Bürgerinitiativen gegen WKA in Sachsen

Kaum hatte das Gemeindeblättchen vor einigen Wochen das Unheil verkündet, fing das Rumoren in den Dörfern an. Proppevoll war der Saal im Dorfgasthof auf der nächsten Einwohnerversammlung, „wie seit zehn Jahren nicht mehr“, sagt Bürgermeister Bernd Hubricht. Es ging um Windkraftanlagen. Elf davon sollen gebaut werden in der Gemeinde Reinsberg im Südzipfel des Landkreises Freiberg. Schon die neue Generation: jede 133 Meter hoch, Rotorendurchmesser 77 Meter. Nachts müssen diese Riesen beleuchtet werden. Umgehend etablierte sich eine Bürgerinitiative. „Wir empfinden diese Planungen als völlig überzogen“, sagt deren Sprecher Peter Heilmann.

Hand gereicht, mit Haut und Haaren verschluckt

Vorbei sind die Zeiten, als Technikfreaks zu den ersten Windrädern pilgerten, um sie zu bewundern. Heute finden eher Protest-Demos rund um die geflügelten Riesen statt. Dutzende Bürgerinitiativen im Freistaat Sachsen wehren sich mittlerweile gegen die „Verspargelung der Landschaft“. Als sich vor etwa drei Wochen gar ein Landesverband gegen Windkraftanlagen etablierte, schlossen sich spontan 13 Bürgerinitiativen an. In Gemeinden und selbst in Landratsämtern wächst das Unbehagen angesichts der Antragsflut. 

In Reinsberg drehen sich seit Jahren zwei Windrad Weitgehend
mehr vorstellen, wenn die gebaut werden.“ Im Nachbarkreis Meißen sieht es ähnlich aus. Über 300 Anträge in den letzten fünf Jahren. „Keinen Spargelkreis“ will Landrätin Renate Koch und meint nicht das schmackhafte Gemüse.

Nicht anders ist es im Weißeritzkreis "Wir sind dicht“, heißt es da im Landratsamt zu unentwegten Anfragen über Wind-Standorte. Keine weiteren Windparks will auch der Landkreis Riesa-Großenhain. Die immer mächtiger werdenden Rotoren haben ihre Unschuld verloren. 

Doch Windkraftanlagen sind per Gesetz privilegiert. Als erneuerbare Energie wird nicht nur Windstrom mit 17,8 Pfennig pro Kilowattstunde und damit etwa zehn Pfennig über dem Marktpreis subventioniert. Der Bau der Anlagen ist im Außenbereich von Kommunen ohne weiteres zulässig, nur handfeste Gründe rechtfertigen eine Ablehnung. „Es gibt einen Rechtsanspruch auf Genehmigung“, beklagt Löffler. Aber wo sich die Anlagen häufen und zu lndustrieparks auswachsen, gibt es Arger. Vor allem, wenn Siedlungen betroffen sind. Wenn der Schatten der Rotorblätter durch Wohnzimmer huscht und ein Geräuschpegel von 45 Dezibel bei Tag und Nacht herrscht, hört die Freundschaft auf. Von geplagten Meißnern zu Hilfe gerufen, befand auch Ministerpräsident Kurt Biedenkopf Windkraftanlagen als „ökonomisch und ökologisch sinnlose Gelddruckmaschinen“. Körbeweise Post von Windkraftgegnern bekam die Staatskanzlei daraufhin. 

„Eine Flut von ablehnenden Äußerungen, kaum ein Bürger ist dafür", sagt ein Ministeriumsmitarbeiter. Umweltminister Steffen Flath bemüht sich seitdem, seinen Chef zu korrigieren Erneuerbare Energien seien ein Zukunftspotential, Windkraft biete auch Arbeitsplätze. Freilich etwas naiv wirkt sein Appell für einen schonenden Ausbau und "Bürgerwindräder"‘. Wie Pilze aus dem Boden sprießen vielmehr Anträge großer Investoren: Ein Heer von Rechtsanwälten steht bereit, um Behörden bei Ablehnung die Hölle heiß zu machen.

Die Hoffnungen ruhen neuerdings auf dem Meer 

Und so dreht sich der Wind. Als „nutzlose Monster, die die Landschaft verschandeln“, stuft der Naturschutzbund in Sachsen die Windkraft mittlerweile ein und rechnet vor, dass die Anlagen kaum sinnvoll sind. 300 Megawatt Leistung seien im Freistaat zwar installiert, die aber werde wegen der unsicheren Windverhältnisse an nur wenigen Tagen im Jahr auch tatsächlich geliefert. Trotz der vielen Anlagen, die es schon gibt, spiele Windkraft mit weniger als drei Prozent Anteil an der Stromerzeugung in Sachsen nur eine sehr geringe Rolle. 

Das sieht Wolfgang Daniels ganz anders. Er ist nicht nur Geschäftsführer der Sachsenkraft - einem Windkraftunternehmen - sondern auch Vorsitzender des Verbandes Erneuerbarer Energien. In den nächsten fünf Jahren werde sich die Zahl der Anlagen in Sachsen - derzeit etwa 450 - verdoppeln, prognostiziert er. Zehn bis zwölf Prozent an der deutschen Energieerzeugung könnten leistungsfähige Anlagen an Land beisteuern. Noch einmal so viel könnten Anlagen auf See bringen. Ganze Windkraftparks auf dem Meer sind die neueste Entwicklung. Selbst große Energiekonzerne wie RWE oder Preussen Elektra interessieren sich dafür - bei Leistungen von 500 bis 1.000 Megawatt kein Wunder. Doch es wird einige Jahre dauern, bis die so genannten Off-Shore-Anlagen Strom produzieren. 

Wolfgang Daniels sieht dagegen Sachsen auf keinem guten Weg. Millionenschwere Fondsgesellschaften tingeln durch den Freistaat, die das eingesammelte Geld unterbringen müssen. Sie unterhalten hier Strohfirmen und versuchen, gewaltige Windparks durchzudrücken. "Die scheitern vielleicht zehn Mal, aber beim elften Mal klappt es, weil Behörden überfordert sind“, sagt der Wind-Unternehmer. Mit solchen Ansinnen habe er nichts zu tun. Er plädiert für dezentrale Anlagen, an denen sich vor allem auch die Bürger finanziell beteiligen können. Ohne Akzeptanz, weiß Daniels, hat es die Windkraft schwer. 

Dabei schreibt sie hier zu Lande durchaus auch Erfolgsgeschichten. In Hirtstein im Erzgebirge etwa feiert die Einwohnerschaft demnächst das zehnjährige Bestehen des Windparks. Und doch ist Daniels alarmiert. Sein Verband hat eine Klage gegen den Regionalplan Oberes Elbtal angestrengt, der 13 Ausschlußkriterien für Windkraft festlegt. Beispielsweise werde das Elbtal als Standort für Windanlagen verboten - auf einer Breite von acht Kilometern beiderseits des Flusses. „Damit ist der Rasthof Dresdner Tor an der Autobahn elbnah und es darf dort keine Anlage hin“, beklagt Daniels. „Auch landschaftsprägende Höhenkuppen sollen ausgeschlossen sein - da ist jetzt jeder Hügel landschaftsprägend.“

Als „Teufelszeug“ pauschal abgelehnt

Es gebe einen Wildwuchs an Windkraftanlagen in Sachsen räumt auch Daniels ein, auf der anderen Seite werde Windkraft aber fälschlicherweise als „Teufelszeug“ pauschal abgelehnt. Daran sei der Freistaat selber schuld. Sächsische Behörden weisen so genannte "Vorrangflächen“ für Windkraftanlagen aus, dort haben dann Investoren die Baugenehmigung fast schon in der Tasche. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt, wo viel mehr Windräder stehen, gebe es statt dessen „Eignungsflächen". Dort könne dann für jeden Standort individuell entschieden werden, wie viele Anlagen in welcher Höhe und mit welchen Abständen zur Bebauung entstehen könnten. 

Neu in Sachsen ist, dass über Windparks ab sechs Anlagen künftig bei den Regierungspräsidien entschieden wird mit öffentlicher Anhörung. So sollen auch Lärm, Schattenschlag, Eiswurf, Naturschutz und was es an Konflikt mehr gibt, besser berücksichtigt werden. Doch die Gutachten dafür liefert der Betreiber selbst. 
Frank Tausch
am 20. November in der Sächsischen Zeitung Dresden

Quelle: Naturmstrom Euphorie


Pressemitteilung des Bundesverband Landschaftsschutz (BLS) vom 15. November 2001

Den Landesverband Sachsen beim Bundesverband Landschaftsschutz BLS e. V.
gründeten am 27.10. 2001 Bürger Sachsens, da "die durch Windkraftwerke zerstörte
sächsische Landschaft und die von den Rotoren beeinträchtigte Natur in unserer
Heimat keine Lobby" hatte.
Zum Vorsitzenden wurde der ehemalige Landrat Eberhard Löffler, Goldbachweg 8,
09599 Freiberg/Sachsen, 03731 698314, gewählt.

Der neue Landesverband erwartet von den Behörden genauso angehört zu werden wie
die Verbände der Windenergie.

Der Ministerpräsident von Sachsen, Kurt Biedenkopf, nannte Windkraftanlagen
"Gelddruckmaschinen, die ökonomisch ebenso sinnlos sind wie ökologisch". Im
gleichen Sinne äußerten sich seine Kollegen von Baden-Württemberg und Hessen.
Nordrhein-Westfalens FDP-Chef Möllemann  spricht von "Lizenzen zum Gelddrucken"
und verlangt eine Bundesratsinitiative des Landes, um die Einspeisevergütung zu
streichen.
Die CDU Rheinland-Pfalz moniert die Beeinträchtigung der "Erholungsqualität für
die örtliche Bevölkerung sowie für die Attraktivität für den Fremdenverkehr" und
fordert die Aufhebung der "baurechtliche Privilegierung von Windkraftanlagen ...
und der Dauer-Subvention".

Windkraft hat eine negative Ökobilanz und ist ein energiepolitischer
Glaubensersatz.
Sie spart keine Schadstoffe und Ressourcen, sondern ist nur eine Umverteilung
von Geld aus den Taschen vieler in die Taschen weniger, zu Lasten der knappsten
Ressource Landschaft.
Mit Renditen bis über 20 % werben die Kapitalbeschaffer. Die Windkraft hat ihre
ökologische Unschuld verloren. Sie ist heute für Börse und Fonds interessant,
sie wird vermarktet und das immer rigoroser, egal ob die Betreiber und Planer
mal "Grüne" waren oder einfach Kapitalanleger sind.

Die nachteiligen Auswirkungen dieser alternativen Art der Umweltzerstörung auf
Mensch und Biosphäre werden offiziell verschwiegen. Über 500 Bürgerinitiativen
in Deutschland, unterstützt durch das "Darmstädter Manifest" mit über 110
Professoren und Schriftstellern, kämpfen für die Erhaltung einer
menschenwürdigen Umwelt.

Windkraftanlagen schaden dem Landschafts- und Ortsbild, der Gesundheit, dem
Fremdenverkehr, den Immobilienwerten, der baulichen Entwicklungsmöglichkeit der
Gemeinden und dem Dorffrieden.
Erholungs- und Freizeitwert, auch bei Jagd und Reitsport, gehen verloren.
Der rhytmische, heulende und kreischende hörbare und tieffrequente Schall und
der nicht hörbare weitreichende Infraschall macht Menschen über Kilometer hinweg
psychisch und physisch krank. Hinzu kommt die bedrängende Allgegenwärtigkeit und
Unentrinnbarkeit. "Gutachten" übersehen dies.
Traditionelle Vogelflugrouten, Nahrungs- und Brutflächen sind schon jetzt nicht
mehr nutzbar. Eine halbe Million Vögel und zusätzlich Fledermäuse werden in
Deutschland jährlich von Windkraftanlagen erschlagen.

Flügelteile und Eisbrocken flogen über 400 Meter weit. Sie trafen Menschen und
durchschlugen Autos und Gebäude. Mindestens 600 Meter Sicherheitsabstand von
Straßen und Wegen sind zum Schutze von Leib und Leben erforderlich. Der Kreistag
Euskirchen (Eifel) forderte in einer Resolution vom 14. März 2001 einen Abstand
von mindestens 600 Metern von Straßen und von mindestens 1 500 Meter von
Wohngebäuden. Andere Kreistage schlossen sich an.

Die zwangskartellartige Einspeisevergütung von 17,8 Pfennig je Kilowattstunde
und Begünstigung durch Steuerrecht und Zinsverbilligung aus dem Bundeshaushalt
lassen  voraussichtlich bis zum Jahre 2010 über 100 Milliarden Mark sinnlos in
die hochsubventionierte Landschaftsverschandelung fließen.
Nachweislich  gab es aus Kreisen der Windenergielobby Geldzuwendungen an
Private, Vereine, politische Parteien bis hin zur offenkundigen  Korruption.

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Für Rückfragen:
Dieter Krämer, Friedrich-Ebert-Str. 13, 57577 Hamm, 02682 4354, Fax 969618.
Email: dieterkraemer@t-online.de
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Bundesverband Landschaftsschutz (BLS) e. V.
Vorsitzender: Ferdinand Fürst zu Hohenlohe-Bartenstein, Schloß, 74575
Schrozberg, 07936 289/272, Fax 765. Email: 07936272-0001@t-online.de.
Stellvertr. Vorsitzender: Raymond Dequin, Joachimstr. 17, 10119 Berlin, Tel./Fax
030 28047647.
Schriftführer: Dieter Krämer, Friedrich-Ebert-Str. 13, 57577 Hamm, 02682 4354,
Fax 969618. Email: dieterkraemer@t-online.de
Kassenwartin: Gerda Ackermann, Oberer Hirnberg 15, 55767 Oberbrombach, 06787
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