Allgemeine Zeitung Alzey, 25.4.2001
Kreistag gegen Zwischenlager in Biblis
Verbrauchte Kernenergie-Brennstäbe sollen dort gelagert
werden / Resolution aus Alzey
Der Kreistag spricht sich gegen die
Absicht der RWE Power AG aus, in Biblis, unmittelbar an der
Grenze zum Landkreis Alzey-Worms, ein Zwischenlager für
abgebrannte Brennstäbe mit einer Kapazität von bis zu 163
Castor-Behältern zu errichten. Auf diesen Kompromiss
einigte sich der Kreistag nach einem Antrag von Bündnis 90/Die
Grünen, gegen die Stimmen der FWG und FDP.
Von unserem Redaktionsmitglied Armin Burkart
Fraktionssprecherin Elisabeth Kolb-Noack
begründete den Antrag ihrer Fraktion mit dem Hinweis, dass in
Biblis im Grunde genommen zwei Zwischenlager geplant seien. Den
ersten Antrag habe RWE vor dem Abschluss des so genannten
Atomkompromisses am 23. Dezember 1999 gestellt und dann einen
Antrag für ein Interimslager am 30. November 2000, nach
Abschluss der Konsensgespräche zwischen Bundesregierung und
Atomwirtschaft, nachgereicht.
Die Absicht, durch die Schaffung von Zwischenlagern unnötige
Atomtransporte zu vermeiden, würden die Grünen anerkennen,
sagte Kolb-Noack. Gleichwohl
wende sich ihre Fraktion gegen die Dimension der geplanten
Zwischenlager in Biblis. "Sie sind für den heimischen
Bedarf an Atommüll weit überdimensioniert, denn bis zur
Stilllegung von Biblis Block A und B fallen nur maximal 1500
Brennelemente an", kritisierte Elisabeth Kolb-Noack die
Absicht des AKW Biblis.
Aus dem Verhalten der RWE erkenne man außerdem ganz klar, dass
sich der Energiekonzern nicht an den Konsensvereinbarungen
halten, sondern im Stillen über die vereinbarte Laufzeit hinaus
das Kernkraftwerk betreiben wolle. "Wahrscheinlich hofft man in Biblis auf eine
politische Wende, vermutete die Bündnisgrüne, und
will so den beschlossenen Ausstieg aus der Nutzung der Kernkraft
umgehen."
SPD-Sprecher Gerhard Kiefer warnte davor, gegen die Absicht von
RWE förmlich Rechtsmittel einzulegen. "Wir sind keine
Verfahrensbeteiligten, ein förmlicher Einspruch könnte vom
Verwaltungsgericht kostenpflichtig für den Kreis abgewiesen
werden", befürchtete der Verbandsbürgermeister aus Eich.
Gleichwohl sei die SPD bereit, eine Resolution zu unterstützen.
Die CDU könne sich voll inhaltlich dem SPD-Vortrag anschließen,
bekräftigte Hans-Jörg Jung die Haltung der Union. Gleichwohl
spreche für sich, dass die Grünen im Alzeyer Kreistag mit
großer Skepsis den Energiekonsens betrachteten, den ihr Minister
Trittin in Berlin ausgehandelt habe. Die CDU sei nicht gegen die
Nutzung der Kernenergie sondern wende sich gegen die Aushöhlung
der Konsensbeschlüsse.
Die FWG könne dem Antrag der Grünen nicht folgen, sagte
Sprecher Ludwig Mittnacht. Die Unstimmigkeiten zwischen
Atomindustrie und Bundesregierung könnten nicht auf dem Rücken
der Kommunen ausgetragen werden.
Heribert Erbes sah auf kommunaler Ebene keine Zuständigkeit.
"Wir diskutieren im Kreistag über den Antrag der gleichen
Partei, die im Bund für die ungelösten Probleme verantwortlich
ist." Der FDP sei eine Resolution zu wenig und lehne sie ab.
Noch nicht mal Wandschmuck
Armin Burkart zum Zwischenlager
Vor den Zwischenlagern für abgebrannte Kernbrennstäbe
demonstrieren aufgebrachte Bürger und versuchen
größtmögliches Aufsehen zu erlangen. Atomkraftgegner fesseln
sich mit Betonankern an Gleise, damit die eingesetzten Polizisten
lange damit beschäftigt sind, die Strecke frei zu machen und so
die Zeitpläne der Castor-Transporte durcheinander geraten.
Derweil werden in sichtbarer Entfernung von vielen Punkten unseres Kreisgebietes über dem Rhein alle Vorbereitungen getroffen, abgebrannte Kernkraftstäbe - offensichtlich bis zum Sankt-Nimmerleinstag - zu lagern. Denn nach glaubhaften Berechnungen der Bündnisgrünen reicht die Kapazität der für Biblis geplanten Zwischen- und Interimslager weit über den Bedarf der bis zur vereinbarten Restlaufzeit anfallenden Brennstäbe hinaus. Hofft man in Biblis tatsächlich auf eine politische Wende oder will man möglicherweise klammheimlich auch den Müll aus anderen Kernkraftwerken vor unserer Haustür einbunkern?
Wohl gemerkt, das alles geschieht in unmittelbarer Nachbarschaft, Luftlinie gerade einmal 30 Kilometer entfernt. Dennoch hat das parlamentarische Gremium dieses Raumes, der Kreistag, keine juristische Widerspruchsmöglichkeit und die Resolution aus Alzey wird man sich in Biblis noch nicht einmal als Bildschmuck an die Wand hängen.
Hügelland meint dazu:
Lächerliche Windindustrie gegen Radioaktivität! - Wobei "man" so freundlich ist zu verschweigen, daß RWE auch nutzlose "Windrädchen" betreibt, um ihr Ökokonto aufzubessern (damit die AKW länger bruzzeln dürfen). Auf der einen Seite müllt man uns zu mit ausgedienten Brennstäben und radioaktiven Müll zu, der sich durch die "Wiederaufbereitung" um ein VIELFACHES vermehrt. Auf der anderen Seite wirft man Steuergelder im wahrsten Sinne des Wortes in den Wind und müllt unseren unmittelbaren Lebensraum mit ökologisch wie ökonomisch nutzlose, Windindustrieanlagen. Unsere Steuergelder wären in echten Alternativen, die wir jetzt und heute haben, weitaus nutzbringender anlegt. Eine in doppelter Hinsicht sichere, dazu saubere Energieversorgung eines modernen Industriestaates gewährleisten als Musterbeispiel für eine Steigerung der Energieeffizienz Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke!