Zur Verunstaltung des Landschaftsbildes durch zwei Windenergieanlagen außerhalb eines förmlich unter Natur- und Landschaftsschutz gestellten Bereichs


BauGB §§ 35 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und Satz 3 BauO NRW § 71 Abs. 2, § 75 Abs. 1 Satz 1 LG NRW § 4 Abs. 3 Nr. 4

OVG NRW, Urteil vom 12.6.2001 - 10 A 97/99
1. Instanz: VG Minden - 1 K 2868/97 -.

Der Kläger begehrte von dem Beklagten die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung für die Errichtung von zwei 800 kW Windkraftanlagen jeweils mit Nabenhöhen von 60,50 m und Rotordurchmessern von 52 m auf seinem im Außenbereich gelegenen Grundstück Gemarkung W. in der Stadt B. Dieses ist im Flächennutzungsplan als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen. Das Baugrundstück befindet sich ca. 0,75 km südwestlich von B.-W. und ca. 1,5 km nordwestlich von B.-S. auf ca. 280 m über NN. Durch Änderungen des Flächennutzungsplans wies die Stadt B. Konzentrationszonen für Windenergieanlagen aus.

Nach vorheriger Anhörung des Klägers lehnte der Beklagte die Erteilung der beantragten Bebauungsgenehmigung ab.

Nach erfolglosem Vorverfahren erhob der Kläger Klage, die das VG abwies. Die zugelassene Berufung blieb ohne Erfolg.

Aus den Grunden:

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erteilung einer Bebauungsgenehmigung fur die Errichtung von zwei 800 kW Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von jeweils 60,50 m sowie einem Rotoräurchmesser von jeweils 52 m auf seinem Grundstück in der Gemarkung W., im Stadtgebiet B.. Diesem Vorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen (§ 71 Abs. 2 i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW).

Das Vorhaben des Klägers soll unstreitig im Außenbereich verwirklicht werden. Es ist dort trotz seiner Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig.

Zwar ist ab dem 1.1.1997 ein Vorhaben im Außenbereich grundsätzlich zulässig, wenn es der Nutzung der Windenergie dient. Auch kommt dem Kläger die Rechtsänderung, die bei der Stellung seines Antrages auf Erteilung einer Bebauungsgenehmigung noch nicht galt, zugute. Nach einhelliger Auffassung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erlass einer Baugenehmigung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend. Das gilt auch für die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung.

Aber auch privilegierte Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB sind im Außenbereich nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Dem Vorhaben des Klägers stehen indes öffentliche Belange i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB entgegen. Das Vorhaben des Klägers verunstaltet das Landschaftsbild (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Weiterhin steht diesem die Ausweisung von Windernergie-Konzentrationszonen an zwei anderen Stellen im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen.

Ob einem privilegierten Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 1 BauGB öffentliche Belange entgegenstehen, ist aufgrund einer Abwägung zu beantworten. Bei dieser Abwägung kommt dem privilegierten Vorhaben zwar einerseits ein besonders starkes Gewicht zu. Andererseits entfaltet im Rahmen dieser Abwägung das Gebot größtmöglicher Schonung des Außenbereichs seine eigentliche Bedeutung. Aus dem Gebot größtmoglicher Schonung des Außenbereichs kann sich ergeben, dass auch ein privilegiertes Vorhaben an dem vorgesehenen Standort nicht zulassig ist. Weil der Gesetzgeber bestimmte Vorhaben im Außenbereich privilegiert hat, stehen ihrer Errichtung im Außenbereich im Allgemeinen die öffentlichen Belange, eine Beeinträchtigung der Eigenart der Landschaft und des Landschaftsbildes zu vermeiden, nicht entgegen. Allerdings hat der Gesetzgeber keine Entscheidung uber den konkreten Standort der Vorhaben getroffen, die er im Außenbereich grundsätzlich fur zulassig erklärt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.6.1991 - 4 C 11.89 - BRS 52 Nr. 78.

Namentlich kann ein privilegiertes Vorhaben an dem vorgesehenen Standort unzulässig sein, wenn ihm eine Verunstaltung des Landschaftsbildes als offentlicher Belang entgegensteht.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.11.1996 - 4 B 210.96 -, BRS 58 Nr. 86.

Auch wenn das Vorhaben des Klägers nicht in einem förmlich unter Natur- und Landschaftsschutz gestellten Bereich errichtet werden soll, sind die beiden Windenergieanlagen an dem beantragten Standort im Hinblick auf ihre exponierte Lage der landschaftlich reizvollen Umgebung grob unangemessen und verunstalten das Landschaftsbild (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB).

Durch die Regelbeispiele des § 35 Abs. 3 BauGB soll nicht nur die durch förmlichen Natur- und Landschaftsschutz unter Schutz gestellte Landschaft vor ästhetischen Beeinträchtigungen bewahrt werden. Vielmehr soll unabhängig hiervon auch jede andere schutzwurdige Landschaft vor Verunstaltungen durch bauliche Anlagen geschützt werden. Das städtebauliche Verunstaltungsverbot beruht auf der Erkenntnis, dass auch eine naturschutzrechtlich nicht besonders geschützte Landschaft empfindlich gegen asthetische Beeinträchtigungen sein kann.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.4.1968 - 4 B 77.67 -, BRS 20 Nr. 59; Urteile vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 -, BRS 50 Nr. 84 und vom 15.5.1997 - 4 C 23.95 -, BRS 59 Nr. 90.

Im Unterschied zu förmlich unter Natur- oder Landschaftsschutz gestellten Landschaftsteilen, bei denen schon eine Beeinträchtigung des Naturschutzes oder der Landschaftspflege zur Unzulässigkeit eines nicht privilegierten Vorhabens im Außenbereich führt, begründet eine Beeinträchtigung des Orts- oder Landschaftsbildes außerhalb von Schutzgebieten allein noch nicht die Unzulässigkeit eines solchen Vorhabens. Vielmehr muss eine qualifizierte Beeinträchtigung im Sinne einer Verunstaltung des Orts- oder Landschaftsbildes gegeben sein.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.1997, a.a.O.

Eine solche Verunstaltung liegt nur vor, wenn das Vorhaben seiner Umgebung grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 28.6.1955 -I C 146.53 -, BVerwGE 2, S. 172 (177), vom 22.6.1990, a.a.O. und vom 15.5.1997, a.a.O.

Für die Annahme, ob eine Verunstaltung des Orts- oder Landschaftsbildes vorliegt, ist die jeweilige durch die Standortwahl vorgegebene Situation maßgeblich. Wann dies der Fall ist, hängt von den Gebietscharakteristika ab. Bei der vom Gericht vorzunehmenden Bewertung ist zu berücksichtigen, dass bei einem Bauvorhaben, welches in exponierter Lage in der Landschaft liegen soll, ein schärferer Maßstab angebracht sein kann. Dabei liegt es auf der Hand, dass eine Anlage desto eher geeignet ist, eine Störung hervorzurufen, je stärker sie als Blickfang den Gesamteindruck beeintrachtigt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.1997, a.a.O. und Beschluss vom 13.11.1996, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom -4.7.2000 - 10 A 3377/98 -.

Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt der Senat zu der Wertung, dass die vom Kläger geplante Errichtung von zwei Windkraftanlagen an dem konkreten Aufstellungsort eine Verunstaltung des Landschaftsbildes darstellt.

Das Gericht legt seiner Beurteilung das bei den Akten befindliche Karten- und Bildmaterial sowie das Ergebnis der Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter zugrunde, das dieser dem Senat anhand dieser Unterlagen verdeutlicht hat

Die zwei Windkraftanlagen sollen am Hang des S.-Berges auf ca. 280 m über NN in einem Abstand von ca. 200 m errichtet werden. Bei dem Baugrundstück handelt es sich um eine landwirtschaftlich genutzte Ackerfläche. Das Vorhabengrundstück liegt in einer landschaftlich reizvollen Umgebung. Das Bild der Kulturlandschaft wird geprägt durch den Wechsel von Freiflächen und Bewaldung und den freien Blick auf die hügelige Landschaft. Vom Standort der Bauvorhaben ist sowohl die teilweise bewaldete Flanke des Höhenzuges des K.-Bergs und des Ka.-Bergs zu sehen, als auch der zur S.-Niederung hin bewaldete Hang des B.. Die unbewaldete Fläche zwischen den kleinen Flüssen A. und B. bietet einen ungestörten, weitraümigen Uberblick über die Landschaft.

In der näheren Umgebung des geplanten Aufstellungsortes der zwei Windkraftanlagen befindet sich zwar vereinzelt Bebauung.

Der Senat verkennt insoweit nicht, dass die Landschaft ihre Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt,

vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.1994 4 C 20.93 -, BRS 56 Nr. 72,

und dies auch für das Landschaftsbild Bedeutung haben kann, wenn beispielsweise eine gewerbliche Überformung des fraglichen Bereichs stattgefunden hat. Dies ist nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung - entgegen der Auffaseung des Klägers -fur den Bereich an der Straße S. nicht der Fall.

In der Umgebung der Windkraflanlagen befindet sich vereinzelt Bebauung. Die entlang der Straße S. errichteten eingeschossigen landwirtschaftlich genutzten Gebäude, insbesondere die fünf Schweinemastanlagen dominieren aber das Landschaftsbild wegen ihrer niedrigen Bauweise nicht. Sie lenken in dem hängigen Gelände nicht den Blick des Betrachters von der die Erhebung des S.-Bergs umgebenden Landschaft ab. Vielmehr gleitet der Blick über die bestehenden Gebäude hinüber. Der in unmittelbarer Nähe zu W. gelegene Sportplatz sowie der Bauhof eines Bauunternehmens gehören nicht zur freien Kulturlandschaft des S.-Bergs, sondern werden vom Betrachter eher der Bebauung von W. zugeoränet. Der Sendemast der Post steht ebenfalls nicht inmitten der Freiflache des S.-Bergs, sondern am Fuße, und wirkt aufgrund seiner schlanken Gestalt nicht dominierend auf die Landschaft. Die vom Standort nur in einiger Entfernung sichtbaren Hochspannungsleitungen treten insbesondere aufgrund der durchbrochenen Struktur des höheren Mastes nicht störend hervor. Ferner folgen beide Leitungen dem Landschaftsverlauf und beeinträchtigen nicht den Blick auf die Erhebung des S.-Berges.

Von B.-W. aus ist ein weitgehend ungehinderter Blick auf den S.-Berg möglich. W. liegt ca. 750 m vom geplanten Aufstellungsort in der Niederung der A., von wo aus das Gelände sanft zur Kuppe des S.-Bergs ansteigt. Westlich des S.-Bergs blickt der Betrachter aus W. auf das Waldgebiet H.. Nördlich gelegen ist das bewaldete W.-Holz zu sehen. Zwischen diesen Waldgebieten fällt die Landschaft zur Niederung der G. ab. Beide Waldgebiete sind höher als der S.-Berg und rahmen die Freifläche optisch ein. In der Sichtachse W.-S.-Berg stellen die beschriebenen baulichen Anlagen an der Straße S.-Berg ebenfalls keine gewerbliche Überformung des Landschaftsbildes dar, da die Schweinemastställe auch hier aufgrund ihrer geringen Höhe nicht weiter ins Auge fallen. Ebenfalls wirken die dem Landschaftsverlauf folgenden Hochapannungsleitungen sowie der einzelne Fernmeldemast nicht beeinträchtigend.

Auch von dem ca. 1,5 km entfernten B.-S. wären die geplanten Windkraftanlagen deutlich sichtbar. S. ist ebenfalls in der Niederung der A. gelegen. Entlang der A. ist der Blick aus S. auf den Hang des S.-Bergs frei. Der S.-Berg bildet für den Betrachter aus S. in nordlicher Blickrichtung die erste Erhebung in der Landschaft. Auch hier gilt wieder die optische Einrahmung der ausgeräumten Fläche vor den Waldgebieten H. und W.-Holz. Durch den weitgehend freien Blick auf die Kuppe des S.-Bergs handelt es sich aus Sicht des Betrachters bei dem geplanten Standort ebenfalls um eine besonders exponierte Lage.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass das Landschaftsbild des S. bei kleinteiliger Betrachtung, in seiner Sichtverbindung von B.-W. und B.-S., aber auch seiner Lage in der weiteren offenen Landschaft wegen der gegebenen Situation und den beschriebenen Gebietscharakteristika besonders schutzwürdig ist.

Die Aufstellung der zwei Windkraftanlagen mit einem Abstand von 200 m am Hang des S.-Berges wäre dem Landschaftsbild grob unangemessen.

Durch die zwei Windkraflanlagen des Klägers mit einer Nabenhöhe von 60,50 m und einem Rotordurchmesser von 52 m - was bei entsprechender Rotorstellung einer maximalen Höhe der Anlagen von 86,50 m entspricht - würde die auf ca. 290 m uber NN liegende Erhebung des S.-Berges um ca. 70 m überragt. Hinzu kommt, dass die drehende Bewequng der Rotorblätter zwangsläufig den Blick des Betrachters auf die Windkraftanlagen lenkt, was, verbunden mit der exponierten Lage am Hang des S.-Bergs, als schwerwiegende negative Abweichung und belastend auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter empfunden wird. Sie verunstalten dadurch den Eindruck des S.-Bergs, der sich bisher im Gesamtzusammenhang mit dem umliegenden Gelände dem Betrachter als besonders reizvolle und schutzwürdige Landschaft darbietet.

Ob dem privilegierten Vorhaben des Klägers i.S.v. § 35 Abs. 1 BauGB der öffentliche Belang der Verunstaltung des Landschaftsbildes entgegensteht, ist - wie bereits ausgeführt wurde - aufgrund einer Abwägung zu beantworten. Im Rahmen dieser Abwägung ist zwischen dem beabsichtigten Vorhaben und den von ihm berührten öffentlichen Belangen abzuwägen.

Diese Abwägung fällt hier zu Lasten des Klägers aus. Zwar ist das Vorhaben des Klagers nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert zulässig. Diese Privilegierung verleiht dem Kläger jedoch nicht - praktisch als Planersatz - ein generelles Baurecht im Außenbereich an jedem beliebigen Ort. Vielmehr können - wie bereits ausgefuhrt wurde - einzelnen Standorten uberwiegende offentliche Belange entgegenstehen. Nichts anderes folgt aus der Vorschrift des § 4 Abs. 3 Nr. 4 LG NRW, die bestimmt, dass die Errichtung von zwei nahe beieinander liegender Windkraftanlagen nicht als Eingriff in Natur und Landschaft gilt. Bei der Beurteilung des Landschaftsbildes anhand der bundesrechtlichen Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB ist nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des BVerwG der Maßstab des fur ästhetische Eindrücke offenen Betrachters maßgebend, was eine Einzelfallentscheidung zur Folge hat und keiner Pauschalisierung zugängig ist.

Der Senat verkennt auch nicht, dass die Errichtung von Windkraflanlagen regelmäßig belastend auf das Landschaftsbild einwirkt. Entgegen den Ausführungen des Klägers ist hieraus jedoch nicht der Schluss zu ziehen, sie seien daher grundsätzlich überall zuzulassen.

Trotz einer gebührenden Berücksichtigung der Privilegierung des Bauvorhabens des Klägers gebührt dem öffentlichen Belang des Verbots der Verunstaltung des Landschaftsbildes für den geplanten Aufstellungsort der Vorrang.

Setzt man die Verunstaltung des Landschaftsbilds zu der Privilegierung des Vorhabens in Relation, überwiegt das Interesse der Allgemeinheit, das schützenswerte Landschaftsbild des Sternliedsberges vor Verunstaltungen zu bewahren. Die schutzwürdige Landschaft würde durch die beiden Windkraftanlagen nachhaltig und auf Dauer verunstaltet. Der Senat verkennt dabei nicht, dass Windkraftanlagen aufgrund der Anfo-derungen an die Windhöfigkeit zwangslaufig an exponierteren Stellen errichtet werden müssen. Jedoch würde durch die Errichtung der beiden Anlagen inmitten des landschaftlich reizvollen Gebietes eine gewerbliche Überformung des S.-Bergs eintreten, die bis jetzt nicht vorhanden ist. Der ästhetische Eindruck der gesamten Erhebung würde auf Dauer  verunstaltet. Der bislang ungetrübte Rundblick über das den S.-Berg umgebende Gelände wäre auf unabsehbare Zeit verloren. Das Einzelinteresse des Klägers, welcher nach eigener Aussage 90 Prozent der möglichen Fläche für Windenergienutzung in der näheren Umgebung durch die beiden Windkraflanlagen ausnutzen würde, sowie das generelle Interesse an der Schaffung regenerativer Energiequellen, müssen insoweit hinter dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung des
schützenswerten Landschaftsbildes an diesem Standort zurück stehen.

Dem Vorhaben des Klägers stehen im Übrigen öffentliche Belange auch aufgrund der Regelvermutung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Vorhaben in der Regel öffentliche Belange entgegen, soweit hierfur durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziel der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. (Wird ausgeführt).

Bestätigung obigen Urteils durch das Bundesverwaltungsgericht:
B U N D E S V E R W A L T U N G S G E R I C H T
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 69.01
OVG 10 A 97/99
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Oktober 2001
durch den Vorsitzenden Richter Dr. P a e t o w
und die Richter H a l a m a und Prof. Dr. R o j a h n
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 300 000 DM festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung für die Errichtung von zwei Windkraftanlagen auf der Fläche seines landwirtschaftlichen Betriebes. Die Windkraftanlagen mit Nabenhöhen von 60,50 m und Rotordurchmessern von 52 m sollen auf einer etwa 290 m über NN liegenden Erhebung errichtet werden.
Der Beklagte lehnte die Erteilung der Genehmigung ab. Die Verpflichtungsklage des Klägers blieb in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat in den Gründen seines Urteils ausgeführt, dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegierten Vorhaben des Klägers stünden öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB entgegen. Das Vorhaben verunstalte das Landschaftsbild (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Weiterhin stehe dem Vorhaben die Ausweisung von Windenergie-Konzentrationszonen an zwei anderen Stellen im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1 gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen. Der Kläger begehrt mit seiner Beschwerde die Zulassung der Revision.
II.
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die Beschwerde formuliert als rechtsgrundsätzlich bedeutsam die Frage, ob "bei der Beurteilung des öffentlichen Belangs <Verunstaltung des Landschaftsbildes> (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB) durch (gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierte) Windenergieanlagen und im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung windenergieanlagentypische Besonderheiten (drehende Bewegung der Rotorblätter, etc.) überhaupt bzw. zu Lasten der Windenergieanlagenvorhaben zu berücksichtigen sind". Der Kläger teilt nicht die Ansicht des Berufungsgerichts, bei Anwendung von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB sei zu berücksichtigen, dass die drehende Bewegung der Rotorblätter den Blick des Betrachters zwangsläufig auf die Windkraftanlagen lenke.
Die aufgeworfene Frage lässt sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es dazu eines Revisionsverfahrens bedürfte. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB ist ein privilegiertes Außenbereichsvorhaben unzulässig, wenn das Vorhaben das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet. Vorhaben im Sinne dieser Vorschrift wie im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB ist die bauliche Anlage in ihrer durch die Nutzung bestimmten Funktion. Insoweit bilden der Baukörper und der Nutzungszweck eine Einheit. Sie verleiht dem Vorhaben seine prägende Gestalt. Gegenstand der Beurteilung und Genehmigung ist deshalb die Bausubstanz und ihre vorgesehene Nutzung. Dies hat der beschließende Senat zum Begriff des Vorhabens in den §§ 29 ff. BauGB bereits mehrfach entschieden (vgl. Beschluss vom 30. Januar 1997 ? BVerwG 4 B 172.96 ? Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 182, S. 42 f. m.w.N.). Diese umfassende rechtliche Betrachtungsweise ist auch dann geboten, wenn es zu klären gilt, ob eine Windkraftanlage dem Orts- und Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird. Entgegen der Ansicht des Klägers kann bei dieser den Tatsachengerichten obliegenden wertenden Einschätzung die anlagentypische Drehbewegung der Rotorblätter als Blickfang nicht außer Betracht bleiben.
Diesem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, Windkraftanlagen zählten nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zu den baulichen Anlagen, die der Gesetzgeber im Außenbereich gegenüber sonstigen Außenbereichsvorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB) für privilegiert zulässig erklärt habe. Eine Entscheidung über den konkreten Standort der privilegierten Vorhaben im Außenbereich hat der Gesetzgeber in § 35 BauGB nicht getroffen. Auch die Zulässigkeit von Windkraftanlagen im Außenbereich steht daher unter dem Vorbehalt, dass die Anlage das Orts- und Landschaftsbild im Einzelfall nicht verunstaltet. Ob die Schwelle zur Verunstaltung überschritten ist, hängt von den konkreten Umständen der jeweiligen Situation ab. Angriffe gegen die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung können die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht begründen.
2. Die Beschwerde wirft ferner die Frage auf, ob "zur Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Windenergieanlagenvorhabens die inzidente Überprüfung eines Flächennutzungsplanes, der eine Fläche/Flächen für die Windkraftnutzung ausweist, dahingehend beschränkt ist, festzustellen, ob der entsprechende Abwägungsvorgang Mängel zu Lasten des Vorhabenträgers aufweist (oder ob der Flächennutzungsplan als solches unter Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Abwägungsfehlerlehre auf seine Abwägungsfehlerhaftigkeit hin zu untersuchen ist)". Diese Frage könnte die Zulassung der Revision selbst dann nicht rechtfertigen, wenn sie die grundsätzliche Bedeutung hätte, die ihr der Kläger beimisst. Denn das Berufungsgericht hat seine Auffassung, dass dem Kläger ein Anspruch auf die begehrte Bebauungsgenehmigung für zwei Windkraftanlagen nicht zusteht, selbständig tragend doppelt begründet: Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB und nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unzulässig. Die vorstehend wiedergegebene Fragestellung bezieht sich auf den zweiten Urteilsgrund. Ist die vorinstanzliche Entscheidung wie hier in je selbständig tragender Weise doppelt begründet, so kann der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur stattgegeben werden, wenn im Hinblick auf jeden der beiden Be-gründungsteile ein Zulassungsgrund vorgetragen worden ist u n d v o r l i e g t (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 1990 ? BVerwG 7 B 19.90 ? Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 22; stRspr). Daran fehlt es hier. Die Grundsatzrüge, die die Beschwerde zum ersten Urteilsgrund (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) erhebt, rechtfertigt wie ausgeführt die Zulassung der Revision nicht.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass die mit der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen, die sämtlich den zweiten Urteilsgrund (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) betreffen, ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen können.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Paetow Halama Rojahn