Die Ausweisung einer Sonderbaufläche für Windenergienutzung in der Gemarkung Ober-Flörsheim wird katastrophale Folgen für Menschen und Natur in Ober-Flörsheim und Flomborn haben. Industrieanlagen immensen Ausmaßes werden in unmittelbarer Nähe des Ortsrandes (1,2 km) errichtet werden. Hatte der Windindustriepark Flomborn bereits zu einer visuellen Beeinträchtigung der direkten Lebensumwelt geführt, so wird einer der letzten, völlig unverbauten Naturbereiche unserer Heimat, das Hochplateau zwischen Ober-Flörsheim und Kirchheimbolanden bzw. dem Kühlen Grund und dem Zellertal, der industriellen Überformung durch 14 weitere 100 m hohe Rotorenanlagen preisgegeben werden.

Die besondere avifaunistische Bedeutung der Hochebene hat dazu geführt, daß die Sonderbaufläche für Windenergienutzung im bereits errichteten Windpark Flomborn nach wie vor nicht genehmigungsfähig ist! Es ist zu befürchten, daß in Ober-Flörsheim ein Windindustriepark aufgrund eines "Gefälligkeitsgutachtens" entsteht, das auch die nicht genehmigungsfähige Flomborner Sonderbaufläche legitimieren soll. Zusammen mit dem Flomborner Windindustriegebiet ergäbe sich für die Zugvögel - kurz zuvor mit dem Problem des Windindustriegebietes auf dem Kloppberg konfrontiert - ein erneuter, 3,5 km breiter Riegel in Hauptzugrichtung.

Die Errichtung eines weiteren Windindustrieparks auf der Hochebene, auf rund 181,6 ha bester landwirtschaftlicher Nutzfläche (= ca. 20% der Gemarkung) in der Ober-Flörsheimer Gemarkung ist aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes abzulehnen mit Verweis auf

Ungeachtet ihrer landwirtschaftlichen Nutzung hat die genannte Hochfläche eine funktionelle Bedeutung für hochgradig gefährdete Vogelarten. Sie ist

Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß die monströsen Industrieanlagen wildlebende Tiere gefährden und vertreiben. Kilometerweit wahrnehmbare Geräusche, Lichteffekte wie Schattenschlag und Discoeffekt beunruhigen und stören wildlebende Tiere erheblich und verscheuchen sie.

Eine besondere Rolle dabei spielen die von den Großtechnologie-Anlagen ausgehenden luft- und bodengetragenen Infraschallwellen, deren schädliche Einflüsse auf die Natur (insbesondere aber auch auf den Menschen) bisher nur unzureichend untersucht wurden. So wird speziell der bodengetragene Infraschall u. a. auf Feldhasen, Kaninchen oder den mittlerweile unter Artenschutz stehenden Feldhamster unmittelbar schädliche Auswirkungen haben.

Im Windschatten von Windindustrieparks wurden kleinklimatische Veränderungen und Austrocknungserscheinungen beobachtet. Für Landwirte sind Ernteausfälle, für wildlebende Tiere Verluste von Äsungsflächen und Deckungsmöglichkeiten zu erwarten.

Der geplante Windindustriepark wird weitere wichtige Habitate, Vogelfluglinien und Rastplätze vom Aussterben hochgradig bedrohter Arten vernichten.

Das Landesumweltamt wies schon in den "Informationen der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe" Nr. 24 (6/1998) auf die hohe Bedeutung der Fläche ausdrücklich hin, die Karte 2, die "Lebensräume hochgradig bedrohter Bodenbrüter", veranschaulicht. Die grafisch hervorgehobenen Flächen sind gemäß der Forderung des Landesamtes für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht von Windkraftanlagen zur Sicherung der Lebensräume hochgradig bedrohter Bodenbrüter und der Rastplatzfunktion für durchziehende Vögel von Windrotoren freizuhalten.- Die Windradstandorte Ilbesheim und Flomborn (wie auch Ober-Flörsheim) befinden sich exakt in den grafisch hervorgehobenen Bereichen. Sowohl das Landesumweltamt als auch die GNOR (Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz e. V.) fordern den Rückbau der Windindustrieanlagen bei Ilbesheim und Flomborn.

Die Planung vernetzter Biotopsysteme [1], Bereich Landkreis Alzey-Worms (bzw. Donnersbergkreis), hält unter Berücksichtigung der Lebensräume von Vogelarten ein Freihalten der Landschaft von Freileitungen und Windkraftanlagen zur Sicherung der Rastplatzfunktion für durchziehende Vögel für erforderlich. - "[...] prioritär ist die Sicherung von Offen- und Halboffenlandbiotopen, um die noch vorhandenen Restbestände der typisch wärmeliebenden Tierarten der rheinhessischen Kulturlandschaft zu erhalten." (Als "Restbestand" sei auch der unter EU-Schutz stehende Feldhamster erwähnt.)

"Das Alzeyer Hügelland hat eine herausragende Bedeutung in Rheinland-Pfalz als Lebensraum von "Steppentierenarten" wie Korn- und Wiesenweihe, Steinschmätzer, Brachpieper oder Grauammer" (Wachtel, Rebhuhn usw.)

Die gemeinschaftlich europäische Bedeutung (EU-Vogelschutzrichtlinie) des Rheinhessischen Hügellandes für den Breitfrontvogelzug generell, wie die Hochebene im Besonderen für Rast- und Gastvögel sind in der von der GNOR im Auftrag des Landesumweltamtes erstellten Schrift, Materialien zum Konfliktfeld "Vogelschutz und Windenergie" in Rheinland-Pfalz auf S. 109 ff. beschrieben, sowie anhand von Karten und Tabellen dargestellt. Im Hinblick auf Artikel 4 und die nach Anhang I der Richtlinie besonders geschützten Arten, sei auf auf weitere, in der GNOR-Untersuchung nicht erwähnte Arten, hingewiesen.

Das GNOR-Gutachten betont, daß gerade "ausgeräumte Agrarlandschaften" eine hohe, bislang wenig erkannte Rastplatzfunktion für (gefährdete) Zugvögel aufweisen. "Hier ist die innere Qualität der ansonsten intensiven landwirtschaftlichen Produktionsstandorte zu erkennen und ein neuer landschaftsplanerischer Bewertungsansatz für solche Flächen zu fordern. Gebiete mit dem Nachweis traditioneller Rastplätze verdeutlichen, daß Agrarlandschaften zu bestimmten Jahreszeiten besondere Funktionen (Rast-, Nahrungs-, Ruhe-, Sammel- oder Mauserplatz) bieten und dann für Zugvögel höchst attraktiv sind. Der Verlust von Rastflächen bedeutet einen in seiner Auswirkung noch nicht abzuschätzenden erheblichen Eingriff in das endogen gesteuerte circannuelle Zugprogramm von wandernden Vogelarten."

Vergleichen und Berechnungen (Übertragung der Zählergebnisse auf die Landesfläche) zufolge, durchwandern mehrere Millionen Zugvögel Rheinland-Pfalz. "Die Vögel fliegen jedoch nicht einfach Nonstop über die Landesfläche hinweg, sondern suchen teilweise gezielt Rastplätze auf. Bei diesen Zugvögeln handelt es sich in großem Maße um nordosteuropäische Brutpopulationen. Dementsprechend hoch ist bei uns die Verantwortung für Zugvögel und den Schutz der Rastflächen. Rastgebiete sind für Zugvögel Nahrungsplätze (an dem die Tiere durch Nahrungsaufnahme die Fettdeposition für den Weiterflug vornehmen), Sammelplätze, Ruhe und Mauserplätze."

Der von einer unabhängigen Gesellschaft (GNOR) im Auftrag des Landesumweltamtes Rheinland-Pfalz erstellten Arbeit widerspricht eindeutig der bei der Behörde eingereichten Bewertung eines Herrn Korn (Dipl. Biologe), der im Auftrag einer Windradbetreiberfirma tätig war. Das GNOR-Gutachten (zur Ermittlung definierter Lebensraumfunktionen bestimmter Vogelarten, Vogelzug, Brut- und Rastgebiete) weist Brut- und Mausergebiete für Vögel aus, die im Anhang I der europäischen Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) als streng zu schützende Vogelarten geführt werden, und für die Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Nach Angaben der GNOR beträgt die Größe von Jagdrevieren der Wiesenweihe und damit der Raumbedarf zwischen 500 und 800 ha. Der hohe Schutzstatus wie auch die Sensibilität dieser Vögel fordert weiträumige Ausschlußgebiete für die Windenergie. Dies schließt alle aktuell bekannten Brutgebiete und solche, die in jüngerer Vergangenheit besetzt waren (vergangene 10-15 Jahre) ein. Um den hohen Schutzanspruch zu verdeutlichen, fordert das Landesumweltamt den Rückbau der Windindustrieanlagen bei Ilbesheim (GNOR) und Flomborn (Allgemeine Zeitung).

Das "Gutachten" der Windradbetreiberfirma weist stichprobenartige Untersuchungen an sechs Terminen aus. Der Untersuchungsraum war im Verhältnis zu den hohen Raumansprüchen der Weihen viel zu gering bemessen. Doch gerade die unter minimalem Aufwand ermittelten Zahlen (2 männl., 6 weibl. und 9 Jungtiere, 54 mausernde Rohrweihen) hätten bei einem erfahrenen Ornithologen zu einer ganz anderen Bewertung führen müssen. Das "Gutachten" hat gravierende methodische Mängel und macht z. T. inhaltlich nachweislich unkorrekte Angaben bzw. will die dürftige Basis an Faktengrundlagen durch unverhältnismäßig umfangreiche Zitate und Literaturangaben ausgleichen.

In einem anderen "Gutachten" führt der Verfasser eine nicht näher spezifizierte Beobachtung im Flomborner Windpark aus dem Jahre 2000 an, nach der Wiesenweihe angeblich "unter laufenden Rotoren" beobachtet worden seien. Dem Landesumweltamt jedoch liegen die gegenteiligen Beweise vor; Zeugen dafür sind namentlich bekannt.

Gerold Pfannebecker und Trude Fuchs hatten zwischen dem 24. April und dem 3. Sept. 2000 fast täglich über die Dauer von mehreren Stunden zu verschiedenen Tageszeiten die Vögel (hier Rohr- respektive Wiesenweihen) auf der Hochebene beobachtet. Ein wesentlicher Beobachtungsschwerpunkt waren jene Vögel, die allem Anschein nach mit den 16 Windkraftanlagen "zurecht" kamen. Kein einziges Mal wurde jedoch eine Rohr- oder Wiesenweihe im Windpark, bzw. zwischen den Anlagen beobachtet. Die Tiere mieden vielmehr diesen Bereich weiträumig, d. h. sie bewegten sich stets in einem Abstand von wenigstens zwei Ackerlängen von den Anlagen entfernt. Keine einzige Weihe wurde während des ganzen Beobachtungszeitraums in dem Windpark und auch nicht "unter laufenden Rotoren von Windkraftanlagen" beobachtet. Diese Tatsachen, wie auch das Vorkommen von Bruten, teilten die Beobachter Pfannebecker und Fuchs mehrmals dem Landesumweltamt in Oppenheim mit.

Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes ergibt sich, daß das für das Plangebiet im Auftrag eines Windradbetreibers erstellte Gutachten ein "Gefälligkeitsgutachten" ist, das der vom Landesumweltamt in Auftrag gegebenen GNOR-Studie und geltendem Gemeinschaftsrecht widerspricht.

Durch die geschilderten Vorgänge liegt die Gefahr auf der Hand, daß nach und nach die ganze Hochebene mit Windindustrieanlagen zugestellt werden soll. Negative Auswirkungen auf die Nachbargemeinden sind absehbar.

Die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen sind geradezu grotesk. Angesichts der katastrophalen Folgen sind sie purer, Natur und Umwelt verachtender Zynismus.

gez. Trude Fuchs, Gerold Pfannebecker

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[1] Ministerium für Umwelt und Forsten, Rheinland-Pfalz, LfUG Oppenheim.