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FAZ, 24.03.04
Aus Artikel: Versteckspiel
Die Förderung der Windenergie verschlingt Milliarden an Volksvermögen und wirkt auf Jahrzehnte hinaus als Wachstumsbremse. Daß diese Investitionen einen meßbaren Einfluß auf das Klima hätten, behauptet schon lange niemand mehr. Vielmehr wird mit den Arbeitsplatzeffekten dafür geworben. Das Bremer Energie-Institut hat indessen vorgerechnet, daß die Arbeitsplatzgewinne in der Wind- und Solarbranche durch Verluste in anderen Industriezweigen aufgezehrt würden. Das kann Clement nicht gleichgültig sein.

Süddeutsche Zeitung, 23.03.04
E.ON zahlt 770 Millionen Euro für Windkraft
BERLIN (dpa-AFX) - Der Düsseldorfer Energiekonzern E.ON hat nach einem Zeitungsbericht im vergangenen Jahr 46 Prozent der insgesamt in Deutschland erzeugten Windenergie in sein Netz eingespeist. Dafür hat das Unternehmen den Anlagebetreibern Einspeisevergütungen in Höhe von rund 770 Millionen Euro gezahlt, schreibt "Die Welt" (Mittwoch) unter Berufung auf einen unveröffentlichten Windreport 2004 des Konzerns.
Stromkunden im E.ON-Netzgebiet seien durch die gesetzlich vorgeschriebene Umlagefinanzierung der Windkraft mit rund 510 Millionen Euro belastet worden, zitiert "Die Welt" weiter aus dem Bericht. Rund 260 Millionen Euro seien im Rahmen eines bundesweiten Lastenausgleichs von E.ON auf die anderen Netzbetreiber RWE , Vattenfall Europe und EnBW umgelegt worden.
Dem Report zufolge ist in der E.ON-Regelzone inzwischen mehr Windkraftleistung installiert, als auf dem gesamten amerikanischen Kontinent. Im Netzgebiet der E.ON AG, das in etwa die Länder Bayern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein umfasst, waren Windkraftanlagen mit einer Leistung von 6250 Megawatt am Netz./ra/DP/rw/yh/

FAZ, 23.03.04 (Druckausgabe)
Im Emissionshandel zeigen sich Schlupflöcher
Verwaltungsrechtler: Unternehmen können dem System entgehen / Betrieb auch ohne Zertifikate möglich
Der Emissionshandel, der im kommenden Jahr startet, könnte in Deutschland sein Ende finden, bevor er überhaupt begonnen hat Das jüngst verabschiedete Gesetz zum Handel mit Treibhausgaszertifikaten (TEHG) beachte die Bestandskraft bereits bestehender immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen nicht hinreichend, sagte Rechtsanwalt Clemens Weidemann auf einer Veranstaltung seiner Sozietät Gleiss Lutz in Frankfurt. Für betroffene Unternehmen sieht der Jurist deshalb die Möglichkeit, der Genehmigungspflicht nach dem neuen Gesetz zu entgehen. Sie müßten auch keine Verschmutzungsrechte vorweisen, um weitere Treibhausgase ausstoßen zu dürfen. "Das wäre der größte anzunehmende Unfall für den Gesetzgeber."

taz Nord, 19.3.2004
Ermittlungen wegen Windpark
Lamstedt/Stade dpa Die Staatsanwaltschaft Stade hat gegen zwei Vertreter der Samtgemeinde Lamstedt (Kreis Cuxhaven) Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsannahme eingeleitet. Die Kommunalvertreter sollen für einen geplanten Windpark zwei Verträge unterzeichnet haben, in denen als Ausgleich für den Eingriff in die Landschaft eine Geldzahlung in Höhe von insgesamt 165.000 Euro an die Gemeinde vereinbart wird. Auch gegen die Betreiber des Windparks werde ermittelt, sagte ein Justizsprecher. (vgl. HAZ)

vwd
Mannheim (vwd) - Die MVV Energie AG, Mannheim, trennt sich im Rahmen ihrer strategischen Neuausrichtung von einigen nicht mehr zum Kerngeschäft gehörenden Töchtern bzw Beteiligungen. Wie das Unternehmen nach der Aufsichtsratssitzung am Freitag mitteilte, wurde die Trennung von den Tochtergesellschaften in Spanien, Portugal, Kroatien sowie vom Beteiligungsunternehmen Awatech beschlossen. Zudem werde der Bereich Windenergie nicht weiter ausgebaut. Keine weiteren Projekte würden über die Tochter eternegy entwickelt. Deren Anlaufverluste von 14 Mio EUR schreibe MVV Energie ab.

avacon exxtra, 21.03.04, Postwurfsendung in Barsinghausen verteilt
Der Strompreis - reine Abzocke?
In regelmäßigen Abständen ist in den Zeitungen zu lesen, dass der Strompreis zu hoch sei. Sogar von "Abzocke" durch die Energieversorger ist die Rede. Was dabei allerdings fast immer gern verschwiegen wird: Der Anteil der staatlich festgelegten Sonderlasten am Strompreis liegt mittlerweile bei über 40 Prozent. Würde man diese Steuern und sonstigen Abgaben vom derzeitigen Strompreis abziehen, läge er im Durchschnitt auch heute noch rund 20 Prozent unter dem Niveau von 1998.
Allein die durch das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) anfallenden Mehrbelastungen werden 2004 deutschlandweit nach ersten Berechnungen des VDEW (Verband der Elektrizitätswirtschaft) etwa 2,3 Milliarden EUR betragen. Das EEG garantiert die Abnahme und Vergütung aus regenerativen Energiequellen, zum Beispiel durch Windkraftanlagen erzeugten Strom. Nun ist die Zahl der Windkraftanlagen stark angestiegen, wodurch sich der Anteil des teureren Windstroms am Strom insgesamt erhöht. Damit sorgt das EEG für den Anstieg des Strompreises. Durchschnittlich werden alle Kunden in diesem Jahr ca. 0,54 Cent pro kWh statt 0,42 Cent pro kWh wie noch im Jahr 2003 zu zahlen haben. Und mehr noch: Wegen der Ökosteuer fallen sogar 2,05 Cent pro kWh an.
Das alles sind sicherlich plausible Gründe für den erhöhten Strompreis. Doch geht es hier tatsächlich um "Abzocke" durch die Energieversorger?

Allgemeine Zeitung, 19.03.2004
CDU scheitert bei Windkraft
MAINZ (dpa) Die CDU ist mit ihrer Forderung nach Einschränkungen beim Ausbau von Windkraftanlagen gescheitert. SPD, FDP und Grüne stimmten gestern im Landtag gegen CDU-Anträge, die einen Mindestabstand zwischen den Windkraftanlagen und Wohngebieten von 1000 Metern sowie ein Verbot für die Anlagen in Waldgebieten vorsahen. Innenminister Zuber (SPD) sagte, eine 1000-Meter-Regelung würde die für Windräder zur Verfügung stehende Fläche erheblich einschränken. Er sprach sich für flexible Abstandsregelungen aus. Eine Empfehlung an die Planungsbehörden für eine 500-Meter-Regelung werde überarbeitet. - Anm. tf-: RLP liegt offenbar ganz schön weit hinter dem Mond. Eine Position, die ganz erheblich den Blick über den eigenen Tellerrand einzuschränken scheint. Sonst hätte Innenminister Zuber festgestellen müssen, daß z.B. Schleswig-Holstein es für Notwendig erachtete, eine von der WKA-Höhe abhängige Abstandsregelung einzuführen.

Hannoversche Allgemeine Zeitung 19. März 2004
Windpark gegen Bestechung? - Bürgermeister wegen Vorteilsnahme angezeigt
Hannover (kau). Die kleine Samtgemeinde Börde-Lamstedt im Landkreis Cuxhaven ist wegen eines geplanten Windparks unter einen bösen Verdacht geraten. Die Betreiber der Windanlagen wollen der Kommune rund 165 000 Euro zahlen - als Ausgleich für den Eingriff in das Landschaftsbild. Windkraftgegner sprechen von Bestechungsgeld. "Die Gemeinde hat sich ihre Bedenken abkaufen lassen", kritisiert Heinz-Christian Gresens, Besitzer eines Reiterhofs in Lamstedt. Gresens hat den Samtgemeindebürgermeister und den Bürgermeister angezeigt. "Es laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsnahme", berichtet die Staatsanwaltschaft Stade. Gegen die Windparkbetreiber werde wegen Vorteilsgewährung ermittelt.
"Die Windparkplaner gehen hier beinahe vor wie die Mafia", klagt Gutsbesitzer Gresens. Er habe ursprünglich selbst Flächen an die Planer verpachtet, sei aber ausgestiegen, weil die Windräder bis zu 350 Meter an seinen Reiterhof herangebaut werden sollen. "Nach der Kündigung der Pachtverträge habe ich Drohbriefe bekommen", berichtet Gresens. "Ich sollte Schadenersatz in Höhe von bis zu vier Millionen Euro zahlen". Dagegen hat sich der Verkaufsleiter bei Daimler Chrysler in Emden erfolgreich zur Wehr gesetzt. Der Gemeinde Lamstedt, die selbst an dem Windpark beteiligt ist, wirft er Käuflichkeit und verbotene Kopplungsgeschäfte vor.
Samtgemeindebürgermeister Werner Otten ist empört. "Wir sind nicht käuflich", betont Otten. Die Spende der Windparkbetreiber habe nichts mit mit der Genehmigung zu tun. Für die sei schließlich der Landkreis zuständig. "Wenn wir bestechlich wären, hätten wir die Betreiber gewähren lassen", sagt Otten. Stattdessen habe die Gemeinde 1998 mit einem Flächennutzungsplan und einem Bebauungsplan planerische Hürden aufgebaut. "So konnten wir die Anzahl und deren Abstand zu den Wohnhäusern steuern", sagt Otten.
Das Geld kommt nach Angabe Ottens nicht einzelnen Personen, sondern der Gemeinde zu Gute. Es sei üblich, dass Windparkbetreiber einen Ausgleich für ihre Projekte zahlten, sagt der Bürgermeister. Den Ermittlern bereitet diese Praxis Bauchschmerzen. Die Betreiber schlössen Spenden- oder Schenkungsverträge mit den Kommunen, um die Akzeptanz zu steigern, sagt der Staatsanwalt. "Ob das strafbar ist, ist unklar. Es gibt da eine rechtliche Grauzone." Allein in der Region Stade werde in fünf ähnlichen Fällen ermittelt.
Nordsee Zeitung Ausgabe: 17.03.04 Ressort: Landkreis Cuxhaven Windkraftgegner bauen auf die CDU Kreis Cuxhaven. Der Widerstand auch in Gemeinderäten gegen neue Windparks oder höhere Anlagen wächst. Die CDU-Kreistagsfraktion will sich ihren Beschlüssen zu einer geplanten Änderung des Regionalen Raumordnungsprogramms anschließen. Diesen "Grundsatzbeschluss" gab Martin Döscher erstmals öffentlich preis. Mit dieser Antwort in der Einwohnerfragestunde während der Sitzung des Ausschusses für Regionalplanung, Wirtschaft und Tourismus gestern in Schiffdorf nährte der Ehrenlandrat die Hoffnung der Bürgerinitiativen, dass geplante Parks wie im Gebiet Elmlohe/Laven nicht gebaut und bestehende nicht erweitert oder durch bis zu 180 Meter hohe Windkraftanlagen nachgerüstet werden.

Handelsblatt
Sparprogramm
Windkraft-Konzern streicht 500 Stellen
Der dänische Windkraft-Konzern Vestas will nach der Fusion mit dem Konkurrenten NEG Micon zwischen 400 und 500 Angestellte entlassen. Auch deutsche Standorte sind betroffen.
HB KOPENHAGEN. Vestas, das mit einem weltweiten Marktanteil von 35 Prozent nach der Zusammenlegung der mit Abstand größte Hersteller von Windkraftanlagen ist, bestätigte den Stellenabbau unter den insgesamt 9 200 Beschäftigten am Donnerstag, wollte aber keine Details nennen.
Beide Unternehmen arbeiten seit dem 4. März unter einem Dach und dem Namen Vestas zusammen. NEG Micon als kleinerer der beiden Partner veröffentlichte Mitte der Woche einen Verlust für 2003 von 497,2 Millionen Kronen (66,7 Mio Euro) bei einem Umsatz von 5,3 Milliarden Kronen. Vestas fuhr gleichzeitig mit einem Umsatz von 12,3 Milliarden Kronen einen Gewinn von 401 Millionen Kronen ein.
Für 2004 erwartet Vestas einen Gesamtumsatz von 20 bis 21 Milliarden Kronen. Als wichtigen Grund für die schwache Entwicklung des Windkraftmarktes im letzten Jahr nannte das Unternehmen vor allem "Enttäuschungen" in Deutschland und Italien sowie eine Halbierung des eigenen Marktanteils von 40 Prozent in den USA. Für das laufende Jahr sei eine "gedämpfte Entwicklung" auf dem Weltmarkt zu erwarten.
In Deutschland als größtem Windenergie-Markt der Welt ging der Bau neuer Anlagen von 3.250 auf 2.675 Megawatt zurück. Vestas erhofft sich von der Klärung der im letzten Jahr noch unsicheren Gesetzeslage für erneuerbare Energie einen Wachstumsschub auf dem deutschen Markt.

FAZ, 07.03.04
Luftnummer mit Windrädern
Von Winand von Petersdorff
05. März 2004 Viele Deutsche haben die Verspargelung ihrer Heimat mit Windrädern hingenommen im Glauben, damit etwas Grundgutes zu befördern: die saubere Luft. Listig warb Bundesumweltminister Jürgen Trittin zudem mit 40000 neuen Stellen in der Windindustrie. Gutes tun, Klima retten, Arbeitsplätze schaffen. Das grüne Wirtschaftswunder lebt. Oder?
Das Bundeswirtschaftsministerium hat jetzt eine Studie veröffentlicht, die diesen Wunschträumen mit kühler Logik den Garaus macht. Kernbotschaft des wissenschaftlichen Beirats des Ministeriums: Die Förderung der grünen Energie, wie sie Deutschland praktiziert, ist teuer, schafft keine Arbeitsplätze - und bringt außerdem überhaupt nichts fürs Weltklima. 
Daß Stromerzeugung aus Windkraft eine unglaublich aufwendige Angelegenheit ist, ist lange bekannt. Jeder Windradbetreiber liefert seine Energie beim Energieversorger ab. Der bezahlt dafür 20 Jahre lang einen staatlich fixierten Preis, der anfangs drei- bis viermal über den Produktionskosten für konventionellen Strom liegt.
Kein Verlaß auf Windkraft
Dazu kommen die erleichterten Genehmigungen von Windrädern, die gewöhnliche Gewerbetreibende neidisch werden läßt. (Motto "Gemeinderat wird weich, Bauer wird reich.") Die Folge ist unübersehbar: In Norddeutschland sind Landstriche ohne Windräder rar geworden. Umstritten ist Windkraft auch, weil auf sie kein Verlaß ist. Der Wind weht mal und mal nicht. In der Dürreperiode im vergangenen Jahr regte sich wochenlang kein laues Lüftchen.
Deshalb muß jeder Energieversorger noch ein Kraftwerk in der Hinterhand haben für Flautezeiten. Noch teurer wird die Windenergie, weil sie nicht da entsteht, wo sie gebraucht wird. Um weniger Kohlendioxyd in die Luft zu blasen, baut Deutschland also auf eine saubere, aber unzuverlässige Energieform, die die rot-grüne Bundesregierung aus ideologischen Gründen jährlich mit Milliardenbeträgen päppelt. Im staatlichen Schonraum hat sich so eine geldverschlingende Branche entwickelt, die in dieser Dimension weltweit einmalig ist.
Instrumente, die nicht zusammen passen
Doch jetzt kommt etwas ins Spiel, das vielen Windrädern die letzte Legitimation entzieht: der Handel mit CO2-Emissions-Zertifikaten. Auch dieses System wird eingeführt, um CO2-Emissionen zu vermeiden und das Klima zu retten. Deutschland hat bald zwei politische Instrumente, um die Luft sauberer zu machen.
Nur: Sie passen nicht zusammen. Mehr noch: Der Zertifikatehandel läßt die Förderung der regenerativen Energie (Wind, Sonne, Biomasse etc.) wirkungslos verpuffen, wie der Kölner Volkswirt Carl Christian von Weizsäcker auf 17 Seiten für den wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums darlegt. Das wäre nicht so schlimm, würden nicht jährlich Milliardenbeträge (2010 geschätzte 5 Milliarden Euro) in die grüne Energie fließen auf Grundlage des "Gesetzes für den Vorrang erneuerbarer Energien" (EEG).
Der Mechanismus funktioniert so: Ist die Förderung der regenerativen Energie erfolgreich (Trittin will den Marktanteil grüner Energie bis 2010 auf 12,5 Prozent verdoppeln), werden vor allem von den Energieversorgern nicht alle Zertifikate, die CO2-Emissionen erlauben, benötigt. Sie können sie billig verkaufen an Unternehmen, die nun zusätzlich CO2 in die Luft blasen dürfen.
Kein Exportschlager
Wissenschaftler erwarten, daß viele Lizenzen ins Ausland verkauft werden. Groteske Folge laut Weizsäcker: "Die grüne Förderpolitik fördert CO2-Emissionen ausländischer Kraftwerke und Industrieunternehmen." Und die Arbeitsplätze? Der Exportschlager Windrad? Vor allem in den boomenden Schwellenländern wie Indien und China lassen sich CO2-Emissionen viel günstiger vermeiden als durch ineffiziente Windräder. Laut Weizsäcker steckt vor allem in der Modernisierung des chinesischen Kraftwerkparks ein riesiges Potential. Warum soll das Land Windräder made in Germany kaufen, wenn es CO2-Emissionen um dreißig- bis fünfzigmal günstiger reduzieren kann mit moderner Kraftwerkstechnik?
Die von Trittin gelobten Arbeitsplätze durch Windenergie sind vor diesem Hintergrund energiepolitisch gewollte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, weil die Bundesregierung eine wenig effiziente Technik begünstigt und so andere diskriminiert. "Würde Trittin Taxifahrern das Kutschenfahren vorschreiben, würden auch Arbeitplätze entstehen, unter anderem in der Pferdezucht", spottet Weizsäcker.
„Das Gesetz gehört abgeschafft“
Ohnehin werden positive Arbeitsplatzeffekte in Deutschland angezweifelt. Die Universität Bremen legte im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kürzlich eine Studie mit einem niederschmetternden Ergebnis vor: Tendenziell würden sogar mehr Arbeitsplätze vernichtet als neue geschaffen. Die Förderung erneuerbarer Energien verteuert nämlich den Strom. Käufer haben weniger Geld für Konsum und Investition. Das mindert die Beschäftigung. Weizsäckers Fazit: "Das Gesetz zur Förderung regenerativer Energie, das EEG, gehört abgeschafft."
Doch das wird schwer. Das Einspeisegesetz hat Anhänger in allen Bundestagsfraktionen. Die Kritiker sind rar und werden verhöhnt und unflätig beschimpft. Als der badische Abgeordnete Axel Fischer (CDU) im Bundestag auf die Kosten der Windkraft und anderer regenerativer Energien hinwies, motzte sein Fraktionsgeschäftsführer Peter Ramsauer (CSU) öffentlich: "Eine der unsinnigsten Reden, die ich je gehört habe." Seine Reaktion ist kein Wunder: Ramsauer ist ausgebildeter Müller, Eigentümer einer Mühle und betreibt ein Wasserkraftwerk, das von der grünen Förderpolitik profitiert.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 07.03.2004, Nr. 10 / Seite 37

Spiegel 10/2004
Clement-Beirat hält Windenergie-Subventionen für "ökologisch nutzlos"
Die Förderung erneuerbarer Energien wie Windkraft und Solarstrom wird zu einem "ökologisch nutzlosen, aber volkswirtschaftlich teuren Instrument und müsste konsequenterweise abgeschafft werden" - so das Urteil des wissenschaftlichen Beirats von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). Sobald der geplante Lizenzhandel mit CO2-Emissionen funktioniere, heißt es in dem unveröffentlichten Gutachten, entfalle die Wirkung der Ökostrom-Subventionen. Deren "Gesamteffekt" auf die Reduzierung der CO2-Abgase werde dann "gleich null sein". Der Grund sei die Wechselwirkung zwischen dem künftigen Lizenzmarkt und dem Erneuerbare-Energien- Gesetz: Es verpflichtet die Stromwirtschaft, stufenweise mehr Ökostrom zu produzieren. Dadurch verfügt diese künftig über ungenutzte CO2-Lizenzen, die sie in großer Zahl auf den Markt geben kann. Dies drückt den Preis für die Rechte, und die Industrie kann sich günstig mit Emissionsrechten eindecken. Der Zwang, Abgase einzusparen, sinkt somit. Die CO2-Einsparungen durch Ökostrom würden damit kompensiert, so der Beirat. Besonders problematisch sei zudem die Förderung der Windenergie, weil dabei Wetterschwankungen dauerhaft durch konventionelle Kraftwerke ausgeglichen werden müssen. CO2-Einsparungen durch Windkraft seien deshalb "unverhältnismäßig teuer", so die Expertise: "Man könnte durch Modernisierung eines Kohlekraftwerks denselben Einspareffekt zu 4 bis 8 Prozent der Kosten erzielen."

FAZ, 25.2.2004
Kommentar: Im Schraubstock
24. Februar 2004 Dt. Wenn der Bundeskanzler ein Vermittlungsproblem hat, wie es heute so schön heißt, also Schwierigkeiten, sich und seine Politik dem Volk verständlich zu machen, dann sollte er sich einmal vertrauensvoll an Jürgen Trittin wenden und ihm einen Beratervertrag anbieten. Der Umweltminister hat es immerhin geschafft, die Umverteilung großer Volksvermögen zugunsten einiger Windkrafthersteller und -betreiber als der Weisheit letzten Schluß zu verkaufen. Nun säuselt er etwas von einem "Freudentag", der am 1. Januar 2005 anbrechen werde, denn an diesem Tag endlich "kommt Marktwirtschaft in den Klimaschutz". Viele werden ihm auch das noch abnehmen. Schröder, der seit bald einem Jahr größte Mühe hat, Mehrheiten für seine Agenda 2010 zu gewinnen, müßte vor Neid erblassen.
Auch Wirtschaftsminister Clement, den Trittin am Dienstag im Kanzleramt zu einem Schlichtungsgespräch über die Modalitäten des Emissionshandels traf, sieht alt aus neben dem Verpackungskünstler aus dem Umweltministerium. Clement kämpft erkennbar für die Interessen der Kohle- und Stahlindustrie seiner nordrhein-westfälischen Heimat, Trittin anscheinend nur für die Umwelt. Doch auch er hat seine Klientel, die ihn kräftig anfeuert, fest im Blick. In erster Linie findet hier ein rot-grüner Machtkampf statt; in ihm hat der Umweltpolitiker freilich die besseren Karten.
Was ist dran an der Behauptung, mit der Einführung des Emissionshandels komme Marktwirtschaft in den Klimaschutz? Deutschland hat sich in Kyoto verpflichtet, bei der Verringerung des Kohlendioxyd-Ausstoßes in Europa Vorreiter zu sein - und die deutsche Industrie hat diese Selbstverpflichtung bisher auf nicht ganz freiwilliger Basis übererfüllt. Umweltauflagen, Ökosteuer, Rationalisierungsdruck und nicht zuletzt die Abwanderung ganzer Industriezweige haben diesen Prozeß angetrieben. Der Emissionshandel wird den Druck auf die Wirtschaft weiter verstärken, denn er wirkt wie ein Schraubstock, der jedes Jahr um einige Umdrehungen fester gezogen wird. Wenn die handelbare Menge an Verschmutzungsrechten stetig verringert wird, werden die außereuropäischen Standorte davon profitieren, aber nicht die Umwelt. Für die ist es egal, wo sie verschmutzt wird. - Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.02.2004, Seite 1

Newsletter 75/2004, 13.02.2004
Energiebericht der Landesregierung
Alexander Licht: Landesregierung bescheinigt Windkraft Bedeutungslosigkeit
Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Alexander Licht, begrüßt die Einsicht der Landesregierung, die der Windkraft in ihrem eigenen Energiebericht Bedeutungslosigkeit bescheinigt. Der Anteil der Windkraft an den regenerativen Ideen betrage in Rheinland-Pfalz noch nicht einmal ein Prozent. Auch trage die hochsubventionierte Windenergie keineswegs zur Leistungsabsicherung der Energiegewinnung bei, so die Landesregierung wörtlich im Energiebericht.
Alexander Licht: „Dem hingegen lenkt der Bericht der Landesregierung das Augenmerk auf die Geothermie. Diese ebenfalls regenerative Energieart kann als Teil der Grundlast zu einer wirklichen Leistungsabsicherung beitragen und beinhaltet ein gigantisches Volumen. Die Zahlen, die den gesamten Oberrheingraben umfassen, machen die Bedeutung deutlich: Zu erwarten ist ein Volumen von 18 Millionen Gigawatt - damit rund das 650-fache des rheinland-pfälzischen Stromverbrauchs des Jahres 2000.“ Der umweltpolitische Sprecher Alexander Licht fordert die SPD in Bund und Land auf, sich von der Förderung der ineffizienten Windkraftanlagen zu verabschieden. Vielmehr müsse auf regenerative Energieformen gesetzt werden „die uns wirklich weiterbringen.“
Alexander Licht: „Wenn es uns gelingt, ein Prozent des geothermischen Potenzials zu nutzen, dann könnten wir das 6,5-fache des rheinland-pfälzischen Stromverbrauchs abdecken. Derzeit gibt es in Rheinland-Pfalz rund 600 Windkraftanlagen, die unter anderem dann Strom zur Verfügung stellen, wenn man ihn nicht braucht und die still stehen bei Energiebedarf. Das ist das Ergebnis einer falschen Politik.“
Download Energiebericht (pdf)

PRESSEinformation Redaktion: Umwelt, 11.02.04
Sondergutachten Meeresumweltschutz
Eine Ohrfeige für nationale und europäische Umweltpolitik

Bremen, 10.02.2004. Der "Rat von Sachverständigen für Umweltfragen" (SRU) überreicht heute Umweltminister Trittin seine Studie "Meeresumweltschutz für Nord- und Ostsee". Als eine deutliche Ohrfeige für die deutsche und europäische Umweltpolitik bezeichnet die "Aktionskonferenz Nordsee" (AKN) das neue Sondergutachten des Umweltrates. Das Gutachten listet für die vergangenen 24 Jahre trotz aller eingestandenen Fortschritte viele Defizite und neue Risiken im Meeresumweltschutz auf, die weder Klaus Töpfer noch Angela Merkel noch Jürgen Trittin als UmweltministerIn der letzten Jahrzehnte verhindert haben. AKN sieht sich durch das Gutachten in seiner Arbeit bestätigt und begrüßt viele der positiven Ansätze.
Das aktuelle Meeresschutz-Gutachten des Umweltrates ist das zweite seiner Art. Bereits 1980 hatte das selbe Gremium in herausragend kritischer Weise den Zustand des Meeres analysiert. Dieses Gutachten hatte den Anstoß gegeben zur ersten Internationalen Nordseeschutz-Konferenz (INK) der Anrainerstaaten 1984 in Bremen. Es war damit auch Anlass für die Gründung der AKN, damals ein loses Bündnis von VertreterInnen aller deutschen und etlicher europäischer Umwelt- und Naturschutzverbände.
1980 hatte der damalige Umweltrat die ökologische Situation der Nordsee mit der plakativen Formel "Fünf Minuten vor Zwölf" beschrieben. 24 Jahre später kann das Wissenschaftler-Gremium zwar feststellen, dass etliche Schadstoff- und Nährstoffeinträge "teilweise deutlich" vermindert worden seien. Viele bisherige Einleitungen seien aber nicht abbaubar und würden auch künftig mess- und sichtbare Schadwirkungen verursachen. Um so bedenklicher ist es, dass die Experten zugleich vor weiteren und vor allem neuen erheblichen Risiken für Nord- und Ostsee warnen.
Der SRU benennt dafür zwei Ursachen: - Die anhaltenden Vollzugsdefizite hinsichtlich bereits -zum Teil lange - festgelegter Regeln zur Senkung schädlicher Einträge oder zur Minderung von Zugriffen auf die Meeresressourcen in Landwirtschaft, Fischerei, Tourismus, Marikultur und Schiffsverkehr.
- Immer neue und immer extensivere Zugriffe auf die Meere und ihre natürlichen Gegebenheiten, z.B. in der Intensivfischerei und der Schifffahrt, sowie bei Eingriffen der Rohstoffindustrie und der geplante Windenergienutzung.
"Die Analyse verdeutliche", so AKN-Sprecherin Ziebarth in einer ersten Bilanz des neuen SRU-Gutachtens, "dass sich in den letzten 24 Jahren an der Haltung von Politik und Wirtschaft im Umgang mit den Meeren nichts grundsätzlich geändert hat. Wirtschaftliche Motive wiegen offensichtlich immer noch schwerer als ökologische Bedenken. Bundesregierung und EU sind Lichtjahre von einem umweltverträglichen Umgang mit Nord- und Ostsee entfernt. Die AKN-Sprecherin fordert deshalb, die Ausbeutung der Meere radikal zu drosseln und ihre herausragende einzigartige Bedeutung für Natur, Mensch und Klima zu würdigen.

AKN fordert die Bundesregierung auf, das SRU-Gutachten als dringende Handlungsempfehlung auf zu fassen und den Meeresschutz in der nationalen wie europäischen Politik voran zu treiben.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Nadja Ziebarth, Aktionskonferenz Nordsee e.V., 0421- 77675 www.aknev.org, aknev@gmx.net

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Februar 2004

"Trittins Konzept birgt Risiken in Milliardenhöhe"
Bundesrechnungshof rügt Umgang mit radioaktiven Abfällen
"Gegen fachlichen Rat"

Dt. FRANKFURT, 4. Februar. Der Bundesrechnungshof hat eine zügige Entscheidung des Bundes über den Umgang mit radioaktiven Abfällen gefordert. Das von der Bundesregierung seit fünf Jahren verfolgte, bisher aber nicht konkretisierte sogenannte Ein-Endlager-Konzept berge finanzielle Risiken in Milliardenhöhe, heißt es in einem Prüfbericht an Trittins Bundesumweltministerium, der dieser Zeitung vorliegt. Daraus geht hervor, daß die Leitung des Ministeriums an dem unmittelbar nach Regierungsantritt im Oktober 1998 beschlossenen Ein-Endlager-Konzept gegen wiederholten fachlichen Rat ihrer eigenen Berater festhält, für die sich  daraus ergebenden Nachteile und Kostensteigerungen jedoch bisher keine Vorsorge getroffen hat.

Bis zum Regierungswechsel von 1998 hatte der Bund zwanzig Jahre lang das Ziel verfolgt, Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung, die etwa neunzig Prozent des Gesamtvolumens aller radioaktiven Abfälle ausmachen, in der ehemaligen Eisenerzgrube Schacht Konrad (Salzgitter) einzulagern;  der  Salzstock  Gorleben  wurde gleichzeitig auf seine Eignung für die Aufnahme wärmeentwickelnder Abfälle untersucht. Die Untersuchung in Gorleben wurde 1999 unterbrochen, obwohl bis dahin auch nach Einschätzung der Bundesregierung keine Daten vorlagen, die eine Nichteignung erwiesen hätten. Doch hatte sich die Regierung in ihren Koalitionsvereinbarungen darauf festgelegt, daß die Suche nach einem Endlager für alle Arten radioaktiver Abfälle neu zu beginnen habe. Das Planfeststellungsverfahren für Schacht Konrad endete nach zwanzig Jahren im Mai 2002 mit einem positiven Bescheid, der die grundsätzliche Eignung der Grube für den geplanten Zweck bestätigte. Die Herrichtung der Grube für die Einlagerung von Endlagergebinden, die noch einmal vier Jahre dauern soll, wurde mit Rücksicht auf die anhängigen Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluß verschoben. Das Bundesamt für Strahlenschutz hält aber eine Inbetriebnahme von Schacht Konrad im Jahr 2010 für möglich. Nach dem Ein-Endlager-Konzept könnten frühestens 2030 die ersten Abfälle entsorgt werden.

Der Bundesrechnungshof kritisiert, daß fünf Jahre nach der Einleitung eines Wechsels in der Endlagerplanung weder ein Beschluß darüber herbeigeführt noch die Konsequenzen durchgespielt worden seien, die sich daraus ergeben würden. Da Schacht Konrad nicht für wärmeentwickelnde Abfälle ausgelegt ist, hätte er in dem neuen Konzept keinen Platz mehr. Bei einer Rückabwicklung des Projekts, das bisher 819 Millionen Euro verschlungen hat, hätte die Energiewirtschaft, die neunzig Prozent der Kosten vorfinanziert hat, Anspruch auf Erstattung ihrer Auslagen für eine nichtgenutzte Anlage. Wäre die Entscheidung im Jahr 2000 gefallen, heißt es in dem Bericht, hätten sich die Forderungen (einschließlich Zinsen) auf 1,5 Milliarden Euro summiert. Bei einer Projektaufgabe 2010 müßte der Bund schon 3,2 Milliarden Euro zurückzahlen. Allein das Offenhalten der Grube kostet 20 Millionen Euro im Jahr.

Zusätzlich ergehen sich nach Feststellungen des. Rechnungshofs auch erhebliche Mehrkosten aus der Verlängerung der Zwischenlagerung. Für den Bund würden sie  nach  Einschätzung  des Bundesamtes für Strahlenschutz 1,4 bis 1,9 Milliarden Euro betragen; für alle Abfallverursacher zwischen 3,9 und 6,8 Milliarden. Schließlich ergebe sich aus der Vorfestlegung auf das Ein-Endlager-Konzept auch ein erhebliches Prozeßrisiko für  die  anhängigen  Verfahren  gegen Schacht Konrad.

Die finanziellen Risiken eines Zielwechsels seien dem Bundesumweltminister von Anfang an bekannt gewesen, heißt es weiter in dem Bericht. Die Konsequenzen, die er daraus gezogen habe, seien jedoch ”weder systematisch noch zielführend" gewesen. Es seien Arbeitskreise einberufen und Gutachten bestellt
worden. ”Eine systematische Analyse zum entscheidungsrelevanten Erkenntnisbedarf sowie eine darauf beruhende konkrete Vorgehensplanung des Bundesministeriums waren nicht erkennbar." Statt dessen seien Gutachter, die sich gegen das  Ein-Endlager-Konzept  ausgesprochen hätten, von der weiteren Mitarbeit entbunden worden.

Schon im August 2001 sei der von Umweltminister Trittin (Grüne) einberufene Arbeitskreis Endlagersuche (AkEnd) zu dem Schluß gekommen, ”daß unter entsorgungskonzeptionellen Gesichtspunkten sowie. unter Sicherheitsaspekten (...) wahrscheinlich dem Mehr-Endlager-Konzept der Vorzug zu geben" sei. Der Rechnungshof bemängelt, daß das Ministerium keine Angaben über die Kosten dreier umfangreicher Prüf- und Beratungsaufträge machen könne. Eine abschließende Bewertung der Ergebnisse liege bis heute nicht vor. Die Prüfer fordern das Ministerium auf, die seit fünf Jahren in der Schwebe gehaltene Entscheidung über den Umgang mit radioaktiven Abfällen so bald wie möglich herbeizuführen.   Das   Bundesumweltministerium nannte die Kritik in einer Stellungnahme ”nicht nachvollziehbar'" und verwahrte sich im übrigen gegen die ”inhaltliche Einmischung" des Rechnungshofs ”in operative politische Entscheidungen".

Ohne Landebahn
Dt. Von Atomkraftgegnern stammt das Bild, daß die Politik ein Flugzeug gestartet habe, für das es keine Landebahn gebe. Das war auf die Atomkraft gemünzt, die schon Strom lieferte, bevor auch nur ansatzweise klar war, wie und wo die dabei entstehenden Abfälle einmal unschädlich gemacht werden könnten. Der Vorwurf wog schwer und ging sowohl der Politik als auch der Wirtschaft unter die Haut. Milliarden wurden seither für die Endlagerforschung ausgegeben. Doch je näher das Problem einer Lösung kommt, desto heftiger wird sie gerade von denen bekämpft, die früher ihr Fehlen angeprangert haben; denn mit der Inbetriebnahme eines Endlagers wäre ihr Hauptargument gegen die Atomenergie entkräftet. Dieser Logik folgend, läßt Umweltminister Trittin nichts unversucht, um den Bau der ”Landebahn" zu verhindern. Wie teuer das die Steuerzahler zu stehen kommt, hat nun der Bundesrechnungshof aufgedeckt. Der Skandal dahinter harrt noch der Entdeckung: So hemnungslos, wie die Grünen mit den Ängsten der Bevölkerung Politik gemacht haben, so skrupellos ignorieren sie diese Ängste, wenn sie ihnen machtpolitisch nicht mehr in den Kram passen.

P R E S S E M I T T E I L U N G, 04. Febr. 2004 Nr. 02/2004
Windbranche sucht gezielt "Schlupflöcher und Lücken" in Genehmigungsverfahren
Esens. Was bisher in Ostfriesland nur vermutet wurde, bestätigte die Windenergiebranche jetzt selbst auf einer Webseite: In Hamburg wurde von der Handelkammer Hamburg ein Seminar mit dem Titel "Schlupflöcher und Lücken- Taktiken im Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen" ausgeschrieben.
http://www.windmesse.de/seminare/20040202_recht.html
Ein Tagesordnungspunkt befasst sich Zitat "mit der Wahl des richtigen Genehmigungsverfahrens, Vorbescheid oder Vollgenehmigung?-Aufsplitten des Vorhabens in Einzelanlagen." " Zitatende Die Seminarausschreibung nennt dies ausdrücklich "Salamitaktik. Schadensersatzdrohungen von unwilligen genehmigungsunwilligen Behördenvertretern werden elegant umschrieben: Zitat "Was tun, wenn der Nachbar klagt oder der Genehmigungsantrag abgelehnt wird? Geltendmachen von Amtshaftungsansprüchen in eine positive Handlungsstrategie." Zitatende
In Ostfriesland werde diese Taktik bereits am Beispiel der Gemeinde Dornum oder der Stadt Wittmund mit Unterstützung der Landräte versucht, wo riesige Windparks zur Umgehung der Auflagen aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz von verschiedenen Betreibern als Einzelanlagen beantragt wurden, zum Schaden der Anlieger und der Landschaft.
Der Inhalt dieses Seminar mache erschreckend deutlich, dass es den Windkraftbetreibern keinesfalls um den immer wieder angeführten und vorgeschobenen "Klimaschutz" gehe, sondern ausschließlich um deren Gewinnerwartung aus dem Erneuerbaren Energiengesetz und sie dafür bereit sind, ohne Rücksicht auf die Landschaft oder die Anwohner ihre Ansprüche durchzusetzen.
Text: Manfred Knake
Rückfragen: im Koordinierungsbüro

Wiener Zeitung /AT, 04.02.04
Ökostrom-Misere gefährdet 500 Mill. Euro und 8.000 Arbeitsplätze
Die Verbund-Tochter APG steht abermals unter Beschuss. Die "gesetzeswidrigen" Minitarife für Ökostrom können die betroffenen Energiepioniere - zumeist Landwirte - nicht mehr hinnehmen. Sie halten diese Strategie des Energieriesen für grob fahrlässig, da sie anstehende Investitionen in Österreich von 500 Mill. Euro und damit gleichzeitig 8.000 Arbeitsplätze gefährdet. Die Betriebskosten für die neuen Anlagen seien höher als das Gebotene, kritisiert der Biomasse-Verband.
"Viele Bauern haben ihren Nebenerwerb an den Nagel gehängt, weil sie hofften mit dem Hof und dem kleinen Kraftwerk ihr Auslangen zu finden," berichtet der Kärntner Thomas Gadner. Er hat selbst seinen Job als Lehrer aufgegeben und wollte sein Zusatzeinkommen mit einer 250 kW-Biogasanlage bestreiten. Doch jetzt muss sich Gadner wieder nach einer neuen Stelle umschauen. Denn die Strategie des Verbund-Unternehmens APG für Strom aus Biogas nur noch 4,12 Cent statt der gesetzlich festgelegten 14,5 Cent je kWh anzubieten, machte ihm einen Strich durch die Rechnung. "In Kärnten teilen 40 andere Landwirte dasselbe Schicksal."
Sie wollten 10 Biogasanlagen mit einem Investitionsvolumen von 10 Mill. Euro errichten und hätten damit dem Maismarkt einen Dienst erwiesen. Für das Vorhaben könnten nur noch bis August EU-Fördermittel beantragt werden. Ohne Garantie, den im Gesetz vorgesehenen Einspeisetarif zu bekommen, werde jedoch nichts errichtet und das Geld bleibe in Brüssel. Ähnlich ergeht es Alois Kowald. Der Steirer hat 1,4 Mill. Euro in eine 500 KW-Anlage gebuttert und sieht sich jetzt an den Rand der Existenz gedrängt. "Ich werde kämpfen, sonst geh ich in Konkurs."
In ganz Österreich sind laut Josef Plank, dem Energieexperten des Biomasse-Verbands, weitere hunterte Strompioniere, die ihr Glück mit Biomasse, Windkraft oder Solarenergie versuchen wollten, betroffen. Plank geht mit dem Verbund hart ins Gericht und bezeichnet dessen Vorgehen als "grob fahrlässig und gesetzeswidrig". Auch wenn im Fördertopf wegen der mangelhaften Ökostrom-Zuschlagsverordnung 40 Mill. Euro fehlen würden, müsste die APG sich an geltenden Gesetze halten und korrekte Tarife auszahlen. Denn für einen solchen Fall sei Vorsorge getroffen worden. "Das Risiko, dass die APG vorschiebt, hat sie gar nicht. Fehlbeträge werden im nächsten Jahr ausgeglichen." Der Verbund könne sich somit nicht auf das Aktiengesetz berufen, sondern sei verpflichtet sofort zu handeln.
Schuld an der Misere seit auch der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, der einer Erhöhung des Öko-Zuschlags um 0,07 Cent je kWh aus wahlkampftaktischen Überlegungen nicht zustimmte. Ebenso mitverschuldet habe sie aber Wiens Bürgermeister Häupl. Er forderte eine gleich hohe Förderung für KWK-Anlagen wie im Vorjahr von 95 Mill. Euro und habe sich damit seine Zustimmung zur Ökostromverordnung abkaufen lassen.
Erschienen am: 04.02.2004

Anzeiger für Harlingerland, 04.02.04
Wind: “Warmer Regen”
Holtriemer Mitgliedsgemeinden nehmen erheblich mehr Gewerbesteuer ein
holtriem/hph - Ein warmer Geld-Regen für die Gemeinden Westerholt, Schweindorf, Nenndorf und Neuschoo in Holtriem: Lagen ihre Gewerbesteuereinnahmen 2002 noch bei knapp 650000 Euro, nehmen sie 2003 insgesamt 1623196 Euro ein - das entspricht einer Steigerung von 250 Prozent. Hintergrund ist, dass die Windparkbetreiber und die Windanlagen-Bauer erstmals im vergangenen Jahr Gewerbesteuer zahlen mussten. Von den 927000 Euro, die mehr in die Kassen der Holtriemer Mitgliedsgemeinden fließen, bleiben den Kommunen jedoch nur knapp fünf Prozent, erläuterte gestern Vormittag Holtriems Samtgemeindebürgermeister Harm Poppen. Rund 27 Prozent fließen als Umlage an die Samtgemeinde, knapp 37 Prozent bekommt der Landkreis Wittmund und gut 36 Prozent gehen an das Land und den Bund. Dennoch freute sich der Bürgermeister über diese überraschende Mehreinnahme: “Es resultiert aus den erfolgreichen Aktivitäten der Holtriemer Windanlagenfirmen und Windanlagenbetreiber. Andererseits ist dies auch ein Ergebnis der beharrlichen Bemühungen von Samtgemeinde und Mitgliedsgemeinden um die Schaffung des Holtriemer Windparks in den Jahren 1992 bis 1998 und die kompromisslose Unterstützung der Windenergiebefürworter.” Nachdem die Windparks in Holtriem jetzt in die Gewerbesteuerpflicht hineingewachsen seien, könne seitens der Politik mit einer dauerhaftenErhöhung der Steuerkraft des Holtriemer Raumes gerechnet werden. In dem Zusammenhang verteidigte Poppen im Gespräch mit dem “Harlinger” auch den Bau von acht neuen Anlagen an den Gemeindegrenzen zu Dornum und zu Großheide. Wie berichtet, hatte die Gemeinde Nenndorf auf ihrem Gebiet im vorhandenen Windpark acht zusätzliche Anlagen des Typs Enercon E 66 (Gesamthöhe 135 Meter) genehmigt. Auch diese Mühlen würden in einigen Jahren die Steuerkraft der Gemeinde erhöhen, so Harm Poppen.

Nordex kämpft gegen Krise und Rekordverlust
Stellenabbau auf bis zu 600 Beschäftigte möglich
Windanlagenhersteller hofft auf Zukunftsprojekte

In vielen Unternehmen der Windkraftbranche herrscht Katerstimmung. Wie die einst boomende New-Economy-Branche müssen auch Mühlenbauer und Windpark-Planer erkennen, dass es nicht immer steil aufwärts gehen kann. "Die gesamte Branche war zu 100 Prozent auf Wachstum eingestellt und dachte, es würde immer so weitergehen", sagt Thomas Richterich. Das war auch bei Nordex nicht anders, und der Finanzvorstand des Norderstedter Windkraftanlagenherstellers weiß das.

Unvorsichtigkeit, Managementfehler und Auftragsflaute ließen Nordex in die Krise treiben. Die Folge: ein Rekorddefizit und Aktientiefpunkte. Mit Kärrnerarbeit will sich das Unternehmen nun bis 2005 in die Gewinnzone zurückkämpfen. Die Bestandsanalyse ist ernüchternd. Das Defizit im Geschäftsjahr 2002/03 liegt bei 67 Millionen Euro nach einem Überschuss von 17,8 Millionen Euro im Jahr zuvor. Allein von Oktober 2002 bis März 2003 ging der Aktienkurs des einstigen Vorzeigeunternehmens um 60 Prozent zurück. Vom Höchstwert von über zehn Euro kurz nach Börsengang im April 2001 ist Nordex wegen der allgemeinen Wirtschaftskrise Lichtjahre entfernt: Der Kurs dümpelt heute zwischen 65 und knapp 80 Cent. Zwei Vorstandswechsel in kurzer Folge brachten Nordex in die Schlagzeilen. Gerüchte über eine nahe Insolvenz oder zumindest eine Übernahme schossen ins Kraut. Die Alarmglocken waren im vorigen Jahr nicht mehr zu überhören. Und so wurde mit dem Unternehmensberater Roland Berger eine Therapie mit 1600 Einzelmaßnahmen für Nordex konzipiert. Eine bittere Pille muss die Belegschaft schlucken: Von ehemals 940 Mitarbeitern waren Ende 2003 nur noch 720 bei Nordex. Je nach Verlauf des Geschäftsjahres kann die Belegschaft auf bis zu 600 Mitarbeiter reduziert werden. Das Gros der Maßnahmen zielt auf Straffung der Geschäftsprozesse wie Logistik und Zulieferung ab. Mit dem Programm will sich Nordex wieder in Form bringen für einen auch langfristig gewinnträchtigen Zukunftsmarkt.

Zwar ging 2003 in Deutschland die installierte Leistung um ein Viertel zurück. Und auch exorbitante Zuwachsraten von 30 Prozent im Jahr werden wohl der Vergangenheit angehören. "Bis 2010 ist ein Anstieg der installierten Leistung auf 25 000 Megawatt (MW) aber realistisch", schätzt der Sprecher des Bundesverbands Windenergie Ralf Bischof. Damit würde sich die Windkraftleistung in den nächsten sechs Jahren von 14 500 Megawatt immerhin fast verdoppeln. Die Windenergie deckt etwa sechs Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland. Bei Nordex zog das Auftragsgeschäft wieder an. 2004 begann mit neuen Aufträgen für Windparks in den Niederlanden, Japan und Irland.

Die Anleger reagierten prompt: Der Kurs kletterte am Tag nach Bekanntgabe der Aufträge um mehr als zehn Prozent auf 77 Cent. Die Hoffnungen der Windkraftbranche und auch die von Nordex liegen im Offshore-Bereich auf hoher See. Zwei Nordseeprojekte - nördlich von Borkum und westlich von Sylt - sind bereits genehmigt. Insgesamt gingen seit 1999 bei den Behörden 24 Anträge für die Nordsee und acht für die Ostsee ein. dpa - Artikel erschienen am 29. Jan 2004

FAZ, 14.01.2004
Klimaerwärmung
Jetzt werden die Toten gezählt
Von Joachim Müller-Jung
14. Januar 2004 Wer sich, wie die Masse der internationalen Klimaforscher, den "Schutz" des Klimas auf die Fahnen geschrieben und sich damit einem auch in politischer Hinsicht fast aussichtslosen Kampf gestellt hat, mußte in den vergangenen Monaten mit immer neuen Frustrationen zu leben lernen. Die Klimapolitik ist in einer Sackgasse, von einer Wende - einer Art Plan B - ist die Rede. Das hochgehandelte Kyoto-Protokoll, das zum ersten Mal verbindliche Reduktionsziele für die Emissionen von Treibhausgasen vorsieht, tritt so lange nicht in Kraft, wie das russische Parlament die Ratifikation des Vertrags verweigert. Und aus Rußland kamen zuletzt nur widersprüchliche und wenig vielversprechende Signale.

Die Klimaforscher aber, jedenfalls die übergroße Mehrheit, und mit ihnen vor allem die Entscheidungsträger in den Vereinten Nationen wollen sich damit keinesfalls abfinden. Sie sind fest entschlossen, den politischen Druck zu erhöhen - und sei es auf Kosten eines waghalsigen wissenschaftlichen Vabanquespiels, wie es die Umweltforschung in Deutschland mit dem "Waldsterben" in den vergangenen Jahrzehnten erlebt hat. Von den apokalyptischen Prognosen, die man seinerzeit veröffentlicht hat, die sich im nachhinein aber als unhaltbar und völlig überzogen erwiesen haben, ist kaum mehr geblieben als die gutgemeinte Absicht.

Schrecklichere und weniger abstrakte Zahlen
Jetzt geht offenbar die Klimaforschung aufs Ganze. Waren es die ganzen Jahre noch vor allem die steigenden Meeresspiegel, die abschmelzenden Eiskappen, die Wüstenbildung und die zunehmenden Wetterextreme, die man als unglückverheißende Szenarien vorhergesagt hat, listet man heute die Folgen des Klimawandels in weit schrecklicheren und weniger abstrakten Zahlen auf. Es werden dem Publikum die Toten vorgerechnet, die Opfer des Klimawandels heute, morgen und wenn es sein muß auch übermorgen, im Jahr 2100 oder 3000. Von der Philosophie der Klimaforschung her, die sich mit ihren Computermodellen alle denkbaren ökonomischen und sozialen Komponenten einzubeziehen und zu extrapolieren getraut, sind solche Kalkulationen keine große Sache. Psychologisch gesehen freilich sind sie in der Wirkung auf die Politik und die Öffentlichkeit ein gewiß nicht zu unterschätzender Kategoriensprung.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf hat es vorgemacht, wie der Klimawandel heute bilanziert wird. Inspiriert möglicherweise von beunruhigenden Meldungen wie denen über die 11.435 "Hitzetoten", die in Frankreich im Laufe des zurückliegenden Jahrhundertsommers in kurzen Abständen hintereinander veröffentlicht wurden, brachte die WHO vor knapp vier Wochen ein Buch mit dem Titel "Climate Change and Human Health - Risks and Responses" heraus, in dem das Blutopfer der globalen Erwärmung von 0,6 bis 0,8 Grad im abgelaufenen Jahrhundert zumindest für das Jahr 2000 exakt beziffert wurde: 150.000 Menschen seien allein in diesem Jahr Opfer des Klimawandels geworden. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung "Globale Umweltveränderungen" griff die Zahl in seinem jüngsten Sondergutachten "Über Kyoto hinausdenken" auf und nannte zudem die von der WHO ermittelte "Krankheitslast" der Weltbevölkerung von 5,5 Millionen "Disability-Adjusted Life Years". Gemeint ist damit der durch die Klimaänderung verursachte Verlust an gesunden und damit produktiven Lebensjahren. Für 2,4 Prozent aller Durchfallerkrankungen und zwei Prozent aller Malariafälle wird die Klimaerwärmung verantwortlich gemacht.

Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt
Keine Frage, daß diese Bürde den Berechnungen der Wissenschaftler zufolge gewissermaßen parallel zur prognostizierten Temperaturkurve weiter rapide wachsen soll. Den Tribut haben aber nicht allein die Menschen zu zollen. In der Zeitschrift "Nature" (Bd. 427, S. 145) hat eine internationale Forschergruppe um Chris Thomas von der Universität Leeds jetzt eine Art prospektive Opferstatistik für die Tier- und Pflanzenwelt vorgelegt. Ein unheilschwangeres Zahlenwerk, das sich nahtlos an die Extrapolationen der Klimaforschung anschließt.

Demnach könnten bis zu einer Million Arten bis zum Jahr 2050 der rapiden Erwärmung zum Opfer fallen und vollständig vom Globus verschwinden. Grundlage dieser Prognose sind Computersimulationen, mit denen die Verbreitung von 1.103 Spezies aus sechs artenreichen Regionen, die ein Fünftel der globalen Landfläche repräsentieren sollen, berechnet wurde. Je nach Erwärmungsszenario kommen demnach zwischen 15 und 37 Prozent der Tier- und Pflanzenarten mit dem Verlauf des Klimas und der damit einhergehenden Veränderungen ihrer Lebensräume nicht zurecht. Davon ausgenommen sind im schlimmsten Fall nicht einmal Arten, die in naturnahen, also weitgehend unberührten Habitaten leben. Viele von ihnen sollen aussterben, zumindest in den Computermodellen.

Viel Computerkunst und wackelige Zahlengebäude für eine einfache politische Botschaft
Umgekehrt, so rechnen die Forscher vor, könnten 15 bis 20 Prozent der Spezies vom Aussterben gerettet werden, wenn man wenigstens die eingeleiteten Klimaschutzmaßnahmen verwirklichen und damit die Erwärmung und den ökologischen Schaden minimieren würde. Viel Computerkunst und wackelige Zahlengebäude für eine einfache politische Botschaft. Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.01.2004

Ostfr. Kurier, 07. Januar 2004
Windkraft nützt nur den Betreibern
Uilke van der Meer: Verbraucher zahlen die Zeche - Reaktion auf Dornumer Pläne für neue Anlagen
Der Sprecher des Arbeitskreises Umweltschutz spricht von fatalen Auswirkungen auf die touristische Entwicklung.

Dornum/ime/mg - Immer wieder wird öffentlichkeitswirksan vermeldet: Deutschland ist Weltmeister bei der Windkraft-Nutzung. Dies aber ist offensichtlich nur eine Seite der Medaille. Die andere: Obwohl ständig mehr und immer höhere Turbinen mit steigenden Leistungen gebaut werden, sinke deren Gesamtertrag, sagt Uilke van der Meer, Vorsitzender des Arbeitskreises Umweltschutz (AKU) Norden im Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) Niedersachsen. "Die von den Windkraft-Befürwortern zugrunde gelegten Prognosen erfüllten sich nicht", ist van der Meer überzeugt.

Uilke van der Meer: Die Landschaft wird mit Windrädern zugestellt.
Der gebürtige Niederländer, der seit vielen Jahren in Ostfriesland lebt, reagiert mit seiner Einschätzung auf den möglichen Ausbau der Windkraft-Nutzung in der Gemeinde Dornum. Dort sollen, wie berichtet, fast 40 neue Turbinen entstehen. Zumindest, wenn es nach dem Willen mehrerer Investoren geht. Van der Meer ist einer der Haupt-Organisatoren des Widerstandes vor Ort und strebt eine gemeinsame Klage der Windkraft-Kritiker gegen die geplanten Anlagen an. Finanziell wäre ein solcher juristischer Schritt nach seinen Angaben dank der Unterstützung mehrerer Dornumer abgesichert. Das Gutachten einer Oldenburger Fachanwältin hatte einer Klage durchaus gute Chancen eingeräumt.

Van der Meers Kritik richtet sich aber nicht ausschließlich gegen die Dornumer Plane, sondern gegen ein seiner Ansicht nach vorhandenes Ausufern der Windkraft-Nutzung im Allgemeinen. Er spricht von einer "Horizontverschmutzung" durch die hohe Turbinen-Dichte an der Küste: "Die freie Fläche wird mit Windrädern regelrecht zugestellt."

Im Hinblick auf den für die Region, vor allem auch für die Gemeinde Dornum so wichtigen Tourismus sei dies eine fatale Entwicklung, betonte der Naturschützer. Urlauber würden nicht selten von surrenden Geräuschen, Lichtreflexen oder dem Schattenwurf der Windräder unangenehm überrascht und abgeschreckt. Die einstige Idylle sei vielerorts bereits dahin, sagt van der Meer, der von einer "durch Windturbinen industriell überformten Landschaft" spricht.

Weiterer Grund für den Widerstand: Nach Auffassung des Arbeitskreis-Vorsitzenden nütze die Windkraft finanziell nur den Betreibern. Die Allgemeinheit zahle dagegen die Zeche. Denn für die Verbraucher rechne sich die Windkraft nicht: "Die Betreiber verdienen viel Geld mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) über jeden einzelnen Stromkunden. Die Verbraucher zahlen mehr für ihren Strom, der in Wirklichkeit überwiegend nicht von Windkraftanlagen produziert wird."

Hintergrund: Auch wenn der Wind kaum weht - und das sei selbst an der Nordseeküste oft tagelang der Fall - dürfe das Licht nicht ausgehen. "Konsequenz: Je mehr Windkraftanlagen gebaut werden, umso mehr traditionelle Großkraftwerke müssen vorgehalten werden", sagt van der Meer, der auch Mitglied des Wattenrates Ostfriesland und Leiter des Dornumer Nationalparkhauses ist. Für ein Megawatt-Windstrompotenzial sei ein Megawatt traditionelles Energiepotenzial bereit zu halten, rechnet er vor. Denn selbst bei absoluter Flaute verbrauchten die Räder Strom für den Eigenbetrieb, ohne in dieser Zeit aber selber Energie zu erzeugen. Die von den Windkraft- Befürworten angeführte Abgas-Reduzierung und die Vermeidung radioaktiver Abfälle bleibe daher Wunschdenken.

Das Magazin, Heft 8/2003 (erscheint im Seitenstraßenverlag GmbH, Berlin)

Ökologische Kunstbanausen
Andre Meier über Windkrafträder, die zum Ruin der Landschaftsmalerei werden.

Im Stadtmuseum Jena hängt ein Bild. Es datiert aus dem Jahr 1810 und zeigt einen Haufen uniformierter junger Männer, die zu Fuß oder zu Pferd aufeinander einschlagen. Es erinnert an die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt, bei der im Oktober 1806 das alte Preußen unter den Schlägen der Napoleon-Armee zusammenbrach. Gemalt hat es ein gewisser J.H.C. Zerenner. Ein Name den man sich nicht unbedingt merken muß, denn sein Gemälde soll hier nur der Anlaß sein, um auf jene anhaltenden Verheerungen hinzuweisen, die ein anderes scheinbar total unkriegerisches Tun hinterläßt. Gemeint ist die forcierte Nutzung der Windkraft.
Wer sich nun fragt, was diese hierzulande großzügig subventionierte Art der Stromgewinnung mit Kunst zu tun hat, der sei daran erinnert, daß erst vor wenigen Wochen auf einer Auktion bei Sotheby's in London 18,3 Millionen Euro für eine unzerstörte, durch Künstlerherz und -hirn gespiegelte ländliche Idylle hingeblättert wurden. Die Rede ist von der "Krumauer Landschaft", die Egon Schiele im Jahre 1916 auf die Leinwand bannte. Viel Geld für ein eher unspektakuläres Werk eines österreichischen Expressionisten.
Nun sollte das Vermögen potentieller Landschaftsbildkäufer für ebenso unantastbar erklärt werden wie die Landschaft an sich. Ganz gleich, ob sie bereits in Öl geworden ist oder noch ihrer künstlerischen Verwertung harrt. Vorausschauende (neudeutsch: nachhaltige) Kunstkritik bedeutet daher auch, der Zerstörung des Weichbildes unserer Heimat Einhalt zu gebieten. Die 14 000 Windkraftanlagen, die bis heute in Deutschland aufgestellt wurden, decken gerade mal fünf Prozent unseres Nettostromverbrauchs. Der Preis, den wir für diese politisch gefeierte Demonstration ökologisch vermeintlich korrekter Tatkraft zahlen müssen, ist hoch.
Was bislang kein Krieg vermochte, gelang der Windkraftlobby in wenig mehr als einer Dekade. Ganze Landstriche in Brandenburg, Schleswig-Holstein oder Niedersachsen wurden geschändet, verloren ihr Gesicht. Kirchen, die auch in atheistischen Zeiten die Horizontlinien dominierten und den Symbolen flüchtiger Ideologien tapfer trotzten, stehen nun im Schatten gigantischer grauer Rotoren.
Doch damit nicht genug. Große Off-Shore-Windparks drohen uns vor Rügen die Sicht zu verstellen, die wir aus Caspar David Friedrichs Gemälden kennen. Der Widerstand gegen diesen Frevel wird immer lauter und zeitigt Erfolge. Und damit zurück nach Jena, wo es bis vor kurzem schien, als würde alsbald nur noch J.H.C. Zerenners Gemälde an jenes große, Geschichte schreibende Gemetzel erinnern, das Zehntausende Franzosen und Preußen auf fremdem Boden mit ihrem Leben bezahlen mußten. Dutzende Windkrafträder sollten sich über den Schlachtfeldern von Jena und Auerstedt drehen und dem Gedanken die Heimstatt nehmen. Bürger protestierten, sammelten Unterschriften und brachten schließlich den Jenaer Stadtrat dazu, den fest geplanten Bau der Anlage zu stoppen. Wenigstens bis zum 200. Jubiläum der Doppelschlacht im Jahr 2006. Drei Jahre Zeit, um darüber nachzudenken, wieviel Vergangenheit wir uns von der Gegenwart nehmen lassen wollen, wieviel Natur wir ihrer scheinbaren Schonung zu opfern bereit sind.


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