Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Koblenz, den 08. Mai 1998
Pressemitteilung Nr. 14/98
Ratsmitglied darf bei Eigeninteresse
nicht am Beschluß über einen Bebauungsplan mitwirken

Wer aus dem Satzungsbeschluß des Gemeinderates über einen Bebauungsplan einen eigenen Vorteil ziehen kann, ist als Ratsmitglied von der Mitwirkung an diesem Beschluß ausgeschlossen. Dies gilt unter Umständen auch dann, wenn das Ratsmitglied ein von der Planung betroffenes Grundstück noch vor Inkrafttretendes Bebauungsplans verkauft hat. Das geht aus einer heute veröffentlichten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz hervor.

Der Rat einer Gemeinde im Rhein-Nahe-Raum beschloß 1994, für ein Gelände, in dem sich bislang Kleingärten befanden, einen Bebauungsplan aufzustellen. Kurz darauf verkaufte ein Mitglied des Gemeinderates sein eigenes, im Plangebiet gelegenes Grundstück als Bauerwartungsland an einen Bauinteressenten. Anfang 1996 beschloß der Gemeinderat unter Mitwirkung des betreffenden Ratsmitgliedes den Bebauungsplan als Satzung. Der Erwerber des Grundstücks erhielt noch vor Inkrafttreten des Bebauungsplans eine Baugenehmigung für ein Wohnhaus.

Daraufhin riefen die Eigentümer eines anderen von dem Bebauungsplan betroffenen Grundstücks das Oberverwaltungsgericht an und rügten die Interessenkollision. Das Oberverwaltungsgericht gab den Antragstellern recht. Es stellte fest, daß der Bebauungsplan bis zu einer ordnungsgemäßen Wiederholung des Satzungsbeschlusses nicht wirksam ist.

"Ein Ratsmitglied ist von der Entscheidung über einen Bebauungsplan ausgeschlossen, wenn die Entscheidung ihm selbst einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann&uot;, betonten die Richter. Zwar sei das Ratsmitglied im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht mehr Eigentümer des in Rede stehenden Grundstücks gewesen. Gleichwohl habe die Ratsentscheidung in seinem Interesse gelegen. Dies folge daraus, daß das Ratsmitglied das Grundstück im Hinblick auf die voraussichtliche Bebaubarkeit zum Baulandpreis veräußert habe. Für die Interessenkollision komme es nicht darauf an, ob ihm für den Fall, daß die Erwartung des Käufers enttäuscht worden wäre, eine Schadensersatzforderung gedroht hätte. Denn jedenfalls hätten sein Ruf und sein Ansehen auf dem Spiel gestanden, wenn seine Prognose, das Grundstück werde alsbald bebaubar sein, sich nicht bewahrheitet hätte.

"Das gesetzliche Mitwirkungsverbot verfolgt das Ziel, den Ratsmitgliedern persönliche Konfliktsituationen zu ersparen und das Vertrauen der Bürger in eine saubere Kommunalverwaltung zu erhalten", heißt es in dem Urteil. Deshalb müsse schon der "böse Schein" einer Interessenkollision vermieden werden.
Aktenzeichen: 1 C 10789/97.OVG


Koblenz, den 05. Februar 1998
Pressemitteilung Nr. 4/98
Investition fehlgeschlagen -
Verbandsbürgermeister haftet gegenüber Ortsgemeinde
Läßt der Bürgermeister einer Verbandsgemeinde zu, daß eine Ortsgemeinde mit einem Investitionsvorhaben beginnt, obwohl Bedingungen der Kommunalaufsicht für eine Kreditaufnahme nicht erfüllt sind, so muß er unter Umständen persönlich für den Schaden aufkommen, der aus dem späteren finanziellen Fehlschlag des Projekts entsteht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz hervor.

Eine kleine Ortsgemeinde im Eifelraum, deren Wirtschaftsstruktur auf den Fremdenverkehr ausgerichtet ist, plante ein Hotel mit angeschlossenem Freizeit- und Erholungszentrum. Das Projekt sollte teilweise von einem privaten Investor und teilweise von der Gemeinde finanziert werden, wobei die kommunalen Eigenmittel zu einem erheblichen Teil durch Kredit zu beschaffen waren. Die zuständige Kreisverwaltung als Kommunalaufsichtsbehörde stimmte der Finanzierungskonzeption - unter Zurückstellung von Bedenken - nur unter bestimmten Bedingungen zu: Vor Baubeginn hatte der Investor eine Bankbürgschaft von 1 Mio. DM zu stellen und weitere 1,2 Mio. DM bei der Verbandsgemeindekasse bar einzuzahlen.

Der Verbandsbürgermeister, der sich von Beginn an mit großem Engagement für das Projekt eingesetzt hatte, unterrichtete den Ortsgemeinderat zwar von diesen Bedingungen. Er ließ es dann aber zu, daß mit der Investition begonnen wurde, obwohl die Sicherheiten nicht erbracht worden waren. Nach beträchtlichem Anstieg der Baukosten geriet der Investor in wirtschaftliche Schwierigkeiten und fiel schließlich in Konkurs. Der Ortsgemeinde entstand dadurch ein Schaden in Millionenhöhe. Wegen eines Teilbetrages von etwa 850.000,00 DM nahm die Verbandsgemeinde ihren damaligen, inzwischen aus dem Amt geschiedenen Bürgermeister auf Schadensersatz in Anspruch. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, das sich in der Berufungsinstanz mit dem Fall zu beschäftigen hatte, sprach der Verbandsgemeinde die Hälfte des eingeklagten Betrages zu und wies die Klage im übrigen ab.

Der Bürgermeister habe schuldhaft gegen seine Dienstpflichten verstoßen, befand das Gericht. Denn er habe es nicht zulassen dürfen, daß mit der Investitionsmaßnahme begonnen wurde, bevor die geforderten Sicherheiten geleistet waren. Das Gegenargument des Bürgermeisters, er habe eine Interessenabwägung vornehmen müssen, weil bei einem weiteren Zuwarten der Wegfall öffentlicher Gelder und damit das Scheitern des ganzen Vorhabens gedroht hätte, ließen die Richter nicht gelten: Es gehe keineswegs darum, "dem aktiven und risikofreudigen kommunalen Amtswalter, namentlich in strukturschwachen Gebieten, in kleinlicher Manier in den Arm zu fallen und jede Initiative abzutöten". Hier habe aber der Bürgermeister wegen der bindenden Sicherungsvorgaben der Kommunalaufsicht keinen eigenen Entscheidungsfreiraum mehr gehabt. Eine Abwägung zwischen Zielen mit unterschiedlicher Priorität sei ihm daher von vornherein abgeschnitten gewesen. "Der Beamtenstatus des Bürgermeisters ist weder Privileg noch Selbstzweck. Er verpflichtet den Bürgermeister, in seinem Verantwortungsbereich die Beachtung rechtlicher Vorgaben sicherzustellen", betonten die Richter.

Wegen der Schadenshöhe berücksichtigte das Gericht ein erhebliches Mitverschulden des Ortsgemeinderates, der sich über die kommunalaufsichtlichen Bedingungen ebenfalls hinweggesetzt hatte. Deshalb begrenzte es den Schadensersatz auf die Hälfte des geforderten Betrages.
Aktenzeichen: 2 A 11925/96.OVG