Auf offener See, 30 Kilometer
westlich vor der Küste Sylts, soll der erste deutsche Offshore-Bürgerwindpark
entstehen. Der Name: “Butendiek”, das ist plattdeutsch und heißt
“außendeichs”.
120 Meter hoch sind solche Windräder, jedes mit 40 Meter langen
Rotorblättern. Bei Verwirklichung des Projekts werden 80 Stück rund 250
Megawatt erzeugen, Strom für mehr als 200.000 Haushalte. So sehen zumindest
die Pläne der Initiatoren, der Offshore-Bürgerwindpark Butendiek GmbH (OSB),
aus.
BÜRGERNAHES BETEILIGUNGSMODELL
Das besondere an dem Projekt ist einmal die Dimension: Wird der Windpark
wie geplant gebaut, ist er einer der größten seiner Art. Auch nicht
alltäglich: die Idee des regionsbezogenen Beteiligungsmodells. Die OSB will
vor allem Menschen aus Nordfriesland und Schleswig-Holstein als Teilhaber
gewinnen.
Das
notwendige Kapital soll von den Anteilseignern kommen, die sich jeweils mit
10.000 Mark Mindesteinlage beteiligen können. “Wir wollen keinen
Bürgerwindpark für Besserverdienende”, betont Wolfgang Paulsen, einer der neun
Gesellschafter der OSB. Mit 20.000 Anlegern könnte dann das notwendige Kapital
von 200 Millionen zusammenkommen.
Das Interesse ist nach OSB-Informationen vorhanden, mehr
als 5000 Reservierungen lägen ihnen bereits vor. Die Ziele sind hoch: Der
Windpark soll von Anfang an schwarze Zahlen schreiben, so Paulsen. Auf
Informationsveranstaltungen werben die Gesellschafter für ihre Idee, wollen
weitere Partner überzeugen.
INITIATIVE FÜR DIE
REGION “Wir möchten, dass die
Wertschöpfung der Investition vor Ort bleibt”, erklärt Dirk Ketelsen von der
OSB, “denn so schaffen wir Akzeptanz für das Projekt.” Wirtschaftliche und
ökologische Aspekte heben die Initiatoren heraus, letztendlich profitiere die
ganze Region von der umweltfreundlichen Energiegewinnung.
Grundlage der geplanten Rendite -
über die Höhe will man noch keine Angaben machen - ist das
Erneuerbare-Energien-Gesetz. Über einen Zeitraum von neun Jahren garantiert es
einen Abnahmepreis von 17,8 Pfennig pro erzeugte Kilowattstunde Windstrom,
sofern die Anlagen bis zum Jahr 2006 am Netz sind.
Ein Vorbild für die OSB gibt es schon:
der dänische Bürgerwindpark Middelgrunden, der vor Kopenhagen 20 Anlagen
betreibt, finanziert von 8000 privaten Anlegern. Middelgrunden ist der bislang
weltgrößte Offshore-Windpark und die größte private
Betreibergemeinschaft.
“DER HORIZONT GEHÖRT ZU
SYLT” Das Projekt stößt aber bereits
jetzt bei einigen Insulanern auf heftigen Widerstand. Aus dem Sylter Nobel-Ort
Kampen kommt der stärkste Gegenwind: Die Vorstellung von 120 Meter hoch
ragenden “Spargeln”, die bei guter Sicht von der Küste aus zu sehen sein
würden, behagt der auf mondänes Publikum eingestellten Gemeinde überhaupt
nicht: “Der Horizont gehört zu Sylt”, wettern die Verantwortlichen. Und: die
Landschaftsästhetik werde durch Offshore-Anlagen empfindlich gestört, und bei
Sonnenschein könnten die Rotorblätter Lichtreflexe auslösen.
Außerdem stellten die Windräder
eine zusätzliche Gefahr für die Schifffahrt dar. Bei einer möglichen Havarie
seien verheerende Folgen zu erwarten, schreibt die Bürgermeisterin von Kampen,
Ruth Sönksen, in einem offenen Brief an den Sylter Landschaftszweckverband.
Sönksen weiter: “Zusätzliche Risiken können wir an der Nordsee nicht
gebrauchen.”
GENEHMIGUNG IST NOCH
FRAGLICH Ob der Windpark von der
zuständigen Behörde, dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie in
Hamburg, genehmigt wird, steht noch in den Sternen. Erst mal werden
Forderungen und Bedenken aller Interessenträger - vom Naturschutz über die
Schifffahrt bis zu Tourismusverbänden - zusammengetragen.
Dazu gehört auch eine aufwendige
Umweltverträglichkeitsstudie, durch die Flora und Fauna vor Ort erfasst werden
muss. Trotzdem ist die OSB optimistisch, mit überzeugenden Argumenten ihr
Projekt durchzubringen. “Denn wir wollen Klimaschutz nicht gegen Artenschutz
ausspielen”, so Wolfgang Paulsen.
20. April 2001