14.04.2003

>netzpraxis< ist eine Fachzeitschrift des VDEW. Nach anfänglichem großem Interesse der Redaktion und der Zusage, diese wichtigen Beobachtungen gleich in der nächsten Ausgabe zu veröffentlichen, ist nichts geschehen: Keine Veröffentlichung und auch keine Angaben zur Nichtveröffentlichung, trotz mehrmaliger Nachfrage.

VWEW Energieverlag GmbH
Redaktion >>np<<, Herrn Dipl.-Ing. Günter Fenchel
Rebstöcker Straße 59
60326 Frankfurt am Main


Unerklärliche Stromversorgungs-Ausfälle


Sehr geehrter Herr Fenchel,

Anfang Oktober 2002 und im Februar diesen Jahres sind bei zwei meiner Kunden Störungen in der Stromversorgung aufgetreten, wie ich in meiner bald 50jährigen Berufspraxis noch nicht beobachtet habe. Ich denke, dieses Schadensbild müßte auch andernorts aufgetreten sein. Um dieses festzustellen, bitte ich um Veröffentlichung der Schilderung dieser beiden Störfälle im Magazin "Netzpraxis", in der Rubrik "Fachthema". Ich sende den Text zusätzlich per E-mail an Ihre Adresse: guenter.fenchel@t-online.de. Die beiden Schaltbilder kann ich Ihnen nur anliegend mit der Post zusenden.

Vorspann
Der Verfasser berichtet über zwei derzeit noch ungeklärte Versorgungsausfälle durch das Ansprechen der Hauptsicherungen in Kundenanlagen. Fehler in den Kundenanlagen konnten nicht festgestellt werden. Auch nicht in den Versorgungsnetzen. Es ist anzunehmen, daß ähnliche Vorfälle auch andernorts aufgetreten sind. Der Verfasser ist für diesbezügliche Hinweise dankbar, natürlich auch für Hinweise, die zur Ursachenklärung beitragen können.

Beschreibung der Störfälle
Die ungewöhnlichen Versorgungsausfälle wurden durch Ansprechen der Hauptsicherungen (Panzersicherungen) ausgelöst. Dabei konnten weder in den Kundenanlagen noch im Versorgungsnetz Fehler festgestellt werden. Beide Kundenanlagen werden vom Verfasser seit vielen Jahren komplett betreut. Wesentliche Anlagenteile wurden von ihm installiert. Abnahmeprotokolle wurden bei der Erstinstallation und den Wiederholungsprüfungen erstellt. Die wesentlichen Daten wurden mit den Ergebnissen der Messungen nach den Wiederinbetriebnahmen verglichen. Abweichungen wurden keine festgestellt.

Kundenanlage A
Eine Wanderer-Raststätte wird über eine im Eigentum des Kunden befindliche Gittermaststation aus einem 20 kV-Netz versorgt (errichtet 1962). Die Meßeinrichtung des EVU, Direktmessung für den Wirk- und Blindstromverbrauch, befindet sich in der Maststation. Die Niederspannungshauptleitung erstreckt sich über ca. 600 m von der Gittermaststation, zunächst als Freileitung, am Ende ca. 80 m Kabel, bis in das Raststättengebäude. Die drei Hauptsicherungen vor der Meßeinrichtung haben einen Nennstrom von 80 A träg (Schraubsicherungen G lV 1 ¼"), die drei Anlagenhauptsicherungen danach, in der Maststation, 63 A (NH00). Zum Zeitpunkt des Störfalles, am 08.10.2002, kurz nach 13:00 Uhr, war die Wetterlage durch Sonnenschein und kräftig auffrischenden Wind gekennzeichnet. Die Fehlersuche brachte kurz vor 14:00 Uhr folgendes Ergebnis: Die Hauptsicherungen der Phasen L2 und L3 waren durchgebrannt. Die Hauptsicherung der Phase L1 war in Ordnung. Ein auffälliges Ereignis, das dem Störfall zuzuordenen wäre, wurde nicht beobachtet. Die Messung der Strombelastung unmittelbar nach der Wiederinbetriebsetzung (Vollastbetrieb zu diesem Zeipunkt) - es wurden einfach nur die beiden Hauptsicherungen L2 und L3 ersetzt - zeigte eine maximale Stromaufnahme von 25 A in der Phase L1, 40 A in der Phase L2 und 30 A in der Phase L3. Es konnten keine Fehler in der Kundenanlage festgestellt werden.

Bild 1 zeigt das Schaltbild der Versorgungssituation der Kundenanlage A.

Kundenanlage B:
Ein Einfamilienhaus mit normaler Elektroinstallation und mit Elektro-Wärmespeicherheizung sowie Warmwasserversorgung durch zwei Kleinspeicher á 2 kW und einem Durchlauferhitzer mit einer Leistung von 9/18 kW, wird von einem Niederspannungs-Kabelnetz versorgt. Das Haus ist Teil einer üblichen Doppelhaus-Bebauung in diesem Stadtteil und steht mitten in einem Straßenzug (in den Nachbarhäusern wurden keine Störungen in der Stromversorgung bobachtet). Die drei Hauptsicherungen vor dem Zweitarif-Wirkverbrauchzähler haben einen Nennstrom von 63 A (NH1), die Anlagen-Hauptsicherungen danach haben einen Nennstrom von 50 A träg (E33). In dieser Anlage kam es in der Nacht vom 23. zum 24.02.2003 zu einem Störfall mit einem gleichen Schadensbild wie bei der Kundenanlage A. Die Hauptsicherungen der Phasen L1 und L2 waren um ca. 6:30 Uhr durchgebrannt, ca. 8,5 Stunden nach der Ladefreigabe für die Wärmespeicherheizung um 22:00 Uhr, wie man aus der Differenz der Laufzeitanzeige des Aufladesteuergerätes zur aktuellen Tageszeit errechnen konnte. Auch hier waren weder Fehler in der Kundenanlage, noch im Versorgungs-Kabelnetz feststellbar. Alle Sicherungen nach dem Zähler waren in Ordnung. Die aktuellen Meßwerte der Wärmespeicher-Heizgeräte (symmetrische Last, max. 29,5 A) stimmen mit den Inbetriebnahmedaten von vor sieben Jahren überein.

Bild 2 zeigt das Schaltbild der Versorgungssituation der Kundenanlage B.

Beide Störfälle sind umgehend dem zuständigen EVU ausführlich mitgeteilt worden. Eine Erklärung seitens des EVU steht bis heute aus. Die Kostenübernahme der Reparaturarbeiten durch das EVU wurde abgelehnt. Beide Kunden sind in hohem Maße verunsichert. Für die Wanderer-Raststätte, mit mehreren hundert Gästen an Sonnentagen wie dem 8. Oktober 2002, sind solche Stromausfälle enorm geschäftsschädigend.

Der Verfasser bittet um Mitteilung, ob gleichartige Störfälle auch andernorts beobachtet wurden und um Hinweise die zur Aufklärung der Ursachen dieser ungewöhnlichen Störfälle beitragen können.

Theodor O. Blum, Elektromeister, Küssaberg
E-mail: theodor.o.blum@t-online.de

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.