Raumordnerischer Entscheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd
- Obere Landesplanungsbehörde -
Windpark auf der Gemarkung Ober-Flörsheim
Verbandsgemeinde Alzey-Land
(03.12.2001)

Auszug
... wenn die Windkraftanlagen in ihrer Lage auf dem Plateaubereich zwischen Landesstraße 386 und dem Bereich der sog. Holzstraße (vgl. Linie 1 im Lageplan, Anlage 2) im Süden begrenzt werden und die Zahl auf maximal acht verringert wird.

(S. 29 ff)
Durch die Erweiterung des bestehenden Windparks wäre zwar ein zusätzlicher Eingriff an anderer Stelle vermeidbar, so dass das Vorhaben dem Ziel der raumordnerischen Konzentration von Anlagen entspräche. Andererseits kann dieses Argument nicht beliebig fortgeführt werden, wenn die Belastung eines Raumes selbst an seine Grenzen stößt.

Der ROP Rheinhessen-Nahe weist das in Frage stehende Gebiet als Vorbehaltsbereich für die Nutzung der Windenergie aus. Der Vorbehalt wird gegenüber Avifauna, militärischer Nutzung und Rohstoffsicherung ausgesprochen.

Was die Bewertung der Vorbehalte betrifft, wird auf die detaillierten Ausführungen unter B verwiesen. Grundlage der Bewertung waren die vom Antragsteller vorgelegten Gutachten und die bei der schriftlichen Anhörung vorgebrachten Bedenken und Anregungen der Träger öffentlicher Belange bzw. privater Einwender.

Auf dieser Grundlage lässt sich im Widerstreit der vorgetragenen Auffassungen zu einzelnen Sachpunkten kein einheitliches, aber eine klare Entscheidung begünstigendes Meinungsbild erkennen.

Die Mehrzahl der anerkannten Naturschutzverbände, die Obere Landespflegebehörde - in Übereinstimmung mit den Fachbehörden LfuG und Staatliche Vogelschutzwarte -, die Kreisverwaltung Alzey-Worms als untere Landespflegebehörde sowie zahlreiche Bürger stellen die Schlussfolgerungen der Gutachten in Frage oder bezweifeln eine fachlich fundierte Erhebung vor Ort.

Diese Einschätzung erscheint insofern plausibel, als das Gutachten selbst einen Verdrängungseffekt für die untersuchten Arten - resultierend aus den bestehenden Anlagen - bestätigt. Damit wird eine Veränderung festgestellt, deren weitere Auswirkungen im Hinblick auf das gesamte Gebiet nicht einschätzbar sind. Durch die zentrale Lage der geplanten Standorte im Vogelschutzgebiet wäre neben dem reinen Verdrängungseffekt festzustellen, dass die betroffenen Arten aus diesen zentralen Flächen in möglicherweise vorbelastete Gebiete ausweichen müssen. In diesem Zusammenhang ist durchaus von Bedeutung, dass das Plateau von mehreren Ortslagen - Freimersheim, Flomborn, Ober-Flörsheim, Mölsheim u.a.m. - eingerahmt wird, die L 386 das Gebiet quert und die A 61 die nordöstliche und die A 63 die westliche Grenze bilden.

Es ist nicht Aufgabe der Raumordnung, die Stelle einer dritten entscheidenden Instanz einzunehmen und somit eine weitere gutachterliche Auffassung zu vertreten. Vielmehr müssen die vorgetragenen Einwände bedacht und in die Abwägung eingestellt werden.

Von Bedeutung ist die Aussage, dass für die weitere Entwicklung des (möglichen) Vogelschutzgebiets die Schaffung von Vertikalstrukturen vermieden werden sollte ("Verhinderung der Anlage von größeren Vertikalstrukturen Sie führen nämlich dazu, dass die Offenheit des Geländes beschnitten wird.

Gerade diese Aussage legt die Vermutung nahe, dass Windenergieanlagen nicht nur Störungen verursachen, sondern gerade in ihrer vertikalen Ausrichtung einer grundlegenden Weiterentwicklung des Gebietes im Hinblick auf einen angestrebten Schutzzweck zuwiderlaufen.

Das avifaunistische Gutachten leitet her, dass das Hochplateau von Ober-Flörsheim für die Weihen eine besondere Bedeutung als Nahrungs- und Mausergebiet, für Schafstelze und Grauammer als Brutgebiet habe, jedoch nicht einzigartig in Deutschland sei.

Festzustellen ist, dass für die Beurteilung im Raumordnungsverfahren die Frage nach der landesweiten oder nationalen Bedeutung des Vorschlagsgebietes für den Vogelschutz keine Rolle spielt. Das Raumordnungsverfahren hat nicht die Bedeutung eines Gebietes im Kontext mit anderen Schutzgebieten zu beurteilen, sondern die Bedeutung des betroffenen Gebietes im Hinblick auf angestrebte Nutzungen und deren Verträglichkeit. Diesbezüglich sprechen die Stellungnahmen eine eindeutige Sprache.

Nicht zu unterschätzen sind auch die Einwände betroffener Gemeinden, wie der Verbandsgemeinden Monsheim, Westhofen oder Kirchheimbolanden. Dass sich die Argumente vornehmlich auf die Aspekte Vogelschutz, Landschaftsbild und Tourismus konzentrieren, erscheint plausibel und spricht keineswegs gegen die Stellungnahmen.

Die hohe Anzahl von Unterschriften betroffener Bürger aus dem Raum macht darüber hinaus deutlich, dass die bestehenden Anlagen hinsichtlich der Akzeptanz vor Ort eine Grenze erreicht haben. Dabei ist nicht ausschlaggebend, dass für eine große Anzahl von Eingaben der direkte örtliche Bezug fehlt. Auch die Konzentration auf die bereits mehrfach erwähnten Themenbereiche Vogelschutz, Landschaftsbild und Tourismus spricht nicht gegen die Einwendungen, sondern untermauert die Belastung des Raumes bzw. dessen Auslastung im Hinblick auf weitere geplante Anlagen.

Eine raumordnerische Beurteilung richtet sich nicht nach einer arithmetischen Ermittlung der Stellungnahmen für und wider das Vorhaben. Im Vordergrund stehen die Belange, die eine Behörde zu vertreten hat, inwieweit diese Belange raumordnerisch relevant sind und wie deren Gewicht im gesamten Zusammenhang zu sehen ist.

Im Verfahren wurde deutlich, dass naturschutzfachliche Gründe der Errichtung von weiteren 14 Anlagen entgegenstehen. Das Ministerium für Umwelt und Forsten, das Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht und die Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland haben im Hinblick auf eine reduzierte Anzahl von acht Anlagen signalisiert, dass diese ohne erhebliche zusätzliche Belastung tolerierbar seien. Das Ministerium des Innern und für Sport - Oberste Landesplanungsbehörde - hat sich dieser Auffassung angeschlossen und sieht acht Anlagen als mit den Zielen und Grundsätzen der Landesplanung vereinbar an.

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§ 7
Allgemeine Vorschriften über Raumordnungspläne

7) Für die Aufstellung der Raumordnungspläne ist vorzusehen, daß die Grundsätze der Raumordnung gegeneinander und untereinander abzuwägen sind. Sonstige öffentliche Belange sowie private Belange sind in der Abwägung zu berücksichtigen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind. In der Abwägung sind auch die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes zu berücksichtigen; soweit diese erheblich beeinträchtigt werden können, sind die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit oder Durchführung von derartigen Eingriffen sowie die Einholung der Stellungnahme der Kommission anzuwenden (Prüfung nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie).

§ 10
Planerhaltung
(1) Zur Planerhaltung ist vorzusehen, daß die Beachtlichkeit einer Verletzung der für Raumordnungspläne geltenden Verfahrens- und Formvorschriften von der Einhaltung einer Rügefrist von längstens einem Jahr nach Bekanntmachung des Raumordnungsplanes abhängig gemacht wird.
(2) Die Beachtlichkeit einer Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften sowie von Abwägungsmängeln kann insbesondere ausgeschlossen werden bei
1. Unvollständigkeit der Begründung des Raumordnungsplanes,
2. Abwägungsmängeln, die weder offensichtlich noch auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind.
(3) Bei Abwägungsmängeln, die nicht nach Absatz 2 Nr. 2 unbeachtlich sind und die durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können, kann ausgeschlossen werden, daß sie zur Nichtigkeit des Plans führen, mit der Folge, daß der Plan bis zur Behebung der Mängel keine Bindungswirkungen entfaltet.

§ 12
Untersagung raumordnungswidriger Planungen und Maßnahmen
(1) Es ist vorzusehen, daß raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die von den Bindungswirkungen der Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 und 3 erfaßt werden, untersagt werden können:
1. zeitlich unbefristet, wenn Ziele der Raumordnung entgegenstehen
,
2. zeitlich befristet, wenn zu befürchten ist, daß die Verwirklichung in Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung befindlicher Ziele der Raumordnung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde.
(2) Die befristete Untersagung kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 auch bei behördlichen Entscheidungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Maßnahmen von Personen des Privatrechts erfolgen, wenn die Ziele der Raumordnung bei der Genehmigung der Maßnahme nach § 4
Abs. 4 und 5 rechtserheblich sind.
(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Untersagung haben keine aufschiebende Wirkung.
(4) Die Höchstdauer der befristeten Untersagung darf zwei Jahre nicht überschreiten.