Hessischer Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Urteil vom 31.05.2001 - 3 N 4010/97
Im Namen des Volkes


In dem Normenkontrollverfahren

Antragsteller...

bevollmächtigt: Rechtsanwalt Matthias Möller-Meinecke,
Am Plan 30, 99438 Bad Berka-Tiefengruben,

gegen die Stadt Kronberg im Taunus, vertreten durch den Magistrat - Rechtsamt -, 
Katharinenstraße 7, 61476 Kronberg,

als Antragsgegnerin,

wegen Baurechts;
hier: Überprüfung der Gültigkeit des Bebauungsplans "Stadtentlastungsstraße" mit integriertem Landschaftsplan

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2001 für Recht erkannt:

Der Bebauungsplan der Antragsgegnerin "Stadtentlastungsstraße" mit integriertem Landschaftsplan vom 14.12.1995 ist nicht wirksam.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, jedoch darf die Antragsgegnerin die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leisten. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich im Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan "Stadtentlastungsstraße" mit integriertem Landschaftsplan.

Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich des Bebauungsplans.

Durch den Bebauungsplan wird zwischen den Stadtteilen Schönberg und Oberhöchstadt der Stadt Kronberg im Taunus eine Stadtentlastungsstraße mit durchgehender Linienführung von der L 3015 zur B 455 geplant. Mit ihrer Realisierung soll erst begonnen werden, wenn auch für einen südlich anschließenden Straßenabschnitt zwischen der L 3015 und der L 3005 (südlich der Zufahrt Firma Braun) auf der Grundlage eines Bebauungsplans "Sodener Stock" Baurecht erlangt sein wird.

Die bau- und planungsrechtliche Situation hat sich wie folgt entwickelt: Ein Bebauungsplan der Antragsgegnerin "Auf der Heide" aus dem Jahre 1972 enthält ein Sondergebiet Schulzentrum und zwei Straßenflächen, einmal im Westen als geplante Straße die heutige Le-Lavandou-Straße und - bisher nicht verwirklicht - eine Fläche für die geplante Umgehung L 3005 zwischen Schönberger Straße und Fußweg Lärchenweg.

Im Regionalen Raumordnungsplan Südhessen - RROP-S 1987 (StAnz. 1987, 388) war für die Planungsregion Südhessen die inzwischen überholte Planung zur Verlegung der L 3005 als nicht abgestimmte Maßnahme enthalten. Im Text war die L 3005 (neu) Umgehung Kronberg - als Straßenplanung aufgeführt, über die keine regionalplanerische Übereinstimmung besteht (Planungshinweis). Bei der Anhörung zur Neufassung beantragte die Antragsgegnerin, die Stadtentlastungsstraße (STEL) im Zuge der L 3005 in den RROP-S aufzunehmen. Sie wurde daraufhin, zwischen der L 3015 und B 455 als ''einbahnige Straße geplant", im Entwurf einer Neufassung des RROP-S vom Mai 1993 dargestellt. Dennoch wurde dem Antrag mit dem am 09.03 1995 festgestellten RROP-S 1995 (StAnz. 1995,1877) nicht entsprochen. In einem Schreiben des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 13. Juni 1995 wurde der Stadt Kronberg u.a. Folgendes mitgeteilt:

..."Die STEL soll Teil eines umfassenden Verkehrskonzeptes sein, das mittels verschiedener Maßnahmen zur Lösung der bestehenden Verkehrsprobleme beiträgt. Die Verkehrsbelastung im Stadtgebiet Kronberg resultiert zu einem großen Teil aus Ziel- und Quellverkehr aus den Stadtteilen Kronberg und Schönberg. Aufgrund ihrer nur örtlichen Bedeutung wird die STEL daher in Abstimmung mit der Obersten Landesplanungsbehörde nicht mehr in den Planentwurf aufgenommen, in dem nur abgestimmte, regionalplanerisch bedeutsame Straßen dargestellt sind. Die Tatsache, dass die STEL als nicht regionalbedeutsam eingestuft wurde, ermöglicht eine nicht durch Zielvorgaben im Sinne der Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB gelenkte Planungsentscheidung der Gemeinde. Soweit die Stadt Kronberg die Auffassung vertritt, dass Planung und Bau der Stadtentlastungsstraße wegen der hohen Verkehrsdichte notwendig sind, wird im Bebauungsplanverfahren zu prüfen sein, welche Belange tatsächlich beeinträchtigt werden bzw. dem Vorhaben entgegenstehen. Soweit das Bebauungsplanverfahren zur Stadtentlastungstraße Kronberg einen positiven Abschluss findet, steht der Realisierung dieses Vorhabens planungs- und baurechtlich nichts im Wege."

Im RROP-S 1995 (Karte Siedlung und Landschaft) ist der Geltungsbereich des Bebauungsplans zwischen den Stadtteilen Schönberg und Oberhöchststadt als im regionalen Grünzug gelegen und eine Dreiecksfläche im südlichen Teil als Gebiet für den Biotop- und Artenschutz dargestellt.

Das Plangebiet liegt im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans für das Gesamtgebiet des Umlandverbandes Frankfurt vom 06.07.1987 (StAnz. 1987, S. 1535), der ursprünglich die gleiche Darstellung für die L 3005 (neu) wie im RROPS-S 1987 enthielt. Durch die 1. Änderung des Flächennutzungsplans für den Bereich der Stadt Kronberg im Taunus "Stadtentlastungsstraße'' wurde der Plan geändert, der geänderte Flächennutzungsplan am 20.08.1991 genehmigt und am 16 09.1991 bekannt gemacht. Der geänderte Flächennutzungsplan, dessen Gegenstand die Darstellung der Stadtentlastungsstraße ist, enthält im Geltungsbereich des Bebauungsplans folgende Darstellungen:

Linienführung der geplanten Stadtentlastungsstraße mit Anschlüssen an das bestehende Straßennetz als Flächen für den Straßenverkehr (überörtliche und örtliche Hauptverkehrsstraße), und zwar im Abschnitt Lärchenweg - Schöneberger Straße (K 768) "unterirdisch", im übrigen "oberirdisch". Fläche zwischen Anschlussrampe STEL/K 769 als "Verkehrsgrün". Östlicher Teil des Schulgeländes bis zum Siedlungsrand Oberhöchstadt als "Grünfläche-Sport". Bestehende Waldflächen als "Wald". Alle übrigen Flächen als "Flächen für die Landwirtschaft".

Diese Abweichung war durch Bescheid des Regierungspräsidenten in Darmstadt vom 08.01.1989 zugelassen worden.

Der Geltungsbereich des Bebauungsplans liegt im Landschaftsschutzgebiet Taunus (LSchVO Taunus vom 06.04.1995, StAnz. 1995, S. 1473).

Mit Schreiben vom 12.12.1994 hat das Regierungspräsidium Darmstadt in Aussicht gestellt, dass aufgrund der Ergebnisse der sorgfältigen Planung im Hinblick auf die Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung und forstrechtliche Bewältigung des Eingriffs eine landschaftsschutzrechliche Ausnahmegenehmigung zum Bau der Stadtentlastungsstraße innerhalb des Landschaftsschutzgebietes Taunus möglich sei. Ein entsprechender Antrag der Antragsgegnerin wurde vom Regierungspräsidium Darmstadt, Obere Naturschutzbehörde - Dezernat IX - 75 mit Bescheid vom 25.07.1995 genehmigt. Die als Ausgleich der Eingriffswirkungen für erforderlich gehaltenen Kompensationsmaßnahmen wurden als Nebenbestimmungen im Bescheid festgesetzt.

Im Rahmen der Landschaftsplanung hat eine Bestandserhebung und -bewertung stattgefunden. Entsprechend der Landschaftsanalyse und dem Landschaftsplan des Umlandverbandes Frankfurt wurde ein "landschaftsräumliches Konzept" als Beiplan entwickelt, das in die Planbegründung aufgenommen ist und die Grundlage für die Ausgestaltung der Ausgleichsmaßnahmen bildet. Bei der Eingriffs- und Ausgleichsbewertung wurde von der Antragsgegnerin im Einvernehmen mit den Naturschutzbehörden von der Anwendung der Hessischen Biotop-Bilanzierung Abstand genommen. Im Rahmen der Prüfung der Umweltverträglichkeit und der daraus resultierenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wurden für die betroffenen Bereiche Ausgleichsflächen ermittelt und im Geltungsbereich des Bebauungsplans, der aus drei räumlichen Teilbereichen besteht, als Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft (§ 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB) festgesetzt. Neben dem Teilbereich 1 (Stadtentlastungsstraße) umfasst der Bebauungsplan den Teilbereich 2 (als Wald festgesetzte Ausgleichsflächen) und den Teilbereich 3 (Rückbau der Altkönigstraße zu einem Forstwirtschaftsweg).

Der streitgegenständliche Bebauungsplan wurde wie folgt aufgestellt: In ihrer Sitzung vom 11. Juni 1987 beschloss die Stadtverordnetenversammlung den Bebauungsplan - Entwurf "Stadtentlastungsstraße" - und in ihrer Sitzung vom 16.02.1995 die öffentliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB. Die Bekanntmachung enthält eine schriftliche Beschreibung des Plangebiets, wobei nach numerierten Teilbereichen differenziert wird und innerhalb dieser die einzelnen Flurstücke mit Flurbezeichnung und Flurstücksnummer aufgelistet sind.

In ihrer Sitzung vom 14.12.1995 hat die Stadtverordnetenversammlung über die eingegangenen Anregungen und Bedenken der Träger öffentlicher Belange, darunter auch der anerkannten Naturschutzverbände Hochtaunus und des BUND entschieden und den Bebauungsplan als Satzung beschlossen.

Die Antragsgegnerin führte das Anzeigeverfahren gemäß § 11 Abs. 3 BauGB durch. Gemäß der Verfügung des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 26. August 1996 (IV 34-61 d 04 01 Kronberg - 29) wurde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht geltend gemacht. Die Antragsgegnerin machte die Durchführung des Anzeigeverfahrens in der "Taunuszeitung" vom 16.09.1996 bekannt.

Die Antragsteller haben unter dem 12.09.1997 bei der Antragsgegnerin eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften sowie Mängel der Abwägung geltend gemacht und mit Schriftsatz vom gleichen Tage einen Normenkontrollantrag gestellt.

Zur Begründung tragen sie vor Die Vorschriften über die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange, über den Erläuterungsbericht und die Begründung der Satzung sowie ihres Entwurfs seien verletzt, weil mangels Konkretisierung der örtlichen Lage des Plangebiets keine ausreichende Anstoßwirkung für eine Beteiligung gegeben gewesen sei. Auch der mit der Bekanntmachung der Satzung verfolgte Hinweiszweck sei nicht erreicht, weil sich der örtliche Geltungsbereich des Plans wegen Fehlens jeglicher Orts-, Flur und Gebietsnamen nicht zuordnen lasse. Der Plan sei nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt und die Vorschriften über die Landschaftsplanung gemäß §§ 3 und 4 BNatschG seien verletzt. Ferner fehle es an einer Befreiung nach Maßgabe der §§ 31 b BNatschG und 30 b HeNatG von dem gesetzlichen Schutz von Lebensräumen und Landschaftsteilen gemäß § 23 HeNatG sowie an einem Befreiungsverfahren von dem gesetzlichen Schutz des ausgewiesenen Landschaftsschutzgebietes.

Der Bebauungsplan verstoße gegen § 8 Abs. 7 Hess. Landesplanungsgesetz (HLPG), wonach die Stadt die Bestimmungen des Regionalen Raumordnungsplans bei allen Planungen und sonstigen Maßnahmen, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebiets beeinflusst werde (Raumbedeutsame Maßnahmen), zu beachten habe. Auch die STEL solle der Bewältigung überörtlicher Verkehrsbeziehungen dienen und sei für den Raum durch die Veränderung der Taunushanglandschaft bildprägend. Der Bebauungsplan mit den festgesetzten Straßenflächen verstoße gegen die Verbote der Landschaftsschutzverordnung, da die Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß § 3 Abs. 2 LSchVO Taunus nicht vorlägen. Vor dem Satzungsbeschluss habe es keine ordnungsgemäße Abwägung zwischen den Gründen des Gemeinwohls für den Bau der Stadtentlastungsstraße einerseits und den gegenläufigen Gemeinwohlbelangen des Schutzes der Natur und des Landschaftsbildes gegeben. Das Gutachten der Sachverständigen Thieme/König belege, dass auch nach Ausführung der Kompensationsmaßnahmen ein erhebliches Defizit von 760.300 Biotopwertpunkten verbleibe. Der Bebauungsplan verstoße gegen § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, weil die Ausgleichsflächen nicht der landwirtschaftlichen Nutzung dienten und keine "Flächen für die Landwirtschaft" darstellten.

Der Bebauungsplan verstoße gegen die gesetzlichen Vorgaben der Sachverhaltsermittlung und Konfliktbewältigung hinsichtlich des Eingriffs in Natur und Landschaft. Die Antragsgegnerin habe weder eine pflanzensoziologische Kartierung der Feuchtwiesen im Süden des Bebauungsplangebietes noch eine Kartierung von Referenztierarten sowie der durch das Projekt aus ihren Lebensräumen verdrängten Arten geschützter Tiere vorgenommen. Es werde übersehen, dass im südlichen Teil des Plangebiets eine 2.990 qm große gut entwickelte degradierte Silau-Wiese vorhanden sei. Der Satzungsbeschluss verkenne auch den ökologischen Wert der mit Obstbäumen bestandenen Wiesen und Gärten im Plangebiet, obwohl zum Bau der Straße 40 zur Hälfte hochstämmige Obstbäume gefällt werden müssten. Diese hätten eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung für zahlreiche Arten geschützter Tierarten, zu denen auch biotoptypische und gefährdete Brutvögel gehörten.

Die Antragsteller beantragen,

den Bebauungsplan "Stadtentlastungsstraße" der Antragsgegnerin vom 14. Dezember 1995 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie trägt vor, die Anstoßwirkung habe sowohl bei der Bekanntmachung im Sinne des § 3 Abs. 2 BauGB sowie auch der Satzung infolge der örtlichen Zuordnung des Plangebiets durch durchnumerierte Teilbereiche mit der Auflistung einzelner Flurstücke mit Flurbezeichnung und Flurstücksnummern sowie der mit Orts- und Namensbezeichnungen versehenen Übersichtskarte vorgelegen.

Der Bebauungsplan erfülle die Vorgaben des während der Bauleitplanung gültigen Landschaftsplans, der in den Flächennutzungsplan von 1985 eingearbeitet worden sei. Die erforderlichen Maßnahmen der Landschaftsplanung seien als Vorentwurf Landschaftsplan erarbeitet und als späterer Entwurf in den Bebauungsplan integriert worden, sodass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Satz 1 HeNatG erfüllt seien. Die Landschaftsplanung sei dem Regierungspräsidium Darmstadt mit dem Bebauungsplan angezeigt worden. Das Bauvorhaben STEL sei eine Maßnahme im Sinne des § 3 Abs. 3 Ziff. 1 LschVO Taunus, sodass der Genehmigungsvorbehalt des § 3 Abs. 2 LschVO Taunus gelte. Eine Bescheidung in Form einer Befreiung nach § 31 b BNatschG und § 30 b HeNatG sei weder erforderlich noch zulässig gewesen. Wenn eine spezielle Ausnahmeregelung, wie hier in der Landschaftsschutzverordnung, einen Sachverhalt abschließend erfasse, komme nur eine Bescheidung in Form einer Genehmigung in Betracht.

Aufgrund der Einstufung der STEL als nicht regional bedeutsam und der daraus resultierenden Nichtaufnahme in den aktuellen RROP-S liege auch kein Verstoß gegen den raumordnungsrechtlichen Beachtensgrundsatz vor.

Das gelte auch für den Flächennutzungsplan. Aus der Darstellung "Flächen für die Landwirtschaft" seien im Bebauungsplan "Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft" entwickelt worden. Bei den im Bebauungsplan festgesetzten Ausgleichsflächen handele es sich im Einzelnen um Flächen für die Erhaltung von Gehölzbeständen, für die Erhaltung und Anlage von Extensiv-Wiesen und Obstwiesen sowie für die Erhaltung von Feucht- und Nasswiesen. Damit sei die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans nicht angetastet, sondern lediglich eine inhaltliche Konkretisierung vorgenommen worden. Die Antragsgegnerin habe auch ihre Pflicht zur vollständigen Ermittlung des abwägungserheblichen Sachverhalts erfüllt. Im Kapitel "Landschaftsplanung" der Planbegründung sei im Einzelnen auf die Schutzgüter Boden, Grundwasser, Wasser, Klima- und Lufthygiene sowie Erholung eingegangen worden. Auch die vorfindlichen Tierbestände einschließlich der Vogelwelt seien ausreichend erfasst worden. Für die Erkundungstiefe im Rahmen eines Bebauungsplans habe es ausgereicht, sich an den Biotopnutzungstypen zu orientieren. Erfahrungsgemäß hätte eine weitere Kartierung der Tier und Vogelwelt zu keinen anderen Ergebnissen geführt als sie in der in der Begründung zum Bebauungsplan enthaltenen Flächenbewertung niedergelegt sind. Es sei bekannt, dass Obstwiesen ornithologisch eine besondere Bedeutung hätten. Dies sei bei der Trassenführung berücksichtigt worden. Von sensiblen Bereichen sei die Trasse jeweils abgerückt worden. Damit sei die Tier- und Vogelwelt nicht aus der Erhebung und Bewertung herausgefallen, sondern anhand von bestandserhobenen Nutzungsstrukturen nach wissenschaftlichem Erfahrungswissen abgeleitet und berücksichtigt worden. In Ansehung des spezifischen Naturraums sei die unterschiedliche Wertigkeit der Naturflächen hier erkannt worden, danach sei die Trassenlage erfolgt. Insbesondere seien die eigentlichen Obstwiesen nicht in Anspruch genommen worden. Der Artenschutz werde über den Biotopschutz sichergestellt. Die an die Bestandsaufnahme anschließende Bestandsbewertung unterliege selbstverständlich nicht der Abwägung, sondern beziehe sich auf die Situation. An keiner Stelle werde behauptet, dass die Stellungnahmen der Naturschutzbehörden eine Bestandsaufnahme und eine Bestandsbewertung ersetzten. Vielmehr sei darauf hingewiesen worden, dass die Methode der Bestandserfassung, der Bestandsbewertung sowie die Methode der Behandlung der Eingriffe in Natur und Landschaft mit der unteren und der oberen Naturschutzbehörde abgestimmt worden seien. Die Bewertung der "Wiese im südlichen Teil des Geltungsbereichs" durch die Gutachter Thieme und König sei erst am 24.05.1994 - also 7 Jahre nach der Kartierung - vorgelegt worden. Der Behauptung, der Satzungsbeschluss verkenne den ökologischen Wert von Obstbäumen, müsse widersprochen werden. Der Verlust von 20 hochstämmigen und 20 halbstämmigen Obstbäumen, der für den Geltungsbereich des Bebauungsplans festgestellt werde, müsse ins Verhältnis gesetzt werden zu den festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen. So seien innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans insgesamt mehr als 51.000 qm für die Neuanlage von Obstbäumen vorgesehen. Unter der Voraussetzung, dass auf einem Hektar Obstwiesen ca. 100 neue Bäume stehen könnten, stünden dem Verlust von insgesamt 40 Obstbäumen mehr als 500 Neuanpflanzungen gegenüber. Zur Methodik der Ausgleichsbewertung werde darauf hingewiesen, dass das Urteil des 4. Senats des Hess. Verwaltungsgerichtshofs vom 25.05.2000 (4 N 2660/91, HSGZ 2001, 165 = NuR 2001,278) die notwendige Bewertung von Eingriffen in einer Art und Weise beschreibe, wie sie die Antragsgegnerin ausweislich der Planbegründung zum streitgegenständlichen Bebauungsplan durchgeführt habe.

Folgende Unterlagen liegen vor Bebauungsplan "Auf der Heide", Bebauungsplan der Stadt Kronberg "Stadtentlastungsstraße" mit integriertem Landschaftsplan, Aufstellungsunterlagen sowie die Begründung zum Bebauungsplanentwurf und die Planbegründung, Vorentwürfe: Straßenbau -Landschaftsplan - Bebauungsplan als Broschüre zum Bau der Stadtentlastungsstraße vom September 1972. Die beigezogenen Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrollklage gegen einen Bebauungsplan und damit gegen eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, deren Gültigkeit von dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.

Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Die Antragsteller sind antragsbefugt im Sinne des hier zur Anwendung kommenden § 47 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 VwGO. Ebenso wie bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nach § 42 VwGO reicht für die Geltendmachung von Rechten aus, dass die Verletzung von subjektiven Rechten der Antragsteller möglich erscheint. Das ist hier der Fall. Wenden sich - wie hier die Antragsteller - die Eigentümer von im Plangebiet liegenden Grundstücken gegen die Festsetzungen eines Bebauungsplans, so ist die erforderliche Antragsbefugnis gegeben.

Der Antrag ist begründet.

Allerdings liegt der gerügte Verfahrensfehler bei der Bekanntmachung der Auslegung des Entwurfs zum Bebauungsplan nicht vor. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB sind Ort und Dauer der Auslegung mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen mit dem Hinweis, dass Anregungen während der Auslegungsfrist vorgebracht werden können. Die Bekanntmachung der Auslegung des Planentwurfs soll Anstoßwirkung haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369), d. h. dazu herausfordern, mit Anregungen zur Wahrung eigener Rechte im Interesse einer gerechten Abwägung beizutragen. Die Bekanntmachung hat dabei in einer Weise zu erfolgen, die geeignet ist, dem an der beabsichtigten Bauleitplanung interessierten Bürger sein Interesse an Information und Beteiligung durch Anregungen und (nach der früheren Rechtslage auch) Bedenken bewusst zu machen und dadurch eine gemeindliche Öffentlichkeit herzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1984 - 4 C 22.80 BVerwGE 69, 344). Vorliegend ist die Anstoßfunktion noch gewahrt und das Gebiet des Planentwurfs in der Bekanntmachung der Auslegung hinreichend bestimmt bezeichnet worden. Die Erkennbarkeit des räumlichen Bereichs des Bebauungsplans für Außenstehende, insbesondere Planbetroffene, ergibt sich für das Gebiet der Antragsgegnerin, das lediglich aus 3 Stadtteilen besteht, aus den in der schriftlichen Beschreibung aufgeführten Gemarkungsbezeichnungen, zu denen die Namen der Stadtteile gehören, zwischen denen die Stadtentlastungsstraße verlaufen soll (Schönberg und Oberhöchstadt) i.V.m. mit der Übersichtskarte. Allerdings wäre es wünschenswert gewesen, die Anstoßwirkung durch die Aufnahme der Namen der beiden Stadtteile in den Betreff und in die Übersichtskarte zu verstärken.

Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans im Hinblick auf die Planung der Stadtentlastungsstraße als Gemeindestraße, obwohl sie - wie darzulegen ist - überregionale Bedeutung hat. Ein derartiges Vorgehen, das vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg in einem vergleichbaren Fall als "Etikettenschwindel" angesprochen worden ist und auch von Bürgern in Bedenken und Anregungen so bewertet wurde (vgl. Bl. 14 der Auswertung der Bedenken und Anregungen von Privatpersonen), wird vom Senat im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.01.1999 (- 4 CN 5.98 - BVerwGE 108, 248 = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 25 = BRS 62 Nr. 4) im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der Planung (§ 1 Abs. 3 BauGB) noch als vertretbar angesehen, wenn sie nicht aus kompetentiellen oder sonstigen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet. Das ist nicht der Fall. Die verbindlich vorgeschriebene Planfeststellung (§ 33 Abs. 1 HStrG) kann auch für eine Straße mit überregionaler Bedeutung durch einen Bebauungsplan ersetzt werden (vgl. § 33 Abs. 2 HStrG). Nach der Vorgeschichte des Straßenbauvorhabens, das ursprünglich in anderer Form vom Land Hessen als Träger der Straßenbaulast planfestgestellt errichtet werden sollte, geht der Senat auch davon aus, dass dem Landesstraßenbaulastträger auch für den Fall, dass die streitbefangene Stadtentlastungsstraße als Gemeindestraße gebaut werden sollte, keine Landesstraße gegen seinen Willen aufgedrängt werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 28.01.1999, a.a.O.).

Der Bebauungsplan ist fehlerhaft, weil mit ihm gegen die Pflicht verstoßen wird, Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB) mit der Folge einer Inkongruenz zwischen dem zu ändernden Flächennutzungsplan und dem streitgegenständlichen Bebauungsplan. Die Anpassungspflicht des § 1 Abs. 4 BauGB deckt sich materiell mit der Beachtenspflicht aus § 8 Abs. 7 HLPG, § 5 Abs. 4 ROG in der Fassung und Bekanntmachung vom 28. April 1993 (BGBl. I S. 630; BVerwG, B. v. 20.08.1992 - 4 NB 20.91 - BRS 54 Nr. 12 = DÖV 1993,118).

Die in dem streitbefangenen Bebauungsplan ausgewiesene Stadtentlastungsstraße ist ein raumbedeutsames Vorhaben, für das eine Ausweisung im RROP-S 1995 erforderlich ist. Nach der Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 1 ROG 1993 handelt es sich dabei um solche Planungen und Maßnahmen, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebietes beeinflusst wird (vgl. auch die Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 6 des hier noch nicht anzuwendenden Raumordnungsgesetzes in der Fassung vom 18. August 1997 <BGBl. I S. 2081> - ROG 1997 -). Zu den raumbedeutsamen Maßnahmen gehören gemäß § 6 HLPG auch Trassen für überörtliche Verkehrswege. Die Stadtentwicklungsstraße ist mit einer Länge der Baustrecke von 2,4 km ohne Berücksichtigung der weiteren Verkehrsflächen, die für die Anbindung der Straße an das Verkehrsnetz erforderlich sind, raumbedeutsam im Sinne von raumbeanspruchend. Zwar enthält der RROP-S 1995- im Unterschied zu dem RROP-S 1987 (StAnz. 1987 S.388)- keine Angaben, bei welcher Länge eine Straßenplanung bzw. ein Straßenbauvorhaben als raumbeanspruchend angesehen wird. Der RROP-S 1987 definierte als Straßenplanung von überwiegend örtlicher Bedeutung eine Straße von weniger als 1 km Baulänge (Planziffer 4.4.3, S. 422). Diese Abgrenzung der örtlichen Bedeutung zur regionalplanerischen Bedeutung erscheint für die raumbeanspruchende Dimension einer Straßenplanung sachgerecht. Der Senat legt sie der Entscheidung auch im vorliegenden Falle zugrunde. Die Stadtentlastungsstraße, die nach der Planbegründung selbst als Landesstraße gewidmet werden soll, soll Verbindungsfunktionen zwischen einer Bundesstraße und einer Landesstraße anstelle der bestehenden Ortsdurchfahrt der Landesstraße L 3005 durch Kronberg erhalten. Sie wird nach den der Planung zugrundeliegenden Verkehrsprognosen einen nicht unerheblichen Anteil an überörtlichem Verkehr aufnehmen und damit raumbeeinflussend sein. Sie ist damit in beiderlei Hinsicht eine raumbedeutsame Maßnahme. Die Planung verstößt nach alledem gegen das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB, weil sie gegen Planaussagen mit Zielqualität im Sinne der obergerichtlichen Rechtsprechung des zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses maßgeblichen Regionalen Raumordnungsplans verstößt (vgl. BVerwG, B. v. 07.11.1996 - 4 B 170/96 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr.13 = DVBI. 1997, 434; Urteil des Hess. VGH vom 12.09.2000 - 2 UE 924/99 -, ESVGH Band 51 S. 32).

Der RROP-S 1995 enthält insoweit Zielvorgaben, als in bestehenden und geplanten Landschaftsschutzgebieten der jeweils verfolgte Schutzzweck Vorrang vor entgegenstehenden Nutzungsansprüchen hat (Planziffer 3.1 letzter Abschnitt Landschaftsschutzgebiete Satz 3, S. 1893) und in regionalen Grünzügen bauliche Anlagen, auch Flächenversiegelungen, nach näherer Maßgabe der Regelung nicht statthaft sind (Planziffer 3.2 Regionale Grünzüge Abs. 3 S. 1893). Hierbei handelt es sich um Zielangaben mit konkreten Nutzungsregelungen, die sich für das Landschaftsschutzgebiet aus der Ausweisung des Gebiets ergeben, das im RROP-S in der Abbildung 4 (S. 1894) wiedergegeben ist. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans liegt im Landschaftsschutzgebiet Taunus. Er liegt ebenfalls im regionalen Grünzug. Die nicht bebaute Fläche zwischen den Stadtteilen Schonberg und Oberhöchstadt ist in der Karte Siedlung und Landschaft als regionaler Grünzug dargestellt. Dort findet sich eine im Zusammenhang mit den Ausläufern des Taunus stehende Hangwiese. Sie ist Teil der von der STEL betroffenen Fläche auf einem nach Süden bzw. Südosten geneigten Hang des Taunus. Alle im Bearbeitungsraum der Landschaftsplanung vorhandenen Wiesen sind aufgrund ihrer Oberflächenstruktur (Vegetationsbestand über das ganze Jahr) besonders wertvoll für die Bildung von Kalt- bzw. Frischluft und damit für die Belüftung der angrenzenden Ortslagen und des klimatisch belasteten Ballungsraums Frankfurt.

Dieses Gebiet wird durch die genannten Ausweisungen vor baulichen Anlagen geschützt. Dass derartige Aussagen, die den Vorrang der in der jeweiligen Regelung angesprochenen landschaftlichen Situation vor anderen Nutzungsansprüchen regeln, nach der hessischen Praxis bei der Umsetzung des Raumordnungsgesetzes in Raumordnungspläne auf der Grundlage des Landesplanungsgesetzes nicht bloße Grundsätze, sondern Zielangaben sind, wird durch einen Vergleich mit den entsprechenden Ausweisungen im parallel zu dem Regionalen Raumordnungsplan Südhessen aufgestellten Regionalen Raumordnungsplan Mittelhessen - RROP-M (StAnz. 1995 S. 1648), bestätigt. Er misst den entsprechenden Regelungen (Planziffern 3.1.1.3, S. 1677 und 3.1.3.2, S. 1679) ausdrücklich Zielcharakter bei. Auch der 8. Senat hat in einer Landschaftsschutzverordnung die ausreichende Konkretisierung der Ziele eines RROP gesehen (Hess. VGH, U. v. 27.02.1999 - 8 UE 308/85 - NuR 1990, S. 81 = RdL 1989, 270; dazu auch Schrödter, BauGB, Kommentar, 6. Auflage § 1 Rdnr. 48 a m.w.N.).

Aus dem Aufstellungsverfahren ergibt sich auch, dass es sich um abgestimmte Ziele handelt, an denen die Antragsgegnerin beteiligt war und an die sie gebunden ist (BVerwG, U. v.18.02.1994 - 4 C 4.92 - Buchholz 406.11 § 5 BauGB Nr. 8 = BRS 56 Nr. 2). Die Antragsgegnerin war an der Aufstellung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung ausreichend beteiligt, wie ihre Initiativen, insbesondere ihre Bemühungen, die STEL in den Raumordnungsplan Südhessen aufnehmen zu lassen, deutlich machen. Dass die Antragsgegnerin von der Zulässigkeit der begonnenen Planung auch nach Inkrafttreten des RROP-S 1995 ausgegangen ist, ändert an der Beachtenspflicht des neuen Raumordnungsplans nichts. Sie ist an die von der Regionalversammlung nach § 18 HLPG beschlossene Planaussage gebunden. Zur Auslegung der Planaussagen kann nur das herangezogen werden, was der Plan selbst regelt und zu seiner Begründung angegeben hat. Anpassen im Sinne des §1 Abs. 4 BauGB bedeutet, dass die Gemeinde die in einem Ziel der Raumordnung und Landesplanung enthaltenen Vorgaben zielkonform ausgestalten, sie aber nicht im Wege der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB überwinden kann (BVerwG, B. v. 01.06.1994 -4 NB 21/94 - Buchholz, 406.11 § 1 BauGB Nr. 74).

Eine Pflicht der Antragsgegnerin zur Anpassung an den RROP-S 1995 ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil eine Abweichung von dem RROP-S 1987 durch Bescheid des Regierungspräsidenten in Darmstadt vom 08.01.1989 zugelassen worden ist. Zwar wird die Pflicht einer Gemeinde, ihre Bauleitpläne im Hinblick auf geänderte Ziele der Raumordnung zu aktualisieren, teilweise verneint (Schrödter, a.a.O. § 1 Rdnr. 62 m.w.N.). Nach der gesetzlichen Regelung muss der Flächennutzungsplan den Zielen der Raumordnung und Landesplanung aber nicht nur bei seiner Aufstellung angepasst werden, sondern muss ihnen auch dauerhaft angepasst bleiben. Allerdings unterliegt die Frage, wann das zu geschehen hat, der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, und es mag deshalb im Einzelfall vertretbar sein, "den Flächennutzungsplan zwecks Anpassung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung erst mit der Aufstellung eines Bebauungsplans im Parallelverfahren (§ 8 Abs. 3) zu ändern" (so zutreffend Gaentzsch in Berliner Kommentar, 2. Auflage, § 1 Rdnr. 32). Gegen die gesetzliche Regelung kann aus der Planungshoheit der Gemeinde auch kein "Bestandsschutz" für die Umsetzbarkeit der Flächennutzungsplanung in einen Bebauungsplan abgeleitet werden. Es sprechen vielmehr gute Gründe dafür, dass eine Bauleitplanung, aus der noch kein Baurecht Dritter erwachsen ist, bei einem unmittelbaren Konflikt zwischen geänderten Zielen der Raumordnung und Landesplanung und der Flächennutzungsplanung der Anpassungspflicht des § 1 Abs. 4 BauGB unterfällt.

Der Bebauungsplan ist auch deshalb fehlerhaft, weil die LSchVO vor dem Satzungsbeschluss nicht insoweit durch eine Änderungsverordnung in ihrem Geltungsbereich eingeschränkt worden ist, als sie von dem Plan und seiner Durchsetzung betroffen wird.

Nach der Rechtsprechung der Bausenate des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, die sich bis jetzt zu dieser Frage geäußert haben, sowie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und anderer Oberverwaltungsgerichte ist eine Landschaftsschutzverordnung insoweit vor dem Beschluss des Bebauungsplans als Satzung aufzuheben (Hess. VGH, U. v. 20.02.2001 - 3 N 3141/00 -; U. v. 27.07.1988 - 3 UE 1870/84 - Agrarrecht 1989, 255 = ESVGH Bd. 38, 310 = NuR 1989, 87; U. v. 22.02.2001 - 4 N 2899/94 -; BVerwG, B. v. 18.12.1987-4NB1/87-=BRS 48 Nr. 32 = NuR 1989, 32; B.v. 28.11.1988 - 4 B 212/88 - BRS 48 Nr. 17 = NuR 1989, 225 = NVwZ 1989, 662 = UPR 1989,112; OVG Koblenz, U. v. 06.03.1979 - 10 C 10/78 -, NuR 1979, 113; OVG Berlin, U. v.14.12.1982 - 2 A 10/81 - BRS 39 Nr.19; Louis, UPR 1990, S. 208).

Der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des 4. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 05.07.1989 (- 4 N 1064/88 - ESVGH Bd. 40, 23 = NuR 1990, 468 = NVwZ-RR 1990, 297), in der für eine isolierte Straßenplanung auf der Grundlage eines lediglich Verkehrsflächen festsetzenden Bebauungsplans (Straßenplan) eine landschaftsschutzrechtliche Genehmigung für ausreichend gehalten worden ist, lag eine andere Rechts- und Sachlage zugrunde. Sie erging auf der Grundlage der LSchVO Taunus vom 29.01.1976 (StAnz. 1976, S. 204), bei der seinerzeit die Innenabgrenzung des Landschaftsschutzgebietes u.a. durch den Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 BBauG erfolgte (§ 1 Abs. 2 LSchVO Taunus 1976), also nicht durch Innenabgrenzung auf der Grundlage einer Abgrenzungskarte, wie sie hier der maßgeblichen LSchVO Taunus vom 06.04.1995 (a.a.O.) zugrunde liegt. Außerdem erging die Entscheidung vom 05.07.1989 auf der Grundlage eines reinen Straßenplans, der lediglich Festsetzungen nach § 9 Abs.1 Nr.11 BauGB (Verkehrsflächen) enthielt, während der streitgegenständliche Bebauungsplan Flächen mit weiteren Nutzungen (§§ 9 Abs.1 Nr. 12, 18 und 25 BauGB) festsetzt. Im Übrigen ist die Entscheidung ein Einzelfall geblieben.

Schließlich verstößt der Bebauungsplan gegen das Gebot gerechter Abwägung (§ 1 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 BauGB).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, ist das Abwägungsgebot verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat und wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie hätte eingestellt werden müssen. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen Privatbelange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit anderer Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309 [314]). Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungsgebot genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solche der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots auf die Frage, ob die Gemeinde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat

Die Antragsgegnerin hat sich bei der Aufstellung des Bebauungsplans mit den gemäß § 1 Abs. 5 Nr. 7 BauGB 1987 zu berücksichtigenden Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht ausreichend befasst. Sie hat zwar durch ein Planungsbüro eine Landschaftsplanung erstellen lassen und sie in den Bebauungsplan integriert. Die bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials erforderliche Bestandsaufnahme der Tierwelt ist hier jedoch nicht erfolgt.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zu dem Abwägungsmaterial, das der Bewertung der Belange von Natur und Landschaft zugrunde zulegen ist, bei raumbedeutsamen Planungen regelmäßig auch eine Bestandsaufnahme des Lebensraumes von Tieren und Pflanzen und eine sachkundige Auswertung derselben und der Eingriffsfolgen sowie eine Zusammenstellung möglicher Ausgleichsmaßnahmen gehört. Wird - wie im vorliegenden Fall - ein Landschaftsplan in den Bebauungsplan integriert, der eine derartige Bestandsaufnahme enthält, kann nicht generell eine zusätzliche Bestandsaufnahme neben dem vorhandenen Landschaftsplan gefordert werden, wenn sich die Erforderlichkeit für die Gemeinde nicht aufdrängt oder aus Hinweisen von Trägern öffentlicher  Belange ergibt (Hess. VGH, U. v. 25.05.2000 a. a. O.). Der Senat verkennt nicht, dass sich für die Mitarbeiter des mit der Landschaftsplanung und der Aufstellung des Bebauungsplans befassten Planungsbüros aus den vorgefundenen Biotopnutzungstypen Rückschlüsse auf die mit ihnen regelmäßig verbundene Tier- und insbesondere Vogelwelt ergeben haben, an denen sie sich bei der Ausgestaltung der Straßenplanung orientiert haben. Erforderlich ist jedoch die standortgerechte Ist-Aufnahme der vorfindlichen Tierbestände im Plangebiet und dem betroffenen Nachbarbereich (Hess. VGH, B. v. 22.07.1994 - 3 N 882/94 - NuR 1995,147 = ZUR 1995, 46). Die Kartierung der faunistischen einschließlich der ornithologischen Bestandsergebnisse ist auch deshalb erforderlich, damit die Antragsgegnerin sie bei ihrer Abwägung der Belange des Naturschutzes berücksichtigen kann.

Die aufgezeigten Verstöße des Bebauungsplans gegen die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, die Landschaftsschutzverordnung Taunus und die lückenhafte Zusammenstellung des Abwägungsmaterials, die auch durch eine umfassende Bewertung anhand von Biotoptypen nicht aufgefangen wird, hatten vor dem In-Kraft-Treten des § 215 a BauGB durch das BauROG vom 18 08.1997 (BGBl. I S. 2081) seine Nichtigkeit zur Folge (BVerwG, Beschluss vom 28.11.1988, - 4 B 212.88 -, BRS § 48 Nr. 17). Nach Satz 1 der vorgenannten Vorschrift führen Mängel der Satzung, die nicht nach den §§ 214 und 215 unbeachtlich sind und die durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können, nicht zur Nichtigkeit. § 215 a Abs. 1 BauGB erfasst neben Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB sowie Verstößen gegen das Abwägungsgebot auch inhaltliche Fehler anderer Art, wie etwa Verletzungen des § 9 BauGB, der BauNVO oder Verstöße gegen sonstige Rechtsvorschriften. Hierzu gehören auch die Regelungen einer Landschaftsschutzverordnung. Kommt eine Entlassung des Plangebiets aus der Landschaftsschutzverordnung in Betracht, kann der Mangel durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden (vgl. Schmaltz in Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 215 a Rn. 6) Die Anwendung des § 215 a Abs.1 BauGB erscheint nicht ausgeschlossen. Das Gericht hat keine Wahrscheinlichkeitsprognose darüber anzustellen, ob der streitige Bebauungsplan in einem ergänzenden Verfahren, indem auch die in diesem Verfahren eingeführten zusätzlichen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege aufzuarbeiten wären, voraussichtlich bestätigt wird.
 

Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs. 1 VwGO. Eine Kostenteilung nach § 155 Abs. 1 VwGO kommt nicht in Betracht, obgleich der Senat den Bebauungsplan nicht für nichtig sondern nur für nicht wirksam erklärt hat. Darin ist kein teilweises Unterliegen der Antragsteller zu sehen. Die aufgrund des § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO erfolgte Tenorierung ermöglicht zwar eine Heilung der fehlerhaften Satzung. Bis zu einer eventuellen Heilung bleibt der Bebauungsplan jedoch suspendiert wie bei einer Nichtigkeitsfeststellung.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung angefochten werden. Die Beschwerde ist beim
Hessischen Verwaltungsgerichtshof
Brüder-Grimm-Platz 1
34117 Kassel
durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule einzulegen; juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen. Die Beschwerde muss die Entscheidung bezeichnen, die angefochten werden soll.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen. In der Begründung muss entweder

- die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden

- die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts bezeichnet werden, wenn geltend gemacht wird, von ihr werde in der in dem vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung abgewichen und die Entscheidung beruhe auf dieser Abweichung,

oder

- solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der betreffenden Rechtsfrage nicht ergangen ist, die Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts bezeichnet werden, wenn geltend gemacht wird, von ihr werde in der in dem vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung abgewichen und die Entscheidung beruhe auf dieser Abweichung,

- ein Verfahrensmangel bezeichnet werden, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Blume, Eisenberg, Dr. Michel, Schott, Dr. Fischer

Vermerk: Wert des Streitgegenstandes: 160.000,00 DM.
 

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