Für Nichtjuristen, Nichtpolitiker und Politiker
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Werner Eisenkopf, Schulstr. 53, 65594 Runkel / Lahn in Hessen
über Firma FSWE-Medien ( F oto - S tudio - W erner - E isenkopf )

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiter

gestern erhielt ich eine Rückfrage zu den Zitaten in meiner Beschwerde an den Limburger Landrat Dr. Manfred Fluck, bezüglich der systematischen Falschinformation der mittelhessischen Kommunen (wie eigentlich fast überall in D) über die Handhabung von Bauplanungen bei der Windkraft und inzwischen bundesweit in die Köpfe eingebläute Märchen zugunsten der Windkraftlobby.

Dazu will ich die komplexen Vorgänge der juristischen Meinungsbildungsprozesse in sehr vereinfachter Form auch einmal für Nichtjuristen und andere Interessierte darzustellen versuchen. Ein Unterfangen, das eigentlich zum Scheitern verurteilt sein scheint aufgrund des Nichtjuristenstatusses des Autors WE. Doch manchmal überblicken Außenstehende einen Zusammenhang besser als die Etablierten, wie einst das kleine Mädchen, das bei "Kaisers neue Kleider" ausruft: "Der ist ja nackt."

Es gibt kein Gesetz oder kein Urteil das kurz und knapp besagt: "...wenn die Kommune geprüft hat ob sie Flächen für die Windkraftanlagen ausweisen will und keine findet, dann kann sie auch förmlich beschließen, keine zu haben." Nirgendwo auf dem Gemeindegebiet "müssen" solche Windkraftanlagen gebaut werden.
Dennoch ist dies der Fall! Der zitierte Text oben ist eine zusammenfassende KOMMENTIERUNG der entsprechenden Urteilsseiten und Vorschriften. Der Nichtjurist kann sich gar nicht vorstellen, welch eine Geheimniskrämerei die juristische Sprache ist und damit Legionen von sowohl seriösen Anwälten aber auch Winkeladvokaten dauerhaft Brot und DaimlerBMW garantiert. Sind diese doch damit sozusagen als Ergänzung zu den Pharisäern (u.a. etliche Politiker) die Dolmetscher und Schriftgelehrten einer Geheimsprache, deren Auslegungsvarianten schon beinahe an das herankommen, was man einst im klassischen alten Griechenland aus den vagen Worten des Orakels von Delphi herausinterpretieren konnte.

Eine klare und für jedermann sofort verständliche Gesetzes- wie auch Urteilsformulierung entspricht nicht den Gepflogenheiten und würde bei der o.a. Berufsgruppe ansonsten auch zu erhöhter Arbeitslosigkeit damit auch in der Wertschöpfungskette bei DaimlerBMW führen. Dies gilt zwar grundsätzlich für alle Länder mehr oder weniger auf der Erde, doch leben wir Deutschen in demjenigen Land, das bezüglich seiner bis ins allerkleinste gehenden Regelungswut schon eigentlich ein weltweit unangefochtener Spitzenreiter war, bis hier jüngst eine Ablösung durch die sogar Gurkenkrümmungen vorregelnde EU dies allmählich ablöste.

Antonie de Saint Exupéry ließ seinen "Kleinen Prinzen" zur Erkenntnis kommen:
"Le language est source de malentendus" ("Die Sprache ist die Quelle aller Mißverständnisse") Dies hat sich in der Juristerei natürlich besonders zugespitzt. Kam Moses noch in der Bibel mit nur 10 Geboten aus, so steigerten sich die Gesetztexte und Vorschriften bis hin zu den etwa aktuell über 25000 Paragraphen der heutigen deutschen Gesetze und Verordnungen, was noch äonenlang nicht das Ende dieser Fahnenstange bedeutet, weil die Vermehrungsfähigkeit der deutschen Gesetzesparagraphen diejenige der deutschen Bevölkerung um mindestens den Faktor 100 übersteigt. Wer diese fünfundzwanzigtausend deutschen Paragraphen nur schlichtwegs alle nach und nach durchlesen will, der müßte dafür als Grundvoraussetzung ein biblisches Alter erreichen und auf alle Freizeit wie auch andere Tätigkeiten in seinem gesamten Leben überhaupt verzichten.

Daß es gar nicht im Sinne der Juristerei ist, klare und sofort allgemein verständliche Gesetzestexte wie auch Urteile zu formulieren, ist historisch gewachsen. Bereits die Bibel hat vielfältigen Raum für Auslegungen gelassen, enthält sie doch so ziemlich alle wichtigen Zutaten von Geschichtsbüchern, Krimis, Morden, Liebesromanen, Orgien, Gewalttätigkeiten, usw. in nur einem Buch beisammen, weswegen sie auch zunächst aus dem Hebräischen nur in das Lateinische übersetzt werden durfte, was damit allein den wenigen schriftgelehrten Priestern und Mönchen der katholischen Kirche ein Lesen, Verstehen und Weiterverbreiten erlaubte.

Als ein rebellischer Mönch namens Martin Luther in den Jahren 1522 bis 1534 die Bibel aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzte, da mußte er oft lange über genaue Formulierungen nachsinnen:
"..er schmierte ihn mit Schmiere ein..." ? oder besser "..er salbte ihn mit Öl.." ??
Damit hatte Luther eigentlich bereits dasselbe Grundproblem wie ein heutiger Normalbürger, nämlich irgendeinen im Behördendeutsch abgefaßten Text so umzuformulieren, daß ihn ein normaler Verstand geistig erfassen und begreifen kann.

"Je weniger einer weiß, desto mehr glaubt er jeden Scheiss..." oder sittsamer ausgedrückt: WISSEN IST MACHT!
Aus diesem Grunde war es auch damals den katholischen gläubigen Schäflein bei schwerster Strafe verboten, überhaupt eine Bibel zu besitzen !!!
Etwas, das heute seltsamerweise nicht mehr zum Allgemeinwissen gehört. Mit der Gegenreformation mußten die Protestantischen Christen ihre Bibeln wieder abgeben, sie sollten nicht selbst lesen, verstehen und interpretieren dürfen was Gottes Wort sei, sondern wieder allein auf das von der Kanzel herab verkündete Wort des Priesters angewiesen sein. Damals überstanden viele wunderschöne Bilderbibeln diese düstere Zeit nur in geheimen Verstecken. Die katholische Kirchenmesse wurde bis in das vorige Jahrhundert noch von den Priestern in Lateinisch gehalten, bis sich hier in den 1960er Jahren die katholische Messe auch in Deutsch erst durchsetze. Kein Wunder, daß mancher einfache Landbewohner früher beim Liedtext "Tantum ergo Sacraméntum.." ("Darum laßt uns tief verehren" nach dem Hymnus 'Adoro te devote' des hl. Thomas von Aquin 1225-1274) bei der Endung der ersten Strophe mit "...Sénsuum deféctui." eher an eine kaputte Mäh-Sense in der Landwirtschaft dachte, als an "..was das Auge nicht erkennt."

Damit ja nicht ein aktueller 'Luther' die deutsche 'Paragraphenbibel' in eine allgemeinverständliche 'Normaldeutschfassung' übersetzt, wurden vorsorglich so viele Paragraphen geschrieben, daß inzwischen kein Sterblicher mehr allein aus den biologischen Zwängen eines allenfalls 100 Jahre umfassenden Lebens in der Lage ist, diesen endlosen Geheimtextparagraphenwust allgemeinverständlich zu übersetzen.

Goethe ahnte es: "Die ich rief die Geister...."
Das Ganze geriet nämlich auch den Juristen selbst derart aus dem Ruder, daß sie nun ihrerseits auf unter Juristen allgemeine verständlichere, wenn auch noch lange nicht allgemeinverständliche Kommentierungen benötigten. Dies schaffte eine neue 'Schriftgelehrtenklasse der juristischen Kommentierer.' Heutzutage liest kaum noch ein Anwalt oder Richter allein die reinen Textteile etwa aus Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sondern schon fast gewohnheitsmäßig gleich die dazugehörige einbändige Kommentierung von 'Palandt' (kürzer und beliebt) oder den mehrbändigen 'Münchener Kommentar' (länger und unbeliebt) und beziehen sich in Urteilsbegründungen oft direkt auf den jeweiligen Kommentartext. Erst die Kommentierer machen mit ihren Auslegungen die einzelnen Paragraphen verständlicher, wenn auch noch lange nicht allgemeinverständlich. Juristische Kommentierungen gehören also zu Gesetzen und Urteilen so grundsätzlich dazu, wie die Butter zum Butterbrot. Ohne diese ist alles zu trocken und fade bis hin zu ungenießbar.

Wenn aber dann die Kommentare zu denselben Gesetzestexten oder Urteilen unterschiedlich ausfallen, so ist das eher der Normalfall als der Ausnahmefall. Kommentare sind immer eine Meinung, eine persönliche Meinung und Aufassung des Kommentators. Jedes Gesetz, jedes Urteil ist nichts anderes als eine persönliche Meinung und Auslegung. Es gibt dabei ziemlich einvernehmliche Grundkonsense (z.B. Mord ist Mord) oder auch umstrittene Auslegungen (z.B. diese Parteispende sollte keinerlei Einfluß zugunster der Firma XY nehmen) Manchmal gibt es auch Nullkonsens. Dann müssen eben notfalls wiederum Gerichte urteilen, welcher Kommentar und damit welche Auslegung nun am ehesten den Sinn des Textteils trifft. Die "Vorrangigkeit" der Windräder nach dem Baugesetzbuch (BauGB) kann somit sehr unterschiedlich interpretiert werden zwischen:
"..notwendige Voraussetzung für eine ökodiktatorische Einführung einer hoffentlich klimarettenden Technik überall im Land auch ausdrücklich gegen den Willen unbelehrbarer und dies geistig nicht begreifender Provinzler vor Ort..." (Kommentar sehr frei a' la SPD-MdB Hermann Scheer) oder
"Natur- und Landschaftsbelange gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 BauGB können trotz genereller Planung auch ein privilegiertes Vorhaben von einem bestimmten Standort ausschließen.." (Kommentar des OVG Sachsen-Anhalt 2001) oder
"..wurde diese "Vorrang-"Regelung bei ihrer Einführung politisch mit einer notwendigen Gleichziehung der regenerativen Energiebauwerke begründet, zur bestehenden Vorrangigkeit atomarer Anlagen. Doch war damit schon der Vergleich unzutreffend, weil die wenigen deutschen Atomkraftwerke, allessamt in Flußtälern gelegen, hierbei schon zahlenmäßig und lagemäßig nicht vergleichbar sind mit Tausenden von Windkraftanlagen bis auf die höchsten regionalen Berghöhen.." (Gegen-Kommentar W. Eisenkopf 2002 zu Scheer)

Wie man sieht, gibt es niemals nur eine einzige Meinung und Auslegung, es gibt mehr oder weniger immer Grauzonen und Interpretationsspielraum. Wenn etwa Gerhard Schröder sein Duell mit Stoiber verlieren würde, so könnte sich das im Sinne mancher SPD-Kommentierer nachher etwa so formuliert lesen:
"Während Gerhard Schröder einen hervorragenden zweiten Platz belegte, wurde Stober nur Vorletzter.."
Das Recht und seine Formulierungen entwickelt sich also ständig weiter. Es ist lebendig, sonst wäre etwa noch der Bibelbesitz schwer strafbar und Daumenschrauben zum Zwecke eines erfolgreicheren Polizei-Verhörs noch rechtens und zulässig. Desweiteren könnte eine Frau namens Bärbel Höhn (GRÜNE Ministerin in NRW) wegen der Aussage: "Windräder sind die Kirchtürme der GRÜNEN Politik" noch immer als gotteslästerliche Ketzerin auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden...
Werner Eisenkopf