Verwaltungsgericht
Koblenz
Pressemeldung vom 13.02.2003 10:07 Uhr
Pressemitteilung Nr. 6/2003
Wegen zu geringem Abstand: Bau einer Windkraftanlage muss
eingestellt werden
Stellt sich nachträglich heraus, dass der genehmigte Abstand
einer Windenergieanlage zum Nachbargrundstück zu gering ist,
muss die Baugenehmigungsbehörde die Baugenehmigung
zurücknehmen; sie kann die sofortige Einstellung der
Bauarbeiten verlangen. Dies ergibt sich aus zwei
Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Koblenz.
Die Bauaufsichtsbehörde des beklagten Landkreises hatte der
Klägerin, einer Betreiberin von Windenergieanlagen, die
Baugenehmigung für die Errichtung von fünf Windkraftanlagen
im Gebiet der Gemeinde Niederkostenz/Rhein-Hunsrück-Kreis
erteilt. Ausweislich der Baugenehmigung musste die - im
Prozess allein streitige - Windkraftanlage Nr. 2, die eine
Nabenhöhe von 70 m und einen Rotordurchmesser von 54 m hat,
einen Abstand von 31,25 m (gemessen vom Anlagenmast) zum
Grundstück einer Nachbarin einhalten.
Nachdem eine Überprüfung ergeben hatte, dass der genehmigte
Grenzabstand nach den Vorschriften der Landesbauordnung über
Abstandsflächen zu gering war, verfügte die Behörde die
sofortige Einstellung der Bauarbeiten und nahm die
Baugenehmigung zurück.
Die Klägerin klagte vor dem Verwaltungsgericht Koblenz
sowohl gegen die Rücknahme der Baugenehmigung als auch gegen
die Baueinstellungsverfügung und machte geltend, die
Vorschriften der Landesbauordnung über Abstandsflächen
seien nur für "normale" bauliche Anlagen
einschlägig. Für Windkraftanlagen könnten sie nicht
gelten, weil es bei diesen aufgrund ihrer schmalen Gestaltung
nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Tageslichts
oder zu Störungen des Brandschutzes und der ausreichenden
Lüftung von Räumlichkeiten auf den Nachbargrundstücken
kommen könne.
Das Verwaltungsgericht Koblenz folgte dem nicht und wies
beide Klagen ab. Nach Auffassung der Koblenzer Richter war
der Beklagte verpflichtet, die rechtswidrige Baugenehmigung
zum Schutz der Nachbarin zurückzunehmen. Entgegen der
Ansicht der Klägerin gelte die nachbarschützende Vorschrift
über Abstandsflächen auch bei Errichtung von
Windenergieanlagen. Auch diese seien bauliche Anlagen, von
denen Wirkungen auf benachbarte Gebäude ausgehen könnten.
Der Beklagte habe die Abstandsfläche auch zutreffend mit
47,63 m berechnet. Dabei habe er eine Berechnungsmethode
angewendet, die in einem Kommentar zur Landesbauordnung
vertreten werde. Ob die in einem anderen Kommentar vertretene
Berechnungsmethode vorzuziehen sei, brauche nicht entschieden
zu werden. Denn diese hätte hier zu einer Vergrößerung der
Abstandsfläche auf 51,88 m geführt, wäre also für die
Klägerin ungünstiger gewesen.
Da die Baugenehmigung zu Recht zurückgenommen worden sei,
habe der Beklagte auch die sofortige Einstellung der
Bauarbeiten für die nunmehr auch formell illegale
Windkraftanlage verfügen dürfen.
Gegen beide Urteile kann die Klägerin die Zulassung der
Berufung beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
beantragen.
(Urteile vom 6. Februar 2003; Az.: 7 K 3190/02.KO und 7 K
3216/02.KO;)
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