Der Windantrieb war keine Lösung

Sindelfingen: Wolfgang Schleh lüftet ein besonderes Kapitel der Mühlengeschichte / Gedenktafel in der Zimmerplatzsiedlung enthüllt, von Karlheinz Reichert

Die Anwohner der Hinterweiler und der Eichholzstraße klagen heute noch darüber, dass bei ihnen oft ein kalter Wind wehe. Einst scheint dies eine der zugigsten Gegenden Sindelfingens gewesen sein, denn Johann Jakob Bausch errichtete in den Jahren 1786 bis 1793 an der heutigen Kreuzung der beiden Straßen seine Windmühle.

Es war die erste Windmühle im heutigen mittleren Neckarraum und eine der ersten im Herzogtum Württemberg. Die Windmühle von Johann Jakob Bausch (1758 bis 1827) sorgte nicht nur in Sindelfingen für Aufsehen, sondern landesweit. Herzog Karl von Württemberg schickte seinen Hofwerkmeister Etzel, um das Bauwerk zu begutachten und ihm Bericht zu erstatten.

Der Geschichte um die Sindelfinger Windmühle nachgegangen ist Wolfgang Schleh. Der Heimatpfleger des Sindelfinger Schwarzwaldvereins kümmert sich sonst eher ums Thema Wasser. Doch als der kürzlich verstorbene ehemalige Leiter des Stadtmuseums, Eugen Schempp ihm gegenüber einmal den "Wedmüller Bausch", also den Windmüller Bausch, erwähnte, weckte dies in dem 65-Jährigen den Forscherdrang.

Wobei die Windmühle indirekt auch mit Wasser zu tun hatte. Die Müller von Ried-, Rössles-, See- und Goldmühle hatten oft zu wenig Wasser. Im Sommer, weil die Bäche halb ausgetrocknet waren, und im Winter, wenn sie eingefroren waren.

Bei Flaute mussten die Pferde ran
Das brachte den Maurer Johann Jakob Bausch auf die Idee, eine Windmühle zu bauen. Der Bau, fand Wolfgang Schleh heraus, war damals ein Politikum wie heute das Aufstellen einer Windkraftanlage. Schließlich sei es Bausch dann doch gelungen, ein passendes Grundstück zu erwerben. Aber dann habe es an Bauholz gefehlt. Mit Hilfe des Sindelfinger Zimmermanns Speidel sei es ihm aber dann doch gelungen, in sieben Jahren die Mühle zu errichten und 1793 in Betrieb zu nehmen.

Anfangs schien Bausch das große Los gezogen zu haben. Das Mehl, dessen Qualität davon abhängt, wie gleichmäßig der Mühlstein betrieben wird, war so gut wie das der Wassermüller. Doch schließlich musste der Windmüller erfahren: Der Wind ist ein unzuverlässiges himmlisches Kind. Mal blies er morgens so stark, dass er die Windmühlenflügel beschädigte, und mal blieb er ganz aus, so dass Bausch seinen Mahlstein mit Pferden antreiben musste. Nach zwölf Jahren gab er auf und baute seine Mühle, deren Bau ihn 3000 Gulden gekostet hatte, wieder ab. Das Abbruchholz verwendete Bausch, der in seiner Mühle auch gewohnt hatte, für ein Haus in der Stadt. Ein eichener Torbogen am Haus Obere Vorstadt 30 ist heute der einzige bekannte Überrest der Sindelfinger Windmühle.

Anregungen aus Holland
An der Ecke Hinterweiler Straße/Eichholzstraße enthüllten Wolfgang Schleh und Oberbürgermeister Bernd Vöhringer am ehemaligen Standort der Mühle (der auch in der Schmitt'schen Karte von Südwestdeutschland von 1797 verzeichnet ist) gestern unter dem Beifall von fast 50 Bewohnern der Zimmerplatzsiedlung eine Erinnerungstafel. Die Mühle müsse man sich etwa so vorstellen wie sie auf dem Messingschild dargestellt sei.

Eine zeitgenössische Darstellung habe er nicht finden können, so Schleh, doch gebe es in dem Buch "Windkraft gestern und heute" von Karl Handschuh Hinweise auf die Sindelfinger Mühle. Außerdem habe er herausgefunden, dass sich Johann Jakob Bausch seine Anregungen zum Bau in Holland geholt habe. Sindelfingen http://www.szbz.de/dc1/html/news-sfz/20030201lok_on0021.htm