Bürgerinitiative Gegenwind
Heldrungen-Braunsroda 27.5.2002


Windkraftprojekt bei Heldrungen noch längst nicht spruchreif
Proteste der Bürgerinitiative hatten Wirkung

Derzeit wird von interessierter Seite der Eindruck verbreitet, der Bau von Windkraftwerken bei Heldrungen stehe kurz bevor, die Sache sei entschieden. Davon kann keine Rede sein - ein Blick auf die Fakten und die bürokratischen, nicht für jedermann leicht verständlichen Details des Genehmigungsverfahrens genügt. Wie Heldrungens Bürgermeister Norbert Enke(CDU) und der zuständige Bauamtsleiter Liebe gegenüber der Bürgerinitiative erklärten, liegen bisher weder ein Flächennutzungsplan noch ein Bebauungsplan vor. Man werde, so Liebe, "versuchen", den Flächennutzungsplan bis Mitte des Jahres zu erarbeiten - und ihn dann öffentlich auslegen. Die Bürgerinitiative Gegenwind wird natürlich erneut ihre Einwände vorbringen - wie bereits bei einer Auslegung des Bebauungsplans vor zwei Jahren geschehen. Indessen hat die Stadt Heldrungen diese Einwände bis heute noch nicht abgewogen und beantwortet - wozu sie gesetzlich verpflichtet ist. Laut Bürgermeister Norbert Enke existiert zudem bisher nicht einmal ein Vorentwurf des Investors für den Bebauungsplan - welcher dem Thüringer Verwaltungsamt in Weimar zur Genehmigung vorgelegt werden muß. Diese Behörde hat uns schriftlich zugesichert, daß von ihr geprüft werde, ob die Stadt Heldrungen unsere Einwände sachgerecht behandele. Wir könnten zudem einen in Kraft getretenen Bebauungsplan beim Oberverwaltungsgericht Weimar auf seine Gültigkeit hin prüfen lassen.
Laut Bauamtsleiter Liebe soll nun "versucht" werden, das ganze komplizierte Genehmigungs-Prozedere bis Ende 2002 abzuschließen. Bis aber alle unsere Einwände beantwortet sind und Weimar - was keineswegs feststeht - alle Pläne genehmigt hat, wird somit noch sehr viel Zeit vergehen. Mit anderen Worten - das Windkraftprojekt stockt immer noch. Mancher erinnert sich - noch im Jahre 2000 wurde uns bündig mitgeteilt, schon in Kürze baue man die Windkraftwerke, unsere Proteste seien sinnlos. Zwei Jahre später steht immer noch keine einzige Anlage, gibt es nicht einmal genehmigte Pläne, hatten unsere Proteste sehr wohl Erfolg. Entgegen anderslautenden Behauptungen stellt die Europäische Kommission in Brüssel aufgrund unserer zwei Beschwerden sehr wohl Erhebungen an, sind Investor, zuständige Behörden in Beweisnot und argen Argumentationsschwierigkeiten. Derzeit drängt der Investor auf Eile, um, wie es Projektgegner Norbert Enke ausdrückte, wegen der Septemberwahlen rasch noch Pflöcke einzuschlagen. Denn Union und FDP sind bekanntlich sehr windkraftkritisch eingestellt, wollen im Falle eines Wahlsieges das umstrittene Erneuerbare-Energien-Gesetz von Rot-Grün kippen, den Bau von Windkraftwerken stark erschweren, die Einspeisevergütung absenken. Dann hätte sich das Heldrungen-Projekt möglicherweise schon deshalb erledigt. So erklärt die FDP:"Aus falsch verstandenen umweltpolitischen Gründen wurde die Windkraft zum sogenannten Energie-Hoffnungsträger hochstilisiert; darauf begründen sich nicht gerechtfertigte und zudem ökonomisch unvertretbare Subventionen." Im windreichen Dänemark hat die neue Regierung bereits drei große Windkraftprojekte abgeblasen - durch eine verringerte Einspeisevergütung werden dort etwa ein Drittel der bestehenden Anlagen auf einen Schlag unrentabel. Gleiches dürfte bei einem Regierungswechsel auch in Deutschland geschehen. Deshalb schnell jetzt noch absahnen, Subventionen, also unsere Steuergelder abfassen, bevor es zu spät ist. Wir meinen - ein sehr durchsichtiges, lächerliches Spiel - auf Kosten unserer Natur und Umwelt, unserer Heimat. Landrat Hengstermann schrieb uns, aus Sicht der Regionalen Planungsgemeinschaft seien die bei Heldrungen - Braunsroda vorkommenden, besonders seltenen und streng geschützten Arten, darunter Fledermäuse, durch die Windkraftwerke nicht gefährdet. Wo bleibt da die Logik? Wieso sollen Fledermäuse, durchziehende Wildgänse und Schwäne, sogar Seeadler hier nicht gefährdet sein, wenn sie anderswo in Deutschland durch neue Windkraftwerke prompt zerschmettert, brutal vernichtet worden sind? Auch dort hatten die Autoritäten behauptet, Fledermäuse oder Adler seien natürlich nicht gefährdet. Die Fakten geben uns Recht, nicht manchen Politikern. In Sachsen beispielsweise lehnen umweltbewußte, naturliebende Landräte gleich dutzendweise Windkraftprojekte ab.
Man muß es klar sagen - wer hier Windkraftwerke will, liebt diese einmalige Natur nicht, nimmt seine Zerstörung bewußt in Kauf. 1993, so schrieb die Thüringer Allgemeine kürzlich, galten 41 der erfaßten Arten Thüringens als gefährdet, jetzt 45 Prozent - die Rote Liste wird länger und länger. Der Artenexperte Dr. Klaus-Michael Exo vom Wilhelmshavener Institut für Vogelforschung hat betont, daß durch Windkraftwerke an Landstandorten in der Regel jährlich bis zu fünfzig Vögel pro Anlage getötet werden. Dies betreffe Tiere jeder Größe, auch seltene Schwarzstörche, Wildgänse und Schwäne - letztere überwintern neuerdings zu Hunderten nahe Heldrungen, fliegen über die Gegend. Wir wissen - solche Fakten hören Leute, denen es nur ums Geld geht, nicht gerne. Die Frage ist nur, wie lange sich immer noch so viele Bürger und Lokalpolitiker wie Duckmäuser verhalten, umweltvernichtende Windkraftprojekte auch noch hinnehmen - wie hier in Heldrungen - Braunsroda.

Klaus Hart, Sprecher der Bürgerinitiative Gegenwind