DIE
ÖKOBANK IST PLEITE. DAS ZEIGT, WIE NORMAL SIE WAR.
Am Markt vorbeispekuliert
Die Ökobank hat die bessere Pleite geschafft. Die Auflösung des
ehemals alternativen Geldinstituts ist eine moralisch
einwandfreie Angelegenheit. Von anrüchigen oder potenziell
kriminellen Affären in der Chefetage hat man noch nichts
gehört. Anders als bei der HypoVereins-Bank in München waren
die Vorstände noch nicht Objekt von staatsanwaltlichen
Ermittlungen wegen Untreue und Bilanzfälschung. Anders als bei
der Bankgesellschaft Berlin bestand nie der Verdacht, dass
windige Geschäftsleute sich für Kredite der Bank mit
Parteispenden bedankten.
Sauber geht die Ökobank unter. Trotzdem wird von ihr nicht viel
bleiben. Sollte ein anderes Finanzinstitut doch noch bereit sein,
die Reste zu übernehmen, wird vielleicht der Markenname
überleben und der ein oder andere Spezialfonds für Windräder.
Ansonsten steht am Schluss die Einsicht: Pardon wird nicht
gewährt. Wer sich auf das Geldgewerbe einlässt, für den gelten
die gleichen Regeln wie für alle Marktteilnehmer. Er ist nicht
davor gefeit, an den gleichen Fehlern zu scheitern - unabhängig
von persönlichen Hoffnungen und gesellschaftspolitischen
Wunschvorstellungen. Daher ist und war die Ökobank nichts
Besonderes.
Die HypoVereinsbank hatte den Immobiliensektor als Wachstumsmarkt
für sich entdeckt, dort gezielt investiert und mehrere
Milliarden Mark Verluste erwirtschaftet. Die Bankgesellschaft
Berlin sammelte besonders Grundstücke und Immobilienfonds im
Osten. Das Resultat: die größte Bankenpleite in der Geschichte
der Bundesrepublik. Die Pleite der Ökobank unterscheidet sich
von diesen beiden in der Höhe der Ausfälle, nicht aber im
Prinzip. Man investierte im Vertrauen auf die eigene
Spezialkompetenz in bestimmte Segmente des Marktes (Recycling,
alternative Energien), die schließlich einen zu großen Brocken
im Verhältnis zum Gesamtgeschäft der Bank ausmachten. So heißt
es am Ende:
schlecht gewirtschaftet und auch einfach Pech gehabt. Aufstieg
und Fall der Okö-Manager unterscheiden sich nicht von den
Karrieren der Vorstände normaler Geschäftsbanken.
taz Nr. 6475 vom 20.6.2001, Seite 11, 46 Kommentar, HANNES KOCH
Dynamische
Windkraft
Traumhafte Zahlen: Umweltminister Jürgen Trittin stellte
Halbjahresbilanz der Deutschen Windkraft-Wirtschaft vor und
hörte viel Lob aus der Branche
BERLIN taz Es gibt im Leben eines Umweltministers auch
ausgesprochen angenehme Momente. Mit Worten wie
"Wind-Weltmeister", "Rekordjahr" oder
"Boom" stellte Jürgen Trittin gestern in Berlin die
Halbjahresbilanz der Windkraftbranche vor. Derlei Wortwahl ist
durchaus angebracht. Im ersten Halbjahr gingen bundesweit 673
Windturbinen mit einer Gesamtleistung von 821 Megawatt ans Netz.
Das sind 50 Prozent mehr als vor Jahresfrist - und schon 2000 war
ein Spitzenjahr der Windkraft-Wirtschaft. Trittin: "Die
Energiewende ist keine Fiktion mehr, das Klimaziel der
Bundesrepublik dank dieser Entwicklung zu schaffen."
Hermann Albers, Vizepräsident des Bundesverbandes Windenergie,
zollte dem Minister Respekt: "Das
Erneuerbare-Energien-Gesetz ist der absolut treibende Motor
dieser dynamischen Entwicklung." Die Gesamtkapazität der
Branche erhöhte sich auf 6.900 Megawatt (ein Prozent des
Deutschen Stromaufkommens), der Umsatz der Anlagenbauer im
letzten Jahr auf knapp vier Milliarden Mark, die
Beschäftigtenzahl auf 30.000. "Erstmals könnten in diesem
Jahr Neuinstallationen jenseits der 2.000-Megawatt-Marke
geschafft werden", prognostizierte Albers. Bei gleich
bleibender Dynamik könnten 20 Millionen Tonnen Kohlendioxid bis
2005 eingespart werden.
Schöne Zahlen, die noch schöner werden sollen, geht erst die
Offshore-Energiegewinnung
auf hoher See los. Das Bundesumweltministerium hatte jüngst eine
Studie vorgelegt, nach der potenziell knapp 15 Prozent des
deutschen Stromes auf der Nordsee gewonnen
werden können. Bereits 2004 sollen die ersten Windparks in
Betrieb gehen, mit bis zu 80 Windrädern 20 bis 30 Kilometer vor
der Küste. Trittin verknüpft diese Projekte mit dem Zusatz
"Pilot". Technische Anforderungen wie Verankerung auf
dem Meeresboden oder Eigenschwingung seien erheblich, der
Investitionsbedarf entsprechend groß. Klar scheint deshalb
heute, dass sich nur 5-Megawatt-Windräder wirtschaftlich
betreiben lassen. Die befinden sich derzeit aber erst in der
Entwicklung.
Angesichts derart rosiger Gegenwart und Zukunft konnte Trittin
gestern gelassen Kritikern entgegentreten. So befürchten
Naturschützer etwa, dass die geplanten Windparks
Vogelpopulationen und Wahlarten zusetzen. Trittin räumte einen
"vorhandenen Zielkonflikt" ein, der gut ausgelotet
werden müsse. Erstens werden die Windparks deshalb "so weit
draußen gebaut". Zweitens: "Wenn es uns nicht wirklich
gelingt, Klimaschutz zu betreiben, werden wir keine Naturparks
mehr haben."
Kritik kam auch aus der anderen Richtung: von den Windmüllern.
Fritz Vahrenholt, Vorstandschef des Anlagenbauers Repower,
bezeichnete Trittin als "Bremser". Seine Firma müsse
"30 Millionen Mark in die Entwicklung der
5-Megawatt-Maschinen investieren". Das rechne sich nur, wenn
"wir mindestens 50 Windräder pro Park vor der Küste
installieren dürfen". Trittin ließ sich seine Laune
gestern nicht verderben: "Sie dürfen sogar 80 bauen."
NICK REIMER
taz Nr. 6495 vom 13.7.2001, Seite 8, 102 TAZ-Bericht, NICK REIMER