Raumordnung; Bauleitplanung; Windenergieanlagen; Beteiligung von Grundstückseigentümern

RUNDSCHREIBEN NR. 024/2002 Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund * 30159 Hannover * Arnswaldtstr. 28 * Telefon 0511-302 85-0 * Fax 0511-3 02 85-30 Internet: http://www.nsgb.de * E-Mail: nsgb@nsgb.de Datum: 25,02.2002 Aktenzeichen: 61 61 2-ab-hi Ansprechpartner: Meinhard Abel Durchwahl: -41 im Internet abrufbar seit: 25.02.2002

Urteil zur Beteiligung der Öffentlichkeit an der Aufstellung von Raumordnungsplänen

Die Niedersächsische Staatskanzlei teilt uns Folgendes mit:

"Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen erfolgt gern. §§ 6 Abs. 2 und 8 Abs. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über Raumordnung und Landesplanung (NROG) vom 18.05.2001 (Nds. GVBI. S. 301), geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 30.10.2001 (Nds. GVBI. S. 668) eine Beteiligung der öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts entsprechend § 4 Abs. 1 und 3 ROG. Eine Regelung zur allgemeinen Öffentlichkeitsbeteiligung sieht das NROG nicht vor, obwohl § 7 Abs. 6 ROG den Ländern die Möglichkeit der Einführung eröffnet.

Hierfür wurde bei der Neuregelung des NROG 2001 auch kein Bedarf gesehen. Bei der Diskussion der Problematik während des Gesetzgebungsverfahrens stand seinerzeit, die Befürchtung im Vordergrund, im Aufstellungsverfahren könnten sich erhebliche praktische Schwierigkeiten durch eine Beteiligung der allgemeinen Öffentlichkeit ergeben, zumal ein Erkenntnisgewinn wegen der schon vorher geregelten sehr breiten Betroffenenbeteiligung nicht zu erwarten wäre. Außerdem erschien es sinnvoller, eine solche Regelung bis zur Umsetzung der sich aus der Plan-UVP-Richtlinie ergebenden Verpflichtungen zurückzustellen.

Zwischenzeitlich ist allerdings durch neuere Entwicklungen in der Rechtsprechung eine veränderte Situation eingetreten. Mit Urteil vom 19.07.2001 - Az.: 4 C 4.00 - hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass hinsichtlich der Raumordnungsklausel in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, die bezüglich der Zielbindung Privater über die Regelungen des § 4 ROG hinaus geht, wegen der verfassungsrechtlichen Anforderungen des Eigentumsschutzes nicht von einer Zielbeachtungspflicht ausgegangen werden kann. Vielmehr sei aufgrund einer "nachvollziehenden Abwägung" zu entscheiden, in der das konkrete Vorhaben den berührten raumordnerischen Zielen gegenüber zu stellen ist. Anders sei die Rechtslage möglicherweise zu beurteilen, wenn die betroffenen privaten Belange bereits bei der Zielfestlegung auf der Ebene der raumplanerischen Abwägung ausreichende Berücksichtigung hätten finden können und müssen. Voraussetzung hierfür wäre jedoch die Beteiligung der Privatpersonen, die durch die Ziele gebunden werden sollen.

Mit Beschluss vom 20.12.2001 - Az.: 1Ma 3579/01 - hat nunmehr auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgegriffen und bezüglich der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens im einstweiligen Rechtschutz entschieden, dass die Festlegung von Vorranggebieten für Windkraftanlagen mit Ausschlusswirkung im Regionalen Raumordnungsprogramm hinsichtlich der Rechtsstellung des privaten Vorhabensträgers Bedenken unterliegt. Den Zielen der Raumordnung kann nach Auffassung des OVG im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB "bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Außenbereichsvorhabens wohl kein strikter und unabdingbarer Geltungsanspruch beigemessen werden soweit RROP ohne die Beteiligung Privater aufgestellt werden und damit die Berücksichtigung der Belange der privaten Eigentümer in der Abwägung zu kurz kommen."

Als Konsequenz aus diesen Entscheidungen halte ich die Einführung einer allgemeinen Öffentlichkeitsbeteiligung dringend für erforderlich, um die Voraussetzungen für die Anwendung der Raumordnungsklausel des § 35 Abs. 3 BauGB bei privaten Vorhaben zu schaffen,

Ich beabsichtige daher, entgegen der ursprünglichen Absicht kurzfristig eine Gesetzesänderung einzuleiten, um in die §§ 6 und 8 NROG eine Bestimmung zur Beteiligung der Öffentlichkeit aufzunehmen. Der Gesetzentwurf befindet sich in Vorbereitung und wird anschließend in das vorgeschriebene Beteiligungsverfahren gegeben.

Bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens empfehle ich, bei laufenden Planaufstellungsverfahren bereits jetzt eine Öffentlichkeitsbeteiligung ohne gesetzliche Grundlage durchzuführen und vorgebrachte private Belange bezüglich geplanter Festlegungen im Sinne des § 35 Abs. BauGB in die Abwägung in die Abwägung einzubeziehen. Für die Beteiligung der Öffentlichkeit bietet sich eine Verfahrensweise entsprechend der Regelung für Raumordnungsverfahren in § 15 Abs, 3 NROG an. Zur Vermeidung von Kostenanforderungen empfiehlt es sich dabei, die Auslegung der Verfahrensunterlagen beim Träger der Regionalplanung und nicht bei den Gemeinden vorzunehmen."

Der Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 20, 12.2001 liegt der Landesgeschäftsstelle vor. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist im Deutschen Verwaltungsblatt veröffentlicht (DVBL. 20011 S, 1855/59). Wir bitten um Kenntnisnahme.