LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN Drucksache 13/1312
13. Wahlperiode 12. Juni 2001

Antrag

der Fraktion der CDU

Nachhaltige Nutzung der Windkraft in NRW setzt den Schutz von Mensch,
Natur und Landschaft voraus

I.

Der Ausbau regenerativer Energien ist Bestandteil eines zukunftsfähigen
Energiemixes für Nordrhein-Westfalen. Die Windkraft spielt hierbei eine
wichtige Rolle. Dies wird begünstigt durch die Privilegierung von
Windkraftanlagen im Außenbereich zum 1. Januar 1997 gemäß § 35 Absatz 1
Nr. 6 Baugesetzbuch sowie die im Gesetz für den Vorrang erneuerbarer
Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) vom 29. März 2000 deutlich
angehobene Vergütung für Strom aus Windkraft von 17,8 Pfennig pro
Kilowattstunde. Als Folgewirkung gelangen immer größere und
leistungsfähigere Windenergieanlagen (WEA) zur Marktreife.

Gemeinsam mit den falschen politischen Vorgaben der rot-grünen
Landesregierung führen diese Rahmenbedingungen zu einer Aushöhlung der
gemeindlichen Planungshoheit und zu empfindlichen Beeinträchtigungen des
Landschaftsbildes vor allem in Ostwestfalen-Lippe, im Münsterland, am
Niederrhein und in der Eifel. Zudem werden Gefahren für Menschen und
Tiere befürchtet. Andererseits besteht großes Verständnis für die
Landwirte, die sich angesichts schlechtester landwirtschaftlicher
Rahmenbedingungen durch Flächenverpachtungen an
Windenergiebetreiber-Gesellschaften ein zusätzliches wirtschaftliches
Standbein schaffen.

Bei 18 Millionen Einwohnern ist NRW das mit Abstand bevölkerungsreichste
Bundesland. Der rasche Zubau sowie eine Vielzahl von Bauanträgen für
WEAs beunruhigen viele Bürgerinnen und Bürger. Um trotz hoher
Siedlungsdichte der Windkraft eine dauerhafte gesellschaftliche
Akzeptanz zu sichern, muss bei ihrer Nutzung der Schutz von Mensch,
Natur und Landschaft nachhaltig gewährleistet sein.

II.

Der Landtag stellt fest: Die Nutzung der Windkraft in
Nordrhein-Westfalen ist an folgenden Vorgaben auszurichten:

1. Eine nachhaltige Nutzung der Windenergie erfordert die gleichrangige
Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange.
2. Die garantierte Einspeisungsvergütung für Strom aus Windkraft nach
dem Erneuerbare-Energien-Gesetz kann ordnungspolitisch lediglich eine
Hilfe zur  Markteinführung sein und darf nicht zu dauerhaften
Subventionen führen. Das derzeit geltende EEG ist darauf zu überprüfen,
ob es diesem Anspruch der Anschubfinanzierung gerecht wird.
3. Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger ist ein ausreichender Abstand
von WEAs zur Wohnbebauung von zentraler Bedeutung.

a) Dieser Abstand kann nicht geringer sein, als der aus Gründen des
Artenschutzes vom Windenergieerlass geforderte Mindestabstand zu
Naturschutzflächen. Windenergieanlagen müssen deshalb ihre fünffache
Gesamthöhe - mindestens jedoch 500 Meter - Abstand zum nächsten
Wohngebäude einhalten.
b) Außerdem darf der erzeugte Lärmpegel an bewohnten Gebäuden nachts
auch im Außenbereich 35 dB (A) nicht überschreiten.

Diese Regelungen gelten nicht für das vom Betreiber/Verpächter selbst
genutzte Wohngebäude.

4. Der Bau einer WEA ist als Eingriff in Natur und Landschaft zu
bewerten, für den eine Ausgleichspflicht besteht.
5. Zur Sicherung ihrer Planungshoheit wird den Kommunen die Möglichkeit
eingeräumt, die Entscheidung über Bauanträge für WEAs zur Klärung aller
Fragen bis zu einem Jahr zurückzustellen (analog der Veränderungssperre
im Planungsrecht). Damit haben die Kommunen die Gelegenheit, ihr
gesamtes Gemeindegebiet auf geeignete Standorte für WEAs zu untersuchen
und diese unter Beteiligung aller Betroffenen festzulegen. Geht von
Standorten für Windkraft eine die kommunalen Grenzen überschreitende
Wirkung aus, die nicht nur ästhetischer Art ist, so ist ihre Festsetzung
nur im Einvernehmen mit der betroffenen Nachbarkommune zulässig.

III.

Angesichts der bestehenden Antragsflut in den verschiedenen Teilen des
Landes fordert der Landtag die Landesregierung auf, alle Regelungen zur
Windkraftnutzung auf Landesebene unverzüglich diesen Vorgaben
anzupassen. Soweit bundesrechtliche Vorschriften zur Durchsetzung der
Vorgaben zu ändern sind, sind die erforderlichen Initiativen im
Bundesrat zu ergreifen.


Dr. Jürgen Rüttgers 

und Fraktion