hier um Initiativen aus Schilda handelt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen:

Öl hat in einer einer Welt, die Energie nachhaltig erzeigen will, keine wirklich Zukunft im stationären Sektor.

Das rechtfertigt keine „Weg vom Öl" - Hetze - denn dann würden Substitutionsprozesse letztlich subökonomisch ablaufen, es muss uns aber als Zukunftsleitbild klar sein.

In der Mobilität werden Ölprodukte noch Jahrzehnte konkurrenzlos bleiben und bleiben müssen.

Es gibt nun einmal keine sichererer, praktischere, billigere und mobilere Verpackung für einige Millionen Killokalorien, als einen Tank voll Diesel oder Benzin.

Diese Sicht entbindet uns nicht von der Verpflichtung, Kraftstoffe weltweit immer sauberer zu machen und den Wasserstoffanteil in ihnen dauernd zu erhöhen.

Auch müssen wir prüfen, ob und unter welchen Bedingungen es wirklich nachhaltig sein kann, z.B. biogene Komponenten beizumischen. Die Entscheidung darüber muss in der Landwirtschaftspolitik und Strukturpolitik fallen, energiewirtschaftlich gibt es dafür keine Begründung.

Und wir müssen im Auge behalten, dass der Schlüssel für sogenannte Zukunftskraftstoffe, sei es Wasserstoff, seien es biosynthetisch Kraftstoffe nicht wirklich bei der Autoindustrie oder der Mineralölwirtschaft liegt. Beide werden damit umgehen können.

Der Schlüssel liegt in der stationären Energieerzeugung, namentlich bei der Stromgewinnung.

Alle sekundären Kraftstoffe sind in der Gesamtbilanz so lange klimaschädlich und eben nicht nachhaltig, wie der in den Erzeugungsprozessen verschwendete Strom eben nicht regenerativ bereitgestellt werden kann. Genauer: Solange nicht sämtlicher Strom regenerativ bereitgestellt werden kann.

Vielen Dank!