Reinhard Falter

WINDKRAFT
ein Versuch Ihre Auswirkungen auf die Landschaft zu erfassen!

(Ungekürztes Original-Manuskript des Artikels "Schnitzelwerk" in Hagia Chora Nr. 1/1999)


Wasser- und Windkraft gelten heute pauschal als umweltfreundlich. Bei der Wasserkraft weist der Naturschutz freilich schon seit knapp hundert Jahren auf die Auswirkungen hin. Sie lassen sich primär im Bereich des Artenschutzes fassen, aber auch landschaftliche Wirkung wurde thematisiert. So hat Martin Heidegger den Unterschied von Mühle und Kraftwerk treffend beschrieben, daß die Mühle an den Fluß gebaut sei, beim Kraftwerk aber der Fluß in es hinein verbaut ist 1. Wasserkraftbetreiber nennen heute ihre Machwerke gerne verharmlosend Mühlen, obwohl diese Bäche völlig trocken fallen lassen und Flüsse in Stauseenketten verwandeln.
Ähnlich auch im Fall der Windindustrieanlagen. Mit Mühlen, wie die Bilder niederländischenr Landschaftsmaler zieren, haben diese 100 Meter hohen Himmelszerschneider nichts mehr zu tun.

Da es heute kaum Begriffe gibt, die geeignet wären, die landschaftlichen Auswirkungen des Windkraftbooms zu erfassen, konzentrieren sich die Gegner der Windkradftwerke hauptsächlich darauf, den energiepolitische Nutzen in Frage zu stellen 2. Sie machen plausibel, daß es sich nicht einmal um einen Tropfen auf den heißen Stein, sondern einen reinen Placeboeffekt handelt. Windkraftanlagen können, da ohne Reserve arbeitend kein einziges termisches oder Atomkraftwerk ersetzen, wohl aber stellen sie ein Alibi für das Versäumnis einer entschiedenen Sparpolitik darstellen. Denn 25 Windkraftanlagen braucht man für den Betrieb einer einzigen E-Lok braucht, 2 WKA im Binnenland gleichen gerade den CO 2 Effekt eines einzigen LKW aus. An der Küste reicht eine, aber auch hier müßte man um auch nur 5 Promill des Energiebedarfs zu decken, das zehnfache der heute installierten Windkonvertoren in die Landschaft stellen, die dann keine mehr wäre.

Was das Thema Windkraftwerke für den klassischen Naturschutz schwierig macht, ist, daß der hauptsächliche Schaden nicht auf der Ebene von -immerhin noch zählbaren- Arten liegt 3. Umso mehr ist die Windkraftdebatte ein Prüfstein für alle, die sich nicht reduktionistischer Zugänge zur Natur rühmen. Vom Naturschutzgesetz her jedenfalls sind keineswegs nur Bemühungen um Artenschutz gedeckt, sondern "Vielfalt, Eigenart und Schönheit" der Landschaft sind Schutzgüter des Bundesnaturschutzgesetzes. Läßt sich aber Vielfalt nach verbreiteter Meinung durch Artenzählen, Schönheit zur Not durch Befragung von Menschen abdecken. Eigenart einer Landschaft kann schon von ihrem Begriff her nichts Subjektives meinen, sondern eben das, was das Wesen der Landschaft ausmacht, auch wenn es selbstverständllich der Mensch ist, der Eigenart in der ihm zur Verfügung stehenden Sprache zum Ausdruck bringt. Eigenart ist gerade nichts, was in die Landschaft hineingesehen ist, sondern was sie "ausmacht".

Der Zugang, den ich hier vorschlagen möchte, setzt bei der seelischen Wirkung von Landschaft und Landschaftsveränderung auf den Menschen an. Die freilich unterentwickelte Disziplin der Landschaftspsychologie 4 untersucht Wirkungen von Landschaft auf den Menschen. Ihr zentraler Bereich ist der der sog. Resonanzen 5, das heißt der Wechselwirkungen von Außenlandschaft und Seelenlandschaft. Die Rede von "Seelenlandschaft" ist keineswegs nur eine methaphorische. Die menschliche Psyche gleicht viel eher einer Landschaft als einem Individuum, das mit einer Stimme spricht. Aber Landschaftspsychologie hat auch noch andere Dimensionen als die Resonanzen. Man kann sie auch als anthropologische Dimensionen benennen. Beheimatung und Erholung in der Landschaft sind die vielleicht am allgemeinsten bekannten Phänomene, die damit zu tun haben 6.

Die Frage: Wie wirkt Windkraft auf Wahrnehmungsqualität und Erholungswert? kann zerlegt werden: wie wirkt sie auf:
1. die Erlebniswirkung
2. die ästhetisch atmosphärische Wirkung
3. die tonische Wirkung
4. die Resonanzwirkung
5. die erfahrungsreligiöse Wirkung
einer Landschaft.
Diese Ebenen bauen aufeinander auf, die Ästhetik ist die Einstiegsluke für eine Wahrnehmung die bis zur Wesenhaftigkeit führen kann 7.


1. ERLEBNISWIRKUNG

Daß heute die Erlebniswirkung dominiert und viele Erholungssuchende in ihrem Bewußtsein ausschließlich auf Erlebniswirkung fixiert sind, ist das Ergebnis von Desensibilisierung. Für die meisten Zeitgenossen heißt ein Ding (er)kennen eben, zu wissen "was man damit anfangen kann" (Hobbes). Das ist nicht verwunderlich. Denn einerseits sucht der heutige Mensch gerade Erholung vor den Zwängen der Instrumentalisierung, andererseits nimmt er sich selbst überall hin mit. Er wird das instrumentelle Denken, das seine beruflichen und sozialen Beziehungen prägt, in der Freizeit nicht einfach los. Vielmehr ist Freizeit genauso funktional für berufliche Fitnes wie umgekehrt, beruflicher Erfolg dazu dienen soll, wenigstens in der Freizeit "machen zu können, was man will".

Was bedeutet nun Windkraft für die Erlebniswirkung einer Landschaft? Windkraft setzt Akzente in der Landschaft. Jedes Urteil, ob diese zur Eigenart der Landschaft passen oder nicht, setzt schon Landschaftsverständnis voraus. Daher ist die zynische Rede eines Windkraftwerkbetreibers, der sagte, Windkraftanlagen brächten Leben in die Eintönigkeit der Marschlandschaft für viele Menschen plausibel, freilich nur für die, die keine innere Beziehung zu dieser Landschaft haben.

Ist die Verbundenheit mit der Landschaft nicht gegeben, setzen sich an ihre Stelle funktionelle Assotiationen. Viele Urlauber beachten auch an ihren Urlaubslandschaften nur, daß sie gut sind zum Biken, Gleitschirmfliegen, oder was sie sonst eben gerade dort machen wollen. Erlebniswirkung ist in höchstem Maß abhängig von Einstellungen. Reize, die zu bestimmten Wirkungen führen sind nahezu überall herstellbar und damit kommerzialisierbar. Man denke nur an die allerorten aus dem Boden schießenden "Erlebnisparks". Die meisten Menschen assoziieren mit drehenden Rotorblättern "umweltfreundliche Energiegewinnung". Sie meinen es dann Ihrer fortschrittlichen Einstellung schuldig zu sein, diese Anlagen schön zu finden. Um dies zu erreichen wird die vorurteilslose Wahrnehmung abgeblendet. Windkraftwerke, sind, wenn sie als die "Lösung" unserer Energieproblematik aufgefaßt werden, ein Erlebniswert, aber unbewußt suchen die meisten Menschen doch die feiertägliche Dimension der Landschaft. Befragungen machen deutlich, daß Urlauber zwar meist sagen die Windkraftwerke störten sie nicht, denn sie seien Symbol sanfter Energiegewinnung, aber dann für den nächsten Urlaub doch lieber in Gebiete ausweichen wo die Plage noch nicht so stark ist 8.

Völlig anders ist die Wirkung von Windkraftrotoren zudem, wenn das Erlebnis auf Dauer gestellt wird und man sich ihm nicht entziehen kann - das heißt also für die Menschen denen ein potentielles Windkraftgebiet Heimat ist. Die Betroffenen klagen über massive Störung ihrer Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit. Bezeichnend ist ein Zwang zur Desensibilisierung, so daß die charakteristischen Strukturen der Landschaften aber auch andere Störfaktoren wie Strommasten, Fabriken usw. kaum noch wahrgenommen werden. Die drehenden Rotoren "übertönen" buchstäblich alle anderen Wahrnehmungsqualitäten 9.


2. ÄSTHETISCHE WIRKUNG

Die ästhetische Wirkung ist fundierend für alle anderen, deshalb kommt es darauf an, sie richtig zu fassen.
Wir nehmen nie wirklich einzelsinnlich wahr und schon gleich gar nicht einzelne Farben, Klänge oder Gerüche, sondern immer schon Bedeutungen. Bedeutungen in diesem Sinn sind keine begrifflichen Hinzufügungen sondern Mitwahrnehmbares.

Die auffälligste Wahrnehmungswirkung der Windkraftnutzung ist wohl zunächst die Unruhe, die sie in die Landschaft bringt.
Die akustische Unruhe ist dabei der im unmittelbaren Nahbereich wirkende Anstoß, die visuelle strahlt schon weiter aus, am weitesten aber reicht die synästhetische, die sich als Wirkung auf den "Klangraum" beschreiben läßt. Den Klangraum beschreibt der Religionsphilosoph Georg Picht: "Was fassen wir auf, wenn wir hören wie das Meer rauscht oder der Wind saust? (...) Mächte, Kräfte, dynamische Felder. Wir erfahren durch das Ohr die Natur nicht als Anordnung von Objekten im Raum sondern als einen schwebenden schwindenden flutenden von Spannungen geladenen Raum". Dies nun bezeichnet Picht als die Wirklichkeit der Natur zugleich ist es das noch wirksame, Zukünftige (natura naturans). "In den Geräuschen und Klängen kündet sich das Erwartete an. Ist es hingegen eingetreten, so tönt es nicht mehr". "In der technisch-industriellen Gesellschaft hat eine Destruktion des Klangraumes stattgefunden, die (...) alles, was bisher Natur hieß, ebenso wirksam zerstört hat wie die Zerstörung der Landschaft und die Vergiftung von Wasser und Luft. Das Zentralproblem ist nicht die Belästigung durch Lärm, sondern die Zerstörung eines Gefüges von Konsonanzen und Dissonanzen, das man analog zum biologischen Gleichgewicht als akustisches Gleichgewicht bezeichnen könnte (...). Jede Veränderung des Klangraums hat eine Veränderung der Befindlichkeit, eine Veränderung der Seelenverfassung zur Folge". So läßt sich Landschaft als gewissermaßen musikalisches Phänomen erfassen, und es ist vielleicht nicht zufällig, daß mit Ernst Rudorff gerade ein Musiker zum Begründer des Heimatschutzes wurde 10.

Ruhe ist also keineswegs nur eine akustische Qualität. Deshalb spreche ich nicht vom akustischen sondern vom klanglichen Gleichgewicht. Dieses wird durch drehende Rotoren empfindlichst gestört.
Dimensionen dieser Unruhe sind:
-Dezibel (physisch)
-synästhetischer Klangraum der Landschaft
-Disonanz von Landschaftselementen unter einander z.B. durch Dimensionsverlust: ein Mast auf einem Hügel läßt diesen klein und depotenziert wirken, denn es gehört zum Wesen eines Berges dem Menschen gegenüber groß zu sein (wenn nun der Mensch ihn überbaut, dann ist dieses Wesen des Berges nicht mehr erlebbar).
-Dissonanz von real erfahrbarem Landschaftselement und archetypischer Entsprechung. Eine solche Dissonanz entsteht durch die Entwertung z.B. von Archetypen wie Berg.
-Zwang zur Analyse (mentale Unruhe) in gewisser Weise auch auf der Resonanzenebene, da überhaupt Resonanz verhindernd, damit aber auch schon erfahrungsreligiöse Wirkung.

Die stärkste bildliche Wirkung von Windkraftwerken dürfte die kaum zu unterdrückende Schaffung von rotierenden Konzentrationspunkten in der Landschaft sein, damit wird die schweifende Blickführung verhindert.
Diese Möglichkeit, den Blick schweifen zu lassen, ist aber ganz zentral für die Erholungswirkung. Warum? Es ist Gegenteil von Konzentration, ein Geführtwerden an der Hand von Gestaltverläufen. Sonst sind immer wir es, die unseren Blick lenken, das ist mit -meist nicht bewußt werdender- Anspannung verbunden 11.

Dabei kommt unter den blickführenden Linien der Horizontlinie besondere Bedeutung zu. Der Horizont stellt so etwas wie die Wellenführung der Landschaft dar. Horizontdurchbrechung bedeutet immer ein Hinausversetztwerden ein Durchbrechen von Umschlossenheit, positiv Exponiertheit, negativ Geborgenheitsverlust. Flachlandschaften sind dafür besonders anfällig.
Instruktiv ist hierfür die Gegenüberstellung von wirklichen Windmühlen und Windverstromungsanlagen. Auf der einen Seite ist die Trennlinie zwischen Himmel und Erde gewahrt, auf der anderen ist sie zerfetzt. Die traditionellen Mühlen bleiben der Erde verbunden schon durch ihren Mühlenkörper, der sich von oben nach unten verbreitert. Die Windverstromer dagegen sind keine Mühlen. Sie stehen nur mit einem dürren Bein auf der Erde. Ihre Erdung durch Nutzung findet nicht unmittelbar vor Ort statt. Schon ihre Form widerlegt das Gerede von "dezentraler" Energiegewinnung. Ihren weitausladenden und mit Krakenarmen in den Himmel greifenden Rotoren steht nur ein Kabelanschluß als "Erdung" gegenüber, der ihren Zweck repräsentiert.

Windkraftwerke bringen eine Zentrierung des Blicks, er wird gehindert, frei den Horizontlinien und sonstigen Gestaltverläufen der Landschaft zu folgen, dagegen immer wieder angezogen von sich drehenden Mittelpunkten. Auch bei den Naturlandschaften gibt es zwar stark und wenig zentrierte. Extrembeispiele sind Vulkan und Küste, deshalb wirken Windkraftanlagen an der Küste besonders auffällig die Landschaft zersetzend, weil dieser Landschaft Zentrierung überhaupt fremd ist.

Im Vordergrund situiert wirken selbst stehende Windkraftanlagen wie eine Durchstreichung des Landschaftsbildes. Sich kreuzende Geraden sind ja tatsächlich im Bezug auf ein Bild der Ausdruck größtmöglicher Vernichtungsintention.


3. TONISCHE WIRKUNG

Die zuletzt angesprochene, noch rein ästhetische Wirkung auf die Blickführung korrespondiert unmittelbar mit einer anderen, die bereits auf der tonischen Ebene (die Begrifflichkeit geht auf Hellpach zuück) liegt. Nicht nur der Blick wird abgelenkt, sondern auch der Energiefluß der Landschaft, dem dieser Blick unbewußt folgt. Die Leitlinien des Blicks sind der sichtbare Niederschlag dessen, was die ostasiatische Landschaftsbetrachtung die Ströme des der universalen Energie CHI nennt.

Windkraftanlagen wirken wie willkürlich gesetzte (da nicht in Beziehung darauf geplante) Akupunkturpunkte der Landschaft. Man könnte von einer Tätowierung der Landschaft sprechen, aber auch von einer Überreizung der "Meridiane" ihres Energiesystems, die zum schließlichen Zusammenbruch der Energieführung der Landschaft führen muß.

Das Tonische schlägt sich nicht zuletzt im Körpergefühl nieder. In unmittelbarer Nähe von Windkraftanlagen haben sensible Menschen sehr stark das Gefühl, sich zusammenziehen zu müssen. Sie legen dementsprechend die Arme an, stecken die Hände in die Hosentaschen, machen sich klein, etc., vollziehen jedenfalls ganz bestimmt nicht die ausgeifende Geste der Anlage mit. Das ist weniger die Angst zermahlen zu werden als vielmehr instinktive Gegenreaktion gegen die Exponierung, die jede Horizontdurchbrechnung mit sich bringt. Treffend wird sie beschrieben als Angst selber wegzufliegen, oder weggeweht zu werden.


4. RESONANZ-WIRKUNG

Was wir ästhetisch wahrnehmen, sind nicht einfach Sinnesdaten sondern Gestalten mit immanenter Bedeutung oder Atmosphären.
Windkraftanlagen greifen, indem sie die Gestaltwahrnehmung beeinträchtigen, auch in die jeweilige Archetypenwirkung ein. Die hängt natürlich von der jeweiligen Landschaft ab und ist in der Himmel-dominierten Flachlandschaft anders als im Mittelgebirge, im Binnenland anders als an der Küste. Windkraftanlagen beeinträchtigen jeweils die Wirkung der Hauptdyname 12. Als Grobregel kann man sagen: Sie schädigen besonders den jeweiligen Hauptakzent, sei dies der Berg, dessen Dimension durch seine Besetzung verloren geht, sei dies der Himmel. Allgemein läßt sich lediglich sagen, sie zerstören das archetypische Verhältnis von Berg und Tal sowie von Himmel und Erde.

Das Verhältnis von Himmel und Erde ist als hieros gamos (heilige Hochzeit) das Grundverhältnis jeder Landschaft und auch das Ursprungsverhältnis aller Erfahrungsreligion. Himmel und Erde, Gaia und Uranos bilden miteinander die Welt. Die mythische Weltenesche stellt ihr Verhältnis dar und hält sie in der rechten Proportion. Die Ahnung davon reicht noch bis zu Eichendorffs "Mondnacht": "Es war als hätt' der Himmel die Erde still geküßt ...". Nun gibt es verschiedene Weisen, wie der Himmel zur Erde und wie die Erde zum Himmel in Beziehung treten kann. Es gibt einen Himmel, der die Erde deckt und einhüllt, der sie überwölbt, es gibt eine Erde, die sich vor dem Himmel neigt, oder zu ihm aufstrebt. Die Grundtypen des Verhältnisses von Himmel und Erde in einer Landschaft hat Christian Norberg Schulz gekennzeichnet als romantische (erddominierte), kosmische (himmeldominierte) und klassische (ausgeglichene) Landschaft 13. Weiter differenzieren lassen sich Landschaftstypen auch mit den Namen der Planetenqualitäten oder "Götter der Erfahrungreligion" 14.

Personalisierung hat nichts mit Aberglauben zu tun, auch nicht mit Glauben, den man hat oder nicht, denn an die Götter der Erfahrungsreligion glaubt man nicht, man erfährt und erkennt sie oder eben nicht 15. Ja die Benennung mit den Götternamen als Universalcharakteren hat noch gar nicht mit der wirklich religiösen oder weltanschauungsbildenden Ebene zu tun, sondern ist eine Methode der Verbildlichung, durch die Wesenszüge einer sonst ungreifbaren Atmosphäre oder einer sonst leicht mit ihrer gegenständlichen Grundlage zu verwechselnden Naturerscheinung klarer werden können.

Die Gestaltbildung kann spontan oder in Alternativen vorgehen: Jedes erscheinende Wesen ist notwendig entweder männlich oder weiblich zu imaginieren. Männlich ist der klare helle Himmel, weiblich die Hüllung der Wolken. Männlich wieder der Regen. Die Erde gerät dem so wechselnden Himmel gegenüber in ein Kindschaftsverhältnis.
Der Horizont ist die Lebenslinie jeder Landschaft. Gegenüber dem zerfetzten Himmel ist ein Kindschaftsverhältnis nicht mehr möglich. Darin zeigt sich, daß Himmel oder Luft eben doch genauso in ihrem Wesen betreffbar sind wie der Fluß, der wie Heidegger bemerkte in das Kraftwerk hinein verbaut nicht mehr Fluß ist sondern Energielieferant. Dieser Wandel ist nicht nur einer der Assoziation (symbolisch), Indem er zugleich am Wahrnehmlichen (ästhetisch) ablesbar ist, erweist er sich als wesenhaft gegeben.


5. ERFAHRUNGSRELIGIÖSE WIRKUNG

Nun soll noch die weltbildbildende oder rerfahrungsreligiöse Ebene angesprochen werden. Diese Ebene ist sehr eng mit der Naturwahrnehmung und zwar mit ihrer Wahrnehmung als Landschaft verbunden.
Das anschaulich erfahrbare Verhältnis von Himmel und Erde, von Erde und Wasser bestimmt das Bild, das sich der Mensch vom Verhältnis der polaren Grundkräfte der Welt macht, nenne er sie nun männlich und weiblich, oder yin und yang. Das Verhältnis von Bauten zur Umgebung bestimmt das Bild vom Verhältnis von Natur und Mensch. Das Fatale an der faktischen Vergewaltigung der Landschaft durch Überbauung ist, daß sie zugleich normativ wirkt. Wir haben heute ein Stadium der Entfremdung erreicht, in dem die "geisteswissenschaftlichen Handlanger der Zerstörung" 16 propagieren, Natur sei eine Fiktion. Dies ist einerseits Produkt der tatsächlich zurückgegangen Möglichkeit der Naturerfahrung in unseren Restlandschaften andererseits auch Konsequenz des aufklärerischen Emanzipismus.

Moderne Windkraftnutzung bedeutet weitgehende Überformung der Landschaft, was sowohl natur- als auch kulturdominierte Landschaften in ihrer "Aussage" radikal verändert 17.
Der immer rapidere Landschaftswandel ist der Niederschlag des gegenüber früheren Jahrhunderten ungeheur beschleunigten Pulses historischer Veränderung. Der Niederschlag in der Landschaft bewirkt eine Entgeschichtlichung der Kulturlandschaft, die sich dadurch zur Zivilisationsbrache verwandelt 18. Denn statt weiterhin Tableau und Spiegel des Stroms der Kulturentwicklung zu sein ist die Landschaft (von einigen denkmalgeschützen Relikten abgesehen) bestenfalls noch Spiegel der Entwicklung eines halben Jahrhunderts und damit Spiegel einer bestimmten Phase der Degeneration des homo faber zum homo consumens. Die Spuren des homo sapiens sind längst marginalisiert 19. Diese Verwandlung bedeutet für die Psyche, daß der Strom der Geschichte nicht mehr erfahrbar ist. Das kann man auch eine "Amerikanisierung" der Landschaft nennen, denn der Amerikanismus ist zutiefst geprägt davon, daß in der Landschaft keine Geschichte gefunden wird, die als eigene angenommen werden kann. Geschichtslosigkeit aber führt immer zu einer Überschätzung der Bedeutung der eigenen Lebensspanne gegenüber der Lebensspanne der Menschheit und damit mittelbar zur Unachtsamkeit gegenüber den Leistungen vergangener und den Möglichkeiten zukünftiger Generationen. Damit treibt sie den Teufelskreis von Entfremdung und Zerstörung weiter voran. In der Massierung vernichtet also die Windkraft nicht nur die Erlebbarkeit eines Gegenpols zur Unruhe unserer Zeit, sie vernichtet das, was der Begriff "Natur" meint, die Erfahrung eines Zusammenhangs, der uns umgreift.

Neben der Erfahrungsmöglichkeit der menschlichen Geschichtlichkeit in der Kulturlandschaft ist die Erfahrung von nichtmenschlichen Dynamen zentral wichtig, ja unabdingbar für das Menschsein: Der Mensch, der in seiner Umgebung nur noch seinesgleichen und dessen Spuren begegnet, ist ganz auf Innenorientierung angewiesen 20. Das aber ist eine Überforderung. Nirgendwoher mehr kommt ihm eine Korrektur. Der Fluß korrigiert dann eben nicht mehr das Bild von Freiheit und Biographie. Von ihm kann nicht mehr gelernt werden, daß Freiheit nicht Wahlfreiheit ist, sondern Verwirklichung einer mitgeborenen Aufgabe, der das biographische Leben folgt, wie das Wasser der Schwerkraft. Wer die Selbstgestaltungskraft von Flüssen, in denen das Weiche die Form des Harten bestimmt, nicht mehr erfährt, der tut sich schwerer, den Begriff von Freiheit jenseits von Konsumfreiheit zu bilden 21. Wer keinen wirklichen Wald mehr kennt, sondern nur noch Stangenholzplantagen, der hat kein Bild der sozialen Gemeinschaft von "eigenartigen" d.h. artverschiedenen Individuen mehr. Mit den Urbildern der Natur verschwindet zugleich die Verständlichkeit der großen Metaphern der Geistesgeschichte, die auf ihnen ruhen.
Gefühlsmäßig ist durch die Manipulation der Natur durch den Menschen heute bereits eine tiefe Verunsicherung zu spüren. Wenn ich auf einen Fluß schaue, kann ich mir nicht mehr sicher sein, ob die stattgehabte Eintiefung tatsächlich seinen Charakter zeigt, oder aber Produkt menschlicher Manipulationen ist. Natur verliert ihren normativen Charakter, ich kann mich nicht mehr an ihr orientieren, nicht darauf vertrauen, daß die Vorgänge, die ich beobachte, Stadien eines großen Kreislaufs oder einer erdgeschichtlichen Tendenz sind.

Doch auch unter kulturell überformte Landschaften gibt es wesentliche Unterschiede. Kulturlandschaft und Industriebrache haben wenig gemeinsam. Der Angehörige traditionaler Kulturen unternimmt Überprägung oder auch nur Akzentuierung der Landschaft ausschließlich im Dienste er Transzendenz (Kirchtürme, Tempel, Grabbauten). Dagegen sind in solchen Kulturen die nutzenorientierten Bauten von auffälliger Schlichtheit.
In unseren Städten haben wir heute schon ausschließlich profan dominierte Kulissen. Nicht mehr die Kirchtürme ragen in den Himmel sondern Fernsehtürme, Schlote, Masten, Bank-Hochhäuser. Viele von ihnen werden noch dazu als Werbeträger genutzt, das heißt sie haben eine interessengelenkte bewußt manipulierende Botschaft in der ohnehin omnipräsenten Verkündigung des Konsumismus.

Je umfassender im Alltag die Verzweckung ist, umso wichtiger ist die "freie" Landschaft als Ausgleich und zwar sowohl die sakral dominierte Kulturlandschft als auch die Naturlandschaft, in der die Universalcharaktere zum Ausdruck kommen. Windkraft wirkt also ohnehin wie jeder weitere menschliche nutzengeprägte Akzent in der Landschaft in Richtung Säkularisierung. Sie wirkt aber darüber hinaus: Die Erfahrung von Zweckfreiem ist fundierend für die Möglichkeit von Sinnerfahrung überhaupt.

Unter heutigen Bedingungen ist der Himmel (abgesehen von einigen Hochgebirgs-, Fluß-, Wald- und Küstenlandschaften) das letzte deutliche Residuum von Unverfügbarkeit. Himmel ist die anschauliche Darstellung von Wetter und Klima, die freilich heute auch bereits anthropogen beeinflußt erscheinen und im Rahmen eines globalen Biosphärenmanagements auch der Planung unterworfen werden sollen 22.
Himmel ist wesenhafte Fassung von Luft, wie Fluß wesenhafte Gestaltung von Wasser ist. Wesens-Wahrnehmung wird durch Technifizierung immer verfälscht. Schon das Windrad, das Kinder fasziniert, weil es etwas sonst unsichtbares sichtbar macht, vermittelt eine Bewegungsformen, die der Wind selbst nicht hat. Der Wirbel, der etwa durch treibende Blätter anschaubar wird, ist etwas ganz anderes, ja in gewisser Weise das gerade Gegenteil zur Rad-Bewegung, die in der Natur nicht vorkommt. Rad und Wirbel haben sehr unterschiedliche Symbolbedeutungen 23. Was verfügbar ist, kann nicht mehr Rahmen sein. Windkraftnutzung zerstört damit auch die Erfahrung eines den Menschen umfassenden Ganzen.
Wer den Himmel als Urbild der Zweckfreiheit nicht mehr unverstellt vor Augen hat, der tut sich schwerer, Sinn nicht als Zweck mißzuverstehen. Sinn entzieht sich auf merkwürdige Weise der Thematisierung. Sinn wird erlebbar in Momenten der Zweckfreiheit. Das Wesen der Zweckfreiheit aber ist Bejahung. Was der Argumente bedarf ist nie wirklich bejaht. Die Sinnfrage ist immer schon Symptom der Sinnlosigkeit. Nicht Antwort ist eigentlich gewünscht, sondern Verstummen der Frage. Verstummen aber kann das Denken vor dem Bild. Wie vor dem Anblick der Geliebten die Frage nach nennbaren Vorzügen nicht aufkommt und ihre Unbeantwortbarkeit, wenn sie von außen gestellt wird, nicht stört. Sinn kann weder thematisiert noch gesucht werden 24.

Neben der Erfahrbarkeit der Qualität Himmel wird vor allem die Qualität der "Erhebung" (Berg oder Hügel) beeinträchtigt. Dies gilt sowohl für das Anschauungsbild des Bergs als Gegenüber als auch für die Erfahrung vom Berg aus. Was im Besteigen von Bergen gesucht wird, ist der Blick in die Weite, und darin vor allem zweierlei: Auf der einen Seite das Auf und ab der Horizontlinien und die Polyphonie der Bergrücken davor, die es möglich machen aus der in der Schöpfung gefrorenen himmlischen Musik die Melodie zu entbinden; auf der anderen Seite die Ferne als Kleinwerden alles Einzelnen, damit auch der menschlichen Bauwerke und ihres Getriebes. Obwohl man sich selbst mitnimmt, gewinnt man mit dem Abstand vom technischen Getriebe zugleich Abstand zu der eigenen Getriebenheit. Die Verbauung der Berge ist ein Angriff auf Rückzugsmöglichkeiten des Menschen. Dies wird erst in seiner vollen Bedeutung faßbar wenn man begreift, daß die technische Zivilisation im Ganzen auf Entmenschlichung des Menschen angelegt ist, indem sie ihm die Möglichkeit nimmt, einen partikularen Standpunkt zu überschreiten, und den Hauch des Absoluten zu spüren.


PRÄGUNG UND EIGENWERT DER NATUR

Der Teufelskreis beginnt freilich auch von der anderen Seite her damit, daß der Homo faber die Stille, die er nur als Mangel an Erlebnis-anregung empfindet, flieht. Denn es ist das Unendliche selbst, das sich als Stille aufdrängt. Selbst wenn dieser Typ Mensch heute bereits dominieren würde, dürfte Demokratie keine Rechtfertigung sein, darüber zu bestimmen, was zukünftige Generationen noch erleben und was sie daran an Seelenfähigkeiten ausbilden können. Über die Seelenverfassung unserer Kinder stimmen wir nicht nur in Puncto Stille ab, sondern generell mit der Frage, wo noch eine Natur erlebbar ist, der gegenüber der Mensch der kleinere ist.

Mit der erfahrungsreligiösen bzw. weltbildbildenden Wirkung sind wir im Zentrum der Prägekraft der Umwelt auf den Menschen angelangt, die weil längerfristig wirksam und kaum von anderen Faktoren isolierbar, viel schwerer zu untersuchen ist als die Erholungswirkung. Auch aus einem anderen Grund aber wird heute die Geprägtheit des Menschen von der Landschaft ungern thematisiert. Emil Egli hat bereits 1970 gesehen, daß es den Leugnern des Einflusses der Landschaft auf den Menschen darum geht, "die Überzeugung von einer absoluten menschlichen Selbstbestimmung zu retten". Demgegenüber betont er: "Je stärker aber der Mensch seine Umwelt verändert, desto stärker wirkt diese auf ihn zurück" 25.

Windkraftnutzung führt über die Verhinderung von tonischer Weitung und bildlichem Schweifen hinaus zu einer Verspargelung oder Zentrierung der Seelenlandschaft, und zwar umso mehr, je mehr sie von jungen Menschen positiv akzeptiert wird. Es gehört dann für sie zur Landschaft, daß sie Unruheherde, Mittelpunkte hat. Das löst Landschaft als Weite-Zusammenhang geradezu auf. Wir haben in der Neuzeit ohnehin die Tendenz zu viel stärkerer Zentrierung der Seelenlandschaft. Die Außenlandschaft bildet in der europäischen Neuzeit dazu einen Gegenpol der als Möglichkeit zur Entspannung und Weitung verstanden und gesucht wird. Aus dem heute vorherrschenden historischen Blickwinkel sprechen wir ja dem vormodernen Menschen gerne landschaftliches Erleben überhaupt ab. Zum einen war durch die eigene geringere Zentrierung tatsächlich die Zusammenbindefähigkeit geringer, zum andern aber brauchte der Mensch Landschaft noch nicht als weitenden Gegenpol, vielmehr erlebte er sich selbst mehr landschaftlich als personal, nämlich als ein Gefüge von Regungen und Seelenkräften, die ihrerseits als Engel und Dämonen personifiziert wurden.


FAZIT

Windkraftanlagen machen keineswegs nur die Einseitigkeit des heute herrschenden Wirklichkeitsverständnisses sichtbar, sie verstärken diese Einseitigkeit, weil alles was einmal Natur hieß, in dem Maß, in dem es weniger erlebbar ist, immer mehr Menschen als bloße Schimäre erscheint, wie dem Blinden die Farbe.

Wer meint, etwas Gutes zu tun, wenn er Geld in den Ausbau der Wasser- oder Windkraft investiert, der hilft mit, die Natur im Namen der Umwelt zu zerstören, ja mehr noch er zementiert ein rein materialistisches Umweltverständis und damit die Spaltung unserer Kultur in einen Bereich der zählt weil er zählbar ist und einen der das Reich subjektiven Glaubens ist. Schließlich entscheiden wir mit unserer Landschaftsgestaltung darüber, was zukünftige Generationen an Umwelt erfahren, woran sie ihre Seelenlandschaft ausbilden.


1 Dazu zuletzt: Berd Uhrmeister: Rettet unserer Flüsse, Oberschleißheim 1998

2 Vgl. Otfried Wolfrum: Windkraft, eine Alternative, die keine ist, 2. Aufl. Frankfurt 1998

3 Die bisher beste Arbeit aus naturschutzfachlicher Sicht scheint mir: Wilhelm Breuer: Windkraftanlagen und Eingriffsregelung, oder, Kann den Windkraft Sünde sein? in: Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 5/93

4 Das Standartwerk ist immer noch Willi Hellpach: Geopsyche, 5. Aufl. Leipzig 1939

5 Den Begriff Resonanzen haben Patrick Hunziker und Andrea Rüede geprägt (Resonanzen als Ausdruck für Qualitäten von Lebensräumen - eine Methode, in Gaia 3 (1994) Nr 6 S. 337 - 345);

6 Aus Platzgründen verweise ich für das Methodische auf meinen Aufsatz "Beheimatung und Erholung- Zwei Grundphänomene der Landschaftspsychologie" in: forum, Zeitschrift für Erziehung, Umwelt und Gesundheit, Nr 3/97 S. 25-37

7 Dazu: R. Falter: Für einen Natur-Kultur-Lehrpfad, in: Forum 3/98 S. 22-34; Zur Abgrenzung von geomantischem Herangehen vgl. dazu mein unter dem Titel "Wer einen Zwerg mit Zipfelmütze erwartet, wartet umsonst" in der Zeitschrift Novalis veröffentlichtes Gespräch mit Marco Poagacnik, Novalis 3/96 S. 17-22

8 Hasse und Schwahn: Zur landschaftsästhetischen Bewertung von Windenergieanlagen (Landesamt für Naturschutz und Landschaftspflege Schleswig Holstein: Eingriffe in das Landschaftsbild durch Masten und ihr Ausgleich, 9.12.92 S. 42).

9 Versuche diesbezüglich erwähnte Lothar Hoischen bei einem Vortrag im Sommer 1997 (unveröffentlichtes Manuskript) unter Berufung auf einen Mitarbeiter der oberen Naturschutzbehörde im Regierungspräsidium Kassel.

10 Georg Picht: Kunst und Mythos, Stuttgart 1990 S. 463 ff.

11 Darüberhinaus ist das sich Führenlassen im Blick auch ein wesentlicher Teil der Erfahrung von Wahr-nehmung im Unterschied zu Konstruktion und hat insofern auch weltbildprägende Bedeutung. Je weniger Geführtwerden Erfahrung ist, desto stärker erscheint uns Welt als unsere Vorstellung.

12 Den Begriff der Dyname übernehme ich von Kurt Bürger (Der Landschaftsbegriff, Dresden 1935) und verstehe darunter einen bildgestaltenden Faktor, sei er elementarer (Wasser, Wind), biotischer (Kahlfraß) oder anthropogener (Tagebau) Herkunft. Man kann dann die Hemerobie oder Naturnähe bestimmen als Verhältnis von anthropogenen und nicht anthropogenen Dynamen.

13 Christian Norberg Schulz: Genius loci, Landschaft, Lebensraum, Baukunst, Stuttgart 1982

14 Dazu R, Falter: Was heißt Natur, in Novalis 4/97

15 Dazu R. Falter: Was sind Götter der Erfahrungsreligion in: Ökologie 2/1996 S. 15-20

16 Vgl. Falter: Rettet die Natur vor den Umweltschützern, in: Garten und Landschaft 7/94. Ich nenne namentlich den Geographen Gerhard Hard, desssen Lebenswerk der Zersetzung des Naturbegriffs gewidmet ist, den rationalätsvergötternden Pseudophilosophen Gethmann, den Münchner Soziologen Beck mit seinem unverantwortlichen Geschwätz von einer Siegkrise der Ökologiebewegung, den Hamburger Literaturwissenschaftler Fischer und den jüdischen Kulturwissenschaftler Schama.

17 Die drei klassischen Begegnungsformen von Landschaft sind Wildnis, Kulturlandschaft und Stadt. Die Wildnis wurde weitgehend verdrängt, die Kulturlandschaft durch Zersiedelung zerrissen. Übrig bleibt eine flächendeckende Suburbanisierung.

18 Dazu Falter: Kulturlandschaft als Leitbild, in: Naturschutzfachliche Bewertung im Rahmen der Leitbildmethode, Physica Verlag, Heidelberg 1999 S 69-83

19 Gegenüber dem oft gehörten Vorwurf genereller Veränderungsfeindlichkeit des Naturschutzes muß gesagt werden: Anthropogene Veränderung könnte akzeptiert werden, wenn sie Spiegel eines Zugewinn an Menschlichkeit wäre. Die heute vorherrschende Veränderung ist aber ausschließlich Spiegel menschlicher Verarmung in immer hemmungsloser geforderter Anpassung an wechselnde Weltmarktbedingungen und Moden.

20 Auf die fatalen Folgen einer Umwelt, in der es der Durchschnittsmensch im Alltag fast nur noch mit Menschengemachtem zu tun hat, nämlich einer Vorstellung universeller Machbarkeit und dem völligen Verlust des Gefühls für die Irreversibilität von Lebens- und Todesprozessen hat bereits Konrad Lorenz aufmerksam gemacht (Der Abbau des Menschlichen, München 1983 S. 198)

21 Falter: Der Fluß als Lebensraum und Lebewesen in FWU Magazin 3/1995

22 Wolfgang Kluxen: "Nur Himmel und Wolken lassen sich nicht planen", in: Die Welt, Geistige Welt 11.1.1986 Nr 9; man könnte freilich mit Recht bemerken, daß z.B. die schnurgeraden Kondenzstreifen des Flugverkehrs auch längst unsere Erlebnismöglichkeit von dem, was Himmel ist, einschränken.

23 Der Wirbel ist Bild der Lebenserneuerung der Weitergabe des Lebensfunkens, in dem eine gleichbleibende Form von immer neuem Stoff durchflossen wird. Das Rad ist Bild der Sinnlosigkeit der ewigen Wiederkehr von auf und ab, so etwa im Rad der Glücksgöttin Fortuna. Der österreichische Techniker Victor Schauberger hat die Utopie einer Technik, die auf dem Wirbelprinzip beruhrt, entworfen, weil er meinte die Radbewegung (außen schneller als Innen) komme in der Natur nur in Todesprozessen vor, während die Wirbelbewegung die Aufbaubewegung sei. Ob eine solche Technik praktikabel ist, steht hier nicht zur Debatte. Aber in der Symbolik steckt petrifizierte Wesenserkenntnis und zumindest die ästhetische Wirkung der Windkraftanlagen kommt damit überein.

24 Jeder thematisierende Zugriff schwebt in der Gefahr, die Frage nach dem Sinn (Einzahl) in die nach einem Zweck (Mehrzahl der Beliebigkeit) umzufälschen. Dazu Falter: Was heißt Natur in Novalis 4/97

25 Zu dem haltlosen Vorwurf, die These von menschlicher Charakterprägung durch die Landschaft sei Blut- und Boden-Ideologie, vgl. R. Falter: "Prägung des Menschen durch die Landschaft" (in Cosmographica et Geographica, Festschrift für Professor Nobis, München 1994) Dort ist nachgeweisen, daß die Rassenideologen der Nazis die These von der Landschaftsprägung bekämpfen mußten, weil sie die Bedeutung rassischer Prägung in Frage stellte. Die Auseinandersetzung mit der antifaschistischen Paranoia, insbesondere der Angehörigen der sog. 68iger Generation, zu der auch alle oben zitierten "geisteswissenschaftlichen Handlanger der Zerstörung" gehören, wird immer wichtiger. Denn der Faschismusvorwurf gegenüber allem, was sich der verengten sog. aufklärerischen Rationalität nicht beugen will, ist ihr wichtigster Totschläger.