Widerspruch

Gegen die durch die Kreisverwaltung im Oktober 2000 erteilte Genehmigung zum Bau von drei Windkraftanlagen E-66, 99,9 m Höhe in der Heimersheimer Gemarkung (Kirchgarten und Entenpfuhl) lege ich hiermit Widerspruch ein.

Ich spreche für meine Person und vertrete den Wander- und Vogelfreunde Verein (WuV).

Begründung

Die landschaftliche Vielgestaltigkeit und der ökologische Reichtum des betroffenen Raumes machen ihn zu einem schwerpunktmäßigen Zielgebiet der Wanderungen und naturkundlichen Exkursionen unserer Gruppe. Seine geringe Entfernung zu unseren Wohnorten, seine aus ökologischen wie ökonomischen Gründen günstige Erreichbarkeit sind für uns ebenfalls von Bedeutung.

Durch den Bau der Anlagen wird unmittelbar ein unserem persönlichen Wohl - der Erholung zur Erhaltung unserer Gesundheit und Leistungsfähigkeit bestimmtes Recht verletzt. Der Schutz unserer diesbezüglichen privaten Interessen ergibt sich aus den Bestimmungen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Das genehmigte Projekt widerspricht dem § 1 BNatSchG, wonach Landschaft und Natur als Lebensgrundlagen des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung nachhaltig zu sichern sind.

Bei dem geplanten Bauvorhaben wurden neben öffentlichen auch unsere privaten Belange nicht vollständig ermittelt, die Erheblichkeit der Belange nicht gerecht gegeneinander und untereinander abgewogen.

Auswirkungen der geplanten Baumaßnahme

Sogar die der Windenergienutzung äußerst aufgeschlossen gegenüberstehende Universität Kaiserslautern schließt in einem im März 1996 erstellten Gutachten den Bau von Windindustrieanlagen im Bereich der unmittelbar an die Heimersheimer Gemarkung angrenzenden Erbes-Büdesheimer Gemarkung aus. Grund ist die Nähe zu dem Landschaftsschutzgebiet Rheinhessische Schweiz, das als Erholungsraum ausgewiesen und dessen Landschaftsbild laut Landesentwicklungsprogramm III Rheinland-Pfalz (1995) von besonderer Bedeutung ist. Ebenso will der Regionale Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe mit der vorgenommenen Ausweisung das natürliche Eignungspotential zur Erhöhung des Wohn- und Freizeitwertes und den Erhalt ökologischer Ausgleichswerte sichern. Das Gebiet soll in erster Linie die Erholungsfunktion übernehmen (S.37-39 des Gutachtens. - Hervorhebungen im Text durch Trude Fuchs).

Die unmittelbar an das Planungsgebiet angrenzenden Räume wurden aufgrund ihrer natürlichen Reize und ihrer einzigartigen Flora und Fauna unter besonderen gesetzlichen Schutz gestellt, wie z. B. die unter Landschaftsschutz stehenden Windschutzhecken der Erbes-Büdesheimer Gemarkung (dort befindet sich auch ein historischer Judenfriedhof), die Rheinhessische Schweiz, das Aulheimer Tal, dessen Kerngebiet sogar Naturschutzgebiet ist, wie auch benachbarte Räume, z. B. Flonheim, das sich als "Tor zur Rheinhessischen Schweiz" bezeichnet (Steinbrüche, Naturlehrpfad), das Bornheimer Wäldchen und die Lonsheimer Oswaldhöhe usw. Der ganze Raum ist gerade wegen dieser wertvollen und besonderen gesetzlichen Schutz genießenden Gebiete für unsere Natur- und Vogelbeobachtung beinhaltende Erholung unverzichtbar.

Die geplanten Windindustrieanlagen würden wegen ihrer überproportionalen Höhe und mit der von den Rotoren ausgehenden Unruhe in Form von Lärm, ständiger Bewegung und bewegten Schattenwurfs die Harmonie und Ruhe des gesamten Gebietes vollkommen zerstören und es als Erholungsraum wertlos machen. Die Beobachtung heimischer wildlebender Tiere und Vögel würde durch die Scheuchwirkung der Anlagen unmöglich werden.

Nach § 13 BNatSchG gilt der Schutz auch für die Umgebung geschützter oder schützenswerter Bereiche. Sie sind der Lebensraum zahlreicher wildlebender Tiere und Pflanzen. Diese sowie ihre Lebensgemeinschaften als Teil des Naturhaushalts sind nach § 10 BNatSchG in ihrer natürlichen und historisch gewachsenen Artenvielfalt zu schützen. Auch ihre Lebensstätten und Lebensräume (Biotope) sowie ihre sonstigen Lebensbedingungen sind zu bewahren, zu pflegen, zu entwickeln und wiederherzustellen.

Außer dem erwähnten BNatSchG weist § 1 Abs. 3 BauGB unsere beschriebenen sozialen Bedürfnisse als gesetzlichen Anspruch aus (Freizeitgestaltung und Erholung in der Natur sowie die Erweiterung unseres Wissens über unsere heimische Natur). Absatz 4 des gleichen Paragraphen betont insbesondere die Notwendigkeit der Erhaltung des Landschaftsbildes.

Mangelnde Ermittlung und Abwägung der Belange und ihrer Erheblichkeit

Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Klaus Finkelnburg (Fachanwalt für Verwaltungsrecht) und Prof. Dr. Karsten-Michael Ortloff (Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Berlin) sind für ein Vorhaben planungsrechtliche Belange zu ermitteln und sodann zutreffend zu bewerten, was auch der Zielrichtung des UVPG bzw. der UVP-Richtlinie entspricht. In diesem Rahmen sind insbesondere die Auswirkungen auf die Umwelt zu ermitteln, wodurch das BauGB dem Gebot des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung auf Identifizierung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren Auswirkungen auf Mensch, Umweltmedien, Sachgüter und kulturelles Erbe entspricht. Lässt man Belange außer acht, die planungserheblich sind, ist die Planung wegen unvollständigen Abwägungsmaterials mit einem Mangel im Abwägungsvorgang behaftet. (Hervorhebungen im Text durch Trude Fuchs)

Das BVerwG fordert, dass die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange nicht verkannt werden darf. Das BVerwG (FN34) stellt diese Forderung nur für die "privaten" Belange auf. Sie gilt gleichermaßen auch für die öffentlichen Belange. Hierzu ist erforderlich, dass die Planungsleitsätze und Planungspunkte des § 1 BauGB, an denen sich die städtebauliche Planung auszurichten und zu orientieren hat, rechtlich zutreffend ausgelegt und die ihnen vom Gesetzgeber verliehene Gewichtigkeit erkannt werden.

Für die drei geplanten Industrieanlagen wurde die gesetzlich vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt. Die erforderliche Ermittlung öffentlicher und privater Belange und ihrer Erheblichkeit sowie deren Abwägung wurde demnach versäumt. Das Versäumnis ergibt sich aus § 8 Abs. 10 BNatSchG, insbesondere aber aus der seit dem 14.3.1999 für Deutschland verbindlich und unmittelbar anzuwendenden UVP-Richtlinie (85/337/EWG vom 27. Juni 1985 und die UVP-Änderungsrichtlinie Nummer 97/11/EG vom 3. März 1997; siehe auch EuGH-Urteile vom 24. Oktober 1996 - 4 C-72/95 - und vom 22. Oktober 1998 - Rs. C-301/95). Die UVP-Richtlinie ist anzuwenden bei den im Anhang II.3.i der Richtlinie genannten Vorhaben: "Anlagen zur Nutzung von Windenergie zur Stromerzeugung", die nach § 35 BauGB privilegiert sind.

Aufgrund des Standortes, der besonderen örtlichen Gegebenheiten, der Art und der Größe der Anlagen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten. Daher war die Behörde verpflichtet, eine der Richtlinie folgende UVP durchzuführen.

Die Genehmigungsbehörde argumentierte, bei der geringen Anzahl der Anlagen auf die UVP verzichten zu dürfen. Die Richtlinie jedoch sieht eine willkürliche Festsetzung von Schwellenwerten durch die Mitgliedstaaten zwecks Umgehung der UVP nicht vor. Ebenso stellt die ständige Rechtsprechung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes die Rechtswidrigkeit dieser Schwellenwerte fest. (Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-392/96, 21. September 1999, Umwelt - Richtlinie 85/337/EWG - Verträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten - Festsetzung von Schwellenwerten).

Von den Anlagen gehen unmittelbare Gefährdungen, Belästigungen und Nachteile für uns während unserer Wanderungen sowie Natur- und Vogelbeobachtungen aus:

Gefährdungen

Uns, als Bürgern, ist neben den Grundstückseigentümern und Landwirten die Benutzung der Flurwege als Fußgänger, Wanderer, Radfahrer, Reiter und Jäger ausdrücklich gestattet (StVO-VwV). Auf Flurwegen gilt die Straßenverkehrsordnung, nach der niemand gefährdet, geschädigt, belästigt oder behindert werden darf (StVO).

Die Sicherheitsabstände der Anlagen reichen nicht aus, eine massive Gefährdung von Leib und Leben auszuschließen. Unfallgefahr besteht durch abbrechende Teile, verursacht durch nachlässige Wartung, Sturmschäden, Blitzschlag, Materialfehler, laufzeitbedingten Verschleiß (Belege können erbracht werden). Sich lösende Materialteile und kiloschwere Eisbrocken werden mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h und mehr über 500 m weit weggeschleudert. (Dr. Robin A. Gordon, Mathematiker).

Bei zahlreichen Windkraftanlagen in Rheinland-Pfalz wurden von stillstehenden Anlagen heruntergefallene Eisstücke in etwa 3 bis 5-facher Größe von Eiswürfeln auf öffentlichen Wegen ca. 80 bis 100 m entfernt von der Anlage gefunden. Im Landkreis Alzey-Worms wurden Eisbrocken über eine Landstraße hinweg in gegenüberliegende Felder geschleudert, sie wurden auch auf den öffentlichen Wegen entlang der Anlagen gefunden. Aus Gründen unserer persönlichen wie auch der allgemeinen Sicherheit sind Windindustrieanlagen an dem geplanten Standort nicht möglich. Die Gebietsverhältnisse lassen die Einhaltung angemessener Sicherheitsabstände von Wegen und Straßen nicht zu.

Lärm

Die Angaben zur räumlichen Wirkung des von den Anlagen ausgehenden Lärms basieren auf Rechenmodellen, die den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht werden. Bei Akteneinsicht konnte wegen der Kürze der behördlich gewährten Zeit nicht festgestellt werden, ob und wie das Auftreten und die Ausbreitung insbesondere von Einzeltönen ermittelt und bewertet wurden. Ebenso war nicht ersichtlich, dass den Forderungen der TA Lärm entsprechend Messungen von einem unabhängigen Institut bzw. dem Landesumweltamt durchgeführt wurden. Nicht erkennbar war, ob Lärmminderungsvorkehrungen vorgesehen sind. Das Plangebiet grenzt unmittelbar an Teile der oben aufgeführten Landschaftsschutzgebiete an. Es befindet sich etwa 1,6 km vom Dorfkern und etwa 800 m von den letzten Häusern des Ortes Heimersheim entfernt.

Nachfolgende Zitate belegen, dass dieser Abstand wegen der Lage und der Geländestruktur nicht ausreicht. "[...] aufgrund spezifischer Lärmimmissionen konkreter Anlagen, topographischer Besonderheiten oder der Kumulation von Anlagen, können Abweichungen von den unten aufgeführten Mindestabständen erforderlich werden. Dies kann ergänzende gutachterliche Stellungnahmen erforderlich machen." (Hinweise zur Beurteilung der Zulässigkeit von Windenergieanlagen vom 18. Febr. 1999, Gemeinsames Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen, des Ministeriums des Innern und für Sport - oberste Landesplanungsbehörde -, des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau und des Ministeriums für Umwelt und Forsten).

"Dabei lassen die auf bloß abstrakten Berechnungen beruhenden Herstellerangaben eine verlässliche Prognose des gesamten Ausmaßes der bewirkten Geräuschimmissionen in der Regel nicht zu." (OVG NW Beschl. v. 23. Januar 1998 - 7 B 2984/97 -)

"Im Hinblick auf die Relevanz für Erholungssuchende erfordert insbesondere das Auftreten von Einzeltönen im Bereich um 300 Hertz eine differenzierte Betrachtung. Diese Einzeltöne sind abhängig von der Drehzahl der Anlage und können in Abhängigkeit von Betriebsbedingungen der Windkraftanlagen zeitlich in ihrer Tonhöhe schwanken. Diese Schwankungen können sehr starke Belästigungen hervorrufen, sie können für das Ohr unerträglich werden und zu einer nervlichen Dauerbelastung führen. Der Effekt kann grundsätzlich jederzeit auftreten, ist aber insbesondere in den Abend- und Nachtstunden besonders belästigend, da dann Geräuschimmissionen durch andere Lärmquellen zurücktreten und die Einzeltöne dominieren. Dieses Phänomen konnte noch in einer Entfernung von 3-5 km zu einer Gruppe von Windkraftanlagen beschrieben werden. [...] Solange diese Geräuscheffekte in der Praxis nicht ausgeschlossen sind, sollte in Erholungs- und Fremdenverkehrsgebieten vorsorglich ein "Erholungszuschlag" in Anrechnung gestellt werden. [...] Auch im Hinblick auf wahrnehmungspsychologische Erfahrungen sollten bundesweit größere Abstände (mindestens 2 km) zu fremdenverkehrsbetonten Siedlungen eingehalten oder besondere Schutzauflagen vorgegeben werden." (Bundesamt für Naturschutz "Projektgruppe Windenergienutzung", 2000. - Hervorhebungen im Text durch Trude Fuchs)

Zu "spezifischen Lärmimmissionen konkreter Anlagen", topographischen Besonderheiten oder Kumulation von Anlagen sei auf die Untersuchung zur Schallausbreitung durch Windindustrieanlagen im Erzgebirgsvorland verwiesen. (K. Künzel, D. Schulz, R. Schönfelder Hochschule für Technik und Wirtschaft Mittweida, FB MPI/Umwelttechnik PF 1451).

Die Autoren der Hochschule (FH) legen dar, dass die Orographie die Schallausbreitung stark beeinflusst. So stellte man in einer Entfernung bis 400 m einen Lärmabfall um 10 db(A), aber bis 600 m wieder einen Anstieg um 7 db(A) fest! Nach der Theorie müsste je Entfernungsverdoppelung in grober Näherung ein 6 db-Abfall beobachtet.

Nachtmessungen ergaben, dass trotz lärmdämmender meteorologischer Faktoren wie Schnee, Nebel und extrem niedriger Windgeschwindigkeit ein Lärmpegel von 38 db(A) in 500 m von der Anlage (E40/5.40) vorlag. Tonale Komponenten im Geräuschspektrum werden besonders nachts und in den Abendstunden noch in Entfernungen > 600 m mit großer Deutlichkeit gehört.

Das Messergebnis bestätigt, dass trotz lärmdämmender meteorologischer Faktoren die Schallausbreitung in hügeligem Gelände sehr durch die Geländestruktur beeinflusst wird. Das macht realitätskonforme Ergebnisse von Computer-Programmen unmöglich.

Visuelle Wirkungen

Lichtreflexe (sogen. Discoeffekt) und Schattenschlag machen sich bis auf mindestens 1 km sehr lästig bemerkbar. (Bundesamt für Naturschutz "Projektgruppe Windenergienutzung").

Diesbezügliche Untersuchungen, Vermeidungs- bzw. Verminderungsbeschreibungen waren in den uns vorgelegten Unterlagen zu dem Heimersheimer Projekt nicht festzustellen. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen forderte in seiner Entscheidung vom 15. Juli 1998 Aufklärung zu den "gesundheitlichen Folgen von Schattenwurfeffekten insbesondere mit Blick auf die bewirkten abrupten Hell-Dunkel-Veränderungen".

Die von Windkraftanlagen ausgehenden optischen Immissionen wurden in einem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster (Az. 7 A 629/95) folgendermaßen beschrieben: "... Hinzu kommt die Rotorbewegung, denn diese verstärkt die belastende Wirkung der Anlage auf die Nachbarschaft. [...]. Bereits die Drehbewegung als solche über eine Fläche von 232 qm löst Unruhe aus und bewirkt dadurch eine optische Beeinträchtigung des Nachbarbereichs. Ein bewegtes Objekt erregt die Aufmerksamkeit in höherem Maße als ein statisches: Die Bewegung wird selbst dann registriert, wenn sie sich nicht in der Blickrichtung des Betroffenen, sondern seitwärts von dieser befindet. Sie wird um so stärker verspürt, je näher sich das bewegte Objekt zum Betrachter befindet bzw. je größer die Dimension der Bewegung ist, denn von diesen Komponenten hängt es ab, in welchem Maße sich innerhalb des Gesamtblickwinkels des Betroffenen Bewegung vollzieht. Eine nur durch Phasen relativer Windstille unterbrochene ständige, nach Windstärke in der Umdrehungsgeschwindigkeit differierende Bewegung im oder am Rande des Blickfeldes kann schon nach kurzer Zeit erst recht auf Dauer unerträglich werden. Ein sich bewegendes Moment zieht den Blick nahezu zwanghaft auf sich. Es kann Irritationen hervorrufen und die Konzentration auf andere Tätigkeiten wegen der steten, kaum vermeidbaren Ablenkung erschweren." - Bezüglich der Größe der Fläche ist anzumerken, dass sich genannte Angaben auf kleine Anlagen beziehen. Die in Heimersheim geplanten Anlagen E-66 bestreichen laut Herstellerangaben eine Fläche von über 3.800 qm = das 16-fache. Eine Entspannung des Erholungssuchenden in der Natur ist unter geschilderten Bedingungen nicht mehr möglich.

Die Berücksichtigung der beschriebenen Beeinträchtigungen ist in den Plänen zu dem Heimersheimer Vorhaben nicht erkennbar.

Weitere Versäumnisse

Weitere Versäumnisse der gerechten Ermittlung und Abwägung von Belangen bestehen in Hinblick auf die avifaunistischen Gegebenheiten.

Weder das für die Gemarkung Heimersheim im Auftrag einer Windradbetreiberfirma erstellte Gutachten, noch die schriftliche Stellungnahme des Landesumweltamtes berücksichtigen die Erkenntnisse der Schriften des Bundesnaturschutzamtes, des Umweltministeriums Rheinland-Pfalz und eines im Auftrag des Landesumweltamtes erstellten GNOR-Gutachtens (Gesellschaft für Naturschutz u. Ornithologie Rheinland-Pfalz e.V.) "Materialien zum Konfliktfeld 'Vogelschutz und Windenergie' in Rheinland-Pfalz".

Das Landesumweltamt trägt lediglich einer in § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB geforderten "Minderung" Rechnung, indem durch eine geänderte Aufstellung der Anlagen in Form eines Keils die Auflösung der "Barrierewirkung" erhofft wird. Weder das Auftragsgutachten noch die Stellungnahme des Landesumweltamtes lassen erkennen, dass geltendes Gemeinschaftsrecht wie die UVP-Richtlinie, die Vogelschutz- und die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie berücksichtigt wurden.

Das soeben erwähnte Gutachten "Materialien zum Konfliktfeld 'Vogelschutz und Windenergie' in Rheinland-Pfalz" weist in der Tabelle auf S.35 "bei Erbes-Büdesheim" sowie in der Tabelle auf S. 45 "zwischen Weinheim und Heimersheim" (wie auch auf entsprechenden Karten) Brut- und Mausergebiete für Vögel aus, die im Anhang I der europäischen Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) als streng zu schützende Vogelarten geführt werden, und für die Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen.(S. 44) Nach Angaben des GNOR-Gutachtens beträgt die Größe der Jagdreviere der Wiesenweihe und damit der Raumbedarf zwischen 500 und 800 ha (S.43). Der hohe Schutzstatus wie auch die Sensibilität dieser Vögel fordert weiträumige Ausschlussgebiete für die Windenergie. Dies schließt alle aktuell bekannten Brutgebiete und solche, die in jüngerer Vergangenheit besetzt waren (vergangene 10-15 Jahre), ein (S.44). (Hervorhebungen im Text durch Trude Fuchs)

Mit Verweis auf die von den Mitgliedstaaten einzuhaltenden gesetzlichen Forderungen des Artikel 4 der EU-Vogelschutzrichtlinie stellen wir dem Gutachten der Windradbetreiberfirma, das das Heimersheimer Projekt als avifaunistisch unbedenklich bewertet, die Aussagen des GNOR-Gutachtens gegenüber. Das Gutachten der Windradbetreiberfirma weist stichprobenartige Untersuchungen an sechs Terminen aus, von denen nur einer vier Stunden dauerte, die anderen sich auf eine halbe Std. bzw. 1 bis 3 Std. und 15 Min. beschränkten. Entsprechend dieses Minimalaufwandes ist die Qualität der Bewertung.

Im Widerspruch zu dieser Bewertung steht, dass das im Auftrag des Landesumweltamtes erstellte und oben erwähnte GNOR-Gutachten für das durch die Windindustrie zerstörte Weihengebiet bei Ilbesheim sogar den alsbaldigen Rückbau der Anlagen fordert. (S. 46)

Dem Landesumweltamt ist die Störungsempfindlichkeit von Weihen aufgrund des von ihm in Auftrag gegebenen GNOR-Gutachtens bekannt. Trotzdem geht es in seiner Stellungnahme zu dem im Auftrag der Windradbetreiberfirma erstellten Gutachten in keiner Weise auf die darin gemachten unzutreffenden Aussagen ein.

Aufgrund der geschilderten Sachverhalte erweist sich das im Auftrag eines Windradbetreibers erstellte Gutachten als ein sachlich unfundiertes Gefälligkeitsgutachten. Seine Mängel und Unrichtigkeiten sind darüber hinaus dem Landesumweltamt offenbar entgangen, da seine schriftliche Stellungnahme im Widerspruch steht zu dem von ihm selbst in Auftrag gegebenen GNOR-Gutachten sowie zu geltendem EU-Gemeinschaftsrecht.

Selbst bei Unterlassung der vorgeschriebenen UVP hatte die Genehmigungsbehörde aufgrund der Stellungnahmen, Empfehlungen, Materialien und Informationen genügend Hinweise, dass das geplante Vorhaben erhebliche private und öffentliche Belange berührt. Wir machten zudem ebenfalls mehrfach in mündlicher und schriftlicher Form insbesondere auf die Bedeutung der Landschaftsschutzgebiete sowie die avifaunistisch besonders hohe Wertigkeit des Plangebietes aufmerksam.

Die zuständige Aufsichtsbehörde legte Planungsleitsätze und Planungspunkte des § 1 BauGB rechtlich unzutreffend aus und erkannte nicht das ihnen vom Gesetzgeber verliehene Gewicht. Sie erkannte nicht, dass die für das Planungsgebiet erheblichen Belange nicht bzw. unvollständig ermittelt worden sind und maß ihnen offensichtlich nicht die vom Gesetzgeber verliehene Gewichtigkeit bei. Daraus resultiert eine ungerechte Abwägung, die zu einem unzutreffenden Ergebnis - der Baugenehmigung - führte. An einer sachgerechten Abwägung fehlte es wohl auch, weil man von vornherein entschlossen und aufgrund von außerhalb des Planungsverfahrens getroffenen Entscheidungen bereits derart festgelegt war, dass eine gerechte Abwägung innerhalb des Planungsvorgangs nicht mehr stattfinden konnte. Nach einer sachgerechten Abwägung können in dem Plangebiet Windindustrieanlagen nicht genehmigungsfähig sein.

Wir Mitglieder sind entsprechend der Ziele unserer Gruppe auf die Erhaltung des wertvollen Erholungs- und Wandergebietes bei Heimersheim angewiesen und sehen uns in unseren gesetzlich geschützten Rechten durch die fehlerhafte Genehmigung erheblich beeinträchtigt.