Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 22. 4. 2000)

VGH: Schöne Landschaft hat Vorrang vor Windenergie

WIESBADEN (dpa). Schöne Landschaft hat nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) Vorrang vor Windenergie. Daher lehnte der achte Senat des VGH die Klage einer Wiesbadener Windenergie-Firma ab, die vier Windräder am Rande der Schwäbischen Alb unweit von Göppingen bauen wollte. Nach Angaben des VGH-Sprechers waren die Richter zu der Überzeugung gekommen, dass der geplante Windpark Lauterstein das “naturnahe Erscheinungsbild der Landschaft” stört. Der Sprecher der betroffenen Firma EnerSys, Michael Böhm, kritisierte das Urteil als “Grundsatzentscheidung gegen die Windkraft in Baden-Württemberg”.

Die Mannheimer Richter nahmen vor ihrer Urteilsverkündung den geplanten Standort und seine landschaftliche Schönheit in Augenschein. Dort gebe es unter anderem Wacholderheide und Obstwiesen, sagte der Gerichts-Sprecher. Böhm hingegen meinte: “Es gibt weitaus hübschere Orte auf der Schwäbischen Alb.” Zudem hätten die Richter den geplanten Standort nur aus einiger Entfernung betrachtet. Eine Revision ließ der VGH nicht zu. Die Firma überlegt jetzt, ob sie dagegen Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht einliegt.

Der VGH hob mit seiner Entscheidung ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart auf, das noch zu Gunsten des Unternehmens geurteilt hatte.

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Frankfurter Rundschau vom 22. April 2000

Windenergie

Gericht gibt schöner Landschaft Vorrang

MANNHEIM, 21. April (dpa). Schöne Landschaft hat nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Baden-Württemberg (VGH) Vorrang vor Windenergie. Daher lehnte der achte Senat des VGH die Klage einer Wiesbadener Windenergie-Firma ab, die vier Windräder am Rande der Schwäbischen Alb unweit von Göppingen bauen wollte. Jedes der Räder sollte eine Leistung von 750 Kilowatt haben.

Die Richter aber gelangten nach Angaben der Behörde zu der Ansicht, dass der geplante Windpark Lauterstein das "naturnahe Erscheinungsbild der Landschaft" stört. Ein Sprecher der betroffenen Firma hielt dem entgegen, dass das Urteil eine "Grundsatzentscheidung gegen die Windkraft in Baden-Württemberg" sei.

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Sindelfinger Nachrichten vom 22. April 2000

..... Mannheimer Verwaltungsrichter beenden jahrelanges Ringen - Ausblick auf Lützelalb ist schützenswert Lauterstein, Kreis Göppingen - .....Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim entschied, dass die Windkraftanlage in schützenswerter Landschaft deplatziert sei.

VON BETTINA BERNHARD

..... 1997 stimmte der Lautersteiner Gemeinderat dem Vorhaben auf der 747 Meter hohen Lützelalb zu  allerdings gegen die Stimme des seit 1971 amtierenden Bürgermeisters Gebhard Mangold. Auch das Göppinger Landratsamt gab seinen Segen, wurde dann jedoch zurückgepfiffen vom Regierungspräsidium Stuttgart. Dessen Vizepräsident Horst Rapp war völlig einig mit Bürgermeister Mangold, dass es hier eine schützenswerte Landschaft gebe, die nicht durch 80 Meter hohe Windräder mit 48 Meter Rotordurchmesser verschandelt werden dürfe. Damit war die Luft aus dem Vorhaben zunächst heraus, doch wenig später brachte das Verwaltungsgericht Stuttgart frischen Wind in die Diskussion: Die Richter hoben den ablehnenden Baubescheid auf und verpflichteten die Behörden zu einer neuerlichen Entscheidung. Dagegen wiederum klagte das Regierungspräsidium.....

Um sich ein Bild machen zu können, bewegte sich eine Kolonne aus Autos, besetzt mit den Mannheimer Richtern, Regierungs-vizepräsident Horst Rapp nebst Vertretern des Landratsamtes Göppingen und der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege sowie Bürgermeister Mangold und Enersys-Geschäftsführer Hartmut Brösamle samt Anwalt quer durchs Naturschutzgebiet Kaltes Feld. An dessen höchstem Punkt stieg man aus und nahm ganz amtlich Augenschein. Allerdings sahen die zwei gegnerischen Parteien beim Blick auf die gegenüberliegende Lützelalb Unterschiedliches: ¸¸Das ist eine ausgezeichnete Landschaft, die Ruhe ausstrahlt'', schwärmte Reinhard Wolf, Leiter der Bezirksstelle für Natur- und Landschaftsschutz. Dieser Blick auf Laub- und Fichtenwald, auf die Wieseninsel mit Hecke und Feuchtgebiet sei von solcher Ästhetik...

Einen teilweise kahlen Höhenrücken mit nicht etwa einer Wiese, sondern einer Ackerfläche mit landwirtschaftlicher Monokultur sieht dagegen Enersys-Anwalt Markus Riehs. Bemerkenswert sei auch, dass die Lützelalb zwar von beiden Seiten von Schutzgebieten eingerahmt, selbst aber nicht geschützt sei. Das bestreiten selbst die Gegner der Windkraftanlage nicht. Jedoch gehe es auch nicht in erster Linie um die Lützelalb selbst, so der Vorsitzende Richter Jörg Schmidt. Vielmehr sei zu klären, welche Wirkung riesige Windräder an so exponierter Stelle auf die umgebende Landschaft hätten. Zum Beispiel auf die ¸¸zig Erholungssuchenden'', die laut Lautersteins Bürgermeister am Wochenende aufs Kalte Feld kommen. Dass diese Ruhe in unberührter Landschaft suchen und finden, wagt nicht nur Hartmut Brösamle zu bezweifeln: Über das Kalte Feld donnern Motorflugzeuge, die Segelflieger in die Lüfte befördern, in direkter Nachbarschaft sind Skilifte, Sprungschanzen und ein Segelflugplatz ins Gelände betoniert.

"Skandalös'' nennt Brösamle das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs. Vier Jahre Arbeit und rund 100000 Mark Planungskosten kann er jetzt in den Wind schreiben. ¸¸Wir haben schon rund 100 Anlagen in der Bundesrepublik geplant und gebaut - so ein Theater gab's aber noch nie'', schimpft er. Horst Rapp indes sieht sich bestätigt durch das Urteil. Man sei ja schon für Windkraft, aber nicht auf Kosten der Landschaft.

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Das Urteil

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23.08.2000 10:00 Uhr
Landratsamt lehnt Fläche für Windrad ab
Presseberichten zufolge hat das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald eine vom Gemeindeverwaltungsverband Dreisamtal im Flächennutzungsplan (FNP) ausgewiesene WEA-Fläche im Gipfelbereich des Hohfarn, Gemarkung Oberried, nicht genehmigt. Es habe zwar die vom Verband erarbeitete Fortschreibung des FNP prinzipiell genehmigt, nicht aber die darin ausgewiesene WEA-Fläche auf dem Hohfarn auf der Gemarkung Oberried. Das Landratsamt machte öffentliche Belange gegen die Ausweisung geltend und verwies v.a. auf die "erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes" sowie eine "Beeinträchtigung der Erholungseignung des betroffenen Naturraums". Bürgermeister Georg-Wilhelm von Oppen zeigte sich nach der Entscheidung enttäuscht. Besonders kritisierte er die Tatsache, dass das Landratsamt nun einen Alternativstandort favorisiere, der in einem Landschaftsschutzgebiet liege und nicht die besten Windverhältnisse biete. Auch der Föderverein Energie- und Solaragentur Regio Freiburg (Fesa) sowie der Bundesverband Windenergie kritisierten die Entscheidung des Landratsamtes scharf. Es handele sich keinesfalls um einen Einzelfall, so der Bundesverband Windenergie mit Verweis auf weitere Beispiele aus dem Landkreis. (iwr)