Eine intakte Landschaft ist beispielsweise das Hochplateau südlich von Alzey im Land zwischen Rhein und Donnersberg, das mit WKA zugepflastert werden soll.

Das überaus fruchtbare, landwirtschaftlich genutzte Hochplateau ist einer der letzten Lebensräume im südlichen Rheinland-Pfalz für Vögel, die vom Aussterben bedroht bzw. hochgradig gefährdet sind. Das Hochplateau ist für Zugvögel eine Station, auf die sie nicht verzichten können. Dies wird in einem Gutachten, das die Gesellschaft für Ornithologie in Rheinland-Pfalz im Auftrag des Landesumweltamts erstellte, ausdrücklich betont. Gerade sogenannte 'ausgeräumte Agrarlandschaften' (weite Teile Rheinhessens sind seit der letzten Eiszeit unbewaldete Gebiete mit einem in Mitteleuropa einmaligen Ökosystem!) weisen der GNOR zufolge eine hohe, bislang wenig erkannte Rastplatzfunktion für (gefährdete) Zugvögel auf, für diese Flächen ist "ein neuer landschaftsplanerischer Bewertungsansatz zu fordern. Gebiete mit dem Nachweis traditioneller Rastplätze verdeutlichen, daß Agrarlandschaften zu bestimmten Jahreszeiten besondere Funktionen (Rast-, Nahrungs-, Ruhe-, Sammel-, oder Mauserplatz) bieten und dann für Zugvögel höchst attraktiv sind. Der Verlust von Rastflächen bedeutet einen in seiner Auswirkung noch nicht abzuschätzenden erheblichen Eingriff in das endogen gesteuerte circannuelle Zugprogramm von wandernden Vogelarten."

Auch für den Menschen ist das Hochplateau ausgesprochen attraktiv. Das betroffene Gebiet ist eine der letzten unzersiedelten ländlichen Oasen zwischen den Ballungszentren Rhein-Main und Rhein-Neckar. Von der Hochfläche genießt der Erholungssuchende einen einmaligen Blick über weites Land in allen Himmelsrichtungen: den majestätischen Donnersberg und den Hunsrück im Westen, die pfälzische Hardt im Süden, Odenwald, Rheinebene und Bergstraße im Osten sowie Rheingau und Taunus im Norden.

Zahlreiche junge Familien aus städtischen Gebieten haben in den letzten Jahren Bauplätze in Ober-Flörsheim und dem benachbarten Flomborn erworben und z. T. schon Häuser gebaut. Sie taten dies im guten Glauben, auf längere Sicht in einer von der Industrie unberührten Landschaft eine neue Heimat zu finden. Manche von ihnen wurden vor dem Kauf von im Besitz der Ortsgemeinde Ober-Flörsheim befindlichen Bauplätzen nicht über den geplanten Windindustriepark informiert, obwohl die Planungen dazu zum Zeitpunkt des Bauplatzverkaufes schon in vollem Gange waren. Diese Familien im Neubaugebiet werden hoffentlich nicht den Donnersberg und den Sonnenuntergang künftig gehäckselt sowie mit Disco-Effekt und WKA-Sound angereichert und den Infraschall gratis dazu "genießen" müssen!

Dr. Helmut Schmahl
hschmahl@mail.uni-mainz.de


Ebenfalls an den Anonymus gerichtet:

Ob man eine Umgebung als "Kulturlandschaft" oder als "Industriebrache" bezeichnet, sagt in diesem Fall gar nicht mal so viel über die Umgebung selbst aus als über ihre Wahrnehmung und damit etwas über denjenigen, der sie wahrnimmt. Das eine Wort drückt Wertschätzung, das andere im besten Fall Gleichgültigkeit aus.
Ich entnehme also deiner Feststellung, die Landschaft sei nichts anderes als eine "Industriebrache", dass es dir egal ist, was mit dieser Landschaft passiert, wie sie verändert wird, aus welchem Grund etc.
Für mich ist eine Landschaft wie - sagen wir mal - die Eifel oder die ostfriesische Küste eine "Kulturlandschaft", ein Begriff, der gerade nicht einen statischen Zustand beschreibt, sondern die historische und zukünftige Veränderung mit einbezieht, aber eine Veränderung, die von Respekt geprägt ist. Helmut Schmahl hat durch seine Darstellung des Hochplateaus südlich von Alzey (Eintrag 118) diesen Zusammenhang zwischen Respekt und Wahrnehmung überzeugend verdeutlicht.
Für dich sind es Industriebrachen.
Das eine ist es wert, geschützt zu werden, im anderen Fall wird die Landschaft rein vom marktwirtschaftlichen Nutzwert her betrachtet. Sie wird in der Wahrnehmung - in deiner Wahrnehmung - reduziert auf eine einzige Eigenschaft, auf den Profit, der aus ihr zu ziehen ist.
Deine polemische Verallgemeinerung und Vereinfachung (Landschaft = Industriebrache) zeigt also sehr klar den Unterschied zwischen unseren Standpunkten und hat damit durchaus ihre Funktion.

Problematisch wird es allerdings, wenn du zu suggerieren versuchst, dass das Wort "Industriebrache" einen objektiven Tatbestand bezeichnet, den auch ich zu akzeptieren hätte. Denn damit verschleierst du den fundamentalen Unterschied in unseren Ansichten. Stattdessen erhebst du dich selbst zum nüchternen, sachlichen Betrachter der Angelegenheit, während Windkraftskeptiker und -gegner diskriminiert werden als befangen in dem lächerlichen Irrglauben, unsere Umwelt sei ein Stück Amazonaswildnis.
Mir scheint, genau das hast du in deinem Beitrag versucht, wenn du - gleichsam im selben Atemzug, in dem du behauptest, die Landschaft sei eine Industriebrache - für eine Diskussion mit sachlichen Argumenten plädierst.

Ich finde es übrigens immer wieder irritierend, wenn jemand, der seine nähere Umgebung nur unter dem Gesichtspunkt des Profits wahrzunehmen scheint, sich besorgt zeigt, wenn es um Pazifikatolle geht. Aber diese Sorge macht natürlich Sinn, wenn man mit der Zerstörung der eigenen Umgebung genügend Geld verdient, um sich den Urlaub auf den Malediven leisten zu können.
"Sorry für diesen letzten off-topic Absatz", aber manchmal möchte man auch seine Irritationen in etwas zugespitzterer Form zum Ausdruck bringen.

Mit freundlichen Grüßen,
Henning
HDFONTY@aol.com