Ansatzweise umgesetzt
dix. OBER-FLÖRSHEIM – Den Vogelschutz-Aspekt hatten die Windkraftgegner schon bei der Genehmigung des Windparks bei Flomborn ins Feld geführt. Die Interessen der Vögel hatten im Verfahren aber nur ansatzweise Berücksichtigung gefunden. Der raumplanerische Entscheid findet dazu deutliche Worte.
Das Planungsgebiet sei Lebensraum für Brutvogelarten sowie für Durchzügler und Rastvögel, schreibt die SGD. Generell kämen Vogelschutzgebiete als Standort für Windkraftanlagen nicht in Betracht; zum Zeitpunkt der Teilfortschreibung des Raumordnungsplanes sei das Plateau aber noch nicht als Vogelschutzgebiet ausgewiesen, sondern lediglich in die Vorschlagsliste aufgenommen gewesen. Die nationale Umsetzung der EU-Vogelschutzrichtlinie sei nur ansatzweise vollzogen gewesen, kritisiert die SGD und meint: „Sonst hätte sich zweifelsohne eine andere Beurteilung der Flächen ergeben“. Das Windparkprojekt stelle einen Eingriff in einen Landschaftsraum dar, der wichtige Funktionen für den Vogelschutz übernehme, stellt die SGD fest. Die Eingriffe, die mit dem Bau von 14 Windrädern verbunden seien, „laufen dem Ziel der Bewahrung eines Lebensraums für geschützte Arten zuwider“.

Danach muss Schluss sein - Thomas Dix zum Windpark
„Wer Wind sät, wird Sturm ernten“, sagt der Volksmund. Tatsächlich hat Juwi mit seinem Antrag, den Flomborner Windpark auf Ober-Flörsheimer Gemarkung drastisch zu erweitern, in der Region einen Sturm der Ablehnung ausgelöst. Die Bedenken sind vielfältig: Die Windräder zerstören das Landschaftsbild, beeinträchtigen den Fremdenverkehr und nehmen Vögeln den Lebensraum. Apropos Vögel: Wäre die Vogelschutzrichtlinie der EU in Deutschland zügiger umgesetzt worden, wer weiß, vielleicht stünde dann auf dem Plateau bei Flomborn nicht ein ganzer Windpark, sondern nur das eine oder andere Windrad – wenn überhaupt. Doch nun ist es zu spät, und so ist auch das Argument des BUND nachvollziehbar, wonach ein paar Windräder mehr am Standort auch nicht mehr viel ausmachen. Das sieht wohl auch die SGD so und hat Juwi maximal acht weitere Mühlen zugestanden. Danach aber muss Schluss sein, sonst gibt es in Rheinhessen bald mehr Windräder als Bäume. Abzuwarten bleibt, ob Juwi auf der festgelegten Fläche überhaupt die acht genehmigten Anlagen unterbringt – schließlich müssen Mindestabstände zu Straßen und Wegen und auch zwischen den Rotoren eingehalten werden. Auf die Antragsteller wartet ein kniffliges Puzzlespiel.

„Großer Gewinn“ Juwi begrüßt Entscheidung zum Windpark
dix. OBER-FLÖRSHEIM/MAINZ – Als „großen Gewinn für unsere Umwelt“ hat Matthias Willenbacher von der Mainzer Windenergie-Firma Juwi die Entscheidung der SGD zum Windpark kommentiert. Durch die Genehmigung werde ein bereits bestehender Windpark mit 16 Anlagen erweitert; dem Ziel einer geordneten Konzentration von Windkraftanlagen im Land werde damit entsprochen.
Der Bau neuer Windräder erschließe Landwirten und Gemeinden vor Ort neue Einnahmequellen und sichere Arbeitsplätze: Allein bei Juwi könnten durch die Erweiterung des Windparks mehr als zehn Stellen erhalten werden, so Willenbacher.
Ob das von der SGD eingegrenzte Areal groß genug ist, um die genehmigten maximal acht Anlagen auch zu bauen, ließ der Diplom-Physiker offen. „Wir werden acht Anlagen bauen, da bin ich mir sicher“, sagte Willenbacher. Im Laufe des kommenden Jahres sollen die Bauanträge beim Kreis eingereicht werden.

Lediglich in abgespeckter Form
Ober-Flörsheim: Windpark mit höchstens acht Anlagen genehmigt
OBER-FLÖRSHEIM – Der Windpark bei Ober-Flörsheim kann nur in abgespeckter Form gebaut werden: Höchstens acht Windkraftanlagen dürfen laut dem raumordnerischen Entscheid zwischen der Landesstraße 386 und dem Bereich der so genannten Holzstraße errichtet werden.
Von unserem Redaktionsmitglied Thomas Dix
Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd ist nach sechsmonatiger Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Firma „Jung und Willenbacher Windenergie GmbH“ (Juwi) beantragten 14 Windräder „mit den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung nicht vereinbar“ sind. Im Rahmen des Verfahrens wurden die Stellungnahmen von rund 50 Behörden, kommunalen Stellen und Verbänden, den so genannten Trägern öffentlicher Belange, ausgewertet und zudem die Einwendungen von rund 1670 Bürgern mit einbezogen – der Löwenanteil stammt von der „Bürgerinitiative Rheinhessen-Pfalz.
Nach Aussage der Oberen Landespflege bei der SGD liegt der komplette Windkraftbereich „in einem faktischen Vogelschutzgebiet“: Unstrittig sei, dass das Areal als Nahrungs- und Rastgebiet sowie als Mauserplatz für Weihen, eine geschützte Vogelart, intensiv genutzt werde. Zudem sieht die Obere Landespflege im vom Antragsteller vorgelegten ornithologischen Gutachten widersprüchliche Aussagen zum Ausweichverhalten der Weihen, die nahelegen, dass eine Beeinträchtigung der Vögel durch die Windkraftanlagen nicht ausgeschlossen werden könne. Die Naturschutzverbände GNOR, Nabu und Pollichia hatten sich ebenfalls gegen das Projekt ausgesprochen; der BUND dagegen befürwortet die vorgesehene Bündelung der Anlagen am Standort Flomborn/Ober-Flörsheim. Der Hauptnachteil, nämlich die unvermeidbare Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, werde durch die bereits vorhandenen Windmühlen deutlich eingeschränkt, so der BUND.
Das sahen umliegende Kommunen ganz anders: Die Kreisverwaltung Donnersberg und die VGs Monsheim, Westhofen, Göllheim und Kirchheimbolanden lehnten den Windpark ab und begründen dies mit dem Vogelschutz sowie der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Fremdenverkehrs. Die Ortsgemeinde Stetten hatte sogar eine Klage gegen den Windpark angekündigt. Das Geologische Landesamt befürchtet Konflikte bei der Gewinnung von Rohstoffen, die Landwirtschaftskammer sieht die Gefahr, dass nach Errichtung des Windparks eine Verbesserung der Agrarstruktur nicht mehr möglich sein wird. Unter Auflagen zugestimmt hatten unter anderem die VG Alzey-Land, die Gemeinden Ober-Flörsheim und Flomborn, die Deutsche Flugsicherung, das Straßen- und Verkehrsamt sowie die Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe. Als sich im Verfahren abzeichnete, dass nicht alle der vorgesehenen 14 Windräder gebaut werden können, bot Juwi an, die Zahl der Anlagen zu reduzieren – und wurde darin vom Mainzer Umweltministerium unterstützt: Eine von der Obersten Landespflegebehörde veranlasste Neubewertung ergab, dass bei einer Beschränkung der Zahl und der Lage „die zusätzliche Belastung des Gebietes unerheblich und die Störung der Vogelwelt tolerierbar“ sei. Die Bürgerinitiative kritisiert dies in einer Mitteilung als „rechtswidrige Einflussnahme auf ein laufendes behördliches Verfahren“, allerdings zu Unrecht, wie SGD-Pressesprecher Henning Miehe gestern auf Anfrage unserer Zeitung klarstellte: Der Planungsbetreiber habe zu jeder Zeit das Recht, über den Sachstand des Verfahrens informiert zu werden und Anträge abzuändern; dass dann Stellungnahmen von Behördenseite modifiziert werden, sei ebenfalls „völlig normal“, so Miehe.
Alle in der AZ am 13.12.2001 (Halbe Seite in der Zeitung)

CDU-MdB Hansjürgen Doss zu Ober-Flörsheim.
Als "Desaster für die Landschaft im Herzen Rheinhessens" hat CDU-MdB Hansjürgen Doss die Genehmigung für den Bau von weiteren acht Windkraftanlagen bei Ober-Flörsheim bezeichnet. Aufgrund einer falsch angelegten Gesetzgebung würden landschaftszerstörende Bauvorhaben privilegiert und könnten gegen den Willen von Kommunen und Bevölkerungsmehrheit rigoros durchgezogen werden. Zynisch nennt es Doss, wenn der Anlagenbetreiber das Zustellen der Natur mit ökologisch wie ökonomisch fragwürdigen Gebilden aus Beton und Stahl als "großen Gewinn für unsere Umwelt" bezeichne. Doss: "Hinter der Kulisse einer nur scheinbar umweltfreundlichen Alternativenergie werden wirtschaftliche Interessen verborgen, die aber nur dem Betreiber und den Kapitalanlegern vorbehalten sind. Den Preis zahlen der Steuerbürger und die Landschaft." Windräder seien Industrieanlagen zur Energiegewinnung, die - egal ob acht oder vierzehn - mit der gewachsenen Feld- und Weinbergslandschaft Rheinhessens und den damit verbundenen touristischen Vorhaben unvereinbar seien. Doss: "So wird Rheinhessen nicht die Toskana des Nordens, sondern zum industriellen Windpark." (13.12.01)

In der AZ:
„Desaster für die Landschaft“
Doss kritisiert Windpark-Entscheid
Vom 14.12.2001
dix./red. OBER-FLÖRSHEIM – Als „Desaster für die Landschaft im Herzen Rheinhessens“ hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Hansjürgen Doss die Genehmigung für den Bau von weiteren acht Windkraftanlagen bei Ober-Flörsheim (wir berichteten) bezeichnet. Aufgrund einer falsch angelegten Gesetzgebung würden landschaftszerstörende Bauvorhaben privilegiert und könnten gegen den Willen von Kommunen und Bevölkerungsmehrheit rigoros durchgezogen werden.
„Zynisch“ nennt es Doss, „wenn der Anlagenbetreiber das Zustellen der Natur mit ökologisch wie ökonomisch fragwürdigen Gebilden aus Beton und Stahl“ als „großen Gewinn für unsere Umwelt“ bezeichne. „Hinter der Kulisse einer nur scheinbar umweltfreundlichen Alternativenergie werden wirtschaftliche Interessen verborgen, die aber nur dem Betreiber und den Kapitalanlegern vorbehalten sind. Den Preis zahlen der Steuerbürger und die Landschaft“, kritisiert der Abgeordnete Windräder seien Industrieanlagen zur Energiegewinnung, die – egal ob acht oder vierzehn – mit der gewachsenen Feld- und Weinbergslandschaft Rheinhessens und den damit verbundenen touristischen Vorhaben unvereinbar seien. Doss: „So wird Rheinhessen nicht die Toskana des Nordens, sondern zum industriellen Windpark.“

In der Gemeinde Ober-Flörsheim lag gestern das Ergebnis des Raumordnerischen Verfahrens noch gar nicht schriftlich vor. Deshalb beschäftigte sich der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung auch nur am Rande mit dem für das Dorf so bedeutsamen Thema. „Wir warten jetzt erst einmal ab“, verdeutlichte Bürgermeister Adolf Gaardt.

Verbandsbürgermeister Ernst-Walter Görisch (SPD) erläuterte auf Anfrage, dass jetzt zunächst der Flächennutzungsplan fortgeschrieben werden müsse. Danach müsse die Gemeinde Ober-Flörsheim einen Bebauung- oder Vorhabenplan für das Areal erarbeiten.


Bürgerinitiative Rheinhessen-Pfalz
Zwischen Rhein und Donnersberg

Herrn Ministerpräsident
Kurt Beck
Staatskanzlei
Peter-Altmeier-Allee 1
55116 Mainz

10.12.01

Guten Tag Herr Ministerpräsident,

im Zuge des Raumordnungsverfahrens kam die SGD Süd insgesamt zu dem Ergebnis, daß der auf der Ober-Flörsheimer Gemarkung geplante und als "Erweiterung" des Windindustriekomplexes Flomborn/Stetten deklarierte Zubau von Windindustrieanlagen mit den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung nicht vereinbar ist.

So stelle der Flomborner Windpark zwar eine Vorbelastung dar, doch könne dieses Argument nicht beliebig fortgeführt werden, wenn die Belastung eines Raumes selbst an seine Grenzen stoße.

Für die Entscheidungsfindung nicht zu unterschätzen seien die Einwände betroffener Verbandsgemeinden wie Monsheim, Westhofen, Göllheim oder Kirchheimbolanden, und betroffener Ortsgemeinden wie Stetten, Mölsheim, Flörsheim-Dalsheim, Gundersheim, Einselthum, Zellertal, usw. Dass sich die Argumente vornehmlich auf die Aspekte Vogelschutz, Landschaftsbild und Tourismus konzentrierten, erscheine plausibel.

Die hohe Anzahl von Unterschriften - insgesamt 1671 - von betroffenen Bürgern aus dem Raum mache darüber hinaus deutlich, dass die bestehenden Anlagen hinsichtlich der Akzeptanz vor Ort eine Grenze erreicht hätten. Die vorgetragenen Themenbereiche Vogelschutz, Landschaftsbild und Tourismus sprächen nicht gegen die Einwendungen, sondern untermauerten die Belastung des Raumes bzw. dessen Auslastung im Hinblick auf weitere geplante Anlagen.

An dieser Stelle möchten wir an den von Ihnen geschlossen Koalitionsvertrag erinnern, in dem bzgl. des weiteren Ausbaus der Windenergienutzung folgende Zusage getroffen wurde. "Dabei sollen Beeinträchtigungen der Landschaft vermieden und regionale Widerstände berücksichtigt werden."

Auf Grundlage der im Widerstreit vorgetragenen Auffassungen zu einzelnen Sachpunkten hinsichtlich des Naturschutzes, diesen Falls ein EU-Vogelschutz Gebiet betreffend, konnte die SGD Süd kein einheitliches, aber ein eine klare Entscheidung begünstigendes Meinungsbild, die Bedeutung des betroffenen Gebietes im Hinblick auf angestrebte Nutzungen und deren Verträglichkeit, erkennen. Diesbezüglich sprächen die Stellungnahmen eine eindeutige Sprache.
Der komplette Windkraftbereich läge in einem ("faktischen") Vogelschutzgebiet. Unstrittig sei, daß dieses Gebiet von geschützten Vogelarten (Weihen) intensiv genutzt und von landesweiter Bedeutung sei. Für die weitere Entwicklung des Vogelschutzgebiets sollte die Schaffung von Vertikalstrukturen vermieden werden. Sie führe nämlich dazu, dass die Offenheit des Geländes beschnitten würde. Gerade diese Aussage lege die Vermutung nahe, dass Windenergieanlagen nicht nur Störungen verursachten, sondern gerade in ihrer vertikalen Ausrichtung einer grundlegenden Weiterentwicklung des Gebietes im Hinblick auf einen angestrebten Schutzzweck zuwiderlaufen.

Auf Betreiben der Firma JuWi, die Zahl der Anlagen zu reduzieren, intervenierte das Umweltministerium. Diese bewirkte eine "ergänzende Bewertung" durch das Landesumweltamt. So habe das Umweltministerium "im Hinblick auf eine reduzierte Anzahl von acht Anlagen signalisiert, dass diese ohne erhebliche zusätzliche Belastung tolerierbar seien." Dieser Auffassung habe sich schließlich auch das Innenministerium angeschlossen.

Wir weisen darauf hin, daß die Intervention der genannten Ministerien eine Verletzung derzeit geltenden EU-Rechts bewirkt. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (u. a. Santona-Urteil vom 02.08.93, Basse Cobière-Urteil, C-374/98 vom 7.12.2000) zufolge gelten die strengen Schutzbestimmungen des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutzrichtlinie unmittelbar für ein Gebiet, das wegen seiner herausragenden Bedeutung für den europäischen Vogelschutz in jedem Fall, also ohne jedes Auswahlermessen, unter Schutz gestellt werden muß. In einem faktischen Vogelschutzgebiet wirkt sich dieser Artikel als ein prinzipiell strikt zu beachtendes Planungsverbot aus. Zudem sind Windindustrieanlagen weder in FFH- noch in Vogelschutzgebieten zulässig (vgl. Hinweise zur Zulässigkeit von Windindustrieanlagen ...).

Wir möchten Sie, als Ministerpräsidenten dieses Bundeslandes, bitten, die Ihnen unterstellten Ministerien zu einer unverzüglichen Revision der Mißachtung von geltendem Gemeinschaftsrecht zu bewegen. Zudem wären wir Ihnen für die Beantwortung der Frage dankbar, woher die genannten Ministerien das Recht herleiten, auf Betreiben eines privaten Geschäftmannes Einfluß auf den Verlauf eines öffentlichen, behördlichen Verfahrens zu nehmen und damit geschäftliche Interessen Einzelner über EU-Recht, Gemeinwohl und Bürgerwillen zu stellen.

Ferner fordern wir die Einlösung der im Koalitionsvertrag getroffen Zusage, Beeinträchtigungen der Landschaft zu vermieden und regionale Widerstände zu berücksichtigen.

In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen

Ihre
Bürgerinitiative Rheinhessen-Pfalz
Zwischen Rhein und Donnersberg