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21.06. - 11.07.02
RHEINPFALZ, 11.07.02
Der Hintergrund: Flächen für Vogelschutz beträchtlich verkleinert
KIRCHHEIMBOLANDEN: Nur noch Ackerplateau bei Ilbesheim betroffen - Naturschutzverbände intervenieren in Brüssel
Letztes Jahr hatte sie in den Kommunen für helle Aufregung gesorgt. Die sieht der SPD-Landtagsabgeordnete Rudolf Franzmann nun als gegenstandslos an: Die Vogelschutzrichtlinie der EU, für deren Umsetzung 2001 noch beträchtliche Teile der Fläche des Donnersbergkreises im Gespräch waren, soll nur noch auf dem Ackerplateau zwischen Ilbesheim und Flomborn zum Tragen kommen. Aber: Gegen das beträchtliche "Eindampfen" ursprünglich vorgesehener Flächen in Land und Bund werden sich Naturschutzverbände bundesweit zur Wehr setzen.

Laut Pressemitteilung Franzmanns hat der Ministerrat Anfang Juli einem Beschlussvorschlag des Umweltministeriums zugestimmt, in dem von den ursprünglich vorgesehenen 20 Prozent der rheinland-pfälzischen Landesfläche nur noch 8,3 Prozent zur Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie vorgesehen sind. Für das Donnersberger Land hatte der erste Vorschlag gut ein Viertel der Kreisfläche erfasst, darunter einen breiten Streifen von Reichsthal über Alsenz bis nach Mörsfeld mit großen Teilen der Verbandsgemeinden Rockenhausen und Alsenz-Obermoschel. Viele Kommunen und Verbände hatten damals Befürchtungen artikuliert, dass durch die Auflagen, die von einer solchen Unterschutzstellung zu erwarten seien, die Region in den Entwicklungsstillstand getrieben würde (wir berichteten). Dieser Streifen kommt nun im Gebietsvorschlag nicht mehr vor.

"Ich hoffe, dass nach der ursprünglichen Aufregung auch im Donnersbergkreis zum Thema Vogelschutzrichtlinie wieder Ruhe einkehrt", zeigt sich Franzmann daher nun, nach dem neuen Stand der Dinge, zuversichtlich. Dem steht allerdings entgegen, dass viele Naturschutzverbände das "auf keinen Fall mittragen" werden, erklärte Rüdiger Viessmann, stellvertretender Kreis-Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu), gegenüber der RHEINPFALZ. Der Naturschutzreferent seines Landesverbandes, Friedrich Wulf, bestätigte auf Nachfrage, dass Naturschutzverbände auf Bundesebene gegen die bundesdeutschen Gebietsvorschläge in Brüssel Beschwerde eingelegt hätten. Wulf ist davon überzeugt, dass es wegen der Nichteinhaltung von EU-Recht in den Gebietsvorschlägen bei einer Klage zur Verurteilung der Bundesrepublik kommen könne. "Teilweise wurden die besten Gebiete wieder rausgenommen", kritisiert Wulf und nennt hier auch das Nordpfälzer Bergland, das bei bestimmten Vogelarten in der Wertigkeit bundesweit auf Platz 4 geführt werde. Als weiteres sogenanntes "Top five-Gebiet", in diesem Fall für den Mittelspecht, - für jede in der EU-Richtlinie aufgeführte Vogelart müssen die fünf wichtigsten Brutgebiete aufgelistet werden - verweist Viessmann auf ein Waldstück bei Haide, das auch nicht zum Zuge komme. Die Naturschützer sehen in den Streichungen ein Zurückweichen gegenüber Verbandsinteressen. Viessmann geht zwar nicht davon aus, dass der ursprüngliche Vorschlag voll umgesetzt werden könne, erwartet jedoch Kompromissbereitschaft zu Gunsten des Naturschutzes.

Im Umweltministerium hält man dagegen den Gebietsvorschlag, der über Berlin jetzt nach Brüssel geht, für "belastungsfähig", so Pressesprecher Wolfgang Raber. Im ersten Vorschlag für das Bundesland seien lediglich alle denkbaren Gebiete aufgenommen worden im Sinne einer "Suchkulisse". Beim Filtern der Vorschläge habe man dann versucht, "Synergieeffekte" zu nutzen, d. h. etwa solche Gebiete zu bevorzugen, die gleich von mehreren schutzbedürftigen Vogelarten als Bruträume genutzt werden oder die bereits über einen landespflegerischen Schutzstatus verfügen.

Zahlreiche Abstriche waren auch vorgenommen worden nach der Anhörung der Betroffenen, zu der landesweit fast 500 Anregungen eingegangen waren und die schon zu Beginn des Jahres zur Herausnahme der Ortslagen und bekannter Planungsabsichten der Kommunen geführt hatten. Unklar scheint nach wie vor, welcher Schutzstatus einem Gebiet zukomme, das von der Vogelschutzrichtlinie erfasst sei. Der Kreisverwaltung lägen dazu noch keine Informationen vor, sagte Umweltdezernent Albert Graf auf Nachfrage. (bke) RHEINPFALZ ONLINE, Donnerstag, 11. Jul 02
Kommentar: Ruhe beim Vogelschutz?
Von Thomas Behnke - Ob tatsächlich, wie von MdL Rudolf Franzmann erhofft, beim Thema Vogelschutzrichtlinie nun Ruhe einkehren wird, nachdem in Mainz auch für den Donnersbergkreis ein deutlich abgespeckter Gebietsvorschlag ausgebrütet wurde, bleibt wohl noch abzuwarten.
Denn nun sehen die Naturschutzverbände der EU-Vogelschutzrichtlinie arg die Flügel gestutzt und gehen, da offenbar bundesweit die ersten Vorschläge für Vogelschutzgebiete erheblich Federn lassen mussten, von guten Chance für ihre Intervention in Brüssel aus. Das letzte Wort ist hier also wohl doch noch nicht gesprochen. Dass der erste Gebietsvorschlag, der damals in den Kommunen für so viel Aufregung gesorgt hat, nun vom Ministerium beschwichtigend als "Suchraum" bezeichnet wird - so, als sei es damals noch gar nicht ernst gewesen - ist dabei kaum geeignet, den Eindruck eines überhasteten, unkoordinierten Vorgehens zu verwischen. Und dass der Kreisverwaltung bis heute keine Information darüber vorliegt, welchen genauen Schutzstatus die von der Richtlinie erfassten Gebiete erhalten sollen, lässt aus Sicht der Kommunen nach wie vor im Unklaren, was für ein Ei ihnen, sofern sie von der Richtlinie betroffen sind, eigentlich ins Nest gelegt wird. RHEINPFALZ ONLINE, Donnerstag, 11. Jul 02

Jülicher Zeitung, 10.07.02
Stürmische Diskussion um Windkraftanlagen
Rödingen. Heftige Diskussionen entfachte das Thema Windenergie bei einer Versammlung des CDU-Gemeindeverbandes Titz in Rödingen.
Dabei forderten Mitglieder der Bürgerinitiative "Störwind" aus der Nachbarkommune Elsdorf, Rahmenbedingungen und Gutachten der so genannten Konzentrationszone für Windkraftanlagen am südöstlichen Rand der Gemeinde Titz noch einmal zu prüfen.
Denn entgegen der Meinung von Referent Thomas Waschki, Jurist bei der Kommunalpolitischen Vereinigung, glauben die Mitglieder von Störwind, dass keine besonderen Bereiche für Windkraftanlagen ausgewiesen und die Anlagen selbst nicht zwingend genehmigt werden müssen.
Waschki hatte jedoch erläutert, dass laut Baugesetzbuch die Windmühlen dann errichtet werden können, "wenn es der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dient".
Auf diesen Paragraphen berufen sich alle Betreiber von Windenergieanlagen. Der Jurist empfiehlt allen Kommunen, rechtzeitig Gebiete zur Windkrafterzeugung im Flächennutzungsplan auszuweisen, um einen Wildwuchs der Anlagen in der Landschaft zu verhindern.
Als Einschränkung für Genehmigungen gelten laut Waschki vorliegende oder erwartete Bauanträge im Umfeld eines Windparks, die allgemeine Siedlungserweiterung oder!dann, wenn die Landschaft eine Erholungsfunktion hat. Voraussetzungen zur Erteilung einer Baugenehmigung sind die Einhaltung von Lärmgrenzen, nämlich 60 dB (A) tagsüber und 40 dB (A) nachts.
Auch beim Schattenwurf durch die bis zu 100 Meter hohen Mühlen müssen Einwirkungen "zumutbar" sein. Hier gilt: Schattenwurf darf maximal 30 Minuten am Tag oder höchstens 30 Stunden im Jahr entstehen.
Bei diesen Einschränkungen müsse die Gemeinde noch viel restriktiver vorgehen, so die Bürgerinitiative "Störwind". Sie sorgte mit ihrer Aussage für eine Überraschung, dass der Titzer Rat bereits in seiner Sitzung am Donnerstag über einen Vertrag mit einem Windparkbetreiber beschließen werde.
CDU-Fraktionsvorsitzender Helmut Paar ließ anklingen, dass es dabei nicht etwa grundsätzlich um den Bau der Anlage gehe, sondern um Fragen der Zuwegung und -leitung (siehe auch Kasten).
Die Frage, ob Windparks sinnvoll sind, beantwortete Dr. Heinz Geiser eindeutig: "Strom aus Windkraft ist volkswirtschaftlicher Unsinn", lautet das Fazit des Physikers aus Jülich. Dazu nannte er mehrere Gründe: Die Stromerzeugung mit Windkraft sei wetterabhängig und deshalb benötige jedes Windrad zusätzlich ein konventionelles Kraftwerk als Reserve.
In Küstenregionen könne der Strom nicht verbraucht werden und benötige ein Leitungsnetz, was zu zusätzlicher Umweltbeeinflussung führe. Und schließlich sei Strom aus Wind ohne hohe Subventionen unwirtschaftlich, so Geiser.
Bevor das Thema Wind die Gemüter erhitzte, erläuterte der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Rachel die Haltung seiner Partei zu Bildungspolitik, Arbeitslosigkeit und der wirtschaftlichen Entwicklung. Deutschland bilde mittlerweile in fast allen Bereichen das Schlusslicht in Europa. Deshalb seien Reformen dringend erforderlich.
Stimmt die Vergütung, muss Rat notwendige Kabeltrassen ermöglichen:
"Es ist kein erneuter Ratsbeschluss über die Ausweisung der Konzentrationsfläche für Windkraftanlagen notwendig", betonte der Titzer Bürgermeister Josef Nüßer gegenüber der JZ. Die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bau solcher Anlagen bei Rödingen seien klar. "Wir haben konkrete Bauanträge vorliegen, die wir auch genehmigen müssen", wies Nüßer auf den Rechtsanspruch des Antragstellers hin. Beratungsgegenstand in der heutigen Ratssitzung sei eine Vereinbarung mit dem Bauträger über Zuwegung und -leitung (Kabeltrassen), wofür die Gemeinde auch eine Vergütung erhalte. "Die Gemeinde muss dem Investor nicht nur den Bau der Anlage ermöglichen, sondern logischer Weise auch deren Betrieb." Der Tagesordnungspunkt werde auf Grund schutzwürdiger Interessen ("Es geht um Euro und Cent") nicht öffentlich abgehandelt. (hhs)

Jeversches Wochenblatt, 10.07.02 (S. 4)
Offshore-Windparks: Wer hält das Netz stabil?
Schwankungen des Windes bereiten den Versorgern mit jeder aufgestellten Maschine mehr Probleme
-wit- Friesland/Oldenburg. In wenigen Jahren soll der Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung in Deutschland auf 25 bis 30 Prozent gesteigert werden. Bei der Diskussion über Offshore-Windparks stehen technische und logistische Fragen im Mittelpunkt. Ein weiteres entscheidendes ungelöstes Problem ist jedoch die Netzstabilität. Und während die technischen und die Versorgungs-Probleme mit jeder installierten Maschine eher abnehmen (Erfahrungsgewinn), nimmt das Problem der Netzstabilität mit jeder neuen Maschine zu.
Vergleicht man ein Stromnetz mit einem Wassernetz, so bedeutet Netzstabilität, dass im Netz immer der selbe Druck herrscht, egal wann und wie viel Wasser (Strom) die angeschlossenen Kunden abzapfen. Jeder Druckabfall muss sofort ausgeglichen werden. Geschieht das nicht, tröpfelt das Wasser nur noch aus dem Hahn - oder die Glühbirne flackert, der Computer stürzt ab und eine Produktion bricht zusammen.
Da die Abnahmemenge relativ regelmäßig über den Tag verteilt schwankt, können sich die Energieversorgungsunternehmen (EVU) darauf langfristig einstellen. Sie besitzen Grundlast- und verschiedene Spitzenlastkraftwerke. Außerdem machen sie von der Möglichkeit gebrauch, für bestimmte Zeiten Strom von anderen Erzeugern an der Strombörse zuzukaufen. Grundlastkraftwerke laufen Strich und decken den Strombedarf, der immer da. Wenn dann mittags die Herde eingeschaltet werden oder ein Weltmeisterschaftsspiel zuende geht, dann können weitere Kraftwerke sofort hochgefahren oder, noch schneller, zum Beispiel gespeicherte Druckluft über eine Turbine entspannt werden.
Mit der Zunahme der Windenergie wird das Problem komplexer. Das Netz beginnt an beiden Seiten zu schwanken. Die Druckschwankungen sind dann nicht mehr nur abhängig vom einigermaßen kalkulierbaren Verhalten der Verbraucher sondern auch vom zudem unkalkulierbaren Verhalten des Windes. Da immer irgendwo Wind weht, sind die Schwankungen nicht so groß, dass man für jede Windturbine ein Ersatzkraftwerk vorhalten müsste - doch vernachlässigbar ist das Problem nicht. Einige Beispiele zeigen dies:
Die maximal von den Kunden der EWE geforderte Leistung liegt bei 2300 MW. Die maximale Leistung der Windenergie beträgt etwa die Hälfte, nämlich 1200 MW. Betrachtet man hingegen die Arbeit, nimmt also die Zeit hinzu, so beträgt der Anteil der Windenergie im Jahresmittel nicht, wie bei der Leistung, 50 Prozent sondern "nur" noch 16 Prozent.
Nun wird sich das Verhältnis zwischen Leistung und Arbeit verbessern. wenn Strommühlen Offshore stehen, also dort, wo mehr Wind konstanter weht. Doch weiterhin ist mit erheblichen Schwankungen zu rechnen: Ein herkömmliches konventionelles Kraftwerk arbeitet mit rund 8000 Volllaststunden. Die Strommühlen im Wybelsumer Polder haben etwa 2700 Volllaststunden und Offshore wird mit 4000 Volllaststunden kalkuliert. Da unter Volllaststunde nicht die Zeit verstanden wird, in der das Kraftwerk volle Leistung bringt, sondern darin alle Leistung über das Jahr aufaddiert wird, so dass das Kraftwerk rechnerisch den Rest der Zeit null Leistung erbringt, bedeutet dies, dass selbst eine Offshore-Anlage sechs Monate rechnerisch stillsteht (ein Jahr hat 8760 Stunden). Erschwerend kommt weiter hinzu, dass die Schwankungen der Einspeisung wegen der immer noch unsicheren Wettervorhersage kaum vorher planbar sind, so dass bei der täglichen Kraftwerksplanung der Faktor Windenergie schwer zu berechnen ist.
Ist der Anteil der eingespeisten Windenergie relativ klein, so ist dies ohne Schwierigkeiten hinnehmbar. Bei zukünftig 30 Prozent Windenergie haben die EVU jedoch ein erhebliches Problem. Da die Windenergie nach dem Energieeinspeisegesetz Vorrang hat, können die Unternehmen Strommühlen auch nicht ohne weiteres abstellen.
Nach Auskunft von Peter Brunswig und Horst-Dieter Schäfer - die Ingenieure sind bei der EWE für Netzbau, Netzbetrieb und Netzplanung zuständig - ist dieses Problem ungelöst. Je mehr Windenergie eingespeist werde, um so mehr Regelenergie benötige man - und dieser Regelenergie sei teuer. Im Energieeinspeisgesetz komme diese Problem nicht vor.
Nach Einschätzung von Brunswig und Schäfer wird ein Großteil der Regelenergie dadurch zur Verfügung gestellt werden müssen, dass konventionelle Kraftwerke nicht mehr Volllast fahren, sondern ihre Last sich der schwankenden Windenergie anpasst. Für diese Anpassung sorge die Physik, aufwendige Regeltechnik sei nicht notwendig. (Dies Phänomen kennt jeder aus seinem Auto: Steht es an der Ampel und wird ein Energieverbraucher, etwa der Ventilator oder das Licht, zugeschaltet und der Lichtmaschine mehr Strom abverlangt, so geht die Motordrehzahl automatisch in die Knie; genauso automatisch wird dann mehr Gas gegeben, um die Leerlaufdrehzahl zu erhöhen. Im Fall der schwankenden Windenergie lauft das genauso, nur umgekehrt. Lässt der Wind auch nur für Sekunden nach, sinkt der Druck im System, die Turbinen im Kohlekraftwerk drehen sich schwerer - es wird also mehr Kohle verbrannt.)
Was physikalisch einfach ist, ist in diesem Fall wirtschaftlich eher schlecht, da die Investitionen in die Kraftwerke nur teilweise und schwankend genutzt werden. Nach Wissen der EWE gibt es über die wirklich anfallenden Kosten für die Regelenergie noch keine Schätzung. Das sei letztlich aber auch nicht Sache der EWE sondern ihres Stromlieferanten Eon, der ja auch die hohen Offshore-Leistungen in sein überregionales Netz eingespeist bekomme.
Helfen könnte hier, so Brunswig und Schäfer, eine bessere Wettervorhersage. "Für die Planung des Kraftwerkeinsatzes benötigen wir das Wetter am Tag vorher mit zweistündlicher Sicherheit. Wenn Sie so ein System anbieten, können Sie reich werden." Unter anderem das Deutsche Windenergie-Institut (Dewi) arbeite an solchen Prognoseinstrumenten.

Cuxhavener Nachrichten, 09.07.20
Wo bleibt der Aufschrei?
Mit dem Leserbrief zum Thema „Nearshore-Parks vor Cuxhavens Küste" setzt sich H. Koch in seiner nachfolgenden Lesermeinung auseinander.
Bravo, Herr Schormann! Zwar verdammt spät, aber vielleicht nicht zu spät! Endlich wird ausgesprochen, was unter dem „Deckmäntelchen" Förderung strukturschwacher Gebiete, Arbeitsplatzbeschaffung und „Strom im Einklang mit der Natur" von PN & dergleichen Firmen „versteckt" wird.
100 (?) deutsche Windkraftwerks-Betreiber können sich demnach nicht irren; ich meine die subventionierte „Verdummung" des Steuer- & Stromzahlers muss sich demnach lohnen (jährliche Gewinnsteigerungsquoten von 40 bis 50% sind in dieser Branche in den letzten Jahren erzielt worden). Wenn die Windanlage-Branche ein „Kompetenz-Zentrum" in Cuxhavens Region errichten will, dann muss sie auch präsent sein!
Und 3-mal darf der geneigte Bürger raten, wo die Küstennah-Präsenz (Nearshore) errichtet werden wird: wohl kaum außerhalb der 3-MeilenZone, wo sich „PN & seinesgleichen" auf internationales Recht begeben würde; nein, ich denke, man wird, schon aus wirtschaftlichen Gründen, die „Muster" an Windkrafträdern in unsere unmittelbare „Nachbarschaft" stellen.
Aus welcher Umfrage, wenn nicht aus der verbandseigenen, hat Herr von Geldern wohl die Aussage zur Akzeptanz zu Windkrafträdern? Wo, Herr von Geldern, hat ein Anstieg der Urlauberzahlen an den Küsten; an denen Windparks offshore stehen, stattgefunden (Sie meinen vermutlich Mecklenburg-Vorpommern kurz nach der Wende, ohne Windparks)? Wenn trotzdem, dann doch sicherlich nicht, weil die Kaffeemühlen an Land wie auf See so hübsch anzusehen sind!
Warum verschweigt Herr von Geldern ebenfalls die Studie; dass, soll die Kosten-Nutzen-Analyse der seestationierten Windparks „aufgehen", die Leistung und damit Größe und Höhe der einzelnen Windkrafträdern zu den derzeitigen verdoppelt werden muss und sie sehr wohl, auch außer halb der 3-Meilen-Zone aufgestellt, zu sehen sind!
Wo bleibt der Aufschrei der „Grünen" mit ihren löblichen Absichten, wo der des Naturschutzes, wo der der küstennahen Schifffahrt und der Fangflotte, wo der der gesamten Touristik-Branche; die können doch nicht alle „PN & Artgleiche"-Aktien besitzen?
Richtig, Herr Schormann, ob „verharmlosend" Nearshore genannt, oder „direkt vor der Tür", man muss dem Tatendrang dieser Firmen in den Ferienregionen kräftig auf die Finger.... und nicht nur sehen! Ganz abgesehen davon, dass in ca. 8 bis 10 Jahren die Energiegewinnung durch Wasserstoff-Anlagen revolutioniert wird und der Steuerzahler dann die „Dinger" nochmals bezahlt, indem sie teuer wieder abgebaut werden - aber das a) wissen die Herren „PN's" schon längst, darum die jetzigen Aktivitäten und b) ist ein übergeordnetes Problem. - H. Koch

taz Bremen, 09.07.02
"Wir planen keine Ruinen"
»Offshore-Windmühlen sind unwirtschaftlich, behaupten zwei Experten aus Schleswig-Holstein und werfen den Planern der Rotor-Parks windige Berechnungen vor. Die Windkraft-Branche ist empört
Windkraft-Gegner jubilieren: Die Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit von Offshore-Windparks seien allesamt falsch. Das verkünden jedenfalls der Hamburger Unternehmensberater Lothar Schedereit und ein Abteilungsleiter aus dem Kieler Umweltministerium, Gustav Sauer. In ihrer Studie "Offshore-Windparks - eine Investitionsfalle?" [siehe auch Bremer Nachrichten] werfen sie den Planern der Rotoren-Parks vor, die störungsbedingten Ausfallzeiten der Windkraftanlagen zu unterschätzen. Bau und Betrieb von Offshore-Windparks, schlussfolgern sie, kämen einer "Kapitalvernichtung" gleich.
Bei Anlagenbauern und Planern von Offshore-Windparks hat das Papier harsche Proteste hervorgerufen. "Das geht doch völlig an der Realität vorbei", regt sich etwa Martin Bretag von der Bremer Energiekontor AG auf. .... Sauers Arbeitgeber, das Kieler Umweltministerium, geht ebenfalls auf Distanz und betont, das Papier sei ein "reines Privatvergnügen" des Abteilungsleiters gewesen.
Hauptargument von Schedereit und Sauer ist die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die riesigen Rotoren, schreiben sie, würden eventuell nicht nur einer nach dem anderen ausfallen, sondern - mathematischen Modellen zufolge - auch zum Teil gleichzeitig kaputt gehen. Die Folge: Die Wartungsmannschaften auf hoher See kämen mit den Reparaturen nicht mehr nach, die Anlagen stünden längere Zeit still, die erzeugte Strommenge und damit die Einnahmen wären weit geringer als bislang prognostiziert - "ein Investitionsgrab".
"Kein Betreiber hat doch Interesse daran, irgendwelche Investitionsruinen zu bauen", hält Nanninger dagegen. Die Ausfallzeiten seien bereits mit einkalkuliert, zudem liege ein spezielles Wartungskonzept für die Offshore-Parks bereits in der Schublade. Inmitten der 208 vor Borkum geplanten Windmühlen werde Prokon Wohncontainer und ein Ersatzteillager errichten. "Unsere Service-Crew wird rund um die Uhr vor Ort sein", kündigt Nanninger an. ....« Die tollen dänischen Offshore-Parks werden bemüht. (Siehe dazu: Danish dilemma und Staat in der Bredouille mit WKA)
Die Branche habe nicht geboomt, weil die Anlagen still stehen, ließ Energiekontor verlauten, vergaß jedoch die wahre Ursache des windigen Booms - das EEG - zu erwähnen. Auch bleibe entgegen den Behauptungen der Abriss der Rotor-Riesen nicht auf dem Steuerzahler liegen, jeder der sich da auskennt, wisse das ....

Bremer Nachrichten, 08.07.02
"Investitions-Ruinen auf See"
Energie-Experten kritisieren geplante Offshore-Windparks als unwirtschaftlich
Von unserem Redakteur Burkhard Ilschner
Kiel/Hamburg/Bremen. Zwei norddeutsche Energie-Experten haben den aktuellen Plänen, in Nord- und Ostsee mehrere große Windkraftparks zu errichten, scharf widersprochen: Die bislang diskutierten Projekte seien sowohl unwirtschaftlich als auch energiepolitisch fragwürdig. Es zeichne sich bereits heute ab, dass am Ende "Investitions-Ruinen in den Meeren übrig bleiben" könnten. Die Kritik stammt von einem Energieexperten im Umweltministerium der rot-grünen Landesregierung Schleswig-Holsteins, Gustav W. Sauer, sowie von Lothar Schedereit, Geschäftsführer des Hamburger Energieberatungsunternehmens RENORGA. Beide haben ihre Thesen im Juni dieses Jahres in der Fachzeitschrift "Immissionsschutz" veröffentlicht. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. "Viel Zustimmung", sagt Schedereit im Gespräch mit unserer Zeitung, "aber auch einige wütende Attacken aus der Branche". Letzteres ist kein Wunder: Nach Ansicht von Sauer und Schedereit fußt der Jubel der Windkraft-"Gemeinde" über die Offshore-Optionen weitgehend auf Wunschvorstellungen, die dann für die erhofften Investoren "gutachterlich orchestriert" würden. Die beiden Experten konzentrieren ihre Kritik auf zwei Aspekte: Zum einen seien bisher allzu optimistische Annahmen über Ursachen und Kosten von Ausfall und Wartung der Windenergieanlagen "ungeprüft übernommen" worden. Zum anderen gebe es erhebliche netztechnische Probleme, die die Offshore-Windenergie und die Kernkraft zu einer "zwar verheimlichten, aber umso innigeren" Allianz werden lasse.
Beide Faktoren zusammen führten zu einer drastischen Steigerung der Herstellungskosten für den Strom aus Wind: "Eine Offshore-Windenergienutzung ist heute zwar technisch sicherlich machbar, eine Wirtschaftlichkeit ist allerdings zu verneinen." Es werde abzuwarten sein, ob diese "Investitions-Ruinen" nicht "alsbald der öffentlichen Hand anheimfallen". Die "Windgemeinde" verweigere sich "hartnäckig" dieser Vorausahnung wie auch der "Einsicht", dass Windkraft nur ein zusätzliches Potenzial und keinesfalls eine Alternative in der Versorgungssicherheit sein könne. An die Spitze der Kritiker dieser unbequemen Prognosen hat sich sofort der Vorsitzende des Wirtschaftsverbandes Windkraftwerke und Chef des Cuxhavener Anlagenbauers Plambeck, der ehemalige Staatssekretär im Bundesagrarministerium Wolfgang von Geldern, gesetzt. In einem offenen Brief an Sauer und Schedereit äußert Geldern nicht nur sein "größtes Befremden", sondern nennt ihre Kritik an den bisherigen Wirtschaftlichkeitsberechnungen seiner Branche schlicht "falsch". Sauers und Schedereits Aussagen seien "möglicherweise dazu geeignet, Schadensersatzforderungen zu provozieren", so Geldern weiter, unterstellten sie doch "den beteiligten Unternehmen unseriöses Planungsverhalten". Gustav Sauer vermag dies nicht nachzuvollziehen, er unterstreicht, seine Berechnungen erstmals in Anwesenheit auch von Vertretern der Firma Plambeck bei der Offshore- Konferenz am Anfang März in Cuxhaven vorgestellt zu haben: "Es gab keinen Widerspruch." Gelderns Äußerungen sieht er, wie er in einer Antwort an den Windkraftmanager schreibt, daher eher als eine "massive Drohung", technisch-wissenschaftliche Nachfragen "zu Gunsten Ihrer Verbandsintention unterdrücken zu wollen."
Zufrieden äußerte sich dagegen der Sprecher des Wattenrats Ostfriesland, Manfred Knake: "Die Entzauberung der angeblich ökologischen Windenergie hat längst begonnen", verweist er auf laufende EU-Verfahren wegen mutmaßlich fehlplatzierter Windenergieanlagen in Vogelschutzgebieten. Die geplanten Offshore-Parks an Hauptschifffahrtswegen und in der Nähe des Wattenmeeres seien wegen der Kollisionsgefahr "eindeutig gemeingefährlich", unterstreicht Knake und begrüßt nachdrücklich, dass Sauer und Schedereit "nun auch die Wirtschaftlichkeit dieser Windmonster schlagend in Zweifel gezogen haben". Siehe auch Kommentar "Zeit zur Behutsamkeit" sowie Bericht Seite 2
Jahreszeiten, Tide und Wetter...
Macht der hohe Wartungsaufwand Offshore-Windparks zum Risiko für Anleger?
Von unserem Redakteur Burkhard Ilschner Kiel/Hamburg/Bremen. Die derzeitigen Pläne für künftige Windenergieanlagen weit draußen auf Nord- und Ostsee sind nicht ganz unbescheiden: Kleinere Windparks sollen bis zu 20, größere Felder bis zu 90 Rotoren umfassen. Dabei ist die Rede von Windrädern in Größenordnungen, wie es sie bislang kaum auf Reißbrettern gibt. Trotzdem richtet sich die Kritik der norddeutschen Energieexperten Gustav Sauer (Kiel) und Lothar Schedereit (Hamburg) nicht grundsätzlich gegen die technische Machbarkeit dieser Vorhaben. Allerdings sehen die beiden allein durch die abseitige Lage auf hoher See sowie durch meteorologische Unwägbarkeiten erhebliche Probleme - und kritisieren, dass eben diese Risiken bislang unzureichend berücksichtigt würden. Im Mittelpunkt ihrer Überlegungen steht die Frage, wie oft und wann die geplanten Windenergieanlagen (WEAn) auf hoher See gewartet oder repariert werden müssen. Derzeitige Gutachten, so die Kritiker, gingen lediglich aus von geplanten Wartungszyklen, die zudem in den Sommermonaten lägen, sowie von Störfällen im statistischen Abstand von 18 Monaten: "Warum sich in Wirklichkeit aber die WEAn daran halten sollten, bleibt unerfindlich", schreiben sie nicht ohne Sarkasmus. Prompt machen die beiden eine Gegenrechnung auf, die zunächst von den Dimensionen der geplanten Windparks ausgeht. Es folgt eine mathematische Analyse von Ausfall-Wahrscheinlichkeiten - "wie sie bei gleichartigen Systemen üblich ist" (Sauer) - sowie eine darauf fußende Berechnung, was die notwendige Vorhaltung geeigneter Schiffe mit qualifizierten Wartungsteams kosten wird, um jederzeit auch an mehreren Stellen zugleich reparierend eingreifen zu können. Denn nur Rotoren, die sich immer drehen, wenn der Wind es gestattet, bringen Energie - und ihren Investoren Geld. Sauer und Schedereit kommen aber mit diesen Aufwands-Berechnungen in Dimensionen, die eben Investoren zum Weinen bringen könnten. "An Land", so erläutert Schedereit unserer Zeitung, "sind Wartungskosten vor allem deshalb abschätzbar, weil alle Windenergieanlagen jederzeit und schnell erreichbar sind". Auf See hingegen gebe es aus dem Zusammenspiel von Jahreszeiten, Tide und Wetter eine Reihe von Risikofaktoren, die bislang unzureichend berücksichtigt seien. Schedereit: "Im Ergebnis erhöhen sich die Stromherstellungskosten von (noch in alter Währung) gutachterlich errechneten 14,5 auf mehr als 21 Pfennig pro Kilowattstunde." Wobei er zugleich daran erinnert, dass die staatliche Stromeinspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, auf 20 Jahre gemittelt, bei 13,8 Pfennig pro Kilowattstunde liegt. Für Investoren bedeute das letztendlich: "Die Eigenkapitalrendite sinkt von den gutachterlich vorgerechneten 10,7 Prozent auf minus 5,5 Prozent."
Schedereit und Sauer scheuen sich nicht, das Wort "Kapitalvernichtung" in den Mund zu nehmen. Auch im zweiten Teil ihrer Philippika gegen die "Windgemeinde" gehen die beiden aus von der stark wetterabhängigen Verfügbarkeit der Rotoren auf hoher See. Sie befürchten nämlich erhebliche Probleme mit der Stabilität des Stromnetzes: Wenn so viele Anlagen mit schwankender Leistungs- Kontinuität ins Netz eingebunden werden sollen, so ihre Überlegung, werden technisch leistungsstarke Generatoren benötigt, um diese Schwankungen aufzufangen. Zur Zeit würden diese Instabilitäten von den großen Kernkraftwerken "glattgebügelt", sie und die Windkraft seien "Schwestern im Netz". Beim geplanten Rückbau der Atomreaktoren allerdings würden für den beschriebenen Zweck in Zukunft fossil befeuerte Kraftwerke von mehr als 500 Megawatt Leistung benötigt. Das "Faszinosum" Windenergie unterminiere so die Ziele des Klimaschutzprogramms. Schedereit: "Und die als Investitionsanreiz gedachte Einspeisevergütung wird damit kontraproduktiv." "Ich bin nicht grundsätzlich Gegner der Windenergienutzung", unterstreicht der Hamburger, "aber wenn das Geld knapp ist, muss es zunächst in die Maßnahmen gelenkt werden, die allen anderen gegenüber den höchsten Erfolg versprechen. Und das sind Energieeinsparung - durch Wärmedämmung und bessere Heizungen - oder CO2-Minderung etwa durch hocheffiziente Kraftwerke." In der Auseinandersetzung um Sinn und Unsinn von Windparks an Land und erst recht auf See mahnte Schedereit im Gespräch mit unserer Zeitung abschließend vor allem eine ökologische Gesamtbilanz für Windenergieanlagen verschiedener Größenordnungen an: "Der im Lebenszyklus eines Rotors zu leistende Aufwand für Entwicklung, Herstellung, Aufbau, Betrieb, Wartung, Demontage und Entsorgung aller Einzelteile muss der erbrachten Strommenge gegenübergestellt werden. Ich bin nicht sicher, ob diese Rechnung positiv ausgeht für die Offshore-Windrotoren."
Zeit zur Behutsamkeit "Der Offshore-Kuchen ist groß genug für alle" - so oder so ähnlich tönt es seit Monaten entlang der Küste. Gemeint ist die Hoffnung, an dem Geschäft mit den geplanten Mega-Windparks draußen auf hoher See könne gut verdient werden - durch Bau, Wartung oder Lieferung der Anlagen und der dazugehörigen Infrastruktur. Von "Kompetenzzentren" und "Offshore-Agenturen" war überschwänglich die Rede, auch der Begriff "Goldgräberstimmung" war in diesem Zusammenhang schon zu hören. Es ist an der Zeit, die ganze Sache mal etwas behutsamer anzugehen. Die jetzt bekannt gewordene Studie der beiden norddeutschen Energie-Fachleute, die den aktuellen Offshore-Plänen in Nord- und Ostsee unterstellen, sie seien weder wirtschaftlich tragfähig noch energiepolitisch sinnvoll, sollte Anlass genug sein. Man sollte sich daran erinnern, dass das Prädikat "ökologisch" - die Windkraft-Enthusiasten werden nicht müde, es für sich in Anspruch zu nehmen - immer auch "weniger, einfacher, langsamer" meinte.
Nicht ohne Grund ist die Windkraft umstritten, seit findige Köpfe herausgefunden haben, dass man diese Art der Energiegewinnung auch gut nach großindustriellem Muster betreiben könne. Die Akten über Streitigkeiten um Landschaftsbild (Stichwort "Verspargelung") oder Vogelschutz füllen längst ganze Regalwände. Immer höhere Rotoren, immer mehr Anlagen pro Windpark, immer stärkere Leistungen - es konnte den Erbauern und Betreibern von Anfang an nie schnell, groß, mächtig genug sein. Und bekanntlich gibt es auch gegen die aktuellen Offshore-Pläne Bedenken aus Naturschutz- oder Schifffahrtssicht. Die beiden Kritiker mit Schadensersatzforderungen zu bedrohen oder ihnen sonst einen Maulkorb umzuschnallen, kann keine Lösung sein. Die so genannte Windkraft-Gemeinde muss sich der Kritik stellen. Oder ist sie sich ihrer Sache letztlich doch nicht sicher?

Neue Osnabrücker Zeitung, 09.07.2002 Nordwest
"Union fehlt die Vision in der Energiepolitik"
Hannover (jd) Der niedersächsische Umweltminister Wolfgang Jüttner hat Forderungen der
CDU zurückgewiesen, die Windenergie nicht stärker auszubauen.
"Das halte ich für falsch", meinte der SPD-Politiker zu dem Vorwurf des CDU-Umweltexperten Kurt-Dieter Grill, das Maß des Erträglichen sei in der Windenergie vielerorts überschritten. "Das mag an manchen Standorten richtig sein," räumte Jüttner ein. Insgesamt sei jedoch der Ausbau der Windenergie aus klimapolitischen Gründen weiter geboten. Dies gelte vor allem für den Offshore-Bereich vor der Küste, aber auch für viele Standorte an Land. Vor allem im Ausland, aber auch in manchen Regionen Deutschlands gebe es zusätzlichen Bedarf.
Grill, der zugleich Vorsitzender der Enquetekommission "Energieversorgung" im Bundestag ist, hatte im Interview mit unserer Zeitung "volles Verständnis" für den Protest der ostfriesischen Inseln gegen die geplante Errichtung von Windparks innerhalb der Zwölf-Seemeilen-Zone in der Nordsee geäußert. Jüttner räumte ein, dass keine regenerative Energie ohne gesellschaftliche Legitimation durchgesetzt werden könne. "Da muss auf den Inseln noch mehr Überzeugungsarbeit geleistet werden", meinte der Minister. Man sei allerdings in intensiven Gesprächen mit Vertretern der Inseln. Die niedersächsische Landesregierung werde nicht über die Belange der Region hinweggehen.
Die küstennahen Anlagen bezeichnete Jüttner als "notwendig, um Erfahrungen zu sammeln". Es gebe Standorte, an denen es nach seiner Einschätzung "gehen kann und bei denen Belange des Tourismus berücksichtigt sind". Auch in der Region wisse man, " was da für wirtschaftliche Chancen drinstecken". In den letzten zehn Jahren seien zehntausend Arbeitsplätze im Bereich Windenergie geschaffen worden. Allein in Niedersachsen würden in den nächsten zehn bis 20 Jahren knapp zehntausend Dauerarbeitsplätze zusätzlich entstehen. Die erste Pilotanlage innerhalb der Zwölf-Meilen-Zone wird nach Jüttners Einschätzung im Jahr 2004 entstehen. Ab 2006/2007 ist dann dem Ende Mai von der Landesregierung vorgestellten Aktionsplan zur Offshore-Windenergie zufolge der Bau von Anlagen auf hoher See geplant.
Entscheidend sei die "energiepolitische Vision", meinte Jüttner. "Und ich habe den Eindruck, Herr Grill hat keine". Die Vorstellungen der Union entstammten der Mitte des 20. Jahrhunderts. Sie wolle die Energie nur fortschreiben, indem sie "ein bisschen regenerative Energien" befürworte, sich aber alle Optionen offen halte. "Das halte ich für politisch fatal," meinte Jüttner. Erforderlich seien vielmehr kreative Konzepte, die regenerative Energien marktfähig machten, "damit sie sich dann im Wettbewerb behaupten können".
Auch Grills Vorwurf, die Windkraft werde "dauersubventioniert" wies Jüttner zurück. Allerdings sei "Flexibilität bei den Vergütungssätzen" richtig. Deren Höhe von derzeit neun Cent pro Kilowattstunde sei für ihn "kein Dogma". Vielmehr müsse die regelmäßige Überprüfung der Vergütungssätze vorgeschrieben und deren Senkung angestrebt werden. Auch Atom- und Kohlestrom seien jedoch gesellschaftlich mitfinanziert worden. Faktisch zahlten die Energiekunden einen Umstellungsprozess mit. "Das ist politisch gewollt und das halte ich auch für richtig," meinte Jüttner. "Wer sagt, der Markt regele alles, der hat sich politisch abgemeldet".

P R E S S E M I T T E I L U N G, 03.Juli 2002
Watten-Rat Ost-Friesland - unabhängiger Naturschutz für die Küste -
Bundesumweltminister Trittin rügt niedersachsens Umweltminister Jüttner: Wattenrat sieht sich in seiner Kritik an unzureichenden FFH-Gebietsmeldung bestätigt

Esens. Der Wattenrat-Ostfriesland sieht sich in seiner Kritik an unzureichenden Flora-Fauna-Habitats-Gebietsmeldung an die Europäische Kommission durch das Land Niedersachsen durch ein Schreiben des Bundesumweltministers Trittin bestätigt.
Trittin hatte seinem niedersächsischen Amtskollegen in einen Schreiben vorgeworfen, nicht ausreichend Schutzgebiete nach der europäischen FFH-Richtlinie nach Brüssel gemeldet zu haben. Trittin wörtlich: "Um es höflich zu sagen, bei weitem nicht allen dieser Empfehlungen ist das Land nachgekommen. Niedersachsen hat sich im Wege der Benehmensherstellung über einen beachtlichen Teil dieser Nachmeldeempfehlungen hinweggesetzt."
Zudem trage, so Trittin, für die Vollständigkeit der Gebietsmeldungen nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes ausschließlich das Land die Verantwortung. Der Bund leite diese Stellungnahme lediglich an die EU-Kommission weiter. Eine Berufung darauf, dass der Bund der FFH-Liste Vollständigkeit bescheinigt habe, könne aus dem Akt der bloßen Weiterleitung nicht hergeleitet werden.
Dieses Schreiben, so der Wattenrat, sei eine schallende Ohrfeige für die desolate Meldepraxis des Landes Niedersachsen, die hier aus Berlin eine deutliche Rüge erfahren habe.
Der Wattenrat hatte sich in der Vergangenheit mit mehreren Beschwerden gegen die Verletzung der FFH- und Vogelschutzrichtlinie an die EU-Kommission in Brüssel gewandt und im Dezember vergangen Jahres anlässlich eines Besuch in Brüssel eine umfangreiche Beschwerde gegen die Novellierung des niedersächsischen Nationalparkgesetzes vorgelegt. Manfred Knake, Koordinator des Wattenrates dazu:
"Wir haben sehr deutlich gemacht, dass Niedersachsen sich über geltendes EU-Recht einfach hinwegsetzt". Am Beispiel des Nationalparks Wattenmeer konnte der Wattenrat nachweisen, dass Niedersachsen durch die Gesetzesnovellierung sogar versucht, bereits gemeldete FFH-Gebiete der touristischen Nutzung zuzuführen, so z.B. an der Leybucht, auf Borkum, Norderney oder Langeoog. In Benseriel soll auf einer FFH- und Vogelschutzgebietsfläche ein Nacktbadestrand entstehen. In sogenannten "Important Bird Areas", also wichtigen Vogelschutzgebieten, die direkt der Geltung der FFH-Richtlinie unterliegen, soll z.B. bei Bensersiel ein Golfplatz entstehen. "Die Probleme fangen für Niedersachsen erst an, wenn sich die EU-Kommission gründlich mit der Meldepraxis des Landes auseinandersetzen wird. Da wären auch die Kommunen gut beraten, sich endlich fachlich mit dem europäischen Naturschutzrecht bei ihren Flächen fressenden Planungen auseinander zu setzen", so Manfred Knake.
Manfred Knake, im Koordinationsbüro
Das Schreiben von Umweltminister Trittin vom 06.05.2002 liegt hier im Koordinationsbüro vor.
Koordinierungsbüro: Brandshoff 41, D-26427 Esens-Holtgast/Ostfriesland
Tel: (04971) 4095 und 912971 Fax: (04971) 912970
eMail: mail@Watten-Rat.de
Web: www.Watten-Rat.de

Jeversches Wochenblatt,  02.07.2002 (S. 9) 
NABU fordert Stopp für Windparks
Friesland. Der Ausbau der Windkraft darf nicht weiter zu Lasten wichtiger Lebensräume von Vögeln gehen, forderte der Naturschutzbund NABU. Unterstützt wird dessen Auffassung von der EU-Kommission, die in einem Mahnschreiben gegenüber der Bundesregierung und damit am Land Niedersachsen deutliche Kritik an der bisherigen Genehmigungspraxis übt.
Am Beispiel des Windparks Wybelsumer Polder bei Emden stellte die EU-Kommission die Verletzung des EU-Recht in Niedersachsen fest und kritisierte eine ganze Reihe von Planungsmängeln des Landes und der Gemeinden. Der NABU Niedersachsen fordert von der Landesregierung, gegenüber den Landkreisen und Gemeinden klare Planungsrichtlinien auszusprechen.

FAZ, 01.07.02 (Druckausgabe, Rubrik Wirtschaft)
Der Stromwettbewerb hat seinen Preis
Bedarf an Regelenergie steigt gewaltig / Windkraftausbau erfordert neue Gasturbinen / Wasserkraft wenig ausbaubar / Von Bettina Bonde

MONTAFON, 30. Juni. Der Wettbewerb im Strommarkt hat seinen Preis ebenso wie der Ausbau regenerativer Energiequellen, besonders der Windenergie: Der Bedarf an Regelenergie steigt gewaltig - und damit auch die Kosten für die Netzbetreiber. Im Jahr 2000 beispielsweise hat der Netzbetreiber RWE Net 150 Millionen Büro für Regelenergie ausgegeben. „Heute sind es schon mehr als 300 Millionen Euro - Tendenz steil steigend", sagt der RWE-Net-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Kässer. Das ist so viel, wie die Instandhaltung des gesamten RWE-Netzes kostet.

Regelenergie wird benötigt, um Unterschiede zwischen der Einspeisung von Strom ins Netz und der Stromentnahme so auszugleichen, daß die Frequenz im Netz stets gleichbleibt und es nicht zu Stromausfällen kommt. Sie muß also kurzfristig verfügbar sein. Deshalb ist sie auch besonders teuer. Im liberalisierten Elektrizitätsmarkt brauchen die Netzbetreiber viel mehr Regelenergie als früher, als fast nur unerwartete Kraftwerksausfälle Frequenzschwankungen im Netz verursacht haben. Denn wegen der Trennung von Stromerzeugung, Übertragung der Energie und Stromvertrieb an die Endverbraucher können die Netzbetreiber den Bedarf an Netzkapazität jetzt schlechter vorhersagen. Die zahlreichen Handelsaktivitäten neuer Energieanbieter tun ein übriges. Viele von ihnen können mangels Erfahrung den Strombedarf ihrer Kunden nicht genau einschätzen und ordern für eine Abrechnungsperiode in der Regel fünfzehn Minuten – zuviel öder zuwenig Strom. Die Liberalisierung des Strommarktes zurückdrehen will man bei RWE keinesfalls. Aber der Vorstand des Netzbetreibers weist nachdrücklich darauf hin, daß der Wettbewerb Kosten mit sich bringt, die in den Netznutzungsentgelten zu berücksichtigen seien. Forderungen von Politik, Kartellamt und vor allem Stromhändlern nach niedrigeren Durchleitungsgebühren müßten das mit ins Kalkül ziehen.

Vor allem der Ausbau der Windenergie wird den Regelenergiebedarf in Zukunft noch weiter in die Höhe treiben. Denn deren Stromerzeugung schwankt stark. Müssen bei Sturm innerhalb von Sekunden viele Windräder gleichzeitig abgeschaltet werden, muß kurzfristig Ersatz bereitstehen. Aber nicht alle Kraftwerke können so schnell einspringen. Dafür eignen sich vor allem Wasserkraftwerke und Gasturbinen. Die Betreiber solcher Kraftwerke für Spitzenlast, die die Verbrauchsspitzen zu bestimmten Tageszeiten abdecken, und für Regelenergie können sich daher nicht nur zu den Gewinnern der Liberalisierung zählen, sondern sie profitieren auch von der Windenergie. Von ihrer Eigenschaft als „elektrische Feuerwehr" mit 1200 Megawatt Wasserkraftkapazität leben beispielsweise die Vorarlberger Illwerke nicht schlecht, die ihren Strom vor allem an die Energie Baden-Württemberg (EnBW) liefern.

Doch Wasserkraft in dieser Größenordnung ist nicht mehr beliebig ausbaubar. Es gebe neue Projekte, auch mit 1000 Megawatt und mehr Kapazität, sagt der Vorstandsvorsitzende der Illwerke, Ludwig Summer. „Die Realisierung scheitert aber weniger an der fehlenden Wirtschaftlichkeit, sondern an den Umweltaspekten." Wasserkraft in diesen Dimensionen werde kaum noch behördlich genehmigt. Auch die Europäische Wasser-Rahmenrichtlinie behindere den Ausbau. Allenfalls in Frankreich könnten noch größere Wasserkraftwerke errichtet werden, sagt auch RWE-Vorstand Kässer. Also werden Gasturbinen benötigt. Die kuriose Quintessenz der Förderung regenerativer Energien ist für Kässer daher: „Das Erneuerbare-Energien-Gesetz treibt den Bedarf an Regelenergie in die Höhe, der dann von kohlendioxydhaltiger Energie gedeckt werden muß."

Wegen der Regelenergie werde die Netznutzung im Niederspannungsbereich, also für den Haushaltsbereich, im kommenden Jahr um 2 bis 3 Prozent teurer werden, hat er errechnet. Für die höchste Spannungsebene seien es 10 bis 15 Prozent. Trotzdem glaubt Kässer, daß die Netznutzungsentgelte in Deutschland in der kommenden Zeit im Durchschnitt sinken werden: „Vor allem die Unternehmen mit hohen Gebühren werden sich anpassen müssen." Langfristig stelle sich aber die Frage, ob die mit dem technischen Fortschritt sinkenden Investitionskosten in das Netz die höheren Regelenergiekosten überkompensieren können.

Anzeiger für Harlingerland,  27.06.2002  (S. 4),  Leserbrief 
Betr.: Tourismus wichtiger als Windenergie?
Hat man schon jemals eine neutrale präsentative Umfrage unter  Urlaubern gemacht mit dem Inhalt: "Fühlen Sie sich durch Windräder  gestört oder gefallen sie Ihnen? Wenn Sie sich gestört fühlen,  erläutern Sie uns das bitte!" Das hat man noch nie getan. Ich schwärme  keineswegs für große Windparks in eigentlichen Vogelschutzgebieten  durch auswärtige Kapitalgesellschaften, die das Geld aus dem Lande  tragen. Ich bin für kleine Einzelanlagen, die in baulicher Einheit mit  einem Bauernhof stehen und dann weder Mensch noch Vogel stören. Die  Sprüche gegen alternative Energien und speziell gegen Windenergie  stammen von der Atomwirtschaft, die dafür 1997 in Karlsruhe den  "Bundesverband Landschaftsschutz" gegründet hatte, der sich  ausschließlich gegen Windenergie richtete und keine andere Aufgabe  hatte. Der Fremdenverkehr täte gut daran, die Meinung der Urlauber  unverfälscht selbst zu erforschen. Ich habe immer nur Positives  gehört! - Christian Eisbein, Burhafe

FAZ, 24.06.02 (gedruckte Ausgabe)
Kritik an Subvention für Windkraft
St. DÜSSELDORF, 23. Juni. Die hohen Subventionen für Strom aus Windkraftanlagen sind nach Ansicht der Kohlenimporteure ordnungspolitisch nicht vertretbar. "Die Kilowattstunden aus Windenergie werden derart massiv subventioniert, daß man dafür auch Kohle für 200 Euro je Tonne auf dem Weltmarkt kaufen könnte", klagte der Vorsitzende des Vereins Deutscher Kohlenimporteure, Jürgen Dennersmann, in Düsseldorf. Solch hohe volkswirtschaftlichen Kosten zur Vermeidung von Kohlendioxyd blieben global praktisch ohne Effekt; dagegen schränkten sie die Absatzmöglichkeiten für Kohle aus Entwicklungsländern und osteuropäischen Staaten in Deutschland ein. Deutsche Steinkohle, die derzeit zu Durchschnittskosten von fast 160 Euro je Tonne gefördert wird, ist im Inland nur zu Weltmarktpreisen absetzbar. Seit Juni 2001 ist der Spotmarktpreis in Rotterdam für Kraftwerkskohle nach Angaben des Verbandes von rund 48 Dollar je Tonne auf 38 Dollar gesunken. Neben den sehr günstigen Frachtraten verbillige auch der anziehende Euro-Kurs die Importrechnung. Dennoch ist der Verband für das Jahr 2002 auf ein Absatzvolumen eingestellt, das mit 38 Millionen bis 40 Millionen Tonnen kaum Wachstumspotential birgt. Im vergangenen Jahr war der Absatz um mehr als 5 Millionen auf 39,3 Millionen Tonnen Steinkohle und Koks angezogen, obwohl sich der Verbrauch in Deutschland um 3,5 Millionen auf 65 Millionen Tonnen verringert hat. Die Importeure profitierten von Abbauschwierigkeiten der Deutschen Steinkohle AG, die zu einem Förderrückgang um 6,2 Millionen Tonnen beitrugen. Die wichtigsten Lieferanten waren Polen (9,7 Millionen Tonnen), Südafrika (5,5 Millionen Tonnen) und Australien (4,1 Millionen Tonnen).

Versteckte Subventionen zu Lasten der Bürger
Zum Artikel "EU blockiert dauerhafte Kohlesubvention" (F.A.Z.-Wirtschaftsteil vom 6. Juni): Die Steinkohle hat ihre Unterstützungserfordernisse über offene Subventionen im Gegensatz zur Erneuerbare-Energien-Industrie unklug angelegt. Während die deutsche Steinkohle-Stromerzeugung etwa drei Cent pro Kilowattstunde Subvention fordert und dabei bereits Magensausen bekommt, erfreut sich die solare Stromerzeugung unangefochten an 49 Cent pro Kilowattstunde zuzüglich der Investitionszuschüsse von 92 Euro je Quadratmeter verbauter Solarzellenfläche mit der vagen Aussicht, daß die Kosten sich bis 2009 auf die Hälfte verringern könnten.
Mit dieser Art versteckter Subventionen unmittelbar zu Lasten der Bürger wird auf ein energiewirtschaftliches Chaos zugesteuert, dem dringend Einhalt geboten werden muß. Bei entsprechender Subvention lassen sich auch Tomaten am Nordpol unter Glas anbauen und so Arbeitsplätze schaffen. Erst kürzlich hat Wirtschaftsminister Werner Müller erklärt: Für jeden Arbeitsplatz in der Windenergie gibt der Steuerzahler 350.000 Mark und für jeden Arbeitsplatz im Bergbau 100.000 Mark aus." Jeder Arbeitsplatz in der Solarindustrie erfordert demnach etwa fünf Millionen Euro jährlicher Subvention. Bei der Wind- und Sonnenenergie wird die Subvention im Gegensatz zur Kohle geschickterweise per Erneuerbare-Energien-Gesetz dem Bürger unmittelbar auferlegt und damit der politischen Subventionsverantwortung entzogen. Die Sonnen- und die Windenergie sind ebenso "Dauer-Subventionsfälle" wie der nationale Energiesockel, nur von fünfzehnfacher (Sonne) und doppelter (Wind) Belastung für die Bürger.
Alle Sonnen- und Windfreunde können heute schon im Rahmen eines Mix-Angebotes eines großen deutschen Stromversorgen für ihre private Stromversorgung 100 Prozent Sonnen- oder Windstrom ordern. Man kann nur dringend auffordern, dies auch zu tun und nicht wegen der Mehrkosten für die bevorzugte Energieart, etwa Sonne von jährlich etwa 2.400 Euro, dann in der Praxis doch wieder auf den von Energiefachleuten aufgebauten deutschen Kraftwerksmix zu etwa 650 Euro für 4000 Kilowattstunden Jahresverbrauch zurück zugreifen. Dieser enthält 30 Prozent Kernenergie, 24 Prozent Steinkohle, 28 Prozent Braunkohle, neun Prozent Erdgas, vier Prozent Wasser und nur einen kleinen Rest von insgesamt etwa fünf Prozent aus den von den Grünen sehr öffentlichkeitswirksam propagierten Energiequellen Müll, Wind und Sonne. Gesinnungsverantwortung sollte sich insbesondere bei Politikern und Unternehmern auch in der Handlungsverantwortung zeigen. - Professor Dr. Ing. Helmut Alt, Aachen

Stader Tageblatt, 21.06.02
Rat sagt doch Ja zu höheren Windanlagen
Mehr Geld vom Park-Betreiber: Kutenholzer Politik widerruft Beschluss
Im zweiten Anlauf ist es der Windkraft-Betreiberin Enercon gelungen, den Kutenholzer Rat mehrheitlich für sich zu gewinnen. Stimmten noch im März acht gegen sechs Ratsmitglieder gegen eine Erhöhung der Windenergie-Anlagen, drehte sich am Mittwochabend das Stimmenverhältnis um.
Es war der Griff in die Trick-Kiste: Denn eigentlich hatte der Gemeinderat dem Wunsch der Betreiberfirma, im Bebauungsplan die Festsetzung der Gesamthöhen von 100 auf 140 Meter zu verändern, eine Absage erteilt. Jetzt wurde den Kommunalpolitikern ein Kompromiß präsentiert: Nicht alle 20 Windräder sollen die Höhe von 140 Metern haben, sondern nur 18. Die beiden der Wohnbebauung am nächsten stehenden sollen nur 100 Meter hoch werden.
Die Entscheidung darüber versüßte Enercon dem Rat mit der Aussicht, die bereits versprochenen 360 000 Euro noch einmal deutlich zu erhöhen. Geld, das im Investitionsplan bereits für die neue Turnhalle verplant ist.
"Ich weiß nicht, wo da der Kompromiß ist", setzte SPD-Fraktionssprecher Gerhard Seba (SPD) dem neuen Antrag entgegen. Seine Partei blieb treu und lehnte einhellig die Erhöhung der Anlagen ab, "ohne daß wir die Inhalte nochmal diskutieren müssen". Selbst seine streitbare Parteifreundin Anita Steffens hielt sich zurück, konnte sich aber den Hinweis nicht verkneifen, "wir sind schuldenfrei, da werden wir die Turnhalle auch so finanzieren können und dafür bekämen wir sicher eine Ratsmehrheit."
Auf diesen Test wollten es die CDU-Ratsmitglieder nich ankommen lassen.
Auch die im März noch abtrünnigen Parteifreunde stimmten nun für den Enercon-Antrag und Bürgermeister Johann Peter Hink konnte sich freuen, "daß wir alle friedlich sind."
Anmerkung: Die Gemeinde Kutenholz befindet sich im Landkreis Stade.
Kommentar
Ein fader Beigeschmack
Vom Wohle der Bevölkerung und nach bestem Wissen und Gewissen – davon sollten sich Ratspolitiker bei ihren Entscheidungen leiten lassen. Der Entscheidung des Kutenholzer Gemeinderates haftet da ein fader Beigeschmack an.
Nicht der Inhalt der Entscheidung, sondern der Weg dorthin entspricht nicht dem allgemeinen Demokratie-Verständnis. Der Verdacht liegt nahe, daß die Kutenholzer Ratsfrauen –herren sich haben von der Höhe einer Schenkung leiten lassen. Denn inhaltlich hat sich in den vergangenen drei Monaten an der Ausgangslage in der Diskussion um höhere Windkraftanlagen wenig geändert. Wenn zwei Windräder von insgesamt 20 bei der alten Höhe bleiben, ändert das wenig an der Gesamtbelastung.
Das riecht nach einem faulen Kompromiß, denselben Antrag wieder auf die Tagesordnung setzen zu können; was formal nicht möglich ist.
Es schadet der Glaubwürdigkeit, wenn Ratspolitiker trotz besten Wissens mal Hü und mal Hott entscheiden; auch wenn die nun näher gerückte Turnhalle eindeutig dem Wohl der Bevölkerung dient.
Susanne Hellferich. Die Autorin ist zu erreichen unter der Adresse helfferich@tageblatt.de

shz, 21.06.2002
Unwirtschaftlich: Die Entzauberung der Offshore-Windparks
Energie-Experten warnen vor Investitionsruinen in den Meeren

Die Begeisterung der Befürworter von Offshore-Windparks - Windanlagen im Meer vor der Küste - steht offenbar in direktem Gegensatz zu dem Nutzen derartiger Anlagen. Die Entzauberung hat begonnen: Der Energieexperte in der schleswig-holsteinischen Landesverwaltung, Dr. Gustav Sauer, und der Hamburger Fachmann Lothar Schedereit sprechen jedenfalls von einer grundlosen Jubel-Mentalität in Kreisen der überbegeisterten Offshore-Windakteure. In ihrer eben vorgelegten Expertise rechnen sie vor, dass es für diesen jubel keinerlei Anlass gibt. Ihr Fazit: Offshore-Windanlagen sind unwirtschaftlich, locken ohne wirklich reizvollen Hintergrund Investoren in diesen Geschäftsbereich und sind auch in der Energiebilanz höchst fragwürdig. Am Ende drohten sogar Investitionsruinen in den Meeren, für die womöglich der Steuerzahler aufzukommen habe.
Sauer und Schedereit kritisieren vor allem, dass heute "die Windgemeinde voluntativ bejubelt", dass energiepolitisch via Offshore-Anlagen bald alles gut werde. Im Klartext: Die begeisterten Befürworter lügten sich in freudiger Erwartung selbst in die Tasche, wenn sie von energetischen und wirtschaftlichen Gewinnen der Anlagen sprächen. Entscheidender Fehler dabei sei, dass die Offshore-Fans in allen Erwartungsrechnungen die wichtigen Faktoren Ausfall und Wartung nicht einkalkuliert hätten. "Damit zeichnet sich am Horizont ein Investitionsgrab ab", stellen die Experten nüchtern fest.
Die Kritiker gehen davon aus, dass Offshore-Windenergienutzung heute sicherlich machbar sei. Die Wirtschaftlichkeit indes sei "zu verneinen", sagen Sauer und Schedereit. Problematisch sei, dass vor dem Hintergrund des heutigen Anlagengenehmigungsrechtes niemand gehindert sei, unwirtschaftliche OffshoreWindanlagen zu betreiben. Übrig blieben wahrscheinlich Investitionsruinen in den Meeren. Sauer/Schedereit: "Es bleibt abzuwarten, ob diese Ruinen alsbald der öffentlichen Hand anheimfallen“. Sie vergleichen diese Schreckensvision mit dem Fiasko geschlossener Immobilienfonds in Berlin und den neuen Ländern.
Energiepolitisch seien Offshore-Anlagen zudem unsinnig, solange es die aktuellen netztechnischen Probleme gebe. Demnach gebe es Netzinstabilitäten, die in Norddeutschland von den Kernkraftwerken ausgebügelt werden müssten. Auf diesem Wege komme es zu einer notwendigen Allianz, sagen Sauer und Schedereit: "Kern- und Windenergie sind zwar verheimlichte, aber umso innigere ,Schwestern im Netz'." Im Übrigen unterminiere "das privatinvestitionsgestützte Faszinosum Windenergie" die Klimaziele. Die Einspeisevergütung - gedacht als Investitionsanreiz - werde kontraproduktiv. So werde mit der Nutzung von Offshore-Windenergie diese Dauersubvention aus dem Portemonnaie der Stromkunden weitere 20 Jahre fortgeschrieben.
E-mail-Kontakte: GustavW-Sauer@aol.com und lothar.schedereit@renorga.de

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