FAZ
31.12.2001, Leserbrief
Wind
und Sonne, Zahlen und Kosten
Zum Artikel "Für die Opposition ist der
Atomausstieg' nicht endgültig" (FAZ vom 15.
Dezember): Die Regierungskoalition, vor allem der grüne
Koalitionspartner, feiert den "unumkehrbaren
Ausstieg" aus der Stromversorgung durch Kernenergie.
Selten hat eine Regierung ein Gesetz durchgedrückt, das
so wenig zu Ende gedacht ist.Vor allem mit Wind und Sonne
will Minister Jürgen Trittin die Energiewende schaffen,
ohne dies mit Zahlen und Kosten zu belegen. Derzeit
werden dreißig Prozent unseres Strombedarfs aus
deutschen Kernkraftwerken gedeckt. Trotz des rasanten
Ausbaus des Wind- und Sonnenstroms beläuft sich dessen
Anteil auf weniger als 2,5 Prozent. Abgesehen davon, daß
mit derzeit etwa 11000 Windkraftanlagen die
Belastungsgrenze der Landschaft erreicht ist, kosten
Wind- und Sonnenstrom bereits jetzt 1,3 Milliarden Mark
Subvention über den von allen zu zahlenden Strompreis.
Ein ohnehin schon utopischer Anteil von nur 15 Prozent
würde jährlich etwa acht Milliarden Mark Subvention
kosten. Mit Stromsparen läßt sich der Verbrauch sicher
noch reduzieren. Die Grünen in Nordrhein-Westfalen haben
diese Ersparnis allerdings schon mit dem von ihnen
geforderten Ausstieg aus der Braunkohle, die ebenfalls
etwa dreißig Prozent unseres Strombedarfs deckt,
verrechnet. Hinzu kommt, daß der Anteil des
Steinkohlestroms (derzeit 25 Prozent) stetig zurückgeht.
Die Subventionen werden für nicht mehr bezahlbar
gehalten, obwohl sie im Verhältnis erheblich geringer
sind als für Wind und Sonne.
Es fehlt vor allem bei den Grünen an einem realistischen
Konzept für die künftige Stromversorgung und deren
Bezahlbarkeit. Die von Wirtschaftsminister Werner Müller
ermittelten Kosten werden ignoriert. Es ist anmaßend,
wenn eine heutige Bundestagsmehrheit einen unumkehrbaren
Ausstieg aus der Kernenergie feiert, der erst in zwanzig
Jahren vollzogen ist. Als ob den heute Zwanzigjährigen
vorgeschrieben werden könnte, ob sie demnächst weiter
aus deutschen oder dann verstärkt aus französischen
Kernkraftwerken Strom beziehen dürfen. - Josef
Hüttemann, DürenBerliner Tagesspiegel, 23.12.01
Warum werden Sie so
wenig gelobt, Herr Trittin?
Der Umweltminister über grüne Mentalität und seine
Probleme mit Blumenfarmen am Kilimandscharo
Wenn Sie an das Programm denken, mit dem Sie vor drei
Jahren angetreten waren: Ist die Energiepolitik der
rot-grünen Regierung dann ein Erfolg?
Ja, die Energiewende, das nationale Klimaschutzprogramm
und der Atomausstieg gehören zu unseren großen
Erfolgen. Mit dieser Vorreiterrolle konnten wir auch die
ausgezeichnete Bilanz beim internationalen Klimaschutz in
diesem Jahr hinbekommen. Ich selbst war sehr skeptisch,
ob das Internationale Klimaprotokoll ein Erfolg werden
würde. Aber wir haben international eine Führungsrolle
im Klimaschutz übernommen, weil wir zeigen konnten, es
geht: Man kommt raus aus der Atomenergie und kann
gleichzeitig andere Alternativen aufbauen. Für uns sind
Hocheffizienz und Atomausstieg kein Widerspruch, sondern
ergänzen sich prächtig. Atomanlagen sind nicht
effizient. Das sind eben keine Technologien, die wir
entwickeln müssen, wenn wir der Herausforderung des
Klimaschutzes - die Reduzierung von Kohlendioxid, bei
gleichzeitiger Wahrung unseres Lebenstandards - meistern
wollen. Es gab bisher kein Jahr, in dem umweltpolitisch
so viele strategische Reformen umgesetzt worden sind wie
2001: Atomausstieg, Klimavereinbarung, die umfassende
Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes. Eigentlich
könnten Umweltverbände uns hier loben.
Was würden Sie gerne von ihnen hören?
Es wäre schön, wenn die Verbände unsere Arbeit
sachlich würdigen. Schließlich haben wir wesentliche
Kernpunkte von Vorhaben verwirklicht, die über zwanzig
Jahre lang gefordert worden sind. Jetzt weiß auch jeder,
um was es im nächsten Jahr bei der Wahl geht. Soll
dieser eingeschlagene Kurs fortgesetzt werden? Oder will
man diese Errungenschaften der Energiewende gefährden
durch eine Politik, die kurzfristig billiger Energie den
Vorrang vor effizienter und intelligenter Energiepolitik
gibt. Wir haben all diese Maßnahmen durchgesetzt gegen
wütenden Protest und wütende Widerstände von FDP und
CDU. Und wenn die Ausgangsfragestellung für das
Bundestagswahljahr lautet, wer regiert neben einem
Bundeskanzler Schröder, dann weiß jeder nach diesem
Jahr und nach diesen Resultaten, was da auch auf dem
Spiel steht.
Was bleibt dem Umweltminister für das Jahr
2002 überhaupt noch zu tun?
Wenn es nicht immer neue Herausforderungen geben würde,
wären wir Grünen nicht notwendig. Der Umweltminister
müsste sagen, es bedarf keines Umweltministers mehr.
Aber im Ernst: Wir stehen nun vor der Aufgabe, im
nationalen wie im europäischen Bereich uns der
Bekämpfung des Lärms zu widmen. In den klassischen
Umweltmedien Luft und Wasser haben wir schon viele
Emissionen eindämmen können. Aber der Lärm ist ein
großes Problem, Ursachen sind unter anderem der Verkehr
und die Zersiedelung der Landschaft.
Aber der Lärm ist nicht das Problem, das
Ihnen am meisten Kopfzerbrechen bereitet?
Eine der größten Herausforderungen der Politik ist für
mich die Globalisierung und die Notwendigkeit, einen
sozialen und ökologischen Rahmen für sie zu entwickeln.
Da kommt der Umweltpolitik eine Schlüsselstellung zu.
Ich will das an einem Beispiel erläutern. Es gibt im
Flugverkehr zwar keine Direktverbindung mehr von
Deutschland nach Nairobi, weil Afrika ein abgehängter
Kontinent ist. Aber nachts fliegen zwei Jumbo-Jets nach
Frankfurt, die voll mit Blumen sind. Rheinische
Gärtnereien züchten ihre Blumen in Nairobi und fliegen
pro Nacht zwei Jumbo-Jets hier nach Deutschland. Warum?
Sie kriegen dort die Ressource Wasser umsonst. Also
züchte ich meine Blumen nicht mehr in der Vor-Eifel,
sondern in der Nähe des Kilimandscharo und fliege sie
zum deutschen Verbraucher. Das ist Teil der
Globalisierung, der unterm Strich sicher nicht zum Nutzen
der Menschen ist.
Was wollen Sie dagegen tun?
Jetzt verstehen Sie vielleicht, warum ich als
Umweltminister gemeinsam mit der
Entwicklungshilfeministerin der Auffassung bin, dass
gerade in Afrika, wo die Menschen arm sind, Wasser einen
Preis haben muss. Denn wenn es nichts kostet, kriegen die
Menschen dort auch kein Wasser, aber diejenigen bedienen
sich, die es im großen Stil verbrauchen und zwar so,
dass der Wasserspiegel eines großen Sees innerhalb von
zwei Jahren um zwei Meter absinkt wegen der Blumenfarmen
drumrum. Auf die Globalisierung eine Antwort zu finden,
ist neben der Lärmbekämpfung die große
umweltpolitische Herausforderung.
Aber warum hören die Globalisierungskritiker
im Moment lieber Oskar Lafontaine als Jürgen Trittin -
zum Beispiel kürzlich auf einem Kongress?
Das hat vielleicht mit einer mentalen Reserviertheit der
deutschen Linken zu tun, die sich mit dem Gedanken nicht
anfreunden kann, Politik tatsächlich zu gestalten. Es
gibt immer noch so eine Haltung, wonach das Regieren
eigentlich das natürliche Vorrecht der politischen
Rechten sei und man selbst lieber Opposition macht.
Insofern entspricht ein an der Machtfrage gescheiterter
Politiker der Linken wie Oskar Lafontaine der Stimmung
eines solchen Kongresses. Dabei hat er - etwa bei der
Vorbereitung der großen Steuerreform - nicht nur
"linke" Politik gemacht, etwa durch die
Erhöhung des Steuerfreibetrags und die Absenkung der
Eingangssteuern, sondern auch Entlastungen für
Unternehmen. Er kann nicht so tun, als hätte er nur das
eine, nicht aber das andere vorbereitet. Ich habe dem
zugestimmt, ich stehle mich nicht aus der Verantwortung.
Aber ich glaube, dass sich das sehen lassen kann, was ich
an internationaler Umweltpolitik gemacht habe, und auch
das, was die Minister-Kollegin Heidemarie Wieczorek-Zeul
erreicht hat.
An was denken Sie dabei?
Es war die Bundesrepublik, die bei den G 8 einen
Schuldenerlass in der Größenordnung von 23 Milliarden
Dollar durchgesetzt hat. Wir haben neben Kyoto das
internationale Abkommen über die biologische Sicherheit
unterzeichnet, das die heimische biologische Vielfalt vor
genetischen Übergriffen schützt. Es ist ein
Schutzinstrument für Länder der Dritten Welt. Wir haben
das Abkommen zum Verbot der zwölf giftigsten Chemikalien
weltweit - wie etwa DDT - abgeschlossen. Wo es um die
Gestaltung der Globalisierungsfolgen geht, ist die
Politik dieser Bundesregierung viel besser als das, was
manche Kritiker sehen.
Kümmert sich Ihre Partei denn genug um die
Globalisierungskritiker? Was haben die Grünen falsch
gemacht, wenn sie im Sommer die Kritik vom grünen
Europa-Abgeordneten Daniel Cohn-Bendit so überraschen
konnte?
Wenn es um Außenpolitik ging, waren die meisten Medien
in den vergangenen zehn Jahren meist nur dann
interessiert, wenn es irgendwo geknallt hat. Für die
Debatten in der Grünen-Partei in den Jahren von 1994 bis
heute, die sich mit Fragen von Strukturen der
Weltwirtschaft und internationaler Umweltpolitik
beschäftigt haben, hat sich kaum jemand interessiert.
Inzwischen macht ein Begriff Karriere, für den
unsereiner lange ausgelacht worden ist, nämlich die
Tobin-Steuer. Ich sage: Gut, dass Ihr auch jetzt mal
entdeckt, dass es so etwas überhaupt gibt. In der
Substanz haben die Grünen in der internationalen
Umweltpolitik, in der Entwicklungspolitik, also bei den
Antworten auf Globalisierung, vieles nicht nur
programmatisch vorgedacht. Die Regierung hat den
Ankündigungen Taten folgen lassen. Es bleibt allerdings
noch eine große Frage zu beantworten: In welchen
Schritten wir das Ziel erreichen, 0,7 Prozent des
Bruttosozialprodukts für Entwicklungsaufgaben
auszugeben.
Sie ziehen eine sehr positive Bilanz für Ihr
Ressort, Sie haben mit dem Atomausstieg einen Traum der
Grünen erfüllt, Joschka Fischer hat in gewisser Weise
einen Traum der Grünen vernichtet, nämlich den Glauben
an Gewaltfreiheit. Wie kommt es, dass er so viel besser
dasteht in der öffentlichen Wahrnehmung als Sie?
Er steht besser als andere da, und das freut alle
Grünen. Bei der Bundestagswahl geht es um die politische
Richtung, um die Frage, mit welcher Partei regiert
Gerhard Schröder weiter: Geht die Regierung neoliberal
nach rechts oder sozialökologisch nach vorne? Wir
wollen, dass die Regierung Schröder / Fischer wieder
gewählt wird, und deswegen ist auch die Herausstellung
des Vizekanzlers und Außenministers im Wahlkampf genau
das, was diese Wahlaussage auf den Punkt bringt.
Wünschen Sie sich von der Politik des
Außenministers mehr von dem, was Sie als Grüne Konzepte
beschrieben haben, nämlich soziale und ökologische
Rahmenbedingungen für die Globalisierung zu erarbeiten?
Ich glaube, das machen wir in der Regierung schon ganz
gut. Jeder weiß, dass die Probleme nur zu lösen sind,
wenn sich alle Politikbereiche internationalisieren. Rein
nationale Umweltpolitik wäre heute zum Scheitern
verurteilt. Insofern reden wir über Arbeitsteilung,
über unterschiedliche Rollenverständnisse. Das, was wir
im Rahmen der Gestaltung von Globalisierung als
internationale Umweltpolitik betreiben, würde das
Auswärtige Amt in dieser Form gar nicht machen können.
Die Kernbotschaft für die Übernahme des
Außenministeriums durch Joschka Fischer war der
Nachweis, dass Grüne ein so genanntes klassisches
Ressort führen können. Damit sind die Grünen eine
politisch ernst zu nehmende Kraft. Joschka Fischer ist
heute global ein weit geachteter und beachteter
Außenpolitiker, damit ist der Beweis erbracht.
Wie müssen sich die Grünen aufstellen, um
bei der Bundestagswahl zu einem guten Ergebnis zu kommen?
Die Entscheidungsfrage ist nicht nur die nach einer
Partei, sondern nach einer Richtung: Wollen die Wähler
Schröder plus Neoliberale oder Schröder plus Grün?
Deshalb müssen die Grünen die Leistungen deutlich
machen, die es ohne sie nicht gegeben hätte. Das ist ja
mehr als der Ausstieg aus der Atomenergie. Wir werden in
diesem Zusammenhang selbstverständlich auch und gerade
im sozialdemokratischen Milieu die Frage stellen müssen,
ob die Wähler dort Rot-Grün fortsetzen wollen.
Nach dem Motto: Wer Rot-Grün wählt, darf
nicht Rot, sondern muss Grün wählen?
Wer Rot-Grün will, sollte Grüne wählen. Ja, so würde
ich das zuspitzen.
Das Interview führten Hans Monath und Peter
Siebenmorgen.
FAZ,
22.12.2001
Trittin setzt seinen Kandidaten durch
Lothar Hahn wird Geschäftsführer / Gegner der
Kernenergienutzung
Dt. FRANKFURT, 21. Dezember. Der Diplomphysiker Lothar
Hahn wird mit Jahresbeginn technisch-wissenschaftlicher
Geschäftsführer der Kölner Gesellschaft für Anlagen-
und Reaktorsicherheit (GRS). Der Aufsichtsrat der
Gesellschaft bestellte Hahn am Donnerstag zum Nachfolger
von Adolf Birkhofer, der an der Technischen Universität
München den Lehrstuhl für Reaktordynamik und
Reaktorsicherheit innehat und diese Tätigkeit seit 1977
mit der Leitung der GRS verband.
Hahn war von Bundesumweltminister Trittin bereits vor
zwei Jahren zum Nachfolger Birkhofers an der Spitze der
Reaktorsicherheitskommission (RSK) bestellt worden. Die
RSK berät die Bundesregierung ehrenamtlich in Fragen
nuklearer Sicherheit. Die GRS ist dagegen ein
kommerzielles Beratungsunternehmen, das hauptsächlich im
Auftrag verschiedener Bundesministerien Gutachten über
und Prüfaufträge an kerntechnischen Anlagen anfertigt.
Mit rund 320 angestellten Wissenschaftlern und
Ingenieuren erzielt die Gesellschaft nach eigenen Angaben
einen Jahresumsatz von etwa hundert Millionen Mark.
Größter Anteilseigner ist mit 46,1 Prozent der Bund;
weitere 46 Prozent halten elf Technische
Überwachungsvereine und der Germanische Lloyd; mit
jeweils 3,85 Prozent sind die Länder Nordrhein-Westfalen
und Bayern beteiligt.
Hahn war bereits unmittelbar nach dem Regierungswechsel
von 1998 als Trittins Favorit für die Leitung der RSK
und der GRS gehandelt worden. Trittins Versuch, die
Schlüsselpositionen in den Beratungs- und
Gutachterinstitutionen der Regierung im Handstreich mit
Kritikern der Nutzung der Kernenergie zu besetzen, wurde
jedoch von Bundeskanzler Schröder zunächst durchkreuzt,
weil er die Verhandlungen mit der Industrie über den
"Atomausstieg" störte. Der 57 Jahre alte Hahn,
der sich beim Darmstädter Öko-Institut als Gegner der
Atomindustrie profiliert hatte, gilt zwar auch bei den
Kraftwerksbetreibern als umgänglicher und seriöser
Gesprächspartner, bemängelt wird aber, daß seine
wissenschaftliche Qualifikation nicht an die Birkhofers
heranreichte.
Im Aufsichtsrat der Gesellschaft wurde daher eine
Ausschreibung der Stelle erzwungen, aus der wiederum Hahn
als geeignetster Bewerber hervorging, obwohl dem
Vernehmen nach mehrere Hochschullehrer zur Wahl gestanden
hatten. Noch am 5. Dezember kam im Aufsichtsrat für den
auf Betreiben des Umweltministers zum einzigen Kandidaten
nominierten Hahn nicht die erforderliche
Dreiviertelmehrheit zustande. Unter Drohungen, der
Gesellschaft könnten wertvolle Aufträge der
Bundesregierung entzogen werden, gaben die
widerstrebenden Gesellschafter - vor allem das Land
Bayern und einige Technische Überwachungsvereine - auf
einer weiteren Sitzung am Donnerstag schließlich ihren
Widerstand auf. - Frankfurter Allgemeine
Zeitung, 22.12.2001, Nr. 298 / Seite 6
Durchmarsch
Dt. Den Marsch durch die Institutionen haben die
Grünen erfolgreich hinter sich gebracht. Seit sie ganz
oben angekommen sind, haben sie sich auf den Durchmarsch
in die Institutionen verlegt. Keiner war darin so
erfolgreich wie Umweltminister Trittin. An der Spitze des
Bundesamts für Strahlenschutz tauschte er einen
international renommierten Strahlenphysiker gegen einen
Diplomarchitekten aus, dessen wichtigste Qualifikation
die unbedingte Loyalität gegenüber dem Minister war.
Die Reaktorsicherheitskommission und die
Strahlenschutzkommission mischte er mit Atomkraftgegnern
auf, und nun zwang er auch noch der Gesellschaft für
Reaktorsicherheit einen Geschäftsführer auf, der in der
Anti-Atom-Bewegung als einer ihrer Pioniere zu Hause ist,
in der Wissenschaft aber nur Zaungast. Das Vorgehen des
Umweltministers gleicht dem Verhalten der
Tschernobyl-Mannschaft, die einmal ausprobieren wollte,
wie der Reaktor reagiert, wenn man die automatischen
Sicherheitsmechanismen abschaltet. Das Ergebnis ist
bekannt. Nur haben offenbar gerade jene nichts daraus
gelernt, die in Deutschland am lautesten vor einem
"neuen Tschernobyl" gewarnt haben. -
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.12.2001, Nr. 298 /
Seite 10
FAZ Druckausgabe, 20.12.2001
(S. 8)
Durch Mehrheitsbeschlüsse nicht außer Kraft zu
setzen
Der Verfasser der Glosse "Im Blindflug" (F.A.Z.
vom 15. Dezember) liegt in einem Punkt falsch, in seiner
Kernaussage hat er völlig recht. Unzutreffend ist der
Hinweis, daß es sich bei den 19 deutschen
Kernkraftwerken um mehr als 30 Jahre alte Baureihen
handelt: Die sogenannten Konvoi-Anlagen ab Anfang der
achtziger Jahre - letzte Inbetriebnahme: Isar 2 im Jahre
1998 - entsprechen moderner Technik auf hohem
Sicherheitsniveau. Die älteren Kernkraftwerke sind mit
hohem Aufwand nachgerüstet und damit modernisiert
worden. So betrugen beispielsweise die Errichtungskosten
des ältesten Kernkraftwerkes Obrigheim im Jahre 1968 278
Millionen DM; zwischen 1969 und 1999 wurden insgesamt 568
Millionen DM an Nachrüstungsinvestitionen eingesetzt.
Wirtschaftsminister Werner Müller führt mit seinem
Hinweis auf die hohen Subventionskosten für additive
Energieträger - insbesondere Windkraft- und Solaranlagen
- die Grünen an die wirtschafts- und energiepolitische
Realität heran. Mit seinen konkreten, quantitativen
Angaben entlarvt er das nicht quantifizierte
"Patentrezepf" seines Kabinettskollegen Jürgen
Trittin, Kernenergie und Kohle - insgesamt zur Zeit etwa
86 Prozent Anteil an der Stromerzeugung - durch
Energieeinsparungen, Energieeffizienz und Ausbau
erneuerbarer Energien zu ersetzen. Die zusätzlichen
Arbeitsplätze bei Windkraft- und Solaranlagen sind keine
sich selbst tragenden, sondern hochsubventionierte
Arbeitsplätze, deren dauerhafte Rentabilität noch in
den Sternen steht; man muß außerdem auch den mit dem
Wegfall von Kernenergie und Kohlekapazitäten verbundenen
Abbau von Arbeitsplätzen - bei der Kernenergie von
rentablen Arbeitsplätzen - gegenrechnen.
Die Fachleute betonen mit Recht immer wieder,
daß bei einem Auslaufen der Kernenergie, die jährlich
160 Millionen Tonnen Kohlendioxyd vermeiden hilft, die
Klimaschutzziele der Bundesregierung
(Kohlendioxyd-Minderung um 50 Prozent bis 2030) nicht
erreicht werden können, zumal die von den Gewerkschaften
abgestützte "Modernisierungstruppe" des
Kanzlers die Steinkohle (im Westen) und Braunkohle (im
Osten) weiterhin verbrennen will - mit Subventionskosten
von fast acht Milliarden DM jährlich. Der Anteil
erneuerbarer Energien soll von rund sechs Prozent (davon
sind vier Prozent Wasserkraft) auf 13 Prozent bis zum
Jahre 2010 steigen; selbst wenn dies zuträfe, kann diese
Steigerungsrate Kohle und Kernenergie auch nicht
annähernd ersetzen. Aber selbst diese sehr optimistische
Steigerung führt - durch den Bau von Wind- und
Photovoltaikanlagen - zu einem enormen Flächenverbrauch,
gegen den sich nicht nur die Grünen, Naturschützer,
Wochenendhausbesitzer, Touristen und Reitervereine
wenden. Wer auf die Wirklichkeit hinweist, ist noch lange
kein Gegner von Energieeinsparung, Energieeffizienz und
von erneuerbaren Energien. Naturgesetze können durch
Mehrheitsbeschlüsse nicht außer Kraft gesetzt werden.
Im übrigen ist es höchste Zeit, daß die
Bundesregierung die Ziele ihrer Energiepolitik und deren
Erreichbarkeit nachvollziehbar und quantifiziert nennt;
das ist bis heute unterblieben. Das Konzept der
Bundesregierung gleicht einem energiepolitischen
Blindflug ohne Landebahn. - Professor Dr. Hellmut Wagner,
Karlsruhe
Rheinpfalz, 03.12.2001
Im Blickpunkt: Alle Jahre wieder Ärger um
Beleuchtung
Werbegemeinschaften greifen tief in die Tasche - Nicht
alle Pfälzer Städte zahlen Zuschüsse
Leuchtende Sterne und glitzernde Lichterketten lassen
Innenstädte in weihnachtlichem Glanz erstrahlen und
sollen dazu animieren, beim Einkaufsbummel recht tief in
die Tasche zu greifen. Dem bunten Schmuck ist es nicht
anzusehen: Doch in vielen Pfälzer Städten sorgt die
Weihnachtsbeleuchtung regelmäßig für Ärger, weil der
Glimmer kaum noch finanziert werden kann. Eine
RHEINPFALZ-Umfrage ergab, dass längst nicht mehr alle
Städte den Glanz bezuschussen. In Kaiserslautern stand
die Beleuchtung gar vor dem Aus, in Zweibrücken hilft
jetzt eine Losaktion.
Meist sind es die Einzelhändler, die den Hauptteil der
Kosten tragen. Werbegemeinschaften versuchen, möglichst
viele ihrer Mitglieder dazu zu bewegen, ihren Obolus zur
Weihnachtsbeleuchtung beizutragen. Die großen
Filialisten halten sich dabei eher abseits. "60
Prozent der Einzelhändler haben in Frankenthal einen
Fünf-Jahres-Vertrag unterschrieben", sagt Klaus
Bolte von der "Frankenthaler C
ity". Von den Filialisten zahle jedoch nur einer
für die im vergangenen Jahr neu angeschaffte
Beleuchtung. Die anderen hätten mit der Begründung
abgelehnt, dass nicht in jeder Stadt die
Weihnachtsbeleuchtung mitfinanziert werden könne. Die
100.000 Mark Investitionskosten müssen die Mitglieder
der Werbegemeinschaft trotzdem finanzieren. 25.000 Mark,
die für Vorarbeiten gebraucht worden waren, steuert die
Stadt bei. "Bei so hohen Summen sind 40 Mark pro
laufender Meter Schaufensterfront nicht die Welt",
meint Bolte.
Das sehen die Geschäftsleute in Kaiserslautern anders.
Dort war vielen der auf 28 Mark gestiegene Beitrag pro
Frontmeter zu teuer. 20.000 Mark muss die
Werbegemeinschaft "Kaiser in Lautern" jährlich
für Montage, Wartung und Lagerung der
Weihnachtsbeleuchtung auf den Tisch blättern. Die Stadt
bezahlt den Strom. Da sich immer weniger Läden an den
Kosten beteiligten, stand die Innenstadt-Beleuchtung auf
der Kippe. Erst als der Einzelhandelsverband damit
gedroht hatte, Glühbirnen vor Geschäften, die sich
nicht beteiligen wollten, herauszuschrauben, fand der
Streit ein Ende. 18 weitere Läden waren nun zur
Zusammenarbeit bereit. Nach Angaben der Werbegemeinschaft
ist es allerdings immer noch nicht möglich, eine
flächendeckende Beleuchtung zu installieren.
Auch in Landau finanziert der Werbekreis unter
Federführung der Einzelhändler die
Weihnachtsbeleuchtung. Dazu gehört auch die Wartung.
"Die Stadt übernimmt die Stromkosten", so
Beigeordneter Hans-Joachim Kreisel. Die Werbegemeinschaft
verschicke jährlich Bettelbriefe an ihre Mitglieder, um
die doch schon sehr betagten Lichterketten ("Sie
passen zum Jugendstil") den Bürgern erhalten zu
können.
Die Stadt Zweibrücken trägt so gut wie nichts zur
Weihnachtsbeleuchtung bei, unterstützt aber den Plan der
Werbegemeinschaft, 2002 Geld in neue Elemente zu
investieren. "Man müsste jedes Jahr 5000 Mark
zurücklegen, um Teile ersetzen oder erneuern zu
können", sagt Annette Hübschen vom Stadtmarketing.
Obwohl alle Geschäfte für die Beleuchtung seien, sitze
das Geld dafür nicht locker. Dazu sei die Konjunktur zu
schlecht. 30.000 Mark braucht die Werbegemeinschaft für
ihren Lichterschmuck. Mit Hilfe einer Rubbellosaktion
wird in diesem Jahr versucht, die Kasse aufzufüllen.
Seit ein paar Jahren wird in Neustadt mit einer neuen
Weihnachtsbeleuchtung geliebäugelt, aber bislang fehlt
das Geld dafür. Rund 25.000 Mark erhalten nach Angaben
der Stadt die drei Elektrobetriebe, die die Lichterketten
aufhängen und warten. Die "Willkomm
Gemeinschaft" erwirtschaftet bei ihrer Sammelaktion
einen Betrag zwischen 5000 und 8000 Mark. "Den Rest
bezahlen wir", so Andreas Günther von der
Stadtverwaltung. Zu beneiden sei die Stadt Trier, wo die
"tolle Beleuchtung" komplett vom Gewerbe
getragen werde.
Zu teuer ist die Weihnachtsbeleuchtung in Pirmasens, wo
sie nach Auskunft der Stadt von 38 auf 33 Lichterketten
reduziert wurde. "Wir haben die gleichen Probleme
wie die Zweibrücker", sagt Dunja Maurer.
"Viele Geschäfte wollen bei den Sammelaktionen
nicht mehr mitmachen." Der Einzelhandel tue sich
schwer, die Kosten allein zu tragen: "Die
Stadtverwaltung kann als Gegenleistung nur die
organisatorischen Arbeiten wie die Auftragsvergabe
übernehmen."
In Ludwigshafen erhält der Marketingverein einen
städtischen Zuschuss in Höhe von 280.000 Mark, der für
die Weihnachtsbeleuchtung und andere Aktivitäten gedacht
ist. Er soll im nächsten Jahr um 80.000 Mark gekürzt
werden, so Ulrich Gaißmayer. Die Innenstadtbeleuchtung,
die von einer Essener Firma montiert und gewartet werde,
koste 120.000 Mark. "Auch bei uns ist es schwierig,
die Beiträge von den Mitgliedern einzusammeln. Dafür
wird aber die Arbeit mit Sponsoren besser."
Eine neue Weihnachtsbeleuchtung gibt es in Bad Dürkheim
seit letztem Jahr. Beide Licht-Sätze haben je 17.000
Mark gekostet. "Die Beträge haben sich Stadt und
Werbegemeinschaft geteilt", sagt Manfred Handrich
vom Ordnungsamt. Die Stromrechnung in Höhe von knapp
6000 Mark - darin enthalten auch das Geld für die
Christbaumbeleuchtung - zahle die Stadt.
Stadt, Leistungsgemeinschaft und Stadtwerke finanzieren
in Speyer die Weihnachtsbeleuchtung gemeinsam. Den Strom
übernehmen die Stadtwerke, während die Stadt für
Montage und Unterhalt der Lichterketten verantwortlich
ist. Ein neues Element kostet laut Verwaltung 8000 Mark.
Beim letzten Mal haben sich Stadt und
Leistungsgemeinschaft diesen Betrag geteilt. Für eine
schöne Bescherung reicht dies nicht aus: "Es
müsste aber noch einiges mehr erneuert werden",
heißt es in der Domstadt. - Von unserer Redakteurin:
Petra Depper RON - RHEINPFALZ ONLINE, Montag, 3. Dez ,
03:45 Uhr
Allgemeine Zeitung,
07.12.2001
Unterlagen nicht
seriös
VG-Rat lehnt einen Windpark bei Niedermoschel ab /
Initiative gebildet
Vom 07.12.2001
bev. BAD MÜNSTER AM STEIN-EBERNBURG
Offensichtlich ist die planende Firma
unseriös, stufte der Verbandsgemeinderat die
PROKON Energiesystem GmbH (Hambach) verärgert ein, die
in der Gemarkung Niedermoschel auf den Erhebungen
Roter Kopf und Ruth einen
Windpark mit acht Anlagen einer Nabenhöhe von 80 Metern
anlegen möchte. In seiner Stellungnahme zu dem Projekt
lehnte der Rat das Ansinnen ab.
Als Anrainer wird die Verbandsgemeinde am
Raumordnungsverfahren beteiligt. Ein solches Verfahren
ist laut Landesplanungsgesetz notwendig, da es sich nicht
um eine Einzelmaßnahme, sondern um ein Projekt mit
Raumbedeutsamkeit handelt.
Das Misstrauen gegenüber der Gesellschaft gründete auf
den Tricks, mit denen in den Unterlagen
gearbeitet wurde. Und das wären die Simulationsbilder
mit den Rädern von Hallgartener Blickpunkten aus, die in
ihrer Darstellung nicht den Tatsachen entsprechen
würden, wie VG-Beigeordneter und Ortsbürgermeister
Ernst Peter Bayer mit Hilfe eines Fachmanns und eines
Computerausdrucks darlegte. Diese Bilder werden der
Stellungnahme als Gegenposition ebenso beigefügt wie die
Feststellung, dass ein neutrales Lärmschutzgutachten
fehlt.
Die Bürger Hallgartens waren vom Geräuschpegel der drei
Windkraftanlagen, die seit Frühjahr dieses Jahres in der
Feilbingerter Gemarkung thronen, doch sehr unangenehm
überrascht und fühlen sich von den
Schallgeräuschen belästigt, wusste Bayer. Und
das, obwohl die Feilbingerter Räder eine Masthöhe von
nur 65 Metern haben. Bei noch größerer Dimensionierung
wäre das Schlaggeräusch noch ausgeprägt höher.
Wie bereits in der ablehnenden Haltung im Rat Hallgarten
begründete auch der VG-Rat in seiner Stellungnahme sein
Nein, dass ein Windpark den Zielvorgaben der
Regionalen Raumordnungspläne Rheinhessen-Nahe und
Westpfalz, die die Nordpfalzgemeinde als einen Ort
mit besonderer Funktion Erholung ausweisen,
widerspreche. Außerdem wäre der geplante
Park nur 180 Meter von den naturnahen
Laubwaldstrukturen entfernt, und eine Prognose über die
Auswirkung auf den bekannten Kiebitzrastplatz wird
ebenfalls nicht gegeben. Unter anderem wird neben dem
Eingriff in die Fauna generell der massive Eingriff in
das Landschaftsbild kritisiert sowie die Wertminderung
von Bauplätzen bis zu 50 Prozent.
Wie Bayer erfahren hat, sollen sich auch die
Verbandsgemeinde Obermoschel und der Donnersbergkreis
negativ zu den Windpark-Plänen ausgesprochen haben, die
Gemeinde Niedermoschel hingegen nicht.
Am Rande der Sitzung war zu erfahren, dass sich eine
Initiative um Thomas Kehl (Hallgarten) gegen das Projekt
gebildet hat. Auch die FDP-Ratsfrau und
Landtagsabgeordnete Nicole Morsblech war der Ansicht,
dass es in Rheinland-Pfalz mittlerweile genügend
Windkraftanlagen gebe: Wir sind an der
Grenze. Udo Blätz (CDU) meinte: Das Maß ist
voll. Laut Kenntnis von Ralf Rauschenplat gibt es
landesweit 454 Windenergieanlagen, die einen Anteil von
0,6 Prozent am Stromverbrauch abdecken.
Weder Diskussionsbedarf noch Bedenken hatte der VG-Rat
zur vorgelegten städtebaulichen Rahmenplanung mit Blick
auf die Konversionsmaßnahmen in der Schwesterstadt Bad
Kreuznach (Rose Barracks, Family Housing, Hospital).
Allgemeine Zeitung,
07.12.2001
Entwicklung vor dem Ende?
Doss zu Windkraft: Geringe Effizienz, ökologische
Bedeutungslosigkeit
Vom 07.12.2001
RHEINHESSEN (red.) Die auch in Rheinhessen
während der vergangenen drei Jahre rasante Entwicklung
beim Aufbau von Windkraftanlagen steht nach Einschätzung
des CDU-Bundestagsabgeordneten Hansjürgen Doss vor einem
abrupten Ende.
Grund dafür sei es weniger, die Einsicht in die geringe
Effizienz der Anlagen und ihre ökologische
Bedeutungslosigkeit als vielmehr die sinkende
Gewinnerwartung für Kapitalanleger. Doss: Der
euphorische Run auf Windparkfonds erinnert an die
Situation am Neuen Markt vor anderthalb Jahren. Die
Prognosen der Anlageberater lassen auf einen ähnlich
dramatischen Absturz deuten. Grund seien die
veränderten Rahmenbedingungen bei den
Genehmigungsverfahren, die vielfach nicht mehr von der
lokalen Bauaufsichtsbehörde durchzuführen seien. Der
Weg über Landesbehörden und das Erforderlichwerden
einer Umweltverträglichkeitsprüfung führten zu
zeitlichen Verzögerungen.
Deshalb, so Doss, kommen die meisten Windparkfonds in
diesem Jahr nicht mehr als Beteiligungsmodell auf den
Markt. Damit könne die steuermindernd einsetzbare
Verlustzuweisung erst im Folgejahr geltend gemacht
werden. Da sich auch die gesetzlich garantierte
Einspeisevergütung verringere, müssten Anleger mit
geringeren Erträgen rechnen. Als Steuersparmodell eigne
sich die Geldanlage Windkraft nur im ersten Jahr. Wenn in
den Folgejahren positive Ergebnisse erzielt würden,
müssten die vom Beteiligungsinhaber voll versteuert
werden. Doss zitiert das renommierte Beratermagazin
Porat-Infothek: Nicht selten sind die positiven
Ergebnisse bei einzelnen Fonds so hoch, dass der Anleger
im wahrsten Sinne noch Geld mitbringen muss, um seine
Steuern, die aus dieser Beteiligung resultieren, zu
bezahlen.
Die Beteiligung an Windkraftanlagen sei demnach nur für
Anleger mit sehr hohem Einkommen interessant, die kurz
vor dem Rentenalter stehen und von den dann erheblich
niedrigeren Steuersätzen profitieren. Mit dem deutlichen
Tritt auf die Euphoriebremse unter den Kapitalanlegern
erwartet Doss eine deutliche Abschwächung des Booms im
Geschäft mit der Windkraft und auch einen rapiden
Rückgang der Zahl neuer Windkraftanlagen.
taz, 01.12.01
Windräder gegen CO2-Bilanz
Umweltminister wollen mit Off-Shore-Windkraftanlagen ihre
Energie-Bilanz verbessern
Zwei Mal im Jahr treffen sich die Umweltminister des
Bundes und der Länder zum Meinungsaustausch, in den
letzten beiden Tagen hatte Bremen die Ehre. Auf der
abschließenden Pressekonferenz versicherte Bremens
Umweltsenatorin Christine Wischer (SPD), die
Länder-Kollegen hätten dem Bundesminister Jürgen
Trittin (Grüne) "den Rücken gestärkt".
Der hatte das offenbar nötig: In Berlin hatte
Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) pünktlich
zur Ministerkonferenz ein Gutachten vorgestellt, nach dem
die von der rotgrünen Koalition geplante Verringerung
des Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) um 40 Prozent bis
2020 kaum finanzierbar sein und auch negative
Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung
haben werde. "Das basiert auf veralteten Gutachten
und ist von der Realität längst überholt",
kofferte Trittin gestern in Bremen gegen seinen
Kabinettskollegen. Trittins Begründung: Deutschland habe
jetzt schon seinen CO2-Ausstoß um 18,7 Prozent
verringert gegenüber 1990. Das sei "mehr als
doppelt so viel wie die übrigen EU-Länder". Der
Zerfall der DDR-Industrie war eben ein Glücksfall für
die gesamtdeutsche CO2-Statistik.
Auch Wischer hatte den Berliner Wirtschaftsminister wegen
seines Gutachtens kritisiert. Dabei hat sie aber
unerwähnt gelassen, dass in Bremen der CO2-Ausstoß seit
1990 gestiegen ist. Trotz des
"Landesenergieprogramms" 1994, das eine
Reduzierung um 30 Prozent als Ziel bis 2005 formulierte,
trotz des Bekenntnisses aus dem Regierungsprogramm der
Großen Koalition. Insbesondere wenn das Stahlwerk gute
Aufträge hat, verschlechtert sich Bremens CO2-Bilanz.
Kleinere Verbesserungen in den anderen Bereichen kommen
dagegen kaum an.
Seitdem die Stadtgemeinde keine Anteile mehr an dem
Stromversorger swb besitzt, hat die Umweltsenatorin auch
keinerlei Einfluss mehr auf den Treibhauseffekt -Sünder
II in der Stadt - die Kohlekraftwerke. Man müsse
"über das Jahr 2005 hinaus" denken, erklärte
die Senatorin in der Bürgerschaft, "als neuer
Zielhorizont kommt die Periode bis 2015 in
Betracht", und bis dahin würde ja auch "die
Erneuerung des Kraftwerkparks der swb-AG"
stattfinden - "auch ein wesentlicher Faktor".
Die swb will Kohle-Kraftwerke stilllegen und mehr
Atomstrom einkaufen.
Im Öffentlichen Bereich unternimmt Bremen bei den
Gebäuden große Anstrengungen, solange das wenig kostet.
Allein an den Schulen werden 1,5 Millionen Mark pro Jahr
an Energiekosten gespart - die Heizungen verfügten
früher nicht einmal über Thermostat-Ventile, der
Wärmehaushalt in den Klassen wurde über das Fenster
geregelt.
Besonders schlimm ist Bremens Energie-Bewusstsein an der
repräsentativen Spitze: Das Rathaus verbraucht 250.000
Kilowattstunden im Jahr. Anfang des Jahres stellten
Experten fest, dass nicht einmal zehn Jahre alte
Kühlschränke durch moderne Geräte ersetzt waren. Aber
die radikale Energiespar-Variante lehnte das Rathaus ab,
Begründung: zu teuer.
Wenn es um die CO2-Bilanz geht, reden Umweltminister also
lieber von Windkraft-Anlagen, als von der
Industriepolitik, für die der Wirtschaftsminister
verantwortlich ist. "Wir brauchen möglichst bald
auch grünes Licht für Off-Shore-Anlagen auf hoher
See", erklärte Wischer nach der Konferenz der
Umweltminister. Den Bedenken von Umweltschützern müsse
durch eine "ökologische Begleitforschung"
Rechnung getragen werden. Mehr aber nicht, denn:
"Ohne Off-Shore-Anlagen ist ein Ausbau der
Windenergie aber kaum möglich." Trittin erklärte,
bis 2010 sollte rund 12,5 Prozent des Stroms aus
erneuerbaren Energien stammen, davon knapp die Hälfte
aus Windkraftanlagen. Das komme auch der Industrie in
Norddeutschland zugute. - taz Bremen Nr. 6615 vom
1.12.2001, Seite 25, 54 Zeilen (TAZ-Bericht), Klaus
Wolschner
Die
Rheinpfalz, 01.12.01
Verärgerung über Windkraftfirma
ERDESBACH: Gemeinderat über Planungen spät informiert
Mit einem neuen Windkraftprojekt beschäftigte sich der
Erdesbacher Gemeinderat auf seiner jüngsten Sitzung. Die
Trierer Neue Energie Technik GmbH (NET) hatte Bauanträge
zur Errichtung von zwei Windkraftanlagen auf dem
"Bisters Berg" erst jüngst gestellt (wir
berichteten).
Ortsbürgermeister Helmut Drumm beschwerte sich bei dem
anwesenden Vertreter des Unternehmens, Marc Wiemann,
darüber, dass die Ortsgemeinde nicht bereits im Vorfeld
in die Planungen mit eingebunden worden sei. Auch die
Ratsmitglieder äußerten ihr Befremden. Nach einer
Entschuldigung und einer kurzen Erklärung des Vorhabens
durch Wiemann, einigten sich die Räte darauf, dass das
Unternehmen in der nächsten Gemeinderatssitzung nähere
Erläuterungen vorbringen solle.
Die Ratsmitglieder beschlossen den Forstwirtschaftsplan
für das Wirtschaftsjahr 2002, den Revierförster Klaus
Hub vorgestellt hatte. Der Plan sieht einen Fehlbedarf
von 4000 Euro vor. Man kam überein, mit dem Forstamt
einen Vertrag über die Erstattung der Personalausgaben
für den Revierdienst im Gemeindewald abzuschließen. Die
Gebühren sollen auf 40 Mark pro Hektar festgesetzt
werden.
Auch entschied der Gemeinderat, dem Land Rheinland-Pfalz
den Holzverkauf aus ihrem Wald zu übertragen.
Hintergrund beider Entscheidungen ist das neue
Landeswaldgesetz, das im kommenden Jahr gültig wird.
Der Ortsgemeinderat beschloss einstimmig, sich der
Empfehlung der Verwaltung anzuschließen und den als
rechtsfehlerhaft gekennzeichneten Bebauungsplan
"Rammelsbusch" nicht mehr zu beachten.
Hintergrund hierfür ist eine neue Rechtssprechung, mit
der man festgestellt hat, dass Bebauungspläne, die nicht
ordnungsgemäß ausgefertigt wurden, nichtig sind. Dies
hatte die Verbandsgemeindeverwaltung zum Anlass genommen,
alle Bebauungspläne der Ortsgemeinde Erdesbach gemeinsam
mit der Kreisverwaltung Kusel auf ihre Rechtsgültigkeit
hin zu überprüfen. (say) RON - RHEINPFALZ ONLINE,
Samstag, 1. Dez , 03:45 Uhr
Wormser
Zeitung, 30.11.2001
Gerüchte sorgen für Wirbel
Ortsbeirat Herrnsheim: Bleibt es wirklich bei den drei
Windrädern?
Von unserem Redaktionsmitglied Johannes Götzen
HERRNSHEIM - Wird es wirklich bei diesen drei Windrädern
auf der Herrnsheimer Höhe bleiben? Eine Frage, die die
Herrnsheimer offensichtlich weiter bewegt. In der
jüngsten Sitzung des Ortsbeirates am Mittwochabend
jedenfalls war deutlicher Unmut über den Betreiber der
Anlage an der Autobahn zu hören. Regelrecht
geschockt sei er von der Größe der
Windräder, erklärte Bernd Wengrzik, Sprecher der
SPD-Fraktion. Er betonte, dass er nach wie vor für die
Nutzung der Windkraft sei, dass die Windräder aber so
groß würden, dass man sie schon von Mainz aus
sieht, das habe er nicht vermutet, als es damals um
die Standortsuche ging. Silvia Gutjahr, Sprecherin der
CDU, hieb in die gleiche Kerbe: Der Betreiber nutzt
das maximal Mögliche aus. Die Windräder sind
inklusive Rotor 123 Meter hoch.
In den vergangenen Tagen tauchte immer mal wieder das
Gerücht auf, es sei dort oben ein weiteres Windrad
geplant oder gar bereits genehmigt. Doch im
Bauordnungsamt, das einen Antrag auf Baugenehmigung
kennen würde und bearbeiten müsste, weiß man davon
nichts. Amtsleiter Bernhard Molter erklärte gegenüber
der WZ: Uns liegt nichts vor. Gleichwohl
scheint es zumindest Interessenten zu geben.
Ortsvorsteher Hans Kissel wusste jedenfalls zu berichten,
dass vor kurzem eine Stuttgarter Firma bei ihm anrief,
weil sie gerne weitere Windräder errichten wollte.
Kissel lehnte das Angebot ab.
Wie bereits gestern berichtet, dürfen nach heutiger
Beschlusslage keine weiteren Windräder auf der vom
Stadtrat beschlossenen Sonderfläche entstehen. Sowohl
die Fläche als auch die Stückzahl sind begrenzt: Auf
drei Windräder, und die stehen bereits dort oben.
Gleichwohl beschloss der Ortsbeirat am Mittwoch
einstimmig eine gemeinsame Anfrage an die
Stadtverwaltung. Sie soll den Herrnsheimern sagen, ob an
den Gerüchten für weitere Windräder etwas dran ist.
600 Mark hat der Vorort beim Stadtteilwettbewerb
gewonnen. Dieses Geld soll der Jugendarbeit zugute
kommen, wurde einhellig beschlossen. Es soll der
Ausrichtung des für August geplanten Sport- und
Spielfestes dienen (siehe dazu auch unten stehenden
Artikel).Kommentar
Hinterher ist zu spät - Von Johannes Götzen
Wo Rauch ist, da ist auch Feuer, sagt der Volksmund aus
Erfahrung. Das vermutet auch der Herrnsheimer Ortsbeirat,
weshalb er deutlich seinen Unmut über die riesigen
Windräder äußert und klar macht, dass er keine
weiteren will. Das ist gut so, denn theoretisch könnte
der Stadtrat seinen Beschluss, wonach nur drei Anlagen
dort stehen dürfen, auch wieder ändern und weitere
Windräder genehmigen. Da ist es sinnvoll, dem
übergeordneten politischen Gremium rechtzeitig die
Meinung zu sagen. Einen Vorwurf muss sich der Ortsbeirat
und hier insbesondere die SPD allerdings gefallen lassen:
Sie hätten sich besser informieren müssen - und zwar
vorher. Zeit, sich in der rheinhessischen Nachbarschaft
umzusehen, war ausreichend vorhanden. Man hätte sie
nutzen sollen.
Wormser
Zeitung, 29.11.2001
Es bleibt bei drei Windrädern
Von unserem Redaktionsmitglied Johannes Götzen
Es wird keine weiteren Windräder auf Wormser Gemarkung
geben. Grund dafür ist ein Ratsbeschluss aus dem Jahr
1999. Seinerzeit wurde zum einen beschlossen, dass nur im
Bereich der Raststätte Wonnegau, wo dieser Tage die drei
Windräder gebaut worden sind, solche Windkraftanlagen
entstehen dürfen. Zugleich wurde festgelegt, dass es
maximal drei Stück sein dürfen, hieß es gestern im
Bauamt auf Nachfrage der WZ.
In der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses waren die
Windräder auf Herrnsheimer Gemarkung Thema. Jürgen
Müsel (CDU) aus Herrnsheim nannte sie mit das
Hässlichste, was geschehen konnte. Er forderte,
dass keine weiteren Windräder entstehen dürften. Genau
dies verhindert besagter Stadtratsbeschluss, den
Bürgermeister Georg Büttler (SPD), Vorsitzender des
Umweltausschusses, als vorausschauend lobte. Seinerzeit
hatte die CDU beantragt, im Flächennutzungsplan ein
Sondergebiet für Windräder auszuweisen, damit nicht an
sensiblen Stellen solche hohen Anlagen entstehen.
Außerdem verhindert er die Entstehung eines regelrechten
Windparks, wie er etwa in Flomborn in den
vergangenen Jahren gewachsen ist.
Während Jürgen Müsel die Windräder als
Abschreibungsobjekte für einige Leute
bezeichnete, sprach Ludger Sauerborn (Grüne) von einer
Polemik gegen Windkraft. Er nannte die
Windräder energetisch sinnvoll.
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