"Sylvia Voß inzwischen gute Adresse für Windkraftkritiker"
Schmerzhaftes Umdenken bei Grünen-Fraktion im Gange
Seit sich die naturschutzpolitische Grünen-Sprecherin Sylvia Voß im Juni auf ihrer Website nachdrücklich von einem grausigen Pro-Windkraft-Traktat Michaele Hustedts distanzierte, geschehen hinter den politischen Kulissen erstaunliche, interessante Dinge. Umweltminister Jürgen Trittin versucht nach Kräften, von dem in seiner eigenen Fraktion heftig aufgebrochenen Windkraft-Dissens abzulenken, geht soweit, diesen vor der Presse entgegen der Wahrheit zu bestreiten. Das Motiv ist offensichtlich – verliert er sein mit Hilfe der Atom-und Rüstungskonzerne hochgepäppeltes Zugpferd Windenergienutzung, ziehen korrumpierte Medien bei seiner Windkraft-Propaganda nicht mehr wie gewünscht mit, sieht die Leistungsbilanz des Ministers extrem schlecht aus, muß er sich auf Böses gefaßt machen.
Denn nach Auskunft des Büros der Abgeordneten Sylvia Voß ist die Politikerin in ganz kurzer Zeit zu einer sehr guten Adresse für Windkraftkritiker geworden, hat Kontakte nicht nur zu den entsprechenden Bürgerinitiativen in ihrer Heimat Brandenburg, sondern auch in Sachsen, Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg. Kennzeichnend für die innerparteiliche, innerfraktionelle Demokratie bei den Grünen: Vor Ausbruch der Debatte, hieß es auf Anfrage dieser Website, habe man nicht gerade Wert auf eine Diskussion mit Sylvia Voß gelegt. Erst, seitdem diese den Dissens auf ihrer eigenen Website darstellte, und dies in der Öffentlichkeit wahrgenommen worden sei, "sah man ein, offen miteinander reden zu müssen, kam bei den Grünen eine Debatte in Gang". Das müsse man positiv interpretieren. "Jetzt findet ein Meinungsstreit statt, bei dem wir erstmals gleichberechtigt wahrgenommen werden."

—"schrecklicher" Hustedt-Entwurf—
Das hatte offenbar deutliche Wirkungen: Michaele Hustedt hatte im Grünen-Arbeitskreis II Umwelt, Infrastruktur, Ernährung, Bildung, Tourismus und Sport erst kürzlich wiederum einen Beschlußentwurf eingebracht, der vom Büro Voß gegenüber dieses Website als "schrecklich" charakterisiert wurde. "Der Entwurf wurde von uns radikal umgeschrieben, sodaß wir mit einem großen Teil des angenommenen Kompromißpapiers leben können. Für den ursprünglichen Hustedt-Entwurf hätte man sich in Grund und Boden schämen müssen, wenn er, wie beabsichtigt, beschlossen worden wäre." Details wollte man aber nicht nennen. Man habe sogar versucht, das Papier an Sylvia Voß vorbei in den Beratungen "mehr oder weniger zügig durchzuwinken". Daß dies nicht gelungen sei, weise auf das Umdenken bei den anderen Arbeitskreis-Mitgliedern.
Dennoch hat Sylvia Voß dem Kompromißpapier nicht zugestimmt, weil die Arbeitskreis- Mehrheit - ebenso wie Trittin selbst – windkraftkritische Dokumente von dessen Ministerium nicht kannte und absurderweise auf folgendem Passus bestand: "Das Gros der Studien kommt allerdings bislang zum Ergebnis, daß sich die Vogelwelt weitgehend auf die Windkraftanlagen einstellt." Dumpfer, jeder Naturschützer weiß es, gehts nimmer. Für Sylvia Voß, betonte ihr Büro, "existieren hinreichende Belege dafür, daß es negative Auswirkungen auf die Vogelwelt gibt – was berücksichtigt werden muß. Die Position der Gegenseite ist leider in allen Fragen von Natur, Umwelt und Sozialverträglichkeit sehr wenig einsichtig." Bestätigt wurde, daß an Sylvia Voß die "Bitte" herangetragen wurde, das Hustedt-Traktat und die Voß-Antwort darauf von der Website zu nehmen – was man natürlich nicht getan habe.
"Wir brauchen für unsere Positionen noch gute empirische Belege – sammeln jetzt in der parlamentarischen Sommerpause Studien und Berichte von Experten und Initiativen."
Ergo – Umweltaktivisten sollten raschest an die Grünen-Politikerin alles verfügbare Material schicken, das für Anhörungen, Diskussionsrunden etc. im Herbst dringend gebraucht wird. Auch für diese Website wäre interessant zu wissen, welches Kommerzmedium zuerst die Zensur lockert und über den Voß-Windkraft-Konflikt bei den Grünen berichtet. Auf die Reaktionen der taz dürfte man mit am am meisten gespannt sein. kh


Ostdeutsche Presse zunehmend windkraftkritischer
jetzt schwenkt auch die auflagenstarke Mitteldeutsche Zeitung um
Selbst in Sachen Windkraftkritik treten neuerdings die Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern schärfer hervor: Während westwärts die Argumente der Windkraftgegner bestenfalls sehr verkürzt wiedergegeben werden, passiert im Osten erstaunlicherweise zunehmend das Gegenteil. Den Vogel schoß sozusagen das durchweg positive Presseecho auf die NABU-Sachsen-Presseerklärung vom Juli („Nutzlose Monster verschandeln sächsische Landschaft – NABU verurteilt gefährlichen Aktionismus in Sachen Windenergie“) ab – nie zuvor hatten die Medien eines Bundeslandes Windkraftkritik so ausführlich und sachlich verbreitet. Das spricht sich rum – immer mehr Redakteure, Journalisten in den anderen Ost-Regionen beschreiben, kommentieren immer detaillierter, wie die Stimmung kippt, die gemäß Untersuchungen als weit naturverbundener als die Westdeutschen geltenden „Ossis“ gegen die umweltzerstörenden Windkraftwerke aufbegehren. Im thüringischen Kyffhäuserkreis verkündete der Vertreter des CDU-Landrats im August letzten Jahres noch großspurig auf einer Einwohnerversammlung der Stadt Heldrungen, ab September werde mit dem Bau eines großen Windparks begonnen, die Gegner könnten soviel protestieren wie sie wollten. Ein Jahr ist rum, der von der Bürgerinitiative Gegenwind beanstandete Flächennutzungsplan immer noch nicht neuausgelegt, die Baugenehmigung nicht mal beantragt. Heldrungens neuer CDU-Bürgermeister will im Gegensatz zum Vorgänger die Windkraftwerke nicht, im Stadtrat schmolz die Zahl der Befürworter auf ein Häufchen zusammen. Das Projekt ruht - wie von oben durchsickerte, lags tatsächlich an den Protesten, den EU-Beschwerden. Die Mitteldeutsche Zeitung hats gemerkt, schlägt sich erstmals in einem Kommentar völlig auf die Seite der Windkraftgegner, nennt – so wie der NABU Sachsen – die Windanlagen nun ebenfalls Monster. Und die Thüringer Allgemeine, des Bundeslandes größtes Blatt, gibt den Projektgegnern so viel Platz in ihren Spalten wie nie zuvor. Einzig in diesen beiden deutschen Zeitungen stand bislang etwas über den Windkraft-Dissens in der grünen Bundestagsfraktion, wegen der windkraftkritischen Positionen von Sylvia Voß, Ostdeutsche, naturschutzpolitische Sprecherin der Grünen. All das läßt hoffen. kh


Georg von Bismarck, NABU-Mitglied, dreißig Jahre leitender Mitarbeiter von Daimler-Benz in Stuttgart, jetzt Öko-Landwirt auf dem Gut seiner Vorfahren in Braunsroda/Thüringen, Mitstreiter in der Bürgerinititative Gegenwind
„Ich habe mich sehr vehement von Anfang an gegen das Windkraftprojekt bei Braunsroda gewandt, bin ganz dezidiert der Meinung, daß Windkraftanlagen nicht in unsere wunderschöne Landschaft passen. An bestimmten Stellen mögen sie berechtigt sein - denn ich habe nichts gegen regenerative Stromerzeugung – aber hier bei Braunsroda sind die Nachteile deutlich größer als die Vorteile. Windkraftwerke verschandeln hier einfach die Landschaft. Sogar nachts hätten wir nicht unsere Ruhe, würden zusätzlich von der Anlagenbeleuchtung, „Befeuerung“ gestört. In dieser Region befinden sich die letzten Naturreservate Nordthüringens – diese müssen wir uns bewahren, auch wegen der großen Potentiale für den Tourismus.
Ich weiß ganz sicher, daß Vögel durch Windkraftwerke verletzt bzw. getötet werden. Wir haben hier ein wichtiges Kranich-Durchzugsgebiet – und Kraniche, so ist mehrfach bewiesen worden, werden durch Windanlagen getötet, verletzt oder vertrieben, werden nicht mehr hierherkommen. Wer einmal Kraniche gehört hat, deren urtümliche Schreie und Rufe, ist davon begeistert. Dieses Naturerlebnis sollten wir uns erhalten, auch für die Nachwelt. Es wäre großer Frevel, dies durch Windkraftanlagen kaputtmachen zu lassen.
Ich bin sehr froh, daß Professor Michael Succow, Träger des Alternativen Nobelpreises, Vizepräsident des NABU, auf unserer Seite ist, die Bürgerinitiative unterstützt – die Dinge so präzise sieht wie wir. Das bestätigt uns in unserem Kampf, diese Windkraftwerke auf jeden Fall zu verhindern. kh


Umweltkiller Strieder
Berlins SPD-Chef dröhnt populistisch, seine bisherigen CDU-Partner wollten auf ihr „System des Machtmißbrauchs“ nicht verzichten, Partei und hörige Journaille klatschen Beifall. Der tiefkorrupte Berliner Filz – das waren immer die anderen. Wer noch bis drei zählen kann, greift sich an den Kopf. Schließlich spielte – und spielt - Peter Strieder in diesem „System“ zwangsläufig eine Hauptrolle – als Senator für Stadtentwicklung, Bauen, Verkehr und Umweltschutz. Immobiliengeschäfte, Deals mit Plattenbauten, die geradezu aggressiv forcierte Umwandlung von Berlin-Mitte in einen seelenlosen Distrikt für Banker und neoliberale Polit-Bonzen, Pseudo-Intelligentsia und Schickeria – siehe Hackesche Höfe, Gendarmenmarkt und Friedrichstraße – nichts läuft ohne ihn und seine Hintermänner. Strieders Ressort verschwendete selbst laut Landesrechnungshof öffentliche Millionen en masse für unwirtschaftliche Bauaufträge, Zuschüsse. Als Umweltsenator versprach er dem Ostteil Öko-Fortschritte allerorten – man riechts unter den Linden. Noch nie war die Prachtallee so abgasverpestet, mit Bussen, LKW, Autos verstopft wie jetzt. Der Umweltsenator als Umweltkiller, Vernichter von Lebensqualität – in Berlin-Mitte wirds besonders deutlich. Wildenten badeten, putzten sich einst auf dem Alex-Brunnen – alle Welt beobachtete es mit Vergnügen. „Wildkaninchen noch und nöcher auf dem Rasen am Fernsehturm„, erinnert sich Claudia Hämmerling, Grünen-Expertin für Stadtentwicklung im Abgeordnetenhaus. “Jetzt sind die Tiere alle weg.“ Und der Alex, die Fernsehturm-Wiesen verkommen, vermüllt. Gemäß den Strieder-und Trittin-Sprüchen hätte es nach der Wende genau andersrum laufen müssen, Bestandszunahmen allerorten. Die Alteingesessenen monierten zuerst, daß jedenfalls vor ihrer Haustür die neue, bessere Umweltpolitik irgendwie nach hinten losging. Aber auf die hörte ja keiner, Jammerossis halt. Inzwischen hauen Wessis, allesamt gestandene Öko-Experten, in dieselbe Kerbe. Hartwig Berger, aus dem Westteil, umweltpolitischer Grünen-Sprecher im Abgeordnetenhaus, vermißt das Tschilpen der Spatzen nun auch im Osten, besonders in Mitte.“Gerade der Sperling, Stadtvogel par excellence, ging dort auf ein Drittel zurück – das ist wirklich schlimm!“ Ähnlich siehts bei den anderen deutschen Vogelarten aus. Berger hat dafür ganz andere Antennen als Polit-Betonköpfe, Technokraten und geldgierige Banker, wenn er durch Mitte schlendert. Mit der CDU-SPD-Koalition werden gegen Bundesnaturschutzgesetz und die Berliner Sanierungsvorschriften hunderttausende Niststätten, auch jene der Mauersegler, vernichtet, Grünflächen reduziert, zubetoniert oder aseptisch kurzgehalten, zahlreiche Bäume gefällt, sogar, wegen des weißen Kots, Schwalbennester abgeschlagen. Anstatt wie bisher auch Wildkräuter, natürlichen Wildwuchs zugunsten von Schmetterlingen, bunten Käfern auf den Rasen zuzulassen, werden diese überpflegt, noch dazu mit schweren Maschinen. Teure Laubsauge-Wagen, von Umweltschützern seit langem verdammt, holen auch das letzte Insekt aus der Bodenritze, häckseln sogar Igel. „Das ist absolut stupide und bescheuert“, ärgert sich Berger. Fassaden sind jetzt langweilig glatt und makellos. Alles einer steril-öden neuzeitlichen Ästhetik zuliebe, wie in der allgegenwärtigen, großflächigen Produkt-Propaganda, sagt man in den Naturschutzämtern, visuelle Umweltverschmutzung dank Strieder nun allerorten. Gleich nach 1990 wird der S-Bahnhof Friedrichstraße gegen Ost-Proteste so saniert, daß die beliebte große Dohlenkolonie für immer verschwindet. Jetzt ist die ausgedehnte Grünfläche davor, jahrzehntelang eine beliebte Stadtoase für Mensch und Tier, ebenfalls weg, eklige Betonwüste geworden, dank Strieder. Der hübsche Lindencorso-Platz mit den Rosenbeeten, an der Ecke Friedrichstraße/Unter den Linden wurde protziges PR-Zentrum jener Autokonzerne, die mit Schröder ihren Wunschkanzler bekamen. Auf die Freifläche gegenüber, eine der letzten City-Oasen, soll ebenfalls ein Betonklotz. Weil Verkehrssenator Strieder den Autoverkehr privilegiert, machen Abgase Allee-und Parkbäumen mehr denn je zu schaffen. Strieder, sagt auch Bergers Kollegin Hämmerling, erinnere man alle naselang an seine eigenen Gesetze, Beschlüsse, die er nicht einhalte – die schwerkriminelle Berliner Müllmafia habe man exzellent gefördert. Der Grüne wirft dem Senat öffentlich vor, in ganz Berlin den Arten-und Biotopschutz sterben zu lassen - den entsprechend scharfen Antrag hat noch Renate Künast mitunterschrieben. Völlig wirkungslos. Siehe Love-Parade – ausgerechnet der Tiergarten, ein ausdrücklich geschütztes Naturdenkmal, wird dank Strieder Konzern-Kommerz geopfert, von den früher fünfundzwanzig Nachtigallenpärchen, so das Naturamt, sind gerade noch drei übrig. Durch Massen-Pisse vergifteter Boden, überall niedergetrampeltes Gesträuch.
Nur ein paar hundert Meter vom Trittin-Ministerium entfernt die Karl-Marx-Allee hinauf, in der Naturschutzbehörde von Mitte, hat der Schöneberger Artenexperte Marcus Zisenis vom 13. Stock aus den besten Überblick. Zu DDR-Zeiten sausten dort noch reichlich Turmfalken durch die Lüfte, heute sind sie selten. „Ein faszinierender Vogel“, schwärmt Zisenis, „doch von den einst achtundzwanzig Brutplätzen der Turmfalkenpaare sind höchstens noch acht übrig.“ Worans liegt, lernt dank CDU-SPD-Bildungspolitik so gut wie kein Berliner Kind mehr im Bio-Unterricht: Die gesamte Nahrungskette stimmt nicht mehr. „Von den Hausspatzen hängt der Turmfalke ab, die jagt er besonders – nur sind die eben nicht nur in Mitte, sondern in so gut wie allen Ost-Städten seit 1990 um bis zu drei Viertel zurückgegangen.“ Fachmann Zisenis sieht schwarz: „Die Tendenz bei den Turmfalken ist wie bei den Fledermäusen – nämlich in Mitte auszusterben.“ Die nächtlichen Flattertiere sind bereits so gut wie weg – ganz besonders peinlich für Strieder und Trittin. Denn anders als Spatzen und Turmfalken sind es Arten mit dem allerhöchsten EU-Schutzstatus. „Wenn wir hier die Natur immer mehr vernachlässigen, uns ihr entfremden, werden wir abgestumpft, inhuman, geht der Stadt die Sinnlichkeit verloren. Mit der Natur geht man hier wie mit den Menschen um.“ Doch siehe da – mit Berlins Umweltverbänden kommt Senator Strieder bestens zurecht, gelegentliche forsche Alibi-Presseerklärungen, siehe Love-Parade und Tiergarten - tun nicht weh – bei Ökofesten holen sie ihn gerne als Schirmherr und Ehrengast, radeln mit ihm auf Sternfahrten. Denn übelsten Filz gibts auch in der Umweltszene. Ein Verbandsinsider:„Bei den Organisationen ist der Schmusekurs oft Programm, die kriegen Staatsknete, sind daher nicht unabhängig.“
Weil auch von der PDS wie üblich mit wirklich ernstzunehmendem Widerstand nicht zu rechnen ist, kann Strieder jetzt sogar eine Tiefgarage ausgerechnet unter den Bebelplatz bauen lassen. Die Wirkung des neuen Denkmals zur Erinnerung an die Bücherverbrennung durch die Nazis ist damit zerstört. Den PDS-Antrag für einen Baustopp lehnten CDU und SPD natürlich noch im üblichen Schulterschluß ab. kh


Kommentar
Wann wechselt Trittin zu ENERCON oder Siemens-KWU?

Jetzt tun die Kommerzmedien wieder überrascht – und wußten doch genau, wies lief: Klaudia Martini(SPD), Deutschlands dienstälteste Umweltministerin, verläßt zum 1.Oktober ihren Posten in Rheinland-Pfalz, wechselt, wie es sich in rot-grünen Zeiten gehört, in die Vorstandsetage einer extrem umweltfeindlichen Industrie, nämlich zum Autohersteller Opel, auch BASF war im Gespräch. 1991 wurde sie von Ex-Ministerpräsident Rudolf Scharping nach Mainz geholt, hatte bei Naturschutzverbänden schon bald den Ruf, mit der Wirtschaft zu paktieren. Die fünzigjährige Martini, heißt es aus Rüsselsheim, soll sich jetzt um Regierungskontakte, besonders aber um die Imagepflege der Marke Opel kümmern, das Thema Umwelt und Auto „aktiv besetzen„. Da fallen einem sofort Bundesumweltminister Jürgen Trittin und seine aus dem ENERCON-Hauptsitz Aurich stammende Staatssekretärin Gila Altmann ein – wider die Fakten und besseres Wissen tun beide selbiges mit der Windkraft, ziehen als PR-Agenten durchs Land, ernten von der Branche entsprechend viel Lob. Trittin verschaffte ihr beste politische Rahmenbedingungen, politischen Rückenwind, spülte ihr so Milliardenprofite in die Kassen, garantierte den Boom – und steht deshalb nicht anders als Klaudia Martini bei Aktivisten windkraftkritischer Naturschutzverbände wie dem NABU im Rufe, engstens und eigennützig mit Windkraftunternehmern und der dazugehörigen Klientel zu kooperieren. Feiert der Minister in Berlin mit großem Empfang das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kommen die Begünstigten natürlich gerne herbei, erheben mit ihm das Champagnerglas auf Zuwächse, neue Standorte, Profite. „Die Umweltpolitik in Mainz suchte sich stets die Tür zur Industrie weit offen zu halten„, schreibt die Frankfurter Rundschau und erinnert an den Streit um das Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich. „Den nicht genehmigungsfähigen, seit 1988 stillgelegten RWE-Reaktor drückte Martini in die Atomkonsensverhandlungen und verlängerte somit die Restlaufzeiten anderer Atomanlagen bundesweit. Martini hatte also die Industrie schon wiederholt auf sich aufmerksam gemacht. „Trittin akzeptierte die Sache mit dem RWE-Reaktor, segnete den sogenannten Atomkonsens ab. Da hätte er sich eigentlich sogar einen Spitzenjob beim Atom-und Windkraftkonzern Siemens-KWU verdient. Schließlich weiß inzwischen – fast – jeder, daß sich Trittin ausdrücklich nicht von jenem Pro-Atomkraft-Abschlußdokument der New Yorker Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag vom letzten Jahr distanziert, das Rot-Grün unterzeichnete. „Die Konferenz erkennt die Vorteile der friedlichen Atomenergie-Nutzung an und nuklearer Techniken an„, steht da geschrieben, „und ihren Beitrag, um in den Entwicklungsländern nachhaltige Entwicklung zu erreichen, sowie um generell das Wohlergehen und die Lebensqualität der Menschheit zu verbessern. „Notwendig sei, die friedliche Nutzung der Atomenergie durch alle Staaten über Kooperation zu fördern, speziell in der Dritten Welt. Unter Rot-Grün läuft das bestens, wie man weiß.
Klaudia Martinis Wechsel zum Autokonzern bewertet die Frankfurter Rundschau als konsequent, nicht etwa als Bruch im beruflichen Werdegang. Und sollte es wieder einmal kriseln um den grünen Minister - Deutschlands windkraftkritische Umweltschützer sähen einen Wechsel Trittins zu Siemens-KWU oder ENERCON keinen Deut anders. kh


"Heute großspurig Windpark einweihen –
morgen wegen Windkraft-Korruption im Gefängnis?"
Unter diesem Motto begleitet in Brandenburg der windkraftkritische "Uckermärkische Umwelt- und Landschaftsschutzverband" am 1.September die aufwendig-pompöse Einweihung des "Windparks" Nechlin, eines der größten Europas – und hat die Fakten auf seiner Seite. Wie die auf Korruptionsverbrechen spezialisierte Oberstaatsanwaltschaft in Neuruppin einen Tag vor der Einweihung gegenüber dieser Website erklärte, zählen die Geschäftsführer der Berliner Betreiberfirma Enertrag und des Tochterunternehmens Uckerwerk Energietechnik GmbH zu den Beschuldigten in einem Korruptionsfall, der den aktiv bestochenen Uckermark-Amtsdirektor Hartmut Wohlthat bereits hinter Gitter brachte. Wohlthat steht unter dem dringenden Tatverdacht, für Enertrag gegen beträchtliche Geldsummen den Windkraftbetreiber-Markt dieser brandenburgischen Region von Konkurrenten freigeräumt zu haben. Zuvor war bereits mitgeteilt worden, bei Durchsuchungen von Enertrag-Büros sowie der Amts-und Wohnräume Wohlthats habe man sehr umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Die Auswertung sowie die Vernehmung von Zeugen hätten den Tatvorwurf erhärtet, Beweise lägen vor. Der zuständige Staatsanwalt Meier sprach jetzt explizit von einem Tatverdacht gegen die "führenden Köpfe von enertrag", die Anklageschrift für den Prozeß mit insgesamt drei Beschuldigten sei in vier bis sechs Wochen fertig. Dem Vernehmen nach dürften somit neben Hartmut Wohlthat der Enertrag-Vorstandsvorsitzende Jörg Müller und der Tochterfirma-Chef Tilo Troike vor Gericht stehen – just jene, die am 1.September auf einem großen "Windfest" das neue umwelt-und naturzerstörende Industrierotorenfeld von Nechlin einweihen. Enertrag gehört nach eigener Einschätzung zu den größten Unternehmen der deutschen Windenergiebranche.
Enertrag – Rückenwind von Wirtschafts-und Umweltmedien
Wie üblich, bekommt Enertrag von der Wirtschaftspresse gehörigen Rückenwind, Lob und Hudel. Kurz vor der Einweihung veröffentlichte auch der Berliner "Tagesspiegel" einen großen Bericht, betitelt: "Der Osten lebt: Eine Reise zu den besten Unternehmen – Mit Windkraft verdient man in der Uckermark Geld." Über den umstrittenen Enertrag-Chef heißt es: "Einst studierte Jörg Müller in Moskau Kernenergie, jetzt betreibt er Windräder." Das Blatt nennt ausdrücklich keinerlei Informationen der Neuruppiner Oberstaatsanwaltschaft zu deren immerhin größtem derzeitigen Fall, überläßt Iris Drews, Vorsitzende des Uckermärkischen Umwelt-und Landschaftsschutzverbandes, den Hinweis auf "Korruptionsvorwürfe": "Enertrag soll einen Amtsdirektor bestochen haben, um die Genehmigung für noch mehr Standorte für Windräder zu erhalten."
Auch in Umweltmedien hat Enertrag sehr gute Karten: So läßt "Der Rabe Ralf", Berlin, in einem mehr als halbseitigen Leserbrief die Korruptionsvorwürfe gegen Enertrag zurückweisen, ohne klarzustellen, daß es sich bei dem Leserbriefschreiber um einen leitenden Enertrag-Mitarbeiter handelt, der hier ein Firmen-Statement abgibt. Detail: In dem Leserbrief wird ausdrücklich nicht auf die Anschuldigungen der Oberstaatsanwaltschaft Neuruppin, die Verhaftung Wohlthats eingegangen. Zumindest amüsant folgende Passage: "Fragt man bei Enertrag nach, erfährt man, daß das Unternehmen den Vorwurf der Bestechung als haltlos zurückweist." Da hatte der leitende Enertrag-Mitarbeiter wohl sozusagen bei sich selber angefragt. kh 31.08.01


mehr