RHEINPFALZ, 16.07.01
"Drei bis fünf Windkraftanlagen an einem Standort gebündelt"
Planungsgemeinschaften weisen Nutzungs-Gebiete neu aus - Kritik der CDU MAINZ (kad). Die Ende der 90er Jahre von den Planungsgemeinschaften ausgewiesenen Flächen für die Windkraftnutzung werden derzeit überarbeitet, die regionalen Raumordnungspläne fortgeschrieben. "Wir folgen dabei dem Konzentrationsgrundsatz, nachdem drei bis fünf Anlagen an einem Standort gebündelt werden sollen", sagt Christian Specht, Leiter der Planungsgemeinschaft Rheinpfalz.
Er begründet das Vorgehen damit, dass dies raumverträglicher sei als die Errichtung mehrerer Einzelanlagen. Dazu müssten sich mitunter mehrere Kommunen auf einen Standort einigen. Die Fortschreibung des Raumordnungsplans sei notwendig, weil die verbesserte Windkrafttechnik die Nutzung auch an solchen Standorten ermögliche, die vor fünf Jahren noch undenkbar gewesen seien. Die veränderten rechtlichen Bedingungen, etwa das Einspeisegesetz, machten die Windkraft zudem wirtschaftlich attraktiver für Investoren und Betreiber.
Die Planungsgemeinschaften Rheinpfalz und Westpfalz weisen als Dienstleister für die Kommunen Vorranggebiete für die Windkraft, aber auch Ausschlussgebiete aus. Die rechtliche Hoheit bleibt jedoch bei den Kommunen, die in Flächennutzungsplänen - sofern noch nicht geschehen - definieren müssen, wo Windkraftanlagen errichtet werden können und wo nicht. Im Herbst sollen die Bürgermeister der Vorder- und Südpfalz in einer Konferenz der Planungsgemeinschaft Rheinpfalz informiert werden.
In Teilen der Eifel, des Hunsrücks und des Westerwaldes wird die Errichtung von Windkraftanlangen durch neue Erkenntnisse von Vogelzuglinien eingeschränkt. Das sagte Wolf von Osten, Leiter der Abteilung Landschaftspflege im Umweltministerium, und verwies auf ein vor kurzem vorgelegtes Gutachten, das die von Nordost nach Südwest gehenden Vogelzuglinien aufzeige. In der Pfalz gibt es nach seinen Worten keine Überschneidungen zwischen Vogelzuglinien und für die Windkraftnutzung vorgesehener Gebiete. Weniger Einfluss auf die Nutzung der Windkraft habe die auf Druck der Europäischen Union erweiterte Ausweisung von Vogelschutzgebieten. Bislang stehen nur 0,02 Prozent der Landesfläche unter diesem Schutz, in einem Gutachten seien 20 Prozent der Fläche vorgeschlagen. Zusammen mit den Kommunen, die zurzeit Stellungnahmen zu den Vorschlägen erarbeiten, werde die Ausweisung noch in diesem Jahr erfolgen, sagte von Osten. Ein Vogelschutzgebiet sei nicht von vornherein für Windkraftanlagen tabu, allerdings sei eine Verträglichkeitsprüfung notwendig.
Das Thema Windkraft beschäftigt auch die Opposition im Mainzer Landtag. Vergangene Woche reichte die CDU eine 83 Fragen umfassende große Anfrage zu diesem Thema bei der Landesregierung ein. Der SPD/FDP-Koalition warf sie vor, kein Konzept für den weiteren Ausbau zu haben. Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Dieter Schmitt und der umweltpolitische Sprecher Alexander Licht sprachen von "Wildwuchs" und kritisierten, dass sich unter den Investoren und Betreibern eine Goldgräbermentalität breit gemacht habe. Die Kommunalparlamente seien vielfach verunsichert. Dazu habe ein Urteil des Verwaltungsgerichts Trier (Aktenzeichen: K 540/00 TR) beigetragen. Die Richter gaben einem Windkraftbetreiber das Recht, eine Anlage in einem Gebiet zu errichten, das im Raumordnungsplan weder als Vorrang- noch als Ausschlussgebiet für Windkraftanlagen, sondern als so genannter "weißer Bereich" ausgewiesen war. Begründung: Die Privilegierung von Windkraftanlagen in unbeplanten Außenbereichen. Einen Flächennutzungsplan für dieses Gebiet gab es nicht, wie aus der Urteilsbegründung hervorgeht.
In der Vorderpfalz, so der Chef der Planungsgemeinschaft Rheinpfalz, gebe es ebenfalls "weiße Bereiche". Dort seien die Kommunen als Träger der Planungshoheit gefordert. In der Westpfalz gebe es diese weißen Bereiche nicht, sagt Theophil Weick, Leitender Planer der Planungsgemeinschaft Westpfalz. Auch dort gilt aber, dass die Kommunen erst mit der Aufstellung von Flächennutzungsplänen, in denen Gebiete für die Windkraftnutzung ausgewiesen sind, Rechtssicherheit schaffen. [... und wie andere Gemeinden im Interesse das Gemeinwohls KEINE Windflächen "herausdeuten"!]
Mit dem Hinweis auf die Planungshoheit der Kommunen wies das Innenministerium auch die Forderung der Landes-CDU zurück, detaillierte Pläne für den Ausbau der Windkraft vorzulegen.
Kommentar
Von Karin Dauscher - Die Auseinandersetzung um die Windkraft nimmt mehr und mehr Formen eines Glaubenskrieges an. Alle Politiker sollten sich anstrengen, die Diskussion mit mehr Sachverstand zu führen. Mit dem Vorstoß der Landes-CDU, die beim Ausbau der Windkraft im Land von Wildwuchs und Goldgräberstimmung spricht, bedient sie die (noch) kleine aber ausgesprochen laute und gut organisierte Gegnerschaft dieser Energieform.
Doch noch hat sich die Opposition nicht eindeutig in das Lager derer gereiht, für die der Kampf gegen Windkraftanlagen zu einer Art Glaubenskrieg geworden ist. Ungeachtet des eigenen vorauspreschenden Getöses will sie nämlich erst dann Position beziehen, wenn sie die Antworten der Landesregierung auf ihren umfangreichen Fragenkatalog hat. Sie wird gut beraten sein, mit diesen Informationen zu einer Versachlichung der Debatte beizutragen. Das ist um so wichtiger, als zahlreichen Kommunen die politische Herausforderung um die Windkraft noch bevorsteht.