EWE-Naturwatt GmbH 07. 12. 2001
Mosle Straße 3
Oldenburg/Olbg.
z.Hd. Frau Ulrike Schlesinger-Janssen

Ihr Angebot "Natur-Watt-Strom aus Wind, Wasser, Sonne und Biogas" vom 29. 11. 2001

Sehr geehrte Frau Schlesinger-Janssen,

mit Interesse las ich Ihr Angebot, meinen "Gesamtbedarf an elektrischer Energie" bei Ihnen beziehen zu können.
Meine Frage: Wie machen Sie das, dass sie den sog. "Naturstrom" aus dem Verbundnetz filtern und zielgenau durch meinen Zählerkasten ins Haus leiten, vor allem bei Windstille und Dunkelheit. Soll ja gleichzeitig vorkommen. Die von Ihnen genannten Anteile des NaturWatt Stromes von 20% aus Windkraft und 1% aus Sonnenenergie läßt mich im wahrsten Sinne des Wortes frösteln, und der richtige Winter kommt erst noch! Für Aufklärung wäre ich dankbar.

Der von Ihnen mit herzigen Kinderbildern und Bildern der Kulturlandschaft beworbene Windkraftstandort "Wybelsumer Polder" Ihres EWE-NaturWatt-Prospektes ist übrigens Gegenstand einer Beschwerde bei der Europäischen Kommission wegen Verletzung der Europäischen Vogelschutzrichtlinie und Teil eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Bundesrepublik Deutschland. Soviel zum dem, was "Natur" auch sein kann, nämlich Lebensraum von hochgradig bedrohten Vogelarten, die auf ungestörte Lebensräume angewiesen sind.

Einen Artikel aus der "Financial Times Deutschland" mit dem gerichtlichen Aus für eine Werbung für die vorgebliche "freie Wahl" der Energiequelle eines anderen Stromanbieters füge ich bei und verabschiede ich mich mit der Bitte um Rückäusserung.

Mit freundlichem Gruß
Manfred Knake
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ftd.de, Fr, 7.12.2001, 12:14
Eon: Gericht stoppt Werbung mit Arnie und Olli

Das Hamburger Landgericht hat dem Stromversorger Eon Energie Teile seiner "Mix Power"-Kampagne mit Arnold Schwarzenegger in einer einstweiligen Verfügung verboten. Konkurrent Hansestrom warf Eon in zentralen Aussagen der Kampagne "irreführende Werbung" vor.
Arnold Schwarzenegger - Eon darf vorerst nicht mehr damit werben, dass der Kunde mit Mix Power die freie Wahl über die Energiequellen seines Stroms hat, sagte der Anwalt der Klägerfirma des Hamburger Energieversorgers Hansestrom am Freitag. Eon dürfe zudem ein Strommodell nicht mehr als "umweltorientiert" bezeichnen, wenn es Atomkraftstrom beinhalte. Laut Anwalt Andreas Grigoleit muss damit die bundesweite Eon-Werbekampagne mit Arnold "Arnie" Schwarzenegger und Oliver "Olli" Kahn "in allen Medien in der bestehenden Form eingestellt werden". Auch Verbraucherschützer hatten die Werbung zuvor hart kritisiert.
Der Hamburger Entscheidung lag ein Werbeprospekt von Eon zu Grunde.Das Angebot von Eon, der Verbraucher könne seinen Strom aus Sonne, Kohle, Wind, Biogas oder Wasser zusammenstellen, "hat mit der Realität im Stromgeschäft rein gar nichts zu tun", begründete Grigoleit die Klage der Hansestrom, die zu 50 Prozent einem finnischen Stromkonzern gehört. Verstoße Eon gegen die Anordnung des Gerichts, drohe dem Konzern bis zu 500.000 DM Ordnungsgeld, sagte der Klägeranwalt.
Bereits im August diesen Jahres hatte das Oberlandesgericht München Eon eine ähnliche Kampagne verboten. Die Richter gaben einer Klage der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg wegen Irreführung im Wettbewerb statt und untersagten dem Konzern, damit zu werben, 100 Prozent Strom aus Wasserkraft zu liefern.
URL des Artikels: http://www.ftd.de/ub/in/FTDJNZWLXUC.html
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Sehr geehrter Herr Knake,
wir freuen uns über Ihr Interesse an unserem NaturWatt Strom und beantworten Ihnen gerne Ihre Fragen.

Zu Ihrer 1. Frage, wie wir unseren Strom aus dem Verbundnetz filtern:
Wir filtern den Strom gar nicht aus dem Verbundnetz und er kommt auch nicht durch Ihren Zählerkasten direkt in Ihr Haus. Denn auch Strom aus regenerativen Erzeugungsanlagen kann die Physik nicht überlisten.

Der Ansatz ist ein anderer. Alle regenerativen Erzeugungsanlagen, aus denen wir als Stromhändler den Strom beziehen, sind mit einer sog. Zentralen Fern Überwachung (ZFÜ) ausgestattet. So können wir genau erfassen, wieviel Strom diese Anlagen produzieren. Für unsere Kundinnen und Kunden kaufen wir jeden Monat nach einem Stromfahrplan den Strom aus diesen Anlagen ein und speisen ihn in das allgemeine Verbundnetz ein.

Es geht also nicht darum, was bei Ihnen zu Hause aus der Steckdose kommt, sondern was wir für Sie in das allgemeine Stromnetz einspeisen. Je mehr Kunden wir dann haben, umso mehr Strom aus regenerativen Erzeugungsanlagen kaufen wir ein und umso mehr regenerative Erzeugungsanlagen müssen gebaut werden. Und das ist unser Ziel: Der Ausbau der regenerativen Energien.

Die Funktionsweise dieses Stromhandels lassen wir regelmäßig einmal jährlich vom TÜV kontrollieren und zertifizieren. Weiterhin weisen wir unseren Kundinnen und Kunden ein mal jährlich eine Energiebilanz aus, anhand derer sie sehen können, wie viel Strom wir im letzten Jahr für sie eingekauft haben.

Im Gegensatz zu E.ON werben wir also auch nicht damit, dass wir Ihnen Ihren Strom (nach Hause) "liefern", sondern wir sagen klar, dass wir die entsprechende Menge Strom, die Sie verbrauchen, aus regenerativen Erzeugungsanlagen einkaufen und in das allgemeine Stromnetz einspeisen.

Weiterhin ist es bei uns nicht möglich, dass jeder Kunde seinen eigenen Strom zusammen mixt, sondern wir erstellen wie gesagt, ein mal monatlich einen Stromfahrplan, über die gesamte Strommenge unserer Kundinnen und Kunden - im grunde für Sie wie gewohnt über Ihren hochgerechneten Jahresverbrauch.

Bezüglich der Beschwerde bei der Europäischen Kommission wegen Verletzung der vogelschutzrichtlinie im Wybelsumer Polder habe ich mich noch einmal schlau gemacht. Vor dem Bau des Windenergieparks gab es auf Seiten des Nabu in der Tat Beschwerden. Jedoch sind diese mittlerweile veraltet. Nachdem die Baugenehmigung für den Windpark erfolgte, hat die Stadt Emden jedoch, begleitend zur Baugenehmigung, ein Monitoringprogramm der Vogelwelt des Wybelsumer Polders vorgeschrieben. Grundlage des Gutachtens war die Erfassung der Gastvögel während des Vogelzuges, um ein Gastvogelschutzprogramm aufstellen zu können. Auf diese Weise sollten die Ausgleichsmaßnahmen so ausgelegt werden, dass eine deutliche Verbesserung der Bedingungen für die Vogelwelt in den Polderflächen erreicht wird. In diesem Rahmen wird ein jährliches Beobachtungsprogramm durchgeführt. Im Anhang finden Sie einen aktuellen Bericht des Ingenieurbüros, welches das Beobachtungsprogramm durchgeführt hat.

Ich hoffe, Ihnen Ihre Fragen beantwortet zu haben, stehe Ihnen jedoch für weitere Fragen gerne zur Verfügung.

Mit sonnigen Grüßen
Ulrike Schlesiger-Janssen
Marketing & Vertrieb, 04 41 35 09 10 - 20, Telefax: (04 41) 35 09 10 - 95
E-Mail: ulrike.janssen@ewe-naturwatt.de
EWE NaturWatt GmbH, Moslestr. 3, 26122 Oldenburg
Homepage: http://www.ewe-naturwatt.de/
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Sehr geehrte Frau Schlesinger-Janssen,

für Ihr Antwortschreiben bedanke ich mich.

Zunächst begrüße ich es, dass sie mit "sonnigen Grüßen" und nicht mit windigen
Grüßen geantwortet haben.
Alle Windkraftanlagen in meiner Umgebung haben nämlich seit einigen Tagen mit Beginn der Hochdruckwetterlage gänzlich ihren Dienst eingestellt und tragen nun ganz natürlich nicht mehr zur Stromerzeugung bei. Ich gehe aber davon aus, dass auch bei Ihren Natur-Watt-Kunden nicht die Lichter ausgegangen sind.

Sie schreiben, dass, dass es nicht darum gehe "was bei Ihnen aus der Steckdose kommt, sondern was wir für Sie in das allgemeine Stromnetz einspeisen."Ich bin dankbar für die Klarstellung, denn auch als Nicht-Physiker kann ich diese Binsenwahrheit nachvollziehen.

Die Frage ist nur, ob die ökologisch motivierten Gutmenschen, die sich für einen erhöhten Betrag an ihrem Natur-Watt-Angebot Ablass gleich bedienen und ihr Gewissen mit vorgeblich "sauberem" Strom" beruhigen, auch diese Einsichten haben, zumal sie ja in Ihrem Vertragsformular ausdrücklich ankreuzen können "Der Kunde beantragt die Deckung seines Gesamtbedarfes [!] an elektrischer Energie mit Natur Watt Strom".

Mit Blick auf die derzeit still stehenden Rotoren frage ich mich, wie der Kunde heute seinen Gesamtbedarf an elektrischer Energie aus regenerativen Quellen decken kann, oder anders: Sie speisen heute ohne Wind mit Sicherheit erheblich weniger "Natur-Strom" ein als mit Wind. Die zusätzliche verfügbare Gesamt"leistung" in Deutschland von 0,01% Strom aus Sonne und 4% aus Wasserkraft wird einen weitflächigen Bedarf nicht decken können, und nachts fällt der Anteil aus Sonnenenergie, der ohnehin statistisch kaum darstellbar ist, ebenfalls unter den Horizont.

Es gibt also Widersprüche, die auch eine auf chlorfreiem Papier gedruckte Werbebroschüre mit allen süßen Worten nicht auflösen kann.

Widersprüche finde ich ebenfalls in er von Ihnen in der Anlage beigefügten Darstellung von Deussen und Ratzbor mit einem Literaturverweis auf Reichenbach, Ketzenberg, Exo und Castor: Einfluss von Windkraftanlagen auf Vögel - sanfte Energie im Konflikt mit dem Naturschutz? Teilprojekt Brutvögel. Institut für Vogelforschung "Vogelwarte Helgoland" und ARSU, GmbH, Wilhelmshaven und Oldenburg.

Hier wird dargestellt, dass die Auswirkungen der Windkraftwerke auf die Brutvögel als "weit geringer" als angenommen anzusehen sei. Auf die Rastvögel wird kaum eingegangen.

Ich vermisse die Angabe darüber, wo denn dieser Beitrag bisher erschienen ist.Nach meiner Kenntnis gibt es Differenzen über die Verwendung des Manuskripts durch Herrn Reichenbach, der dem Planungsbüro ARSU in Oldenburg angehört (der also von Betreiberseite für seine Gutachten bezahlt wird) und Herrn Exo und Frau Ketzenberg von der Vogelwarte Helgoland, die ihre ornithologische Arbeit von Herrn Reichenbach im Sinne der Windenergienutzung missinterpretiert sehen und deshalb eine eigene Veröffentlichung ins Auge gefasst haben.

Der erwähnte Herr Ratzbor, Mitarbeiter des Planungsbüros Schmal und Ratzbor, ist bekanntermaßen als Gutachter beim Bau des Wind"parks" Wybelsum bei Emden tätig geworden.

In einer vom Land Niedersachsen 1997 in Auftrag gegebenen Umweltverträglichkeitsstudie wird von Schmal und Ratzbor für die Fläche des Windparks Wybelsumer Polder festgestellt: "Die Wirkung der Rotorbewegung führt zu einer Beeinträchtigung von Lebensraumfunktionen auf einer Fläche von mindestens 500 m im Umkreis um WEP (Windenergieparks)." In dem 1998 erstellten landschaftspflegerischen Begleitplan wird für genau diese Flächen gefolgert: "Diese Flächen können - obwohl sie formal nicht von WEA (Windenergieanlagen) in Anspruch genommen werden - ihre Lebensraumfunktionen für die betroffenen Arten nicht mehr erfüllen." Wie diese beiden offiziellen Gutachten belegen, wird damit eine Fläche von insgesamt ca. 500 ha insbesondere für Rastvögel unbrauchbar. Bestätigt wird dies zusätzlich dadurch, dass in erheblichem Umfang Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden, was gar nicht nötig wäre, wenn der Eingriff nicht erheblich wäre.
So Schmal und Ratzbor damals!


Aus jahrelanger eigener Beobachtung und Beobachtung von Fachleuten meiden viele Limkolenarten in der Regel weiträumig dies Windkraftstandorte als Rast- und Nahrungsflächen, was aber nicht ausschließt, dass einzelne Paare, vermutlich aus jahrelanger Standorttreue, auch in der Nähe dieser Anlagen brüten können.

Aus diesem Grunde habe 1997 ich als damaliger Koordinator der "Konferenz der Natur und Umweltschutzverbände Ost-Friesland" in Zusammenarbeit mit einzelnen Vertretern des NABU eine Beschwerde bei der EU-Kommission wegen Verletzung von der Europäischen Vogelschutzrichtlinie eingereicht. Diese Beschwerde ist keineswegs "veraltet".

Der Europäische Gerichtshof hat Teile der Beschwerde für ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland verwendet. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Ich rege daher abschließend an, mit Ihren Kunden ehrlicher umzugehen und statt öko-süßlicher PR die Fakten nicht aus den Augen zu verlieren. Es soll in dieser Republik noch Menschen geben, die sich, anstatt auf eingängig-schlichte und vereinfachende Werbeaussagen zu vertrauen, noch selber denken und handeln.In diesem Sinne

Mit freundlichem Gruß
Manfred Knake


Ökosteuer macht Ökostrom teurer
Die 900 Kunden in Weser-Ems müssen rund 15 Mark im Jahr zuzahlen Der Grund für die seltsame Preisanhebung: Europas Staaten haben sich noch nicht darauf geeinigt, was Ökostrom eigentlich ist.

sr Ostfriesland/Oldenburg. Wer mit Ökostrom kocht, wäscht und Fernsehen kuckt, zahlt sowieso schon mehr als der normale Stromkunde. Jetzt gibt's noch einen merkwürdigen Aufschlag. Ausgerechnet die Ökosteuer treibt ab dem 1. Januar den Preis für Ökostrom der EWE Naturwatt-GmbH hoch. Um rund 15 Mark im Jahr für einen durchschnittlichen Haushalt. "Geradezu paradox", meint der nach eigenen Angaben größte Ökostrom-Anbieter der Region in einem Schreiben an seine Kunden.
Der Grund liegt nicht unbedingt in Deutschland, sondern in Europa. Bei der Europäischen Union gibt es nämlich keine konkrete. Vorstellung darüber, was Ökostrom eigentlich ist. "Die Norweger halten Strom aus Wasserkraft für Ökostrom, die Franzosen ihren Atomstrom, weil er kein Kohlendioxyd produziert", meint Naturwatt-Mitarbeiter Oliver Heitmann.
Natürlich hat Naturwatt versucht, die Anwendung der Ökosteuer auf Ökostrom zu verhindern. Man habe mit vielen Politikern gesprochen, gerade mit den Grünen, die ja das Bundesumweltministerium führen. Das ja bekanntermaßen die Ökosteuer erfunden hat. Aber es half nichts.
Den Naturwatt-Kunden bleibt der Trost, dass die Erhöhung recht moderat ausfällt. Und dass die Politik wenigstens zugesagt hat, die zusätzlichen Steuereinnahmen durch den Ökostrom in erneuerbare Energien zu stecken. "Das geht zum Beispiel in das 100.000-Dächer-Programm", sagt Heitmann. Das scheint die Kunden überzeugt zu haben: Es habe erst eine Abmeldung gegeben, aber ohne Grund.
Heitmann schließt nicht aus, dass Ökostrom-Bezieher in den nächsten Jahren doch etwas entlastet werden. Das Europäische Parlament hat am 27. September dieses Jahres eine Richtlinie verabschiedet, die den Verbrauch von ökologisch produziertem Strom billiger macht. Wann so eine Richtlinie in nationales Recht umgewandelt werde, sei zwar offen. "Aber die Weichen sind gestellt", meint Heitmann. Die Bundesregierung könnte dann mit europäischem Einverständnis Ökostrom von der Ökosteuer befreien.
Es handelt sich noch um keinen Massenmarkt. Die EWE-Naturwatt-GmbH hat 930 Kunden zwischen Ems und Elbe. Wegen der Verbreitung der Windenergie seien ostfriesische Städte wie Leer oder Aurich überdurchschnittlich vertreten, so Heitmann, Stadtwerke wie Norden und Emden seien als Stromkunden und lieferanten Partner. Insgesamt sei man zufrieden mit der Entwicklung. Heitmann räumt aber ein: "Als wir am 1. November 1998 anfingen, waren unsere Erwartungen höher."
(Bildunterschrift: Windmuehlen auf nasser Weide) Es mangelt nicht an Ökostrom, beispielsweise aus Windkraft, aber an Kunden. Die Ökosteuer macht dem Umstieg auf Ökostrom allerdings nicht einfacher. Foto: Archiv - Ostfriesen-Zeitung (S 11) 19.12.2001