SWR-Fernsehen Rheinland-Pfalz: Sendung "Ländersache" vom 18.7.2001:

Wortlaut des Beitrags von Daniel Hechler über den Widerstand gegen den geplanten Windindustriepark Ober-Flörsheim

Moderatorin Birgitta Weber: Wenn Sie Hunsrück und Eifel durchqueren, fallen vor allem die vielen Windräder auf. Nicht nur dort schießen sie wie Pilze aus dem Boden. Schlank und weiß, nicht unbedingt schön, aber praktisch. Ein Beispiel für Klimaschutz, der gerade in Bonn auf der Weltklimakonferenz diskutiert wird. Deshalb unterstützt Rot-Grün in Berlin die Windenergie. Die Kommunen sehen das mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Jedes Windrad bringt bares Geld, aber auch jede Menge Streit. Deshalb hat die CDU hier im Land das Thema jetzt für sich entdeckt. Daniel Hechler:

Schwenk über Windindustriepark Flomborn. Im Vordergrund fliegt ein Vogel, schwelgende Streichermusik.

Zukunftsenergie Windkraft. Eine sympathische , weil umweltfreundliche und ungefährliche Energie. Eine Energie, die Umweltminister Trittin kräftig subventioniert.

Trittin: Wir setzen ganz verstärkt darauf, erneuerbare Energien auszubauen. Wir wollen die heutigen sechs Prozent verdoppeln bis 2010 auf 12,5 Prozent, obwohl wir, die Bundesrepublik Deutschland, heute schon der Weltmeister der Windenergie ist (!).

Nahaufnahme eines Windrotors in Zeitlupe, aggressive Rockmusik:

Ärgernis Windkraft: Die häßlichen Betonklötze verschandeln die Landschaft, meinen viele Bürger. In RLP wurden in kürzester Zeit weit über 500 Anlagen aus dem Boden gestampft. Die CDU im Land warnt vor chaotischem Wildwuchs, wenn die Regierung nicht endlich handelt.

Interview im Arbeitszimmer:

Dieter Schmitt, CDU, MdL RP: Dann kann es in einzelnen Gemeinden dazu kommen, daß die Windkraftgegner, die es ja nicht von Grunde aus sind, sondern nur aus Sorge um der Landschaft willen, daß die sich benachteiligt fühlen und im Prinzip auf die Barrikaden gehen.

Kameraaufnahme von einem der Flomborner Windräder aus auf das Hochplateau mit Ober-Flörsheim. Im Hintergrund, deutlich hört man das surrende Geräusch der Anlage, danach Blick vom Dalsheimer Berg auf Ober-Flörsheim mit den Flomborner Anlagen im Hintergrund:

Der Kampf gegen Windmühlen ist längst Realität, etwa in Ober-Flörsheim, einem 1000-Seelen-Dorf bei Alzey. In direkter Nachbarschaft stehen schon 12 Anlagen, jetzt sollen im Ort noch einmal 15 dazukommen.

Szenen von Unterschriftensammlung / Gruppe von Bürgern auf Bauernhof:

Eine Bürgerinitiative läuft Sturm gegen das Projekt, und sammelt seit einigen Tagen Unterschriften. Immerhin haben schon jetzt mehr als 350 unterschrieben. Ihnen geht es um die Landschaft und um seltene Tiere, die in der Region zuhause sind.

Mitglied der BI beim Unterschriftensammeln: ... und würden Sie auch unterschreiben?

Bürger 1: Ich arbeite einen Großteil des Tages und im Jahr draußen im Feld, im Weinberg und auf dem Acker, und sehe die Dinger den ganzen Tag. Und ich sage Ihnen: es gibt keinen Gewöhnungseffekt, weder beim Menschen, noch beim Wild.

Bürger 2: Jeden Tag ärgere ich mich, wenn ich von Worms nach Hause fahren, und ich sehe die Landschaft, die Berge, die Haardt, und vornedran stehen an den höchsten Punkten der Umgebung diese häßlichen Windmühlen.

Bürger 3: Es steht dahinter eine unheilige Allianz von Strickstrumpf, Ideologen und Geschäftemachern von der übelsten Sorte.

Willenbacher klettert aus dem Mast einer Flomborner Windindustrieanlage:

Die Vorwürfe richten sich gegen Matthias Willenbacher. Er betreibt die 12 Windräder im Nachbarort und will auch den neuen Windpark bauen. Die Bürgerinitiative regt sich darüber auf, daß er viel Geld an Gemeinde und Landwirte zahlt, um seine Windmühlen aufstellen können. Die Kritik weist er zurück.

Willenbacher: Der Konflikt, der besteht meist nur mit vereinzelten Personen, die sich vehement gegen diese Landschaftsveränderung einsetzen. Und diese Landschaftsveränderung versuchen sie dann noch zu untermauern mit irgendwelchen Scheinargumenten.

Willenbacher begrüßt zwei seiner Verpächter.

Entscheidend für Willenbacher: Er hat die Besitzer des Areals schon auf seiner Seite. Er zahlt jedem von ihnen immerhin 7500 DM Pacht pro Jahr.

Verpächter: Rein vom finanziellen her lohnt sich das schon, ich meine, wenn ich rein die Fläche nur sehe, die ich jetzt zur Verfügung stelle und sehe den Pachtzins, den ich dafür bekomme, dann ist das eine Frage von der Wirtschaftlichkeit, wo keine landwirtschaftliche Kultur mitkann.

Blick auf das Ober-Flörsheimer Rathaus / Beigeordneter Nies vor Karte des geplanten Windindustrieparks:

Die Gemeinde bekommt jährlich knapp 100.000 Mark Gebühren, ein schlagkräftiges Argument für die Mehrheit im Rat. Der Bebauungsplan liegt vor, allerdings: 8 von 16 Ratsmitgliedern sind befangen. unter ihnen der erste Beigeordnete Nies. Sie oder ihre Verwandten sind mit Willenbacher schon im Geschäft oder betreiben selbst ein Windrat. Erklärungsnöte.

Nies: Na gut, der einzige Vorteil, den die Bürger haben oder die Gemeinde ist der, daß also Zahlungen von JuWi an die Gemeinde direkt gehen.

Szene aus Neubaugebiet "Wasserriß" / Blick von dort auf den Windindustriepark Flomborn:

Doch davon haben die Einwohner des Neubaugebiets in Ober-Flörsheim herzlich wenig. Einige haben ihr Grundstück gekauft ohne zu wissen, daß die Aussicht schon bald verstellt sein würde.

Neubürger: Wir haben uns gefreut auf den schönen Ausblick, auf die Ruhe hier, und die wäre wohl sicherlich gestört.

Neubürgerin: Wenn ich mir vorstelle, ich gehe hier spazieren im Feld, ich komme mir dann vor wie umzingelt. Es ist einfach nicht mehr schön dann.

Nahaufnahme der Flomborner Rotoren:

Windräder vor der Haustür. Die SPD im Land sieht das nicht so dramatisch. Innenstaatssekretär Bruch will weiter die Planung vor allem den Gemeinden überlassen, und sieht noch Spielraum für weitere Anlagen. Den Vorwurf der CDU von Wildwuchs weist er zurück.

Bruch in seinem Arbeitszimmer:

Karl Peter Bruch: Ich kenne jetzt kein Gebiet, wo ich sagen würde: Dort ist ein tatsächlicher Wildwuchs. Man kann das plakativ sagen, wie die CDU es getan hat. Man müßte es untermauern wollen und sagen: Wo ist es denn?

Platz vor dem Wirtschaftsministerium:

Wirtschaftsstaatssekretär Eymael vom Koalitionspartner FDP sieht das anders. Er ist gegen die massiven Subventionen, die der Bund garantiert.

Günter Eymael: Wir stellen fast, daß natürlich sehr, sehr viele Windparks entstehen, daß die Gemeinden tatsächlich dazu verführt werden, solche Windparks zu errichten aufgrund der Subventionspolitik, und wir jetzt aufpassen müssen, daß wir die Landschaft auch erhalten, diese herrliche Kulturlandschaft im Lande RLP, und es nicht zu weiteren Behinderungen, auch Lärmbehinderungen bei der Bevölkerung kommt.

Kameraschwenk über das Hochplateau auf die Anlagen des Windindustrieparks Flomborn/Stetten und rund 20 weitere Anlagen auf dem Kloppberg

Windenergie ist und bleibt eine sinnvolle Ergänzung zu Atomkraft und Kohle. Doch die Windräder sind nur mit und nicht gegen die Bürger vor Ort durchzusetzen.