Professor Michael Succow
Windkraftprogramm überspannt und
unverantwortlich/NABU-Vizepräsident fordert
Windkraftanlagen-freie Räume
Interwiev von Klaus Hart für den Raben Ralf, Berlin
Studien belegen, daß in den Windkraftwerken Kaliforniens und Gibraltars zahllose seltenste Großvögel wie Adler und Gänsegeier getötet werden. In Deutschland wurden unter anderem Schwarzstörche, Schwäne und Wildgänse unter den Rotortürmen gefunden, zerstörten Windkraftwerke ganze Rast-und Äsungsgebiete auch für Kraniche. Unglücke, Havarien häufen sich, auf Fehmarn wird eine Schweriner Fallschirmsportlerin durch Rotoren erschlagen. Dennoch behauptet die Windkraftindustrie wörtlich: "Windkraftanlagen - keine Gefahr für Mensch und Tier". Klaus Hart sprach darüber mit Michael Succow, Professor für Biologie an der Universität Greifswald und Initiator des ostdeutschen Nationalparkprogramms. Succow, der auch NABU-Vizepräsident und Träger des Alternativen Nobelpreises ist, gab das Interview exklusiv für den RABEN RALF.
Herr Professor Succow, viele halten Windkraft für ökologisch
- Sie auch?
Succow: Ich habe eine sehr kritische Position. Dieses
überspannte Windkraftprogramm, das flächenhaft ganze
Landschaften überzieht, halte ich für nicht mehr verantwortbar.
Ich bin nicht prinzipiell gegen Windkraftanlagen - aber nur nach
gründlicher Umweltverträglichkeitsprüfung auf
ausgewiesenen Standorten. Ich bin für Konzentration auf
bestimmte Flächen, insbesondere Industriegebiete, oder andere,
die vom Umweltgesichtspunkt her sowieso nicht wertvoll sind. Aber
in ökologisch wertvollen Räumen sind Windanlagen für mich ein
Fluch. Da will ich ganz klar meiner Besorgnis Ausdruck geben.
Rabe Ralf: Umweltschützer kritisieren, daß Windkraft für
Rüstungsfirmen, Atomkonzerne wie Siemens-KWU das große
Geschäft ist.
Succow: Natürlich sehe ich als Hauptproblem, daß eben bestimmte
Gruppen an den Windkraftanlagen wieder enorm verdienen. Und
denken, man kann die überall hinsetzen - als unweltverträgliche
Technologie. Doch Standorte müssen eben erst ganz gründlich
ausgewiesen werden.
Rabe Ralf: In ganz Deutschland wollen hunderte
Umwelt-Bürgerinitiativen verhindern, daß solche
Industrieanlagen weiter Natur und Landschaft zerstören, Unruhe
bringen. Muß man Windkraftwerke wirklich mitten in schöne
Landstriche bauen?
Succow: Ich bin dafür, daß man große Räume freiläßt. Was
wir in Zukunft brauchen, ist Stille und Ruhe - die Sehnsucht
danach wird immer größer in diesem verrückten Mitteleuropa.
Noch Flächen mit Stille und Ruhe zu haben, ist die größte
Kostbarkeit. Deshalb sollte man Ruheräume in der Landschaft
jetzt bewußt schaffen, unzerschnittene Gebiete und
verkehrsberuhigte, und natürlich auch Windkraftanlagen-freie
Räume.
Rabe Ralf: Doch auch im bislang artenreichsten,
"ruhigsten" deutschen Bundesland,
Mecklenburg-Vorpommern, fördert die SPD-PDS-Regierung den Bau
von immer mehr Windkraftwerken. Ist man denn da auf dem richtigen
Weg?
Succow: Es gibt bestimmte Planungen, die ganz gut sind, wo man
Schwerpunkte setzte. Aber viele Anlagen, die in letzter
Zeit gebaut worden sind, halte ich auch hier für die
Landschaft, den Eindruck schwerwiegend schädigend.
Rabe Ralf: Marlies Preller, NABU-Projektleiterin für Rügen,
kritisiert heftig die Errichtung von immer mehr Windkraftwerken
auf der Insel. Vorhergesagtes Ergebnis - Kraniche und
andere Vogelarten werden in ihren Lebens-und Rasträumen
gravierend gestört, was sogar laut EU-Gesetz strikt verboten
ist.
Succow: Die Zunahme der Windanlagen auf Rügen wäre nicht gut.
Ich kenne die Insel Fehmarn - früher von Dörfern und
Kirchtürmen geprägt, heute von Windkraftwerken. Passierte das
auf Rügen, wurde ich es als eine Katastrophe ansehen.
Rabe Ralf: Kraniche, vielen so sympathisch, haben mit
Windanlagen Probleme. Sehen Sie die auch?
Succow: Die Störung, Irritierung der Kraniche kann ich mir gut
vorstellen - es ist ja ein Unruhefaktor, der durch die
Windanlagen in die Landschaft kommt.
Rabe Ralf: In Westdeutschland ist die Großtrappe längst
ausgerottet - bundesweit gibt es nur noch rund siebzig Tiere,
fast alle in Brandenburg, der Rest in Sachsen-Anhalt. Jetzt will
das Agrar-und Umweltministerium in Potsdam unter
SPD-Minister Wolfgang Birthler ausgerechnet an den Fiener Bruch,
ein wichtiges Trappen-Rückzugsgebiet, Windkraftwerke bauen. Eine
intelligente Idee?
Succow: Schrecklich. Windkraftanlagen und Großtrappen - das geht
nicht. Ich bin großgeworden in einer Trappenlandschaft, habe
beim Schafehüten jeden Tag meine Großtrappen gesehen, sie
gezählt, den Niedergang und Untergang der Population genau
verfolgt. Deshalb ist mir klar, daß eine Großtrappe
Windkraftanlagen nicht ertragen kann. Dieser Vogel ist
ausgesprochen standortstabil, sehr sensibel, erträgt
Veränderungen kaum. Ich bin überzeugt, daß er es praktisch
nicht mehr schafft, sich Windkraftwerken anzupassen.Solche
Anlagen sehe ich als eine der stärksten Beeinträchtigungen an.
Bei dem Aufwand, den wir um die Erhaltung der letzten
Großtrappen treiben, darf ein solches Projekt nicht sein.
Rabe Ralf: Nun wird vieles hierzulande als
angeblich ökologisch verkauft.
Succow: Ich bin mit Deutschland ziemlich fertig, weil ich
dies hier alles nicht mehr für zukunftsfähig halte, es immer
kritischer sehe. Deshalb widme ich mich auch der Hilfe in
Ländern, wo es noch Ethik gibt, Natur noch einen ganz anderen
Stellenwert hat.
Interwiev: Klaus Hart für den
Raben Ralf, Berlin (in
Naturstrom Euphorie)
NABU-Vizepräsident
Succow nennt Heldrunger Windkraftprojekt unverantwortlich
Standort völlig ungeeignet
NABU-Vizepräsident Michael Succow, Träger des Alternativen Nobelpreises, hat sich Mitte Oktober scharf gegen den geplanten Bau von Windkraftwerken bei Heldrungen gewandt. Aus Kenntnis dieser Landschaft und seines Naturreichtums halte ich den vorgesehenen Standort für völlig ungeeignet. Dort Windkraftwerke errichten zu wollen, ist unverantwortlich, nicht verantwortbar. In einem ökologisch sensiblen Raum, so Succow weiter, würden die Anlagen dann für mindestens zwanzig, dreißig Jahre schöne, historisch gewachsene Thüringer Kulturlandschaft negativ überprägen, ihr den lieblichen Charakter nehmen. Succow, Deutschlands international renommiertester Umweltexperte, zählte die Region des Kyffhäuserkreises zu den wichtigen Erholungsräumen im Zentrum Deutschlands auch deshalb widersprechen die Windkraft-Pläne sämtlichen Kriterien zukunftsfähiger Entwicklung. Denn durch die vorgesehenen Windanlagen erfolgt praktisch eine Industrialisierung der ganzen Landschaft, ohne jegliches menschliche Maß. NABU-Vizepräsident Succow weist auf ein weiteres Absurdum:Jener Strom, der bei Heldrungen-Braunsroda produziert werden soll, ist gar nicht notwendig wir brauchen ihn nicht.
Heute gehe es um Energiesparen, nicht um immer mehr Erzeugung. Der Experte unterstützte zudem die Position des NABU-Landesverbandes Thüringen, der bereits im September den geplanten Bau des Windparks bei Heldrungen aus Sicht des Natur-und Landschaftsschutzes nicht vertretbar genannt hatte. In unmittelbarer Nähe gebe es mehrere Schutzgebiete von europäischer Bedeutung und eine fast intakte Landschaft mit uralten Heckenstrukturen, Brutgebiete seltener Vogelarten wie Steinkauz, Sperbergrasmücke und Raubwürger, für deren Erhalt alle Menschen eine hohe Verantwortung haben.
Seltene Arten geschädigt
Betroffen wäre laut NABU Thüringen auch ein bedeutender
Vogelzugweg für Kraniche, Wildgänse, Störche und Greifvögel;
von den gewaltigen Rotoren gehe eine weit in die Landschaft
reichende Scheuchwirkung aus. Succow:Ich trage alle diese
Argumente durchweg mit. Er begrüßte zudem den
Protest des Vereins Thüringer Ornithologen, der bereits im
August in einer Presseerklärung detailliert zahlreiche Gründe,
vor allem des Schutzes seltenster Arten, gegen das
Windkraftprojekt aufgeführt hatte.
"Deutsches Windkraftprogramm nicht mehr
verantwortbar"
Professor Succow hatte zuvor in einem Interview für die Grüne
Liga, Ostdeutschlands größtes Umweltnetzwerk, erklärt,
das deutsche Windkraftprogramm überziehe flächenhaft weite
Landschaften, sei überspannt und nicht mehr verantwortbar.
Windanlagen in ökologisch wertvollen Räumen seien für ihn ein
Fluch. Hauptproblem sei, daß eben bestimmte
Gruppen an den Windkraftanlagen wieder enorm verdienen.
Bevölkerung wird unruhig
In einem SFB-Interview anläßlich seiner Auszeichnung mit dem
diesjährigen Preis der URANIA sagte er im September, derzeit
befinde man sich in einer Phase, wo aufgrund von vielen
Fehlentscheidungen größere Teile der Bevölkerung unruhig
werden und sich fragen ist das wirklich der Fortschritt?
Deshalb sei es gut, das Windkraftwerke-Thema jetzt in die große
öffentliche Diskussion zu bringen. Ich möchte die Ruhe
der Landschaften, die den ländlichen Raum einst prägte,
erhalten.
Succow ist Professor an der Universität Greifswald, führt Umweltprojekte in China, Rußland, Usbekistan, Aserbaidshan, richtete riesige Nationalparks in der Mongolei und in Kirgisien ein.
Windkraft - der
große Bluff Symbol umweltfreundlicher, alternativer
Energiegewinnung?
Ein schlechter Witz. Die Lobby der Windkraftindustrie arbeitet
hocheffizient - selbst in Naturschutzzeitschriften behaupten ihre
Propagandisten wider besseres Wissen, die neue hochprofitable
Technologie sei umfreundlich, Symbol alternativer
Energiegewinnung und sauberen Stroms. Reichlich vorliegende
Fakten und Studien zur Schädlichkeit von Windkraftanlagen (WKA)
für Natur und Umwelt werden dabei permanent unterschlagen,
Windkraftgegner als rückwärtsgewandte Zeitgenossen lächerlich
gemacht. Besonders erstaunlich ist, daß sogar Funktionäre von
Umweltverbänden sowie Umweltminister als Interessenvertreter der
Windkraftindustrie auftreten, gleichzeitig aber weiter betonen,
sich energisch für die Natur und bedrohte Arten einzusetzen.
Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für andere
EU-Staaten: So wurden gemäß einer Expertenstudie, die die
Ornithologenzeitschrift "Der Falke" jetzt auszugsweise
veröffentlichte, innerhalb nur eines Jahres an den
Windkraftmaschinen nordöstlich von Gibraltar dreiundvierzig tote
Gänsegeier sowie vierzig weitere große bis mittelgroße
Greifvögel gefunden - Opfer der angeblich umweltfreundlichen
Technologie. Eine hohe Dunkelziffer muß zudem berücksichtigt
werden, da nicht alle in den Rotorparks gefunden werden, Tiere
zudem verletzt zunächst noch fliegen können, dann weiter
entfernt erst verenden. Die Gänsegeier waren ausgerottet, wurden
mit Millionenaufwand im Süden Frankreichs wieder in ihren
ursprünglichen Habitaten angesiedelt, stehen unter besonderem
Schutz. Daß die Gibraltarregion ein bedeutendes Durchzugsgebiet
für die Großvögel Europas ist, wissen nicht nur Umweltfreunde,
sondern auch die Regierungen, denen Landes-und EU-Gesetze den
effizienten Schutz der Arten auferlegen. Dennoch wurden entgegen
heftigen Protesten die Windkraftmaschinen errichtet - mit dem
vorhergesagten Ergebnis. Große Geier sind danach besonders
gefährdet, weil sie wegen ihrer Segel-und Gleitflugtechnik kaum
ausweichen können. "Macht man sich klar", so "Der
Falke", "mit welchen Mühen und welchem Idealismus in
Südfrankreich erfolgreich Gänsegeier wieder angesiedelt worden
sind, kann die Verantwortungslosigkeit, mit der die Menschen in
Südspanien mit der Natur umgehen, nur Kopfschütteln und
scharfen Protest hervorrufen." Die Zeitschrift drückt sich
sehr zahm aus - schließlich werden Windkraftanlagen von der
Industrie mit Profiterwartungen aufgestellt, Umwelt-und andere
Ministerien geben dazu in Kenntnis der Folgen für bedrohte und
noch häufige Arten ihre Zustimmung. Dennoch werden die
zuständigen Politiker nicht müde, Lippenbekenntnisse zugunsten
von Natur und Umwelt abzugeben, was ihnen von simplen Gemütern
durchaus geglaubt wird. Gut bekannt ist auch die Situation der
Steinadler in Kaliforniens Altamont-Gebirge: Nachdem man dort WKA
errichtete, wurden zwischen 1995 und 1998 allein fünfundachtzig
Adler in den Maschinen zerfetzt, abgesehen von über sechshundert
anderen Greifvögeln. Biologen, die WKA-Auswirkungen studieren
wollten, markierten zuvor 179 "Golden Eagles" - laut
Studie lebten davon vier Jahre später nur noch achtzig.
Besonders bedenklich: Nirgendwo sonst auf der Erde ist die
Brutkonzentration dieser Art so hoch wie im Altamont-Gebirge.
Natürlich sind die Adler auch in den USA theoretisch bestens
geschützt. Eine holländische Untersuchung spricht von 46 000
Vogelschlagsopfern an kleineren WKA. Nicht anders läuft es in
Deutschland. Schwarzstörche stehen auf der Roten Liste, sind
auch in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz
besonders gefährdet. Dennoch werden in ihren Habitaten und
Durchzugsgebieten Windkraftanlagen errichtet - vorhersehbar
kollidieren Schwarzstörche, werden wie zahlreiche andere
Großvögel getötet, unter den Metalltürmen gefunden. Auch die
nicht gerade häufigen Höckerschwäne werden Opfer von
Rotorblättern - nachgewiesen u.a. in Neustadt bei Hannover, bei
Emden und bei Plön. Gleiches geschah nachweislich mit
Nonnengänsen auf Fehmarn. Die Dunkelziffer ist hoch, da viele
Vögel schlichtweg mangels regelmäßiger Nachsuche garnicht
gefunden oder sofort von aasfressenden Tieren wie dem Fuchs
weggeschafft werden. Der streng geschützte Kranich ist in
Deutschland ein Sympathievogel - nicht aber bei den
Windkraftbefürwortern. Sie finden absolut nichts dabei, daß
gerade diese Tierart unter WKA zunehmend leidet. Zahlreiche
Studien belegen inzwischen, wie Kraniche wegen neuer
Windkraftmaschinen, die mitten in ihren angestammten Routen
liegen, beunruhigt, gestreßt werden, an Rotoren ihre
Flugstaffeln auflösen, aufgeregt rufen, wirr und
orientierungslos durcheinanderfliegen, unnötig sehr viel Energie
verbrauchen, die sie für den Zug nötig haben. Die bislang
schwerwiegendsten Unfälle ereigneten sich an den WKA von
Ulrichstein in Hessen. 1998 wurden gemäß den Beobachtungen von
Naturschützern in einer Novembernacht etwa zweitausend ziehende
Kraniche derart irritiert, daß sie durch den Nebel in die Stadt
hinunterstießen und auf den Straßen zu landen versuchten. Viele
prallten gegen Hauswände und Autos, kamen dabei zu Tode.
Natürlich erklären die WKA-Befürworter, die Kraniche seien vom
Erdmagnetfeld irregeleitet worden, oder hätten sich schlichtweg
mal beim Fliegen geirrt. Mecklenburg-Vorpommerns
PDS-Umweltminister Wolfgang Methling erklärte gegenüber seinem
Parteiblatt "Neues Deutschland", ein "begeisterter
Anhänger der Windkraft" zu sein. Wie seine Politik
zugunsten der WKA-Profiteure auf die Natur des artenreichsten
deutschen Bundeslandes wirkt, ist inzwischen hinreichend
dokumentiert. Laut Marlis Preller, NABU-Projektleiterin auf
Rügen, ist die Insel Haupt-Zugroute für Vögel Skandinaviens,
darunter den Kranich. Trotzdem seien an vier Standorten WKA
errichtet worden, weitere kleinere kämen ständig hinzu.
Vorhergesagtes Ergebnis - nicht nur Kraniche ändern ihr
Verhalten gravierend, werden in ihren Lebensräumen stark
gestört - und das ist sogar laut EU-Gesetzen strikt verboten.
Ungezählte Vögel verunglückten in den Maschinen bereits
tödlich. Marlis Preller zum Raben Ralf:"Wurde denn wegen
der neuen WKA irgendwo anders etwas eingespart, gar abgebaut?
Nein - die wichtigste Alternative ist immer noch die
Energieeinsparung." Kein Zweifel - man muß sich nur daran
erinnern, daß die deutsche Wirtschaft zwar für die NS-
Zwangsarbeiterentschädigung keine fünf Milliarden Mark
lockermachen will, allein für Firmenpropaganda aber jährlich um
die fünfundsechzig Milliarden Mark ausgibt, auch eine
gigantische Energieverschwendung. Oder ist die visuelle
Umweltverschmutzung durch Großwerbeflächen , darunter jene an
den Straßenkreuzungen mit ständig wechselnden
Propagandabotschaften, etwa lebensnotwendig? Rügens Artenexperte
Hartmut Dittberner aus Bergen bestätigt dem Raben Ralf, daß
nicht nur Kraniche von den WKA stark betroffen sind, die Natur
nach der Wende dank Schweriner Regierungspolitik stark gelitten
hat:"Auf Rügen ist seit 1990 eine gravierende Abnahme der
Vogelwelt feststellbar". Weil der NABU unter
Geschäftsführer Gundolf Renze und die Grüne Liga Druck machen
, kommt der PDS-Umweltminister gelegentlich um Kompromisse nicht
herum. So sollte ausgerechnet bei Woldegk, in einem wichtigen
Brutgebiet des in Westdeutschland bereits völlig ausgerotteten
Schreiadlers eine große WKA gebaut werden. Renzes Landesverband
legte bei der Brüsseler EU-Kommission Beschwerde ein, zeigte
Verstöße gegen die EU-Vogelschutz-Richtlinie und die
FFH-Bestimmungen an. Das wirkte - die WKA wurde für diesen
Standort abgeblasen, doch an anderer Stelle errichtet. Bei
Boltenhagen wurde untersucht, wie sich eine 1998 installierte WKA
auf die dort heimischen Arten auswirkt. Das Ergebnis war
niederschmetternd - nahezu fünfzig Prozent der Vogelarten,
darunter Rebhuhn und Wachtel, verschwanden, im Vergleich zu den
vorangegangenen Jahren blieben zur Zugzeit auch die üblichen
großen Schwärme von Rastvögeln , darunter Kiebitz,
Goldregenpfeifer und Star, aus. Gleiche Effekte, die auch die
Vertreibung von Weiß-und Schwarzstorch, Waldohreule, Rotmilan
und Wild beweisen, werden selbst aus Sachsen gemeldet. Gemäß
Untersuchungen des Emdener Biologen und Wildtier-Experten Helmut
Kruckenberg meiden Gänse WKA stets großräumig, sodaß ihnen
allein in Niedersachsen in den letzten vier Jahren enorme
Äsungsflächen verlorengingen, ganze Rastgebiete komplett
aufgegeben wurden. Kruckenberg, der auch als Gutachter für
Umweltministerien tätig ist und im EU-Auftrage Projektforschung
betreibt, zum Raben Ralf:"In Norddeutschland wird der
WKA-Bau mit Brutalität und Korruption vorangetrieben." Alle
aufgezählten Fakten und Studien sind den WKA-Befürwortern,
darunter Umweltministern wie Jürgen Trittin oder Wolfgang
Methling bestens bekannt - wer deren Veröffentlichungen liest,
bemerkt unschwer, wie sie klare Positionen zu der durch WKA
angerichteten Naturzerstörung tunlichst vermeiden. Brandenburgs
Ex-Umweltminister Eberhard Henne, im Unterschied zu seinen
früheren Amtskollegen inclusive Trittin und dem Potsdamer
Nachfolger Wolfgang Birthler/SPD ein hervorragender Ornithologe
und renommierter Artenschützer, ist aus anderem Holz geschnitzt.
Windkraftparks sind laut Henne nun einmal Industrieanlagen und
gehören deshalb nicht in schöne Landschaften mit einmaliger
Naturausstattung:"Wir kämpfen gegen eine von der
Windenergielobby geplante völlige Beherrschung der Landschaften
durch ihre Anlagen - wenn alle Pläne verwirklicht werden,
können wir Naturschutz und Tourismus in Nordostbrandenburg bald
vergessen". Greifvogelexperte Paul Sömmer von der
Naturschutzstation Woblitz stimmt ihm zu, weiß als Fachmann, wie
der bis zu fünfhundert Meter reichende Schattenwurf durch
Rotoren die Tiere streßt. Ironisch weist er auf einen
interessanten Widerspruch: Wegen des Lärms, der auf- und
abschwellenden Heultöne, der Lichtreflexe und des Eiswurfs
müssen die Maschinen in deutlichem Abstand von menschlichen
Siedlungen errichtet werden, um die Leute nicht zu stören.
Gesundheitliche Schäden wurden schließlich bereits reichlich
nachgewiesen. Aber der Natur, den Tieren sind all diese negativen
Effekte zuzumuten, meinen die WKA-Befürworter. "Kein Mensch
baut die WKA", so Sömmer," weil er den Strom braucht,
sondern weil er an der Förderung verdient." Mit den WKA sei
es wie mit Goethes Zauberlehrling, der die Geister, die er rief,
nicht wieder los werde. Doch der Greifvogelexperte meint, daß
die Anlagen, "nachdem sich die Firmen daran dumm und
dämlich verdient haben, wohl wieder abgebaut werden - zu
riesigen Kosten, die dann die Allgemeinheit bezahlt". Hier
und da in Deutschland mußten WKA dank erfolgreicher Klagen
abgestellt werden, stoppte man den Bau. Gerade Städtern ohne
innige Beziehung zur Natur ist der Nach-Wende-Artenrückgang oft
schlichtweg egal - sie könnte der
marktwirtschaftlich-ökonomische Aspekt interessieren: Um eine
einzige E-Lok der Bahn anzutreiben, brauchte man laut
Berechnungen dreiunddreißig Windkrafträder im Süden oder etwa
vierzehn an der Küste, ständigen Wind vorausgesetzt, was selbst
im Norden nicht garantiert ist. Für eine Wende in der
Energieerzeugung reicht diese Technologie damit nicht. Der Preis
für eine Kilowattstunde liegt derzeit deutlich unter zehn
Pfennigen - doch von den WKA muß sie laut Gesetz von den
Energieunternehmen für über siebzehn Pfennige, also etwa das
Doppelte, abgenommen werden. Ein Branchensprecher zum Raben
Ralf:"Wir werden zu einer Subvention gezwungen und müssen
diese Kosten an die Kunden weitergeben". Windkraft decke
derzeit nur zwischen ein bis zwei Prozent des Stromverbrauchs.
Deutschland habe große Kraftwerks-Überkapazitäten.
"Würde von den WKA überhaupt nichts ins Netz eingespeist,
wäre das nicht wahrnehmbar, würde das niemand irgendwie
merken." Es ginge auch völlig ohne WKA. Allein in der
Uckermark stehen bereits an die zweihundertfünzig
Windkraft-Maschinen , der Bau von fünfhundert weiteren ist
beantragt. Laut NABU Niedersachsen verstößt die WKA-Planung
gegen die geltende Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Union
- der NABU Schleswig-Holstein hält kurz und bündig fest:
"Windenergie - die ökologische Mogelpackung!" Auch
Umweltschützer Horst Stern sagt:"Windkraft ist nicht
ökologisch."
Klaus Hart: "Der große Bluff" in "Der Rabe
Ralf", Mai 2000, herausgegeben von der Grünen Liga,
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin, 030 443391-47/0, Fax -33,
ISSN 1438-8065
Wildtierexperte
Kruckenberg im Sender Freies Berlin: "In Norddeutschland
wird der Windkraftanlagenbau mit Brutalität und Korruption
vorangetrieben"
Der Bundesverband Windenergie e.V., Lobbyorganisation der
Windkraftindustrie, ist in seinem landesweit an Medien und
Privatpersonen verteilten Informationsmaterial kategorisch. Daß
an Windkraftwerken Vögel umkommen, sei ein Vorurteil. "Bei
der Suche nach getöteten Vögeln durch Windenergieanlagen war
bisher immer Fehlanzeige", steht wörtlich in dem Prospekt.
Eine erstaunliche Behauptung - denn sie stimmt weder in den USA,
noch in Spanien und Deutschland. Studien, die beweisen, daß
seltene Großvögel wie Adler oder Gänsegeier häufig in den
Anlagen zerfetzt werden, liegen seit Jahren vor. Die kennt
natürlich auch der niedersächsische Biologe und Wildtierexperte
Helmut Kruckenberg, der auch als Gutachter für Umweltministerien
sowie für die EU arbeitet.
"Kalifornien ist bei uns gefeiert als Vorzeigegebiet für
die Windenergienutzung in Amerika - da gibt es ganz erhebliche
Probleme mit dem Steinadler in dessen bedeutendstem Brutgebiet.
Dort sind in der Zeit von 1995 bis 1998 fünfundachtzig
Steinadler verunglückt - aber insgesamt hat man 680 Fälle von
Vogelschlag, also Vogelunglücken an Windanlagen festgestellt.
Ein Biologe, der dort eine Untersuchung anstellte, hat Steinadler
mit Radiosendern versehen, von diesen 179 besenderten Steinadlern
überlebten nur achtzig."
Wie das Fachblatt der nordamerikanischen Windkraftbranche,
Windpower Monthly, in seiner Juliausgabe 2000 berichtet, liegt
die Todesrate bei den Steinadlern am kalifornischen Altamont-Pass
bei nunmehr rund fünzig pro Jahr, aber auch etwa ebensoviele
Eulen und noch mehr Habichte kommen in den Windkraftanlagen um.
Ein Blick nach Spanien.
Über Gibraltar ziehen auch sehr viele deutsche Großvögel ,
darunter Störche und Adler, nach Afrika. Seit man bei Gibraltar
Windkraftwerke errichtete, häufen sich tödliche Kollisionen.
Kruckenberg:"Gemäß einer Untersuchung haben die Geier
riesengroße Probleme mit diesen Windanlagen, weil sie auf
passende Winde warten müssen, um nach Afrika zu fliegen - und
bei entsprechend ungünstigen Winden in den Windanlagen
verunglücken. Es ist aber anzunehmen, daß es auch für unsere
Störche gilt - die dort ebenfalls entlangmüssen - und für alle
Vögel, die diese Thermik ausnützen."
Der Studie zufolge wurden bereits im Jahr 1995 dreiundvierzig
tote Gänsegeier und vierzig weitere große bis mittelgroße
Greifvögel gefunden. Die Dunkelziffer ist hoch, da man nicht
alle Tiere entdeckt, viele zudem verletzt noch weiterfliegen,
dann erst verenden. Die Gänsegeier übrigens waren ausgerottet,
wurden in Südfrankreich mit Millionenaufwand wieder angesiedelt,
stehen theoretisch unter besonderem Schutz. Stimmt denn die
Behauptung des Bundesverbandes Windenergie dann wenigstens für
Deutschland? Keineswegs - selbst die besonders gefährdeten
Schwarzstörche werden tot unter den Metalltürmen gefunden.
Kruckenberg:"Mir selber sind bekannt Wildgänse,
Nonnengänse, Höckerschwäne, die wir selber unter Windanlagen
gefunden haben. Es gibt hier offensichtlich schon häufiger diese
Vogelunglücke - aber in Deutschland schaut man da nicht so gerne
nach. In Deutschland ist man nicht so begeistert dabei, solche
Technikfolgeuntersuchungen zu machen."
Dabei ist Vogelschlag aus Sicht der Umweltexperten nicht einmal
das Hauptproblem. Die riesigen Rotoren der Windanlagen machen
Lärm, bewegen sich heftig - vorhersehbar streßt, vertreibt,
verscheucht das Tiere, wie die allseits so beliebten Kraniche.
Biologe Kruckenberg studierte das Verhalten der Wildgänse -
diese meiden Windkraftwerke stets großräumig, so daß ihnen
allein in Niedersachsen enorme Äsungsflächen verlorengingen,
ganze Rastgebiete komplett aufgegeben wurden.
Kruckenberg:"Es gibt ähnliche Untersuchungen über
Goldregenpfeifer und Großbrachvögel, die genau diesen
Vertreibungseffekt belegen, das heißt, unsere wirklich wichtigen
Vogelrastgebiete werden stark entwertet, wenn man dort
Windenergieanlagen aufbaut. Diese ständige Bewegung in einer
vollkommen unnatürlichen Höhe löst da eben einfach
Fluchtreflexe aus. Als man bei uns an der Nordseeküste mit den
Windanlagen angefangen hat, war den meisten Leuten das Problem
gar nicht bewußt. Es kam eben erst, als man feststellte - oh,
jetzt sind die Vögel ja nicht mehr da."
Wegen des Lärms, der auf-und abschwellenden Heultöne, der
Schlagschatten, Lichtreflexe und des Eiswurfs müssen die
Windkraftwerke in deutlichem Abstand von menschlichen Siedlungen
errichtet werden, um die Leute nicht zu gefährden, zu stören.
Aber der Natur, den Tieren sind all diese negativen Effekte
zuzumuten, meint die Windkraftlobby. Kruckenberg betont: "In
Norddeutschland wird der Windkraftanlagenbau mit Brutalität und
Korruption vorangetrieben."
Kruckenberg:"Wir selber haben es ja erlebt, daß in
Niedersachsen in einem EU-Vogelschutzgebiet ein Windpark
genehmigt und trotz eines gerichtlichen Baustopps dann auch
hochgezogen wurde."
Kein Einzelfall - in zahlreichen Schutzgebieten stehen bereits
Windkraftwerke. Diese werden zunehmend nicht nur für Tiere,
sondern auch für Fallschirmspringer und Gleitflieger zur Gefahr.
Ende Mai wurde auf der Insel Fehmarn eine Fallschirmsportlerin
aus Schwerin durch die Rotoren einer Anlage erschlagen.
Natürlich ist auch Professor
Michael Succow, Vizepräsident des NABU, Träger des
Alternativen Nobelpreises, ein Windkraftkritiker. Gegenüber dem
SFB sagte er, das derzeitige Windkraftprogramm überziehe
flächenhaft weite Landschaften, sei überspannt und nicht mehr
verantwortbar. Zugunsten der Umwelt sollte man unzerschnittene
Räume der Ruhe und Stille jetzt ganz bewußt schaffen,
natürlich auch Windkraftanlagen-freie Gebiete. Succow, Initiator
des ostdeutschen Nationalparkprogramms, wandte sich ebenso wie
viele andere Naturschutzexperten heftig gegen Pläne des
Potsdamer Umwelt-und Landwirtschaftsministeriums, am Fiener Bruch
bei Brandenburg Windkraftwerke in ein wichtiges Rückzugsgebiet
der vom Aussterben bedrohten Großtrappen zu bauen. Dies wäre
eine der stärksten Beeinträchtigungen. Schließlich gebe es in
ganz Deutschland nur noch etwa siebzig Tiere, hochsensibel und
standortstabil, fast alle in Brandenburg. Professor Succow
wörtlich: "Windkraftanlagen und Großtrappen - das geht
nicht."
Bezug: Klaus Hart: "Windkraft - Der
große Bluff"; Interview mit Prof.
Michael Succow: "Windkraftprogramm überspannt", DER RABE RALF Mai 00, Seite 18; August 00, Seite 12
So schnell ändern sich die Zeiten: Vor fünf Jahren waren
Forderungen nach ausgereifteren, preiswerteren und
leistungsstärkeren Windkraftanlagen überall zu hören. (...)
Doch mit dem Größen- und Leistungswachstum der Windkraftanlagen
ist auch der Widerstand gegen diese Energietechniken gewachsen.
Neben den bisherigen Kritikpunkten Naturschutz und
Landschaftsästhetik sind teilweise skurrile Argumente
aufgefahren worden.
So wird, forciert durch die Stromwirtschaft, an die niedrigsten
Instinkte des Bürgers appelliert, an den Neidkomplex. Mit dem
Hinweis, daß sich die Windmüller auf Kosten der Allgemeinheit
dumm und dusselig verdienen, soll ein Aufschrei der Empörung in
der Bevölkerung ausgelöst werden. Warum auch nicht, da im
Gegensatz dazu die Stromversorger gemeinnützige und karitative
Beweggründe für den Stromverkauf haben.
Gerade im Binnenland sind die Ertragssituationen nicht immer
optimal. Doch mit geringen Renditeansprüchen und einer Portion
Überzeugung ist auch hier der Betrieb einer Windkraftanlage
möglich. Eigene Hinweise in der Presse, daß man hier nichts
verdienen kann, bringt die Kritiker schnell zu anderen
Ablehnungsgründen (man ist ja flexibel - Hauptsache dagegen,
egal wie). Wenn denn keine Gewinne zu erwirtschaften seien,
sollte man den ganzen Quatsch gleich lassen. Die Gefahr von
"Ruinen in der Landschaft" wird beschworen.
Doch damit ist man nicht am Ende der Ablehnungsgründe. Im Rahmen
einer Bauvoranfrage hat die Stadt Neuenrade u.a. mit dem Hinweis
auf Schädigungen der Flora (Pflanzenwelt) durch Lärm, Schatten
und Reflexion den Bau einer Windkraftanlage abgelehnt.
Gleichzeitig wird allerdings der Bau einer Umgehungsstraße
vorangetrieben - was dazu wohl die Flora sagt?
Gemäß dem Motto "Je oller, desto doller" kommt der
Bundesverband Landschaftsschutz (BLS) daher. Unter
wissenschaftlichem Mäntelchen werden Daten und Fakten verdreht,
daß sich die Balken biegen. Dabei sind die Professoren nicht
einmal in der Lage, Leistung (kW) und Arbeit (kWh)
auseinanderzuhalten. Gegenüberstellungen von
Durchschnittsleistungen von Windkraftanlagen mit
Spitzenleistungen von z.B. Elektroloks sollen die unzureichende
Leistung von Windanlagen "beweisen". Behauptungen,
Anwohner in der Nähe von Windkraftanlagen müßten ihre Häuser
verschenken, da sie niemand mehr kaufen wolle, bringen das
ruhigste Dorf auf die Palme.
Daß diese "Fachleute" noch nicht einmal über das
Funktionieren unserer Stromnetze informiert sind, beweisen ihre
Äußerungen, daß der Strom der Windkraftanlagen erst bis zum
Kraftwerk transportiert werden müsse, um von dort wieder an die
Verbraucher verteilt zu werden. Die Transportverluste seien damit
höher als die Windstromproduktion. Deshalb verursachen
Windkraftanlagen mehr CO2, als wenn sie gar nicht betrieben
würden. Und die Erde ist eine Scheibe? (...)
Grund zum Handeln gibt es für diese Gegner überhaupt nicht, da
alles nur eine Hysterie in der Bevölkerung wegen einer
"angeblichen" CO2-Klimakatastrophe sei. Und die Kohle-
und Ölvorräte reichten ja noch Jahrzehnte aus. Abgesehen davon,
sei der jährliche Zuwachs des Energieverbrauches höher als der
Zubau erneuerbarer Energien, so die Landschaftsschützer.
Seltsam allein steht dieser angebliche Bundesverband
Landschaftsschutz mit seiner Grundeinstellung im Verhältnis zu
anderen Umweltverbänden. Die meisten Mitstreiter erneuerbarer
Energien sind ökologisch überdurchschnittlich sensibilisiert.
Viele von uns freuen sich auch schon über kleine
Erfolgsschritte. Dies fängt beim eigenen Handeln im Haushalt an,
geht weiter durch bewußtes Kaufverhalten bis hin zu Aktivitäten
im lokalen Naturschutz.
Mit der merkwürdigen Haltung dieser
"Landschaftsschützer" müßte ab sofort z.B. das
Über-die-Straße-Tragen von Kröten unterlassen werden - im
Verhältnis zu der Anzahl totgefahrener Tiere bringt dies ja auch
nichts. Eine solche Einstellung kann ich keinesfalls
unterstützen. (...) Deshalb brauchen wir weiter Menschen, die
Solar- und Windkraftanlagen bauen - und auch Menschen, die
Kröten über die Straße tragen!
Matthias Kynast
Windkraftanlagenbetreiber, Neuenrade (Sauerland)
Bezug: Klaus Hart: "Succow: `Windkraftprogramm
überspannt", "Keine Zeile für Professor Succow"
DER RABE RALF August 2000
Beim Lesen des Interviews fällt schnell auf: Hier interviewte
ein überzeugter Windkraftgegner einen Windkraftkritiker. Leider
ist deshalb ein Bemühen um Objektivität bei diesem schwierigen
Thema kaum auszumachen. Der vorangestellte Kommentar von Klaus
Hart ist eigentlich überflüssig, da er schon problemlos aus dem
Interview herauszulesen ist.
Viele sehr seltene Großvögel werden von Windkraftanlagen
getötet, heißt es dort - so jedenfalls die Meinung des Autors.
Die Wortwahl läßt schon vermuten, daß es hier eher um
Stimmungen als um Fakten geht. Wer bereit ist, wissenschaftliche
Studien wie die von Prof. Dr. Vauk von der Norddeutschen
Naturschutzakademie genau zu lesen, kann Interessantes entdecken
- zum Beispiel, daß "Vogelschlag an Windkraftanlagen
gegenüber anderen anthropogenen Bauwerken oder dem
Straßenverkehr von untergeordneter Bedeutung" ist.
Windkraftanlagen dienen sicher nicht zur Verbesserung des
Landschaftsbildes. Von einem flächendeckenden Vollstellen kann
aber nicht die Rede sein. Für mich sind Windkraftanlagen Zeichen
der Energiewende und deshalb Hoffnungsträger - ich kann mich an
ihnen freuen. Wer in Windkraftanlagen nur
Subventionsabschöpfungsmaschinen geldgeiler Rüstungsmanager
sieht, die keinen Beitrag zur CO2-Einsparung leisten,
wird sie wohl kaum für "schön" halten.
Siemens baut Photovoltaikanlagen, Shell baut gerade eine
Produktion auf - sind deshalb Photovoltaikanlagen
"schlecht"? Wenn Banken Projekte ermöglichen, weil sie
einen Kredit gewähren, an dem sie auch Geld verdienen, sind dann
diese Projekte "schlecht"? Wenn die großen
Stromversorger erkennen, daß man nicht nur mit Atomstrom,
sondern auch mit Windstrom Geld verdienen kann - ist damit klar,
daß Windstrom wie Atomenergie abzulehnen ist?
Klaus Hart greift das Springerblatt "Ostseezeitung" an,
weil dort keine windkraftkritischen Artikel gedruckt würden. Auf
der Titelseite veröffentlichte die Ostseezeitung z.B. am
14.1.2000 einen windkraftkritischen Artikel unter der
Überschrift: "Widerstand gegen Windräder in
Mecklenburg-Vorpommern - NABU plant rechtliche Prüfung".
Darauf angesprochen meinte der Autor, es seien aber nicht alle
Kritikpunkte veröffentlicht worden. Dies ist ein Punkt, mit dem
auch die Windkraftbefürworter leben müssen, wenn ihre Position
dargestellt wird. Fakt ist aber, daß auch kritische Beiträge
veröffentlicht wurden und werden.
Windkraftanlagen sind kein Allheilmittel gegen die
Klimaveränderung, aber ein wichtiger Baustein der Energiewende.
Johann-Georg Jaeger, Rostock
Mitglied des Vereins Energiewende Nord e.V. und der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen im Rostocker Rathaus, stellvertretender
ADFC-Landesvorsitzender Mecklenburg-Vorpommern September/Oktober
00 Umweltbewusstsein