Schwäbische Zeitung, 9.5.2001

Justiz befasst sich mit Streit um Windkraftanlage

WASSERBURG (pem) - Der Streit um die geplante Windkraftanlage in Hengnau geht in die erste juristische Runde. Gestern kamen die Richter des Verwaltungsgerichtes Augsburg zu einem Ortstermin an den Bodensee. Die Verhandlung soll später folgen.
Wie berichtet, plant der Ingenieur Kuno Knaisch den Bau einer Windkraftanlage in Hengnau. Einschließlich Rotorblättern ist das Bauwerk rund 100 Meter hoch. Geplant ist das Vorhaben seit mehr als zwei Jahren. Fast 500 000 Mark hat Knaisch investiert, um zu klären, ob es in Hengnau ausreichend Wind gibt. Gescheitert ist das Projekt bislang am Widerstand von Landrat Dr. Manfred Bernhardt. Das Landratsamt hatte eine Bauvoranfrage von Knaisch abgelehnt. Den Widerspruch dagegen hat auch die Regierung von Schwaben zurückgewiesen.
Bernhardt beruft sich auf den Regionalplan. Laut diesem Plan ist der Landkreis Lindau - anders als beispielsweise das Ober- oder Unterallgäu - von so genannten raumbedeutsamen Anlagen freizuhalten. Als solche gelten Windräder mit mindestens 50 Metern Nabenhöhe. Nach Ansicht von Dr. Bernhardt, der den Regionalplan in Sachen Windkraft maßgeblich beeinflusst hat, "verschandeln" solche Anlagen die Landschaft. Eine 100 Meter hohe Anlage sei mit dem Landschaftsbild nicht vereinbar.
Für Kuno Knaisch stellt sich die Lage anders dar. Der Regionalplan ist seit 1. November 1999 in Kraft. Seine Bauvoranfrage datiert aber aus dem Frühjahr. "Das Landratsamt hat sich mit der Bearbeitung so lange Zeit gelassen, bis der Regionalplan formell in Kraft trat", sagt Knaisch. Der Ingenieur verweist auf mehrere Kontakte mit dem Landratsamt. Dabei sei er im Januar 1999 aufgefordert worden, eine Bauvoranfrage einzureichen. "Es ist gelinde gesagt eine Sauerei, wenn ein Landrat einen privaten Investor in sein finanzielles Verderben rennen lässt", sagt Rechtsanwalt Hermann Schmidbauer. Der Kemptener vertritt Knaisch. Hintergrund der Kritik: Landrat Dr. Bernhardt hatte sich bereits im September 1998 als Gegner von Windkraftanlagen erklärt. Im "Darmstädter Manifest" äußern 99 Forscher, Politiker und Schriftsteller ihre "größte Besorgnis" wegen des Ausbaus der Windenergienutzung. Bernhardt hat an fünfter Stelle unterzeichnet. "Ich war immer Vorreiter eines klaren Kurses", formuliert Bernhardt seinen Standpunkt. Eine Bauvoranfrage sei nötig gewesen, um das Verfahren förmlich behandeln zu können. Niemals habe das Landratsamt Knaisch eine Baugenehmigung in Aussicht gestellt.
Bernhardt und die Regierung von Schwaben berufen sich bei ihrer Ablehnung auch auf den Wasserburger Gemeinderat, der die Bauvoranfrage in nicht-öffentlicher Sitzung abgelehnt hatte. Auch das lässt Knaisch nicht gelten. Behandelt wurde das Thema damals unter Sonstiges. "Die Gemeinderäte hatten deshalb keine Möglichkeit sich vorher darüber zu informieren", so Knaisch. Gegen die Ablehnung des Projektes hat er deshalb Klage eingereicht.
Wie Knaisch ist Dr. Bernhardt "zuversichtlich, den Prozess zu gewinnen". Der Rechtsstreit werde über die Grenzen Bayerns hinaus beachtet. "Wenn die Anlage genehmigt würde, wäre bald der ganze Landkreis bestückt mit solchen Rädern", sagt Dr. Bernhardt. Der Landrat stellte sich auch gegen die Juristen des Bayerischen Gemeindetages. Die hatten den Gemeinden geraten, bestimmte Flächen für Windkraftanlagen auszuweisen. Dann hätten sie nur an diesen Orten gebaut werden können. Der Landrat aber möchte den ganzen Kreis von entsprechenden Wind-rädern freihalten.